Begraben: vermutlich Johanneskirche in Wannweil (nördlich
von Reutlingen)
Sohn des Pfalzgrafen
Berchthold I. und von Schwaben und der NNw. von Schwaben-Elsaß,
Tochter des Grafen Erchanger
Lexikon des Mittelalters: Band III Spalte 2123
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Erchanger, Pfalzgraf aus der Sippe der ALAHOLFINGER
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+ 21. Januar 917
Begraben: vermutlich Johanneskirche in Wannweil (nördlich von Reutlingen)
Wohl Sohn des Pfalzgrafen Berthold und verwandt mit dem oberrheinischen Grafengeschlecht der ERCHANGARE, aus dem Richgard, die Frau Kaiser KARLS III., stammte. 912/13 erscheint Erchanger mehrfach im Gefolge KONRADS I. in Schwaben, am Mittelrhein und im Elsaß; dabei wird ihm einmal urkundlich der Titel Pfalzgraf zuerkannt, während nach einer späteren Überlieferung Erchanger und sein Bruder Berthold als "Kammerboten" das dem König unmittelbar unterstehende Schwaben verwaltet haben. Wenn auch der genaue Umfang des Pfalzgrafenamtes strittig ist (nur Bereich der zentralen Pfalz Bodman oder ganz Schwaben?), so kam ihm doch unzweifelhaft eine große Bedeutung in der Vorgeschichte des schwäbischen Herzogtums am Anfang des 10. Jh. zu. Nach dem Tod des der Rheinauer Stifterfamilie entstammenden Pfalzgrafen Gozbert 910 strebten sowohl die HUNFRIDINGER Graf Burchard und sein gleichnamiger Sohn als auch Erchanger nach der Vorherrschaft in Schwaben, stießen dabei jedoch auf den Widerstand Bischof Salomos III. von Konstanz als Sachwalter des Königtums. Ein erstes Zerwürfnis mit KONRAD I. (913) endete mit einer Versöhnung zwischen Erchanger und dem König, der durch einen Sieg über die Ungarn seine Stellung in Schwaben gefestigt hatte (Heirat König KONRADS mit Erchangers Schwester Kunigunde). 914 allerdings spitzte sich der Konflikt zu: Erchanger, von seinen Stützpunkten Bodman, Stammheim und Hohentwiel aus agierend, nahm Salomo gefangen, wurde dann aber selbst von KONRAD I. in der Burg Oferdingen am Neckar festgesetzt und daraufhin des Landes verwiesen. 915 heimgekehrt, errang Erchanger zusammen mit seinem Bruder Graf Berthold und mit dem jüngeren Burchard einen Sieg bei Wahlwies nahe Bodman über seine schwäbischen Gegner und wurde zum dux erhoben. Ein Jahr später verurteilte die Synode von Hohenaltheim Erchanger wegen seiner Vergehen an König und Bischof jedoch zur Klosterhaft. Bei einem erneuten Versuch, mit dem König zu einer Vereinbarung zu kommen, wurden Erchanger und sein Bruder auf KONRADS Befehl in Ötlingen bei Kirchheim unter Teck (?) getötet.
Literatur:
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NDB IV, 566f. [Lit.] - Th.L. Zotz, Der Breisgau
und das alem. Hzm. (VuF Sonderbd. 15, 1974) - H.W. Goetz, "Dux" und "ducatus",
1977 - H. Maurer, Der Hzg. v. Schwaben, 1978 - O.P. Clavadetscher, Wolfinus
Cozperti palatini comitis (Fschr. J. Duft, 1980) - M. Borgolte, Die Grafen
Alemanniens in merow. und karol. Zeit [im Dr.].
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Barth Rüdiger E.: Seite 180
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"Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert"
Erkengerus II. (Erchangarius, Erchengarius, Erkangerus)
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Schwäbischer Graf, gelegentlich auch mit Titel Pfalzgraf;
Schwester von Erkengerus, Gattin Liutpolds, Markgraf (Herzog) von Bayern;
D K I Nr. 2, S. 3 v. 11.1.912.
