Begraben: St- Denis
2. Sohn des Königs Philipp
IV. der Schöne von Frankreich und der
Johanna von Navarra, Tochter von König
Heinrich I. der Dicke
Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 2063
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Philippp V. der Lange (‚le Long‘), König von Frankreich
und Navarra
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* 1294, + Nacht vom 2. zum 3. Januar 1322
Longchamp
2. Sohn von Philipp IV. und Johanna von Navarra; vor seiner Thronbesteigung Graf von Poitiers
1. oo 1307 Johanna (Jeanne de Bourgogne), Tochter Ottos IV., Grafen von Burgund
Johanna wurde 1314
zusammen mit den anderen Schwiegertöchtern Philipps
des Schönen unter der Anklage des Ehebruchs inhaftiert,
kehrte aber wegen erwiesener Unschuld an die Seite ihres Gatten zurück.
Philipp
V. der Lange erfuhr in Lyon, auf der Rückreise von der
Angevinischen Kurie, vom Tode seines älteren Bruders, König
Ludwig X. (5. Juli 1316), der aus seiner 1. Ehe, mit Margarete
von Burgund, eine Tochter hinterließ, wohingegen seine
2. Gemahlin, Klementia von Ungarn,
schwanger war. Bei seiner Ankunft in Paris ließ sich
Philipp vom Parlement zum Regenten des Königreiches
proklamieren. Während dieser Periode hatte er die Auseinandersetzung
mit Robert von Artois, der die Rechte
an der Grafschaft Artois zurückforderte, zu regeln. Nachdem der Sohn
Klementias,
der Thronerbe Jean I., kurz nach der
Geburt verstorben war, ließ sich Philipp
zum König proklamieren (Königsweihe: Reims 9. Januar 1317). Es
erhob sich jedoch Widerstand: Karl IV., Herzog
von der Marche, der Bruder des Königs, und
Herzog
Odo IV. von Burgund unterstützten die Ansprüche der
Tochter Ludwigs X.,
Johanna.
Doch erklärte eine Versammlung (2. Februar 1317) den Ausschluß
der Frauen von der Erbfolge. Die Situation beruhigte sich, nachdem
Philipps V. einziger Sohn, Ludwig, verstorben war, wodurch sein
Bruder Karl IV. zum Thronerben wurde,
während Odo IV. die älteste
Tochter dfes Königs, Johanna,
heiratete, die die Grafschaft Burgund als Mitgift in die Ehe einbrachte.
Die kurze Regierung Philipps
V. des Langen war für die Entwicklung der Institutionen
bedeutsam. Durch eine Reihe von legislativen Texten und Ordonnances
baute der König die großen Ämter der französischen
Monarchie auf (Hotel du roi, Conseil, Parlement, Tresor, Chambre des Comptes).
Er schloß Frieden mit den Flamen (2. Juni 1320). Seine Regierung
ist aber vom Aufstand der Pastorellen (1320) und von Verfolgungen gegen
Juden und Leprosen überaschattet.
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Philipp V. der Lange
folgte 1316 seinem Bruder Ludwig X. dem Zänker
auf dem Thron, da der nachgeborene Sohn Ludwigs,
Johann
I., nach wenigen Tagen starb und die Stände den Anspruch
von Ludwigs minoreller Tochter
Johanna abwiesen. Als Mann von klarem Verstand regierte er mit
Weitblick und unterzog die königlichen Behörden einer wohldurchdachten
Neuordnung. Gegen die großen Vasallen stützte er sich auf den
Dritten Stand und bildete das Parlament weiter aus. Dennoch konnte er die
Gärung im Volke, die durch den Steuerdruck immer wieder erregt wurde,
nicht verhindern; in den Aufständen der Pastorellen 1321 und in Judenverfolgungen
kam sie zu furchtbaren Ausbrüchen. Mit Flandern schloß Philipp
1320 Frieden.
Da Philipp V. bei
seinem Tode nur vier Töchter hinterließ, folgte ihm sein Bruder
Karl
IV.
