BOROUGH


Lexikon des Mittelalters:
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Borough (abgeleitet von altenglisch burh 'befestigter Platz')
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-burh ist ein häufiger Bestandteil englischer Ortsnamen (besonders in der Form bury, die sich von Dativ sgl. byrig ableitet), der häufig auf vor- und frühgeschichtliche Befestigungen (zum Beispiel Cadbury, South), aber auch auf königliche, kirchliche oder private Fronhöfe, die vermutlich befestigt waren, hinweist (zum Beispiel Bushbury > 996: byscopesbyri; Bibury von Beage, dem Namen der Besitzerin des Ortes im 8. Jh.).
Die Benennung b
orough wurde auf die von König Alfred und seinen Kindern, Edward und Æthelflæd, als Stützpunkte gegen die Dänen errichteten umwallten Siedlungen angewandt; danach wurde borough zur spezifischen Bezeichnung für die Stadt, wobei eine frühere Römer-Stadt (zum Beispiel Winchester, Rochester) oder auch eine Neugründung (zum Beispiel Cricklade, Wallingford) gemeint sein konnte; bei einigen boroughs handelte es sich jedoch nur um bloße Befestigungen. Aus dem »Burghal Hidage«, einer Quelle des 10. Jh., geht hervor, daß die boroughs von den Bewohnern der umliegenden Gebiete aufgrund einer Hufeneinteilung instandgehalten und verteidigt wurden. Zahlreiche boroughs besaßen einen rechtwinkligen Stadtgrundriß, der sich von römischen Stadtanlagen insofern unterschied, als in den boroughs im Innern unmittelbar vom Zugang aus parallel zu den Wällen eine Straße verlief. Die boroughs waren Zentren der königlichen Herrschaft; viele von ihnen beherbergten Münzstätten und unterstanden königlichen Amtsträgern (gerefa reeve), welche die Zölle und verschiedenen Bußen und Gerichtsabgaben einzogen sowie Märkte unterhielten. In den boroughs wurden auch die königlichen Abgaben aus den shires (Grafschaften) gesammelt, und es traten hier die Gerichtsversammlungen der shires zusammen. Einige shires besaßen mehrere boroughs (Dorset zum Beispiel hatte vier), doch im 11. Jh. gab es in den meisten shires nur einen, für den jeweiligen shire in der Regel namengebenden borough (zum Beispiel in Staffordshire, Warwickshire, Oxfordshire). Mehr als 110 boroughs sind im Domesday Book (1086) beschrieben, wobei deutlich wird, daß die meisten dieser boroughs zu dieser Zeit noch dem König unterstanden und die »Bürger« freie Leute - mit ähnlichem Rechtsstatus wie die sokemen (soke) auf dem Lande - waren. Das Domesday Book macht auch Angaben über die Größe der Siedlungen: Danach war York mit 1800 Grundstücken im Jahre 1066 (was auf mindestens 9.000 Einwohner hindeutet) die größte borough-Siedlung. (London ist nicht beschrieben.) Im 12. Jh. erhielten mehrere boroughs Privilegien, darunter das Recht zur Zahlung der firma burgi ('borough-Abgabe oder -Zins') unmittelbar an die Krone und das Recht zur Bildung von Kaufmannsgilden; vom Ende des 12. Jh. an wurde auch häufiger Selbstverwaltung in bestimmtem Umfang gewährt mit Wahl von städtischen Amtsträgern und Stadträten durch die Bürger. Im 13. Jh. wurde die Bezeichnung borough teilweise auf Orte mit burgagium (bourgage), die von Lehnsleuten des Königs gehalten wurden, angewandt. Ab der Regierung König Eduards I. (1272-1307) wurde der Name üblicherweise auf die königlichen boroughs beschränkt, doch war die Abgrenzung gegenüber den »ville mercatorie« auch weiterhin oft unklar. Im späten 13. Jh. entsandten boroughs ihre Repräsentanten in mehrere königliche Versammlungen, und nach 1327 waren sie in der Regel im Parliament vertreten. Stadt, Bürgertum, Burg.
P.H. Sawyer