Tankred                                                    König von Sizilien (1190-1194)
-----------                                                  Graf von Lecce seit 1169
um 1138/40-20.2.1194
 

Natürlicher Sohn des Herzogs Roger III. von Apulien und der Gräfin Bianca von Lecce, Tochter von Graf Robert; Enkel von König Roger II.
 

Lexikon des Mittelalters: Band VIII Seite 456
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Tankred von Lecce, König von Sizilien
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Unehelicher Sohn Herzog Rogers von Apulien (also Enkel Rogers II.) und einer Tochter Accardus' II. von Lecce

Nach dem Tod des Vaters am Königshof erzogen, 1161 wegen Beteiligung an der Verschwörung gegen König Wilhelm I. verbannt. Nach dessen Tod begnadigt, wurde Tankred Graf von Lecce und zum "magnus comestabulus et magister iustitarius totius Apulie et Terre Laboris" ernannt. 1179/80 Gründung des Klosters Nicolo e Cataldo in Lecce, 1185 Befehlshaber der normannischen Flotte gegen Byzanz. Um die Jahreswende 1189/90 wurde Tankred nach dem erbenlosen Tod König Wilhelms II. unter Mißachtung der von diesen getroffenen und zuletzt 1185 von den normannischen Baronen eidlich bekräftigten Thronfolgeregelung zugunsten der Tochter Rogers II., der mit dem staufischen Thronfolger HEINRICH VI. vermählten Konstanze, von einer am Hof in Palermo die Mehrheit stellenden Partei zum König gewählt und am 18. Januar 1190 gekrönt. Der in der STAUFER-freundlichen Bilderchronik des Petrus von Eboli zu Unrecht grob verunglimpfte Tankred hat mit klarem Konzept und beachtlichem Geschick nicht nur die mit seiner Königswahl unzufriedenen festländischen sizilischen Barone und ihren Thronanwärter, Graf Roger von Andria, niedergeworfen, sondern zeitlebens auch HEINRICH VI. daran gehindert, die sizilische Königskrone zu gewinnen und damit die unio regni et imperium zu vollziehen. Der Vormarsch des in Rom zum Kaiser gekrönten STAUFERS kam im Hochsommer 1191 vor Neapel zum Stehen. Anschließend geriet sogar die Kaiserin Konstanze in die Gefangenschaft Tankreds, der das kostbare Faustpfand - unter nicht geklärten Umständen - aber wieder verlor. Die dynastische Sicherung seiner Herrschaft gelang ihm durch die Erhebung seines Sohnes Roger (aus seiner Ehe mit Sibylle [Sibilia], Tochter Graf Rainalds von Aquino) im Sommer 1192 zum Mitkönig. Außenpolitisch sicherte er sich durch Entgegenkommen gegenüber dem englischen König Richard Löwenherz (Ende 1190) und kirchenpolitische Zugeständnisse gegenüber Papst Coelestin III. im Konkordat von Gravina (Juni 1192) sowie durch eine Ehebündnis mit dem byzantinischen Kaiser Isaak II. Angelos ab, dessen TochterIrene (die spätere Gemahlin König PHILIPPS) 1193 die Gemahlin von Tankreds Sohn Roger wurde. Erst Tankreds Tod am 20. Februar 1194, wenige Wochen nach dem frühen Tod Rogers, schuf die Voraussetzung für den fast kampflosen Sieg HEINRICHS VI. über Tankreds minderjährigen Sohn Wilhelm III. Von dem hohen Niveau der Kanzlei Tankreds zeugt die Tatsache, dass sich noch die früh-staufisch-sizilische Kanzlei in beachtlichem Umfang auf seine bewährten Kanzleikräfte und Urkundenmuster gestützt hat.
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Beim Aussterben der legitimen Normannenkönige in Sizilien (16.11.1189) erkannte ein Teil des normannischen Adels das staufische Erbrecht nicht an und erhob mit Unterstützung des Papstes Tankred zum König. Dieser ernannte seinen Sohn Roger III. zum Mitkönig in Unteritalien. An der tatkräftigen Verteidigung von Neapel durch Tankreds Schwager, Richard von Accera, und einer infolge der 4-monatigen Belagerung ausgebrochenen Seuche scheiterte 1191 HEINRICHS VI. 1. Versuch, das Normannenreich zu erobern. Dies gelang ihm 1194, als kurz vorher Roger III. und Tankred gestorben waren.

