NORWICH


Lexikon des Mittelalters:
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Norwich
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Stadt in der englischen Grafschaft Norfolk am Zusammenfluß von Wensum und Yare: Bistum
[1] Stadt:
N
orwich war im Mittelalter mit ca. 250 ha ummauertem Areal eine der größten Städte Englands.
Vermutlich seit Eduard dem Älteren königlicher borough, besaß N
orwich seit dem 10. Jh. eine eigene Münze. Nach der normannischen Eroberung verstärkte sich Norwichs Position als administratives und kirchliches Zentrum der dicht besiedelten und wirtschaftlich bedeutenden Region Ost-Anglia; es war Sitz des sheriffs und der Grafschaftsgerichte (shire courts). Das Domesday Book verzeichnet für das Jahr 1066 1320 burgesses. Vor 1075 wurde eine normannische Burg errichtet, westlich davon an der Ausfallstraße nach London erfolgte eine Erweiterung der Siedlung durch eine Anlage mit grob gitterartigem Straßenraster, dem sogenannten Newport, mit der Kirche St. Peter Mancroft. 1086 verzeichnet das Domesday Book für Newport 160 französische burgesses; eine Gesamteinwohnerzahl von ca. 7.000-8.000 ist wahrscheinlich. Für 1086 sind wenigstens 49 Kirchen und Kapellen belegt, unter anderem All Saints, St. Martin und Holy Trinity (Kathedrale seit 1095). Bis in die Neuzeit wurde die besiedelte Fläche im Norden von St. Augustine, im Süden von St. Etheldreda, im Osten von St. Helen und im Westen von St. Benedict begrenzt. Administrativ war die Stadt in die Quartiere (leet; ward) Conesford, Mancroft, Wymer und Over-the-Water untergliedert. Im Privileg Richards I. (1194), das Norwich die gleichen Rechte und Freiheiten wie London gewährte, wurden die Einwohner erstmals als cives bezeichnet. 1250 ist das Amt des coroner belegt. Von 1223 bis 1404 übten das Stadtregiment vier bailiffs aus, durch Privileg Heinrichs IV. (1404) wurde Norwich Stadtgrafschaft mit einem mayor und zwei sheriffs. Seit 1283 entsandte Norwich zwei Abgeordnete zum Parliament. Die Märkte Norwichs besonders der Wollmarkt, hatten überregionale Bedeutung; im 14. Jh. zählte Norwich zu den wirtschaftlich bedeutendsten Städten Englands; dreimal Stapel für Norfolk und Suffolk; Ansiedlung zahlreicher Flamen im 14. Jh. Bei der Lay Subsidy von 1334 wurde Norwich mit £ 94 besteuert. Seit 1250 erfolgte der Bau von Befestigungsanlagen, die um 1400 abgeschlossen waren (insgesamt 40 Türme und 10 Toranlagen). Die Poll Tax von 1377 verzeichnet 3.952 steuerpflichtige Einwohner, so daß von einer Gesamtzahl von 9.000-10.000 Einwohner auszugehen ist. 1389 sind wenigstens 13 Bruderschaften und sieben Gilden belegt; bis 1289 hatten sich fünf Orden angesiedelt, seit 1095 war Norwich Bischofssitz mit OSB-Kathedral-Kloster.

[2] Bistum:
N
orwich war Suffragan-Bistum des Erzbistums Canterbury. Die 630 von dem hl. Felix begründete Diözese Ost-Anglia mit Bischofssitz in Dunwich wurde 673-1070 geteilt. Bei der Einigung 1071 durch Bischof Herfast erfolgte die Verlegung des Bischofssitzes nach Thetford. Der 1091 zum Bischof gewählte Benediktiner Herbert Lozinga (King's Lynn) verlegte 1095 den Bischofssitz nach Norwich und baute die Kirche Holy Trinity zur Kathedrale mit angrenzendem Benediktiner-Kloster aus. Der Bischof übte in Teilen der Stadt die Gerichtsbarkeit aus (Interdikt über die Einwohner Norwichs 1272) und war unter anderem Stadtherr in King's Lynn. Bedeutende Bischöfe waren:
John de Grey (1200-1214),
Ralph de Walpole (1289-1299),
Henry Despenser (1370-1406).
Dem Bistum N
orwich unterstanden die Archidiakonate Norwich, Norfolk und Suffolk mit insgesamt ca. 1.300 Pfarren. 1534 wurden die Suffragan-Bistümer von Thetford und Ipswich eingerichtet; 1536 Säkularisation durch Heinrich VIII.
B. Brodt