1306/07
oo Johanna I. von Burgund, Tochter des Pfalzgrafen
Otto IV. und der Mathilde von Artois
vor 2.3.1294-21.1.1329
Gräfin von Artois
Kinder:
Johanna II. Ersterbin der Mutter
1308- 1347
18.6.1318
oo Odo IV. Herzog von Burgund
1295- 4.1349
Margarete I. Erbin von Artois, Salins und der
Pfalzgrafschaft Burgund
1310-9.5.1382
21.7.1320
oo Ludwig II. Graf von Flandern
1304-25.8.1346
Isabella
1312- 1348
18.5.1322
1. oo Guido VIII. Dauphin von Vienne
1309-28.7.1333 gefallen
2. oo Johann Graf von Faucogne
-
Blanka Nonne im Klarissenkloster Longchamp
1314-26.4.1358
Ludwig
24.6.1316-18.2.1317
Literatur:
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Benker Gertrud: Ludwig der Bayer. Ein Wittelsbacher
auf dem Kaiserthron. Eugen Diederichs Verlag München 1997 Seite 115
- Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin
Köln 2000 Seite 206,223,229,232-238,240 - Ehlers Joachim: Geschichte
Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 184,197,190,198,201-203,205
- Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis
Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 203,231,235,238,240-246,249,254,261,287
- Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515.
Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 255,280,282,293 - Hundt,
Barbara: Ludwig der Bayer. Der Kaiser aus dem Hause Wittelsbach Bechtle
Verlag Esslingen München 1989 Seite 88,139,141,213 - Le Goff
Jacques: Ludwig der Heilige, Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 238 - Mexandeau
Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 - Prutz
Hans: Die Ritterorden. Mönche als Kämpfer, Helden, Abenteurer
Bechtermünz Verlag Berlin 1908 Seite 387,440,442 - Schnith
Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien
Köln 1997 Seite 336,340 - Treffer Gerd: Die französischen
Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)
Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 160,162,169,179 - Tuchmann
Barbara: Der ferne Spiegel. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995
Seite 52 -
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Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Seite 237-245
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"Die französischen Könige des Mittelalters"
PHILIPP V. (LELONG, DER LANGE)
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* 1291, + 3.1.1322
Longchamp bei Paris
Begraben: 8.1.1322 St-Denis
Vater:
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König Philipp IV.
Mutter:
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Johanna von Navarra (+ 2.4.1305)
1311 Graf von Poitiers
12.7.1316 Regent der Königreiche Frankreich und
Navarra
am 9.1.1317 zum König gekrönt
oo 1307
JOHANNA, Tochter
des Pfalzgrafen Otto IV. von Burgund und der Gräfin Mathilde von Artois
+ 1329
Kinder:
---------
Ludwig
+ 18.2.1317
Johanna
* 1308, + 1347
oo 18.6.1318 Herzog Odo von Burgund
Margarete
* 1310, + 1382
oo 22.7.1320 Ludwig Graf von Flandern
Isabella
* 1312, + 1348
oo Dauphin Guido VII. von Vienne
Blanche
* 1314, + 1358
Nonne im Klarissenkloster Lonchamp
Als König sowohl von Frankreich wie auch von Navarra
hinterließ Ludwig X. bei seinem
Tod eine Tochter aus einer erstrer Ehe, Johanna,
und eine Witwe, die ein Kind erwartete. Sollte dieses Kind als Sohn geboren
werden, dann käme ihm nach dem französischen Thronfolgerecht
unbestritten die Nachfolge auf dem Königsthron zu. Bis zur Geburt
mußte somit eine Zwischenregelung getroffen werden, bei der von vornherein
dem älteren der beiden noch lebenden Brüder Ludwigs
X., Philipp dem Langen,
die Vorzugsrolle zufiel. Philipp hatte
von seinem Vater die Grafschaft Poitiers als Apanage erhalten und
befand sich zum Zeitpunkt des Todes seines Bruders in königlichem
Auftrag in Lyon, um die seit dem Tode Papst Clemens' V. im April 1314 noch
immer ausstehende Wahl eines neuen Oberhauptes der römischen Kirche
herbeizuführen. Er ließ beim Eintreffen der Nachricht vom Tode
seines Bruders die weiterhin uneinigen Kardinäle einsperren und brach
nach Paris auf, wo er am 12. Juli 1316 eintraf, während in Lyon inzwischen
tatsächlich ein neuer Papst, der aus Cahors stammende Johannes XXII.,
gewählt wurde. In Paris bestellte eine Versammlung der Großen
Philipp
sogleich
zum Regenten für die Königreiche Frankreich und Navarra,
mit der Maßgabe, dass die Regentschaft fortdauern sollte, falls die
Königin-Witwe
Clementia einen Sohn zur Welt brächte. Er führte nunmehr
den Titel "Philipp, Sohn des Königs von Frankreich, die Königreiche
Frankreich und Navarra regierend".