Houben Hubert: Seite 93,175-177
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"Roger II. von Sizilien"

Herzog Roger hatte damals bereits zwei Söhne, Tankred und Wilhelm; sie waren um 1140 aus einer unehelichen Verbindung mit einer Tochter des Accardus, Herrn von Lecce, geboren worden .
Am 18. November 1189 starb Wilhelm II. im Alter von erst 36 Jahren, ohne Kinder zu hinterlassen. Was 1184 noch Theorie war, die Verbindung des Königreichs Sizilien mit dem römisch-deutschen Kaiserreich, wurde jetzt Wirklichkeit. Die führenden Kreise in Palermo, vor allem die Familiaren, in deren Händen die Regierung unter Wilhelm II. gelegen hatte, waren damit nicht einverstanden. Sie befürchteten, mit der Personalunion von sizlianischem Regnum und staufischem Imperium ihren Einfluß zu verlieren. Es wurden Kontakte mit dem Papst aufgenommen, dem eine Vereinigung beider Reiche, durch die der Kirchenstaat in die Zange genommen wurde, nicht recht sein konnte. Man wählte also Tankred von Lecce, einen unehelichen Sohn Herzog Rogers, des früh verstorbenen ältesten Sohn Rogers II., zum König, oder besser: zum Gegenkönig. Es handelte sich um einen illegalen Akt. Das Königreich Sizilien war keine Wahlmonarchie, sondern der König hatte das Recht, seinen Nachfolger zu designieren, was bisher stets geschehen und vom Papst (zuletzt 1188) anerkannt worden war. Die Adelsversammlungen dienten lediglich zur Ratifizierung bereits getroffener Entscheidungen. Eine weibliche Erbfolge war bisher aber noch nicht vorgekommen. Um daraus entstehenden eventuellen Schwierigkeiten vorzubeugen, hatte Wilhelm II. 1185 auf einem Hoftag in Troia seine Designation Konstanzes als Erbin im Falle seines kinderlosen Todes von den Großen des Reiches eidlich bestätigen lassen. Konstanze hatte also eindeutig das Recht auf ihrer Seite.
Der wohl um 1138 in Lecce geborene Tankred war nach dem Tod seines Vaters (1149) am Hof seines Großvaters Roger aufgewachsen. Wegen seiner Beteiligung an der Verschwörung von 1161 war er verbannt worden. Die Regentin Margarete, die sich um einen Ausgleich mit der Adelsopposition bemühte, begnadigte ihn aber und belehnte ihn mit der Grafschaft Lecce (1169). Tankred bewährte sich als Flottenkommandant und Statthalter des Königs auf der süditalienischen Halbinsel mit dem Titel "Obermarschall und Oberjustitiar von ganz Apulien und Kampanien". Nach seiner Königskrönung, am 18. Februar 1190 in Palermo, schien er zunächst vom Glück begünstigt.
HEINRICH VI. war mit deutschen Problemen beschäftigt, während FRIEDRICH BARBAROSSA auf dem Kreuzzug unterwegs war, auf dem er am 10. Juni 1190 den Tod fand. Als die Nachricht darüber einige Monate später in Deutschland eintraf, bedeutete dies einen weiteren Aufschub des Italienzugs. Anfang 1191 konnte HEINRICH VI. dann endlich in den Süden aufbrechen. In Rom, wo die Kaiserkrönung auf dem Programm stand, ergab sich ein neues Problem. Kurz vor der Ankunft des STAUFERS starb Papst Clemens III am 29. März. Bis sein Nachfolger Coelestin III. (1191-1198) gewählt und inthronisiert war, verging weitere wertvolle Zeit. Nach der Krönung HEINRICHS VI. und Konstanzes am Ostermontag (15. April) 1191 konnte endlich, allerdings gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes, das Königreich Sizilien betreten werden, für das der STAUFER das "alte Kaiserrecht" und vor allem das Erbrecht seiner Gemahlin geltend machte. Am ersten größeren Hindernis, der Belagerung Neapels, scheiterte das Unternehmen aber infolge einer in der Sommerhitze ausgebrochenen Seuche, von der auch der Kaiser selbst angesteckt wurde. Während HEINRICH VI. in den Bergen bei Montecassino Genesung suchte, fiel Konstanze in Salerno in die Hände von Anhängern Tankreds von Lecce.
Dieser schloß in der Zwischenzeit ein Bündnis mit dem englischen König Richard I. Löwenherz, der, ebenso wie der französische Herrscher Philipp II., 1190/91 mit seinem Kreuzfahrerheer in Messina überwinterte. Im folgenden Jahr gelang es Tankred, die Anerkennung seines Königtums in weiten Teilen S-Italiens durchzusetzen, obwohl ein Teil des Adels ihm ablehnend gegenüber stand. Diese Kreise erhofften sich von der Herrschaft HEINRICHS VI. einen größeren Handlungsspielraum als vom straffen Regiment der "Bürokraten" in Palermo. Gegenüber den Städten und dem Papst war Tankred zu weitgehenden Konzessionen gezwungen, was besonders im Konkordat von Gravina (1192) deutlich wurde, das praktisch das Ende der normannischen Kirchenherrschaft bedeutete. Konstanze wurde an den Papst ausgeliefert, konnte aber unterwegs befreit und nach Deutschland entkommen. Ein Erfolg für Tankred war zweifellos die Verheiratung des zum Mitkönig gekrönten ThronfolgersRoger mit der byzantinischen Kaiser-Tochter Irene.
HEINRICH VI. war indessen immer noch in Deutschland beschäftigt, aber eine Reihe glücklicher Umstände sollte ihm bald die Eroberung des Königreichs Sizilien ermöglichen. Richard Löwenherz war im Heiligen Land mit dem französischen König, seinem Lehenshern, aneinandergeraten. Philipp II. vereinbarte daraufhin 1191 bei der Erneuerung des staufisch-kapetingischen Bündnisses mit HEINRICH VI. die Gefangennahme seines unbotmäßigen Vasallen. Dies geschah bald, denn Richard hatte sich durch sein selbstbewußtes Auftreten auch andere Feinde gemacht. Einer von ihnen, Herzog Leopold V. von Österreich, nahm ihn gefangen und lieferte ihn dem Kaiser aus. HEINRICH VI. erpreßte vom englischen König nicht nur ein hohes Lösegeld, sondern auch die Leistung des Lehnseids für sein Königreich. Die innerdeutsche Opposition gegen den Kaiser verlor damit ihren Rückhalt, während der STAUFER über neue Finanzmittel verfügte, die ihm die Vorbereitung des Italienzugs erleichterten.
Weitere Glücksfälle, aus staufischer Sicht, waren der Tod des Mitkönigs Rogeram 24. Dezember 1193 und Tankreds selber am 20. Februar 1194.