Schenkung an Kloster St. Gallen, Or.: quod interventu...
comitatum
Erchangerii et Chuonradi;
ebd. Nr. 3, S. 3 v. 5.3.912 Schenkungsbestätigung an Bistum Eichstätt:
consensu... comitum... Sigihardi - Erichangarii,
Chuonradi, Herimanni, Liufredi atque Iringi; ebd. Nr. 9, S. 10 v. 8.8.912
Schenkung an Bistum Eichstätt, Or.: interventu...
necnon Erchengarii
et
Heinrici illustrium comitum; ebd., Nr. 11, S. 12 v. 25.9. 912
Verleihung von Privilegien an Bischof von Chur, Or.:
consolio... Erchengarii comitis Palatii;
ebd., Nr. 10, S. 11 v. 23.8. 912, Nr. 17, S. 16 v. 12.3.913, Ann. Vedastini
SS I, S. 523, 530, a. 896; Dümmler, Ostfränkisches Reich III,
S. 578, 693; Ann. Alamannici SS I, S. 56, a 913: Zwist zwischen Erkeng.
und
KONRAD I., Versöhnung im selben
Jahr.
Es dürfte sich kaum um den in Rec. Ch. III, Nr.
57 v. 21.5.907 und Nr. 39 v. 21.8.901 erwähnten Erk. Graf von Boulogne,
handeln.
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Erchanger war "Kammerbote"
und Verwalter der Reichsgüter in Schwaben. Er stritt mit den HUNFRIDINGERN
um den Vorrang und das Herzogtum in Schwaben und unterstützte bis
911 den Bischof Salomo III. von Konstanz. Nachdem die BURCHARDINGER ihre
Vormachtstellung eingebüßt hatten, waren Erchanger
und Berchthold
die einflußreichsten Grafen in Alemannien. Mit König
KONRAD scheinen sich die beiden Brüder anfangs gut vertragen
zu haben, denn Erchanger
begegnet mehrmals in den Diplomen als "comes", 912 sogar einmal
als "comes palatii". Er war also damals Vertreter des Königtums in
Schwaben. Den ersten Streit gab es 913. Den Grund der Unzufriedenheit der
Brüder bildeten die allzu zahlreichen Vergabungen von Krongut an den
Bischof Salomo III. von Konstanz, weil dadurch ihre eigenen Einnahmen geschmälert
wurden. Außerdem kam nach dem durch ihre Mitwirkung herbeigeführte
Sturz Burchards ihr Streben nach der herzoglichen Gewalt hinzu, der der
Bischof feindlich gegenüber stand, wobei das Beispiel ihres Neffen
Arnulf als Vorbild diente. Man versöhnte sich jedoch bald wieder und
KONRAD heiratete als "Unterpfand des
Friedens" die verwitwete Schwester Erchangers
und Berchtholds,
Kunigunde,
die Mutter Arnulfs von Bayern. Er bekriegte anschließend Bischof
Salomo, den erbittertesten Gegner jeder herzoglichen Gewalt, und setzte
ihn 914/15 auf dem Burg Diepoltsburg am Neckar, seiner Stammburg,
gefangen, worauf es zum endgültigen Bruch mit dem König kam.
Dieser griff nun ein, bemächtigte sich Erchangers
bei der Burgfeste Oferdingen und wies ihn aus dem Lande. Hierdurch
erlangte Bischof Salomo seine Freiheit zurück. Er hatte den Hohentwiel
befestigt, der aus diesem Anlaß erstmals als Herzogsburg Schwabens
genannt wurde, und schlug 913 in der Schlacht am Inn mit seinem Bruder
Berchthold,
seinem Neffen Arnulf von Bayern und dem Grafen Udalrich die Ungarn zurück.