Schwierigkeiten ergaben sich sofort im Verhältnis
zu Herzog Odo IV. von Burgund, an dessen
Hof sich die Tochter Ludwigs X. aus
der ersten Ehe, Johanna, befand, die
als Enkelin Philipps des Schönen
Erbansprüche auf das Königreich Navarra und die Grafschaft Champagne
hatte, da in beiden Gebieten nicht wie im Königreich Frankreich ein
die männlichen Nachkommen bevorzugendes Erbrecht galt. Bereits am
17. Juli wurde jedoch ein die Situation vorerst entspannender Vertrag zwischen
dem Regenten und Herzog Odo geschlossen;
darin wurden die Rechte Johannas und
einer eventuell hinzukommenden Tochter aus der zweiten Ehe Ludwigs
X. auf Navarra und die Champagne anerkannt, während sich
Philipp
bis zu einer Heirat der beiden Damen die Regentschaft vorbehielt.
Obwohl mit dem Grafen von Flandern am 1. September 1316
unter Mitwirkung Karls von Valois ein
allerdings nur vorübergehend haltender Friede geschlossen wurde, tauchten
für Philipp neue Probleme dadurch
auf, dass Robert, ein Neffe der noch
immer in Paris weilenden Gräfin Mathilde
von Artois, unter Ausnutzung der Unzufriedenheit des dortigen
Adels die Grafschaft an sich zu reißen suchte. Der Regent, der mit
der seit Anfang 1314 eingekerkerten Tochter Mathildes,
Johanna, verheiratet war, verteidigte die Interessen der Gräfin
und entsandte zunächst den Connetabel Gaucher von Chatillon mit Truppen,
um dann selbst mit einem Aufgebot gegen Robert
und
die mit diesem verbündeten Adligen vorzugehen. Robert
von Artois fügte sich und begab sich nach Paris, wo er
einige Zeit eingekerkert wurde.
Inzwischen schenkte Clementia
in der Nacht vom 13. zum 14. November einem Sohn, der den Namen
Johannes erhielt, das Leben, der jedoch bereits am 19. November
starb, aber für die wenigen Tage seines Daseins als König von
Frankreich galt. Nach seinem Tode traf Philipp
zur Sicherung seiner Position sofort Vorbereitungen für die Krönung
in Reims, die am 9. Januar 1317 in Anwesenheit einer begrenzten Zahl von
Fürsten und Baronen vollzogen wurde. So erschien der Herzog von Burgund
nicht, da er vor der Königsweihe Philipps
von
diesem eine verbindliche Garantie der Rechte seiner Nichte
Johanna, der Tochter Ludwigs X.,
verlangte. Der neue König berief nach der Rückkehr nach Paris
dorthin eine große Versammlung von Prälaten, Baronen und Vertretern
von Ständen, die Anfang Februar unter Hinzuziehung von Magistern der
Pariser Universität stattfand. Die Versammelten billigten die Königserhebung
Philipps
und erklärten grundsätzlich, dass Frauen kein Anspruch auf die
französische Königskrone zustehe.
Allerdings verharrten der burgundische Herzog, Teile
des Adels von Burgund und der Champagne, der Graf Ludwig von Nevers, ein
Sohn des Grafen von Flandern, sowie Adlige des Artois im Widerstand. Die
Opposition war also beachtlich, hatte aber nicht solche Ausmaße wie
um die Jahreswende 1314/15 und fand kaum Rückhalt in breiteren Bevölkerungsschichten.