Csendes Peter: Seite 77-79,134-135,144-146
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"Heinrich VI."

Am 18. November 1189 war König Wilhelm II. kinderlos gestorben. Die Barone, die wohl gehofft hatten, dass der Fall einer Erbfolge der Prinzessin Konstanze nie eintreten würde, dachten in ihrer überwiegenden Zahl nicht daran, die einst zu Troia gegebenen Versprechungen auch einzuhalten. Tatsächlich löste zunächst der Tod des Königs Unruhen im Inneren aus; die Anhänger HEINRICHS VI. und Konstanzes, die eine legitimistische Auffassung vertraten, fanden wenig Anhang. Der Vizekanzler Matheus Aiello von Salerno, der seit den 60-er Jahren gemeinsam mit Walter, Erzbischof von Palermo, an der Spitze des Reiches gestanden hatte, betrieb die Erhebung eines normannischen Prätendenten. Sein Kandidat war Tankred von Lecce, selbst ein Enkel Rogers II., allerdings ein illegitimer Sproß des Königssohnes Roger von Apulien. Soweit man es beurteilen kann, schlossen sich dieser Gruppe die wichtigsten Funktionsträger des alten Königtums an. Auf dem Festland erwuchs Tankred aber in Graf Roger von Andria ein ernsthafter Gegner. Auch Roger konnte seine Abstammung auf das Haus HAUTEVILLE, nämlich auf Drogo, einen älteren Bruder Robert Guiskards, zurückführen. Es war jedoch ohne Zweifel die größere Gefolgschaft im Kreis der königlichen Amtsträger - die Zahl seiner persönlichen Gefolgsleute war eher bescheiden - die für Tankred den Ausschlag gab. Erzbischof Walther hatte seinen Widerstand aufgegeben und krönte schließlich den neuen Herrscher am 18. Januar des Jahres 1190 in Palermo. Die Kurie war von der Entwicklung gleichfalls überrascht worden. Die schnelle Entscheidung zugunsten des Grafen von Lecce ließ auch kaum einen Spielraum. Tankred hatte offensichtlich unmittelbar nach seiner Wahl den Kontakt mit der Kurie hergestellt, so dass, wie die Annalen von Montecassino berichten, die Krönung bereits mit dem Wohlwollen des Papstes erfolgte.
Tankred, klein von Gestalt, war keine königliche Erscheinung, und Petrus von Eboli versäumt es nicht, ihn mit Spott zu übergießen; so nennt er ihn ein Knäblein mit dem Gesicht eines alten Mannes oder gar einen Affen, den man zum König gemacht hätte. Doch muß selbst Petrus dem König seine Geistesgaben konzedieren, die auch Hugo Falcandus als Gegensatz zu den geringen körperlichen Vorzügen erwähnt. Zwischen 1135 und 1140 in Lecce geboren, war Tankred nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1149 am Hof von Palermo aufgewachsen, von den eifersüchtigen und mißtrauischen Blicken seines Onkels, König Wilhelms I., verfolgt. Tatsächlich beteiligte er sich an den mißlungenen Verschwörungen der Jahre 1156 und 1161 gegen Wilhelm, was ihn Kerkerhaft und Exil eintrug. Erst 1167, ein Jahr nach dem Ableben des Königs, kehrte er in seine Heimat, die Grafschaft Lecce, zurück. Wilhelm II. zog seinen Vetter wiederholt für militärische Aufgaben heran, die dieser mit unterschiedlichem Erfolg bewältigte. So kommandierte Tankred 1174 eine Flotte, die vergeblich versuchte, Alexandria einzunehmen. Drei Jahre später stand er gemeinsam mit seinem späteren