Er wurde mit dem Bruder zum Neffen nach Bayern verjagt, einigte sich mit
Herzog Burchard II., kehrte zurück und schlug den königlichen
Schwager 915 von Wahlwies bei Stockach im Hegau und wurde vom siegreichen
Heer auf dem Schlachtfeld zum Herzog von Schwaben ausgerufen. Er blieb
ein schroffer Gegner Salomos, zumal er kirchliche Güter für seine
Anhänger konfiszierte. KONRAD schien
sich zunächst damit anfinden zu wollen, aber als die Brüder Erchanger
und Berchthold,
seine Schwäger, der Ladung zu einer Reichsversammlung Folge leisteten,
ließ er sie festnehmen, auf der Synode zu Hohenaltheim zu lebenslanger
Kirchenbuße verurteilen und im Januar 917 hinrichten. Ihre Güter
fielen dem Staate zu mit Ausnahme derjenigen, welche zum Leibgedinge von
Erchangers
Gemahlin Bertha
gehörten.
Er oder sein Bruder können agnatisch (oder kognatisch)
Vorfahren der ZÄHRINGER sein.
Maurer Helmut:
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"Der Herzog von Schwaben"
Im Jahr 915 ist der schwäbische Adelige Erchanger
nach siegreich beendeter Schlacht nahe Wahlwies im Hegau von seinen Anhängern
zum Herzog erhoben worden. Wahlwies, dessen Fluren wir nicht als Schauplatz
des Kampfes, sondern zugleich als Stätte einer sich anschließenden
Herzogserhebung ansehen dürfen, liegt nur 6 Kilometer von Bodman entfernt.
In der Pfalz Bodman war König KONRAD I. zu
Jahresbeginn und im Herbst 912 zu Gast. Mit Billigung, ja wohl sogar auf
Geheiß des Königs entstand hier eine eng an die Königspfalz
gebundene Gewalt. Sie war anscheinend weitgehend auf Bodman und den zu
Bodman gehörenden Fiskus lokalisiert.
In einem, am 11. Januar 912 auf der Pfalz Bodman ausgefertigten
Diplom wird unter den Intervenienten ein Graf
(comes) Erchanger genannt und in der am 25. September des gleichen
Jahres ebenfalls in Bodman ausgestellten Urkunde KONRADS
I. dem Namen des gleichen Erchanger
gar
der Titel eines Pfalzgrafen (comes palatii) beigefügt.
Erchanger (und vielleicht auch
sein Bruder Berthold)
war königlicher Pfalzgraf, und zwar offensichtlich ein einzig und
allein auf diese Pfalz fixierter Pfalzgraf. Der Sieger von Wahlwies war
demnach 3 Jahre vor seinem Sieg über die Anhänger des Königs
und vor seiner - gegen das Königtum - gerichteten Erhebung zum Herzog
als Pfalzgraf König KONRADS I.
in der Pfalz Bodman tätig gewesen.
Sollten von ihm nicht schon in Bodman, das ja von Ekkehart
sogar als oppidum Erchangers bezeichnet
wird, vorbereitende Versuche gemacht worden sein, diese Herzogsherrschaft
durchzusetzen? Die Formulierung Hermanns des Lahmen, der gleich nach der
Erwähnung des gewaltsamen Todes von Schwabens 1. Herzog Burchard zum
Jahr 911 von
Erchangers
Griff
nach der Herzogsgewalt berichtet, erhält ihre Unterstreichung
durch die Nachricht der Annales Alemannici, dass - nach Burchards Ende
- Burchards des Jüngeren Schwiegermutter Gisela auf der Pfalz Bodman
als Hochverräterin verurteilt worden sei. Die Tatsache, dass der Annalist
in diesem Zusammenhang den König unerwähnt läßt, gibt
Anlaß zu der Vermutung, dass es der Pfalzgraf
Erchanger war, der die Verurteilung auf der Pfalz ausgesprochen
hat, ja, dass von
Erchanger
die
Ausschaltung Burchards im wesentlichen ausgegangen war.