Verhandlungen führten im Frühjahr 1318 zu einer Einigung mit
Herzog
Odo von Burgund: Johanna,
der Tochter König Ludwigs X. und
Margaretes
von Burgund, wurde für den Fall, dass der neue König
söhnelos starb, die Champagne zugesichert, während der Herzog
die älteste Tochter Philipps V.
zur Frau erhielt. Der Widerstand im Artois aber hielt an, und überdies
spitzte sich ungeachtet der Vermittlungsbemühungen der Kurie der Gegensatz
zwischen dem Grafen Robert von Flandern und dem französischen König
erneut zu. Dieser suchte zunächst angesichts der fortdauernden inneren
Schwierigkeiten und wegen des chronischen Geldmangels kriegerische Auseinandersetzungen
zu vermeiden. Aber nach einem im Oktober 1318 ausgehandelten, bis Ostern
1319 angesetzten Waffenstillstand war mit großer Wahrscheinlichkeit
der Ausbruch offener Feindseligkeiten zu erwarten. Philipp
V. verschickte in dieser ungewissen Situation bereits seit dem
Juli 1318 Einladungen an Städte und an Adlige zu größeren
Versammlungen, die im Herbst 1318 und Anfang 1319 zusammentreten sollten.
Mitte Oktober fand in Paris eine solche Zusammenkunft von Vertretern der
nordfranzösischen Städte, Anfang Januar in Toulouse eine von
Delegierten der Städte des Languedoc statt. In beiden Fällen
wurden in vager Form Subsidien für einen Krieg gegen Flandern zugesagt.
Die im November in Bourges zusammengerufenen Adligen des Berry versprachen
ebenfalls Unterstützung. Der Großteil des nordfranzösischen
Adels, der zu einer Versammlung in Paris im Februar eingeladen worden war,
machte aber keine nennenswerten Zusagen. Somit waren durchweg weitere Verhandlungen
im kleineren Rahmen nortwendig, um die Bewilligung von Subsidien oder die
Stellung von Aufgeboten auszuhandeln. Mit den überregionalen Versammlungen
in Paris und Toulouse verfolgte die königliche Regierung offenbar
vor allem den Zweck, die öffentliche Meinung auf kommende Belastungen
einzustimmen. Es zeigt sich deutlich, wie schwierig es für das französische
Königtum seit dem Ausbruch der Oppositionsbewegung am Ende der Regierungszeit
Philipps
IV. war, die für größere Aktionen unerläßlichen
finanziellen Mittel zu erlangen.
Abgesehen von diesen gezielten Bemühungen um die
Jahreswende 1318/19 hatte Philipp V.
schon bald nach Erlangung der Königskrone verschiedene Initiativen
ergriffen, um seine Geldeinnahmen zu steigern und die militärischen
Potenzen seines Königreiches zu verbessern. Bereits am 12. März
1317 hatte er im Zusammenhang mit einer in Paris abgehaltenen Beratung
mit Vertretern der bonnes villes der nördlichen Gebiete einschließlich
der Normandie eine Ordonnanz erlassen, in der festgelegt wurde, dass zur
Sicherung des Friedens in den Städten jeweils ein Kapitän mit
vornehmlich militärischen Aufgaben einzusetzen und eine Bürgermiliz
aufzustellen sei. Auch wenn die militärische Bedeutung dieser Milizen
nicht überschätzt werden sollte, so dürfte diese Maßnahme
doch zu einer Steigerung der Verteidigungsfähigkeit der Städte
beigetragen haben.