Rivalen Roger von Andria an der Spitze eines Heeres, das sich den Truppen entgegenstellte, die FRIEDRICH BARBAROSSA unter dem Kommando des Erzbischofs Christian von Mainz gegen das Königreich entsandt hatte. Bei Carsoli, östlich von Rom, bezogen die Normannen eine schwere Niederlage, die jedoch ohne weitere Folgen blieb, da mit dem Frieden von Venedig ein Waffenstillstand zwischen dem Kaiser und König Wilhelm zustande kam. Auch ein Flottenunternehmen gegen Thessalonike und Konstantinopel im Jahre 1185, das Tankred leitete, verlief nach anfänglichen Erfolgen eher unglücklich. In der königlichen Verwaltung bekleidete Tankred die Ämter eines Comesstabulo sowie eines Justitiars für Apulien und die Terra di Lavoro, die militärische und jurisdiktionelle Aufgaben umfaßten. Der Graf war mit Sibylle, einer Tochter des Grafen Roger von Acerra, verheiratet, der auch in die Verschwörung von 1161 verwickelt gewesen war. Zum Zeitpunkt seiner Thronerhebung hatte Tankred zwei Söhne, Roger und Wilhelm.
Der König handelte umsichtig. Er sorgte zunächst für die Sicherung der Nordgrenze, da dort die Anhänger seines Feindes Roger ihre Stützpunkte besaßen und zudem mit einem deutschen Angriff gerechnet werden mußte. Tankred beauftragte seinen Schwager, den Grafen Richard von Acerra, mit dieser Aufgabe, die durch den Reichtum des Königsschatzes erleichtert wurde. In Sizilien selbst drohte die größte Gefahr von den Sarazenen. Noch 1189, kurz nach dem Tod des Königs, hatte sich die Volkswut in Palermo über die Muslime ergossen, Tankred wird man kaum dafür verantwortlich machen können. Die Überlebenden flüchteten in das gebirgige Zentralland der Insel und begannen einen Kleinkrieg gegen die normannische Herrschaft, der fast ein Jahr andauern sollte.
Das Kastell Terracina in Salerno, wo Kaiserin Konstanze Quartier genommen hatte, wurde von einer deutschen Besatzung verzweifelt gegen die Anhänger Tankreds verteidigt, doch gab sich die Kaiserin schließlich gegen freien Abzug ihrer Begleitung gefangen und wurde mit dem Schiff nach Sizilien gebracht. König Tankred erwartete sie persönlich in Messina und ließ sie zunächst in Palermo festhalten. In Anbetracht der Erbansprüche Konstanzesbesaß der König in ihrer Person ein wichtiges Faustpfand. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass Tankred seine Tante in ehrenvoller Haft hielt und sich wahrscheinlich auch bemühte, wenn sie schon nicht zu einem Verzicht zu bewegen war, sie doch zu einer Fürsprache beim Kaiser zu gewinnen. So soll er ihr auch, als sie heimkehrte, reiche Geschenke mitgegeben haben.
Tankred, dessen Verhandlungen um die Anerkennung seines Königtums im Frühsommer 1192 in eine entscheidende Phase eintraten, sah sich zu einem Entgegenkommen gezwungen, zumal ja auch ihm an einem Ausgleich mit dem Kaiser gelegen sein mußte. Annähernd zur selben Zeit, da Konstanze mit dem deutschen Heer zusammentraf, kam es im apulischen Gravian zum Abschluß eines neuen Konkordats zwischen dem sizilischen Königreich und dem Papsttum. Tankred nahm demnach Sizilien, Apulien und denn Prinzipat von Capua von Coelestin zu Lehen, wofür er weitgehende Konzessionen in Fragen der Appellation an die römische Kurie, von päpstlichen Legationen in seinem Reich oder bei kirchlichen Wahlen machen mußte, die über ältere Vereinbarungen zwischen Rom und Palermo hinausgingen. Die mit den Unterhandlungen betrauten Kardinäle, Albinus von Albano und Gregor von S. Maria in Aquiro, nahmen daraufhin den Huldigungseid entgegen, wobei eine spätere persönliche Eidesleistung gegenüber Coelestin vorgesehen war.