Der Rückhalt an einem von Hause aus königlichen
Amt und an Königsgut, nicht zuletzt aber auch die anfängliche
Tolerierung der Bestrebungen Erchangers
durch König KONRAD I., vor dessen
Augen sich der Auf- und Ausbau von Erchangers
Vormachtstellung
ja im Grunde vollzogen haben muß, scheinen die hauptsächlichsten
Voraussetzungen von Erchangers
"Griff nach der Macht" gewesen zu sein.
Auf der Synode zu Hohenaltheim im September des Jahres
916 waren Erchanger
und seine Anhänger zu lebenslanger Buße in einem Kloster verurteilt
worden. Bald darauf wurden Erchanger,
sein Bruder Berchthold
und Liutfried durch König KONRAD
ergriffen und am 21. Januar 917 zu Adingen oder Aldingen enthauptet. Die
Hinrichtung geschah an einem Ort, der sehr wahrscheinlich im Neckargebiet
und damit in der Nähe von Erchangers
Heimat gesucht werden muß, das heißt aber zugleich,
dass die Todesstrafe nicht dort vollzogen wurde, wo das Zentrum von Erchangers
Herzogsherrschaft
lag, nämlich im westlichen Bodenseegebiet und im Hegau.
Stälin Paul Friedrich: Seite 127,128
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"Geschichte Württembergs"
Durch das unglückliche Ende Burchards I. ließ
sich das Bruderpaar
Erchanger und Berthold,
welches höchst wahrscheinlich neben Salomo an seinem Sturze mitgearbeitet
hatte, von ähnlichen Streben nicht abschrecken, und wenigstens der
erste von ihnen hat zeitweise den Titel Herzog geführt.
Nicht sicher ist schon die Abkunft der Brüder, allein
wenn man bedenkt, dass ihre Schwester Kunigunde
in 1. Ehe mit dem Markgrafen Luitpold, dem bei weitem mächtigsten
und einflußreichsten Mann unter allen bayerischen Großen seiner
Zeit, und nach dessen Tod seit 913 in 2. Ehe mit König
KONRAD vermählt war, sowie dass sie selbst als Helden des
Volksgesangs und sagenhafter Überlieferung entschieden von der Gunst
des Volkes getragen waren, so ist es nicht zweifelhaft, dass sie einem
der angesehensten und mächtigsten Geschlechter ihres Stammes angehört
haben müssen. Höchstwahrscheinlich waren sie Abkömmlinge
der alten Herzogsfamilie und Söhnes eines Pfalzgrafen
Berchtold, welcher im Jahre 892 urkundlich vorkommt. Auch ihre
amtliche Stellung hat zu vielfacher Untersuchung Anlaß gegeben, insofern
der genannte St. Gallener Chronist sie ähnlich wie Adalbert und Werinher
in Franken als Kammerboten (nuntii camerae) bezeichnet. Allein dieser sonst
nicht übliche Amtstitel ist vielleicht von Ekkehard selbst gebildet
worden, um den Umfang des Amtes anzudeuten, dass die Brüder verwaltet
haben, und fällt nach seiner eigenen Darstellung ganz mit dem sonst
bekannten Amte eines Pfalzgrafen zusammen. Erchanger
wird
auch wirklich im Jahre 912 in einer Urkunde König
KONRADS ausdrücklich Pfalzgraf genannt und spielt überhaupt
die bedeutendere Rolle, während Berthold
ihm gegenüber zurücktritt und jedenfalls nicht zugleich mit ihm
das rheinische Pfalzgrafenamt verwaltet hat, weil in einem und denselben
Sprengel nie zwei Inhaber dieses Amtes gleichzeitig in Tätigkeit sein
konnten.