Um die Jahreswende 1317/18 sandte der König seinen
Butler (buticularius), den in Finanzfragen entscheidenden Einfluß
gewinnenden Adligen Henri de Sully, an den päpstlichen Hof, um die
Bewilligung von Zehntzahlungen aus dem Besitz französischen Kirchen
zu erwirken. Wie Papst Johannes XXII. anschließend in einem Brief
an Philipp V. schrieb, habe Sully im
päpstlichen Konsistorium "gewandt, um nicht zu sagen zudringlich"
auf die Überlassung von Zehnten für mehrere Jahre gedrängt;
doch wollte der Papst angesichts der Belastungen der Kirche nicht mehr
als zwei Jahreszehnten zugestehen. Immerhin waren damit begrenzte Einnahmen
aus dem Kirchenbesitz gesichert. Außerdem wurde im Januar 1318 zur
Steigerung der Einnahmen aus dem Kirchenbesitz gesichert. Außerdem
wurde im Januar 1318 zur Steigerung der Einnahmen eine Weiterführung
der 1315 begonnenen Freikaufaktion von Leibeigenen angeordnet, und für
den März dieses Jahres berief der König eine neue Versammlung
von Beauftragten der Städte nach Paris, auf der vor allem Probleme
der königlichen Münzprägung, die durch fehlendes Edelmetall
beeinträchtigt war, beraten wurden.
Überdies unternahm der König, in dessen Rat
jetzt zunehmend Fachleute aus der Rechenkammer (Chambre des comptes) Einfluß
gewannen, seit 1318 beachtliche Anstrengungen, die gesamte Verwaltungsorganisation
effektiver zu gestalten. Im Juli 1318 erließ er in Zusammenarbeit
mit dem Großen Rat, dem auch Sully angehörte, eine Ordonanz,
in der festgelegt wurde, dass dieser Rat monatlich einmal mit dem König
zusammentreten sollte, wobei jeweils über den Stand der königlichen
Finanzen berichtet werden mußte. Zahlreiche Einzelfestlegungen zielten
darauf, das Veruntreuen königlicher Einnahmen zu vermeiden. Im gleichen
Monat folgte eine Ordonnanz, die eine Kontrolle von Vergabungen aus der
königlichen Domäne unter seinen beiden Vorgängern anordnete.
Einleitend erklärte der König, er wolle das Königreich entsprechend
den guten Bräuchen und Gewohnheiten in der Weise, wie es zu Zeiten
König
Ludwigs des Heiligen üblich war, regieren; mißbräuchliche
Besitzentfremdung aus der Zwischenzeit sollten daher rückgängig
gemacht werden. Da in der öffentlichen Meinung die Überzeugung
vorherrschte, der König müsse, von Kriegszeiten abgesehen, von
den regulären Einnahmen aus seiner Domäne leben, gewann das Erhalten
dieses Komplexes von Besitzungen und Rechten erhöhtes Gewicht. Eine
weitere, am 18. November 1318 in Bourges verabschiedete Ordonnanz regelte
die Regierungstätigkeit teilweise bis in Einzelheiten. So sollten
während der regelmäßigen Morgenmesse des Königs keine
Bittgesuche entgegengenommen werden. Keiner dürfe Bitten um Schenkungen
auf Kosten der königlichen Domäne vorbringen, es sei denn in
Anwesenheit des Großen Rates. Die Beschlüsse dieses monatlich
zusammentretenden Rates würden durch königliche Notare registriert,
Baillia, Seneschälle und andere vom Herrscher ernannte Amtsträger
ihr Amt persönlich ausüben und nicht Vertreter einsetzen, denn
insbesondere deren Mißbräuche hätten zu Rebellionen geführt.
Sie sollten die Untertanen nicht bedrücken, von ihnen keine unstatthaften,
neuen Abgaben fordern und jährlich ihre Einnahmen abrechnen.