Der König war sich stets der Tatsache bewußt, dass die Legitimität seiner Herrschaft allein von Papst Coelestin abhing. So hatte er bereitwillig die Kaiserin Konstanze ohne jegliche erkennbare Gegenleistung des Kaisers aus der Gefangenschaft entlassen und immer wieder das Einvernehmen mit Rom gesucht - und nicht vergeblich. Allein dieser Rückhalt konnte kaum ausreichen, einem neuerlichen deutschen Angriff standzuhalten, gelang es doch nicht einmal, mit den Truppen fertig zu werden, die in der Terra di Lavoro operierten.
Angesichts der Entwicklung nahm König Tankred Verbindung mit Isaak II. Angelos, dem Kaiser in Byzanz, auf, mit dem Ziel, seinen älteren Sohn Roger mit Prinzessin Irene, einer Tochter Isaaks, zu vermählen. Isaak war allerdings selbst ein glückloser Herrscher und somit sicher nicht jener Verbündete, den sich der Normanne erhofft haben mag. Die Hochzeit kam jedoch zustande. Roger, den sein Vater 1191 zum Herzog von Apulien, 1192 zum König und Mitregenten erhoben hatte, heiratete Ireneim Juni 1193 zu Brindisi. Tankred war zu diesem Zeitpunkt mit Heeresmacht auf das Festland vorgerückt, um persönlich gegen den Feind zu ziehen. Im Juli hielt der König bei Montefusco, südlich von Benevent, dem Heer Bertholds von Künßberg gegenüber.
Die erwartete Schlacht blieb aus. Berthold, der wahrscheinlich kräftemäßig unterlegen war, konnte unbehelligt abziehen, während sich Tankred, der seinen Truppen offenbar wenig vertraute, mit der Eroberung einiger fester Plätze sowie von Aversa und Caserta begnügte. Daran änderte auch der Tod Bertholds nichts, der wenig später bei einer Belagerung ums Leben kam. Ihm folgte Konrad von Lützelhardt wieder im Kommando nach, der dabei allerdings Schwierigkeiten erfuhr. Tankred hingegen konnte die Gelegenheit nicht nützen: erkrankt - wovon er sich auch nicht mehr erholen sollte - kehrte er nach Sizilien zurück, womit er die Festlandsbesitzungen preisgab.
Wohl noch vor Weihnachten 1193 erlebte der König einen schweren Schicksalsschlag - völlig unerwartet starb sein Sohn Roger. Aber schon bald danach, am 20. Februar, folgte er diesem in den Tod nach. Zurück blieben seine Witwe Sibylle und sein jüngster Sohn Wilhelm, der noch ein kleines Kind war.
Die Regierung Tankreds war von wenigen Erfolgen begleitet gewesen, wohl dadurch bedingt, dass der Adel des Königreichs keineswegs geschlossen hinter ihm stand, er selbst auch keine Führungspersönlichkeit gewesen ist. Sein Unheil bestand vorzüglich darin, dass er in einer außergewöhnlich schwierigen Situation an die Spitze des Königreichs trat, der er mit seinem Fähigkeiten - und auch seinen Möglichkeiten - einfach nicht gewachsen war.
 