Wegen der allzu zahlreichen Vergabungen von Kronrat an
Bischof Salomo, wodurch auch ihre Einnahmen geschmälert wurden, sollen
sie bereits unter Kaiser ARNULF eben
mit Salomo in heftige Streitigkeiten gekommen sein, gewaltsam Hand an ihn
gelegt haben, deshalb zum Tode verurteilt, aber auf des Bischofs Verwendung
hin begnadigt worden sein. Doch leidet dieser Bericht an manchen Unwahrscheinlichkeiten,
und die zuverlässigste Quelle über ihre Geschichte erzählt
den Beginn ihres Zwistes mit König KONRAD,
freilich ohne jede genauere Erörterung, erst nach dem erfolglosen
lothringischen Zuge des Königs im Jahre 913. Aber auch jetzt noch
erwarben sich die Brüder durch den bereits erwähnten Sieg über
die Ungarn Verdienste um das Reich und dessen Oberhaupt, und es erfolgte
eine Aussöhnung mit dem Könige, welche durch die Vermählung
KONRADS
mit ihrer Schwester bekräftigt werden sollte.
Im folgenden Jahr bemächtigte sich Erchanger
seines wohl alten Feindes, des Bischofs Salomo, und führte ihn als
Gefangenen nach seinem Schloß Diepoldsburg. Der Grund zu dieser
Gewalttat soll gewesen sein, dass König KONRAD
den Brüdern geboten, eine Burg, welche sie bei dem einstigen Kammergut
Stammheim im Thurgau erbaut hatten, an das von Salomo als Abt verwaltete
Kloster St. Gallen herauszugeben, welches Stammheim selbst kraft königlicher
Schenkung besaß. Die Gefangennahme soll bei einer zufälligen
Begegnung stattgefunden haben, wobei infolge eines Wortwechsels der Schwestersohn
der Brüder, Litfrid, den Bischof erstochen haben würde, wenn
es seine Oheime nicht verhindert hätten. Bald darauf fiel Erchanger
selbst
bei Onfridinga (wahrscheinlicher Oferdingen) in die Hände des Königs,
der ihn mit Landesverweisung bestrafte und zugleich wohl selbst Salomos
Freigebung bewirkte. Zwar erhob sich jetzt Herzog Arnulf von Bayern, der
Sohn Liutpolds und der Kunigunde,
für seinen Oheim, jedoch ohne Erfolg, indem er selbst nach Ungarn
fliehen mußte. Allein noch im gleichen Jahre wandte sich der jüngere
Burchard aus der Verbannung wieder der Heimat zu, die er verwüstend
durchzog. Die Aufrührer, wahrscheinlich vor allem Burchard, befestigten
und verproviantierten den Hohentwiel, das erste Mal, dass dieser Berg,
den der Kampf noch oft umtoben sollte, mit Sicherheit wenigstens in der
Geschichte genannt wird. KONRAD I. begann
denselben im Jahre 915 mit Heeresmacht zu belagern, mußte sich jedoch
wegen eines Einfalls des Herzogs Heinrich von
Sachsen in Franken nach Norden wenden. Daraufhin kehrte Erchanger
zurück, die Brüder verbanden sich mit Burchard und vereinigt
siegten sie bei Wahlwies unfern Steckach über die Anhänger des
Königs. Infolge hiervon fand Erchanger
in Schwaben Anerkennung als Herzog, und auch sein Neffe Arnulf erschien
im Jahre 916 wieder in Bayern.
Den insbesondere auch für sie verderblichen Wirren
des Reiches suchten die Bischöfe fast aller Länder auf einer
Synode zu steuern, welche sie im September 916 in Hohenaltheim im Ries
in Anwesenheit eines päpstlichen Legaten abhielten. Getreu ihrem Bunde
mit dem Königtum verfluchten sie dessen Feinde aufs feierlichste und
luden alle Aufrührer gegen den König vor sich. Erchanger
und Berchtold
dürften sich hier in der Hoffnung gütlicher Ausgleichung ihrer
Sache gestellt haben, ohne dass wir übrigens Kenntnis davon hätten,
worauf sie diese Hoffnung gründeten oder zu gründen berechtigt
waren. Sie wurden jedoch wegen Auflehnung gegen ihren König und Herrn,
wegen arglistiger Gefangennahme des Bischofs Salomo und wegen Verletzung
von Kirchen zur Niederlegung der Waffen und zu lebenslänglicher Buße
im Kloster verurteilt. Ja vier Monate nach der Synode, am 21. Januar
917, ließ KONRAD I. seine
beiden Schwäger und ihren Neffen Liutfrid zu Adingen(? einem jetzt
württembergischen Aldingen oder Ottingen im Ries) durch das Schwert
richten. Wie es zu diesem blutigen Abschluß gekommen, darüber
fehlt uns jede Mitteilung, aber schon von alter Zeit her wurde gegen des
Königs Vorgehen schwere Anklage wegen arglistigen Treubruchs erhoben.
