DOVER
Lexikon des Mittelalters:
********************
Dover
---------
Stadt in Süd-England (Kent), an der
Mündung des Dour in den Kanal.
Dovers
Bedeutung beruht auf seinem Hafen, der die kürzeste Überfahrt
zum Kontinent ermöglicht. Die benachbarten Klippen waren schon in
der Eisenzeit befestigt, die Römer fügten Hafenmauern,
Befestigungen (2. und spätes 3. Jh.) sowie zwei Leuchttürme (phari) auf den Kreideklippen hinzu
und legten die Straße nach Canterbury und London (»Watling
Street«) an. Der altenglische Name Dofras ist eine Entlehnung von
der britischen Namensform *Dubra(s) ('Gewässer'), die zu einer
Zeit erfolgte, als dort noch Zweisprachigkeit herrschte.
Eine dem hl. Martin
geweihte Kirche (minster)
wurde innerhalb der
römischen Mauern der »Saxon Shore«-Befestigung von König Wihtred von Kent (691-725) gegründet und mit
Säkularkanonikern mit allgemeiner Dotation besetzt. Nach der
normannischen Eroberung wurde diese Gemeinschaft zunächst von Odo von Bayeux zu einem
Kanonikerstift umgestaltet, dann 1131 von Wilhelm von Corbeil, Erzbischof von Canterbury, zu einem
Augustinerchorherrenstift und schließlich 1138-1139 von Erzbischof Theobald nach
Auseinandersetzungen zu einem Benediktiner-Priorat, das mit
Mönchen besetzt wurde, die der Kathedrale in Canterbury
unterstanden. Zu dieser Zeit waren die Holzbauten aus der Zeit vor der
normannischen Eroberung bereits durch Gebäude aus Caen-Stein
ersetzt worden.
Dover war seit der
Regierung König Æthelstans (924-939) eine bedeutende
Münzstätte, und es ist die erste englische Stadt, deren
Bürger ein Privileg für »sake and soke« sowie
Zollbefreiung für ganz England
erhielten (durch König Eduard den Bekenner).
Diese Privilegien, die durch Urkunden Heinrichs II. und
späterer Könige bestätigt wurden, waren als
Gegenleistung für die Bereitstellung von 20 Schiffen an die Krone
gewährt worden. Dovers
Mitgliedschaft in der Konföderation der Cinque Ports
wurde im 12. und 13. Jh. festgelegt. Auch später profitierte Dover
von der Förderung durch die englischen Könige, die auf den
Hafen von Dover zur
Versorgung des englischen Brückenkopfes auf dem französischen
Festland, Calais, angewiesen
waren; im 15. Jh. erfuhr Dover
jedoch einen Niedergang.
Die Lage der Kirche »St. Mary-in-Castro«, erbaut im
10./11. Jh., zeigt, daß die städtische Siedlung während
der Wikinger-Invasionen zeitweise in das Areal der auf der Klippe
gelegenen eisenzeitlichen Hügelbefestigung (hill-fort) verlegt worden sein
muß. Die Kontrolle dieser Befestigung war eine Streitfrage in den
Auseinandersetzungen um den Besitz Englands von 1051-1066; nach der
Eroberung wurde hier eine starke normannische Burg errichtet.
Umfangreiche Umbauten durch Heinrich
II.,
Johann Ohneland und Heinrich III. machten Dover
zur größten Burg in England und zum ersten Beispiel einer
konzentrisch angelegten Burg in West-Europa.
N.P. Brooks