 
 
 

  oo Sibylle di Medina, Tochter des Grafen Ruggerio von Accera
       um 1150- nach 1198
 
 
 
 

6 Kinder:

  Roger III.
  um 1170-24.12.1193

  Wilhelm III.
         -   1198 ermordet ?

  Maria Elvira (Alberia)
         -

  1. oo Walther III. Graf von Brienne
                   -   1205

  2. oo Jakob di Sanseverino
                  -

  Konstanze
          -

 1213
   oo Pietro Ziani Doge von Venedig (1205/29)
              -   1230

  Mandonia
          -
 
 
 
 

Literatur:
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Csendes, Peter: Heinrich VI., Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Wiesbaden 1993 Seite 77-79,134-135,144-146 - Die Staufer im Süden. Sizilien und das Reich, hg. von Theo Kölzer, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1996, Seite 32-233 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 141 - Engels, Odilo: Die Staufer. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1972, Seite 104,109-113,115 - Herde Peter: Karl I. von Anjou. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln Mainz 1979 Seite 16,17 - Houben, Hubert: Roger II. von Sizilien. Herrscher zwischen Orient und Okzident, Primus Verlag Darmstadt 1997,Seite 93, 126A,128A,159A,175-177,185,Taf.1 - Mayer, Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge, Verlag W. Kohlhammer GmbH 1995 Seite 133 - Stürner, Wolfgang: Friedrich II. Teil 1: Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194-1220, Primus-Verlag Darmstadt 1997, Seite 34-39,42,45,54,57,63,84,94, - Ottendorff, Hermann: Die Regierung der beiden letzten Normannenkönige Tancreds und Wilhelms III. von Sizilien und ihre Kämpfe gegen Heinrich VI., Dissertation Bonn 1899 Universitäts-Buchdruckerei Bonn - Pernoud Regine: Der Abenteurer auf dem Thron. Richard Löwenherz König von England. Diedrichs Verlag München 1994 Seite 108,114,123,  207,223,260 - Reisinger, Christoph: Tankred von Lecce, Kölner Historische Abhandlung 38, Böhlau Verlag Köln/Weimar/Wien 1992 -