Von den Genossen des "rasenden Unternehmens", wie die
Hohenaltheimer Versammlung sich ausdrückte, wurden Herzog Arnulf und
wahrscheinlich sein Bruder Berchtold,
ohne Zweifel weil sie zu Hohenaltheim ausblieben, vor eine spätere
Synode nach Regensburg vorgeladen. Wie sich Burchard mit der Versammlung
abgefunden und wie er sein Schicksal von dem seiner Verbündeten zu
trennen vermochte, ist nicht aufgehellt; sicher ist nur, dass er alsbald
darauf von den schwäbischen Großen, was der König zu verhindern
wohl zu schwach war, als Herzog des Landes anerkannt wurde, wie er sich
denn sogar in den Besitz der Güter der Hingerichteten zu setzen wußte.
Borgolte Michael: Seite 110
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"Die Grafen Alemanniens"
ERCHANGAR (II)
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belegt als Graf ?909 XII 28 - 912 VIll 23, 912 IX 25 [Pfalzgraf],
belegt als Verstorbener + 917 I 21)
Belege mit comes-Titel:
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W II Nr. 761 (= UB St. Gallen Süd I Nr. 58, BU I
Nr. 89, ThUB 1 Nr. 163), DD K I Nrn. 2 (= W II Nr. 765), 3,9,10,11 (= BU
I Nr. 91; mit dem Titel: comes palatii)
Belege ohne comes-Titel:
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Clavadetscher, Wolfinus Cozperti palatini comitis filius
151, Herimanni Augiensis Chronicon 112 ad aa. 911, 917, D KI Nr. 17, LendiI,
Untersuchungen 190 (= Annales Alamiannici ad aa. 913-916), Annales Sangallenses
maiores 279f. ad aa. 913, 916 (= MGH SS I 77f.), Annales Einsidienses 141
ad a. 916, Synodus Altheimensis 619,623,626 capp. 21, 34, Annales Auglenses
68 ad a. 917, Reginonis Abbatis Prumiensis Chronicon, Continuatio 155 ad
a. 917, Annalista Saxo 594 ad a. 917 (mit dux-Titel), Annales Quedlinburgenses
52 ad a. 917, Ekkehardi IV. Casus Sancti Galli 36-52 capp. 11-20 (= Ekkehardi
IV. Casus sancti Galli 42-78 capp. 11-20; MGH SS II 83-87), St. Galler
Gedenkbuch pag. 73 (= Piper, Libri Confrat. 94 col. 306,3)
Literatur:
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Stälin, Geschichte I 266-272 - Roth von Schreckenstein,
Erchanger und Berchtold - Meyer von Knonau, Geschlechtskunde 72 A. 2 -
Baumann, Gaugrafschaften 80 - Dümmler, Ostfrk. Reich III 566, 570,578f.
mit A. 3, 586,590-592,609,611,618 - Krüger, Zähringer II/III
493 - Baumann, Erchanger und Berchtold - Zeller, Salomo III. 79-99 - Schetter,
Intervenienz 107 - Tellenbach, Königtum und Stämme 53 Nr. 35
- Meyer-Marthaler, Rätien 88-90 - Jänichen, Baar und Huntari
115, Tafel 2. "Die Bertholde" im Anhang - Dobler, Gedenkeintrag - Bühler,
Richinza von Spitzenberg 319 - Zotz, Breisgau 65-70,166f. - Bilgeri, Geschichte
Vorarlbergs 192 - Goetz, "Dux" und "Ducatus" 17,328f.,373 - Walther, Fiskus
Bodman 263-265 - Borst, Pfalz Bodman 212-214,218f. - Maurer, Herzog von
Schwaben 36-46 u.ö. - Brunner, Oppositionelle Gruppen 166,168-171
- Clavadetscher, Wolfinus Cozperti palatini comitis filius 156-160 - Borgolte,
Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. IX
In 6 Diplomen KONRADS I.
wird zwischen dem 11. Januar 912 und dem 12. März 913 ein Intervenient
Erchangar genannt (vgl. Borst 212f.,
Goetz 328, Schetter). Wie aus einem an anderer Stelle gebotenen Vergleich
der Fürsprechergruppen hervorgeht (s. Art. Konrad II), war in DD K
I Nrn. 2f., 11 und 17 dieselbe Person gemeint. Die Diplome 9 und 10 datieren
vom 8. bzw. 23. August 912 und sind zwischen den übrigen Stücken
so eingeschlossen, dass an der Identität des Erchangar
auch hier kein Zweifel sein kann; in D K I Nr. 9 wird überdies sicher
derselbe Graf Heinrich erwähnt, der auch an DD Nrn. 11 und 17 beteiligt
war. Einige der in den Königsurkunden vorkommenden Intervenienten
sind um 909 in St. Gallen gewesen, als Abtbischof Salomon III. dem Kloster
die Abtei Pfäfers übertrug (W II Nr. 761; Konrad II). Deshalb
darf man den Grafen Erchangarius, der
in der entsprechenden Urkunde als Vogt von Salomons Neffen Waldo erscheint,
mit dem gleichnamigen Großen der Königsdiplome identifizieren.
Meist wird Erchanger
als comes bezeichnet (DD K I Nrn. 2f., 9f.; W II Nr. 761); obwohl
man seine Grafentätigkeit aufgrund anderer Quellen (s.u.) am ehesten
in Alemannien lokalisieren darf, konnte hier kein bestimmter Sprengel für
ihn nachgewiesen werden. Gegen eine ältere Lehre, Erchanger
sei
Graf im Klettgau gewesen, hat sich mit Recht Baumann (Erchanger und Berchtold
267) gewandt. Baumanns eigener These (Gaugrafschaften 80), nach der Erchanger
die Gaugrafschaft Affa innegehabt hätte, fehlt aber nicht weniger
ein Fundament in der Überlieferung; sie beruhte auf der Annahme,
Erchanger sei in eine angeblich
traditionelle Position seiner Vorfahren eingetreten. In der Königsurkunde
vom 25. September 912 trägt Erchanger
den Titel comes palatii (D K I Nr. 11). Ob sich die mit dem Rang verbundene
Amtsgewalt auf die Pfalz Bodman beschränkte, wo das Diplom ausgestellt
worden war (so Maurer 38f.), oder die Verwaltung des Fiskus in Alemannien
einschloß (so Walther 263, vgl. bereits Baumann, Erchanger und Berchtold
268ff.), ist umstritten. Seit Baumann (ebd. 264-269) wird gelegentlich
behauptet,
Erchanger sei schon vor
912 Pfalzgraf gewesen und habe als solcher 911 im Sturz Burchards mitgewirkt
(zuletzt Maurer 38, vgl. Zeller 83ff., Dümmler 570, Clavadetscher,
156; anders Borst 212 f.). Seit 913, dem Jahr des letzten urkundlichen
Belegs Erchangers, berichten die Annales
Alamannici über Streit zwischen Erchangar
und
KONRAD
I. bzw. Bischof Salomon III. von Konstanz. Zunächst kam
es noch einmal zu einer Versöhnung mit dem König, der nach einem
Sieg Erchangars,
Bertolds
(V) und
Udarichs (VI) über die Ungarn die Schwester Erchangars
heiratete. Danach setzt jedoch eine Ereigniskette ein, in der die Erhebung
Erchangars
zum dux (915) das Mittelstück, seine und seiner Genossen Tötung
am 27.1.917 das Endglied bildeten. In diesem Zusammenhang braucht
den dramatischen und oft behandelten Ereignissen (zuletzt Brunner, Maurer,
Goetz) nicht noch einmal nachgegangen zu werden; auch die späteren
Darstellungen Hermanns des Lahmen und vor allem Ekkehards IV. von St. Gallen
können beiseite bleiben, in denen zum Teil chronologisch unzuverlässige
Angaben stehen und Erchangar
und
Bertold
der
Titel camerae nuntii verliehen wird (zur Erzählung Ekkehards vgl.
die Bemerkung über das Enkarato, das heißt wohl Erchangario,
verliehene Gut zu Stammheim in der von Clavadetscher entdeckten Quelle).
Hier kommt es nur darauf an festzuhalten, dass die Identität des dux
mit dem Grafen und Pfalzgrafen, die früher bisweilen bestritten wurde
(vgl. Baumann, Erchanger und Berchtold 267f.), sicher zurecht allgemein
angenommen wird. Chronologisch fügen sich die Zeugnisse über
Erchangers
Königsnähe
durchaus mit den späteren Quellen zusammen; und in dem Weg vom comes
über den comes palatii zum dux scheint eine gewisse Konsequenz zu
liegen (s. Borgolte).
Außer Udalrich (VI) und Burchard, dem späteren
"Herzog" von Schwaben, wird bereits in den Annales Alamannici wiederholt
Bertold
(V) neben Erchanger genannt.
Zuerst in den Annales Sangallenses und dann bei Ekkehard und Hermann erscheinen
beide als Brüder. Diese Charakterisierung könnte in einem Eintrag
des St. Galler Gedenkbuches (pag. 73) eine Stütze finden, in dem Erchanger
und Peractolt
von Familienmitgliedern des Markgrafen Liutpold umgeben zu sein scheinen;
Liutpold war der erste Gemahl von Erchangers
Schwester Kunigunde.
Dobler (vgl. Mitterauer, Markgrafen 239) hat in seiner noch nicht erschöpfenden
Untersuchung der Namengruppe eine Datierung auf 905 vorgeschlagen. Der
Name Erchangers erinnert an den Vater
der Kaiserin Richgard (s. Art. Erchangar
I), der Bertolds
an die BERTOLDE oder ALAHOLFINGER.
Dementsprechend hat man angenommen, dass Erchanger
aus
einem elsässischen Geschlecht hervorgegangen sei (Meyer von Knonau
72 A. 2) oder eben zu den ALAHOLFINGERN
gehörte. Die letzte, von Baumann ausführlich begründete
Anschauung ist durchgedrungen (zuletzt Brunner 166). Freilich scheidet
das Pfalzgrafenamt Erchangers, das
nach Baumanns Argumentation bei den ALAHOLFINGERN
erblich war, als Kriterium aus; zwar könnte der 892 belegte palacii
comes Bertold (IV) der Vater Erchangers
und Bertolds (V)
gewesen sein, doch läßt sich der frühere Pfalzgraf Ruadolt
von 854 nicht ohne weiteres als Vorfahre Erchangers
in Anspruch nehmen (vgl. auch Art. Gozbert II, III).
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oo Bertha
-
Literatur:
------------
Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft
ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 35,139-
Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer
Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite
80-82,86,108,110,112,141,147,171,225,269 - Borgolte Michael: Geschichte
der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und
Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984 Seite 167,206,257
- Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke
Verlag 1991, Band I Seite 258/ Band III Seite 321,482,486 - Dümmler
Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und
Humblot Berlin 1865 Band II Seite 563,574,583,587,590,594,606,608 - Holtzmann
Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch
Verlag München 1971 Seite 42,60,62-65 - Riche Pierre: Die Karolinger.
Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.
KG, München 1991 Seite 268,271 - Schulze Hans K: Das Reich
und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler
Verlag, Seite 120,122,125,130 -