Es gelang dem König offenbar, mit solchen Maßnahmen
die Wirksamkeit der königlichen Regierung und nicht zuletzt auch die
Einnahmen des Fiskus zu steigern, so dass er dem Ende des Waffenstillstands
mit dem Grafen von Flandern im nächsten Frühjahr ohne Befürchtungen
entgegensehen konnte. Überdies erklärte sich im Mai 1319 auch
der Adel der Auvergne zur Leistung von Subsidien bereit. Als Gegenleistung
erhielten die dortigen Adligen ihrer Bitte entsprechend ebenfalls eine
15 Artikel umfassende Urkunde, in der ohne allzu weitgehende Zugeständnisse
deren Gerichtsrechte und die Befugnisse des in diesem Gebiet tätigen
Bailli präzisiert wurden. In der Präambel hebt der König
hervor, dass er die seinen Vorgängern und ihm geleisteten Dienst sowie
den Gehorsam der dortigen Herren zu schätzen wisse und überdies
berücksichtige, dass sie in zurückliegenden Zeiten, als das Königreich
durch andere Untergebene mit Forderungen bedrängt wurde, treu gedient
hätten, ohne besondere Gnadenerweise zu erbitten. Diese Formulierungen
zeigen deutlich, dass man am Hofe Philipps V.
die 1315 in offener Opposition erzwungenen Zugeständnisse mit einem
gewissen Unwillen betrachtete.
Im Spätsommer 1319 standen sich im Norden die Heere
des Grafen von Flandern und des französischen Königs gegenüber.
Doch es kam zu keinen nennenswerten Kämpfen, da sich das Aufgebot
der Stadt Gent weigerte, den Fluß Lys nach Süden zu überschreiten
und die dem König unterstehende Stadt Lille anzugreifen. Damit war
der Weg für die Vermittlungstätigkeit eines vom Papst entsandten
Kardinals geebnet. Graf Robert von Flandern erschien Anfang Mai 1320 in
Paris und leistete dem König das homagium eines Lehensmannes. Der
endgültige Friedensschlueß verzögerte sich nochmals, da
der Graf die Rückgabe der Städte Lille, Douai und Bethune forderte
und angesichts der strikten Weigerung des Königs verärgert aus
Paris abreiste. Aber wegen des Drucks der flandrischen Städte, die
endlich Frieden wünschten, gab Graf Robert kurz darauf nach. Sein
Enkel Ludwig, der Sohn des Grafen Ludwig von Nevers, erhielt im Juli zur
Besiegelung des Friedens Margarete,
eine Tochter des Königs zur Frau. Er übernahm, als Graf Robert
zwei Jahre später starb, die Grafschaft Flandern und vermied jeden
Konflikt mit dem französischen König.
Inzwischen war infolge des Eingreifens des königlichen
Connetabel auch die Adelsopposition im Artois endgültig niedergeschlagen
worden, so dass die Gräfin Mathilde
in ihre Grafschaft zurückkehren konnte. Überdies erreichte Philipp
V. im selben Jahr, dass der englische König,
Edward II., nach mehrfachen Verzögerungen und widerwillig
nach Frankreich kam, um am 29. Juli 1320 vor dem Hochaltar der Kathedrale
von Amiens das homagium für das Herzogtum Aquitanien zu leisten und
damit die Lehnshoheit des französischen Königs für dieses
Gebiet anzuerkennen. Die fortbestehenden Spannungen zwischen beiden Herrschern
zeigten sich wenige Tage später, als bei weiteren Verhandlungen ein
Berater des französischen Königs erklärte,
Edward II. habe nur das homagium, also den Handgang mit der
entsprechenden Willenserklärung ("Ich werde euer Mann...") geleistet,
nicht aber den für eine Lehnsbindung ebenfalls erforderlichen Treueid
(feaute, fidelitas). Der englische König wies diese mit Hinweis darauf,
dass sein homagium in gleicher Form wie 1308 erfolgt sei, entschieden zurück.
Die Erfolge Philipps V.
im Jahre 1320 zeigen, dass sich die Position des französischen Königtums
nach den Erschütterungen der vorhergehenden Jahre deutlich stabilisiert
hatte. Er nutzte die Situation, um 1321 ein komplexes Reformvorhaben zur
weiteren Stärkung der königlichen Gewalt im Inneren anzuregen.
Ende März und Anfang April ergingen Einladungsschreiben an die meisten
Städte des Königreichs; die des Languedoc und der zentralen Regionen
sollten zum 14. Juni bevollmächtigte Vertreter nach Poitiers zu Beratungen
entsenden, die des Nordens Anfang Juli nach Paris. Im überlieferten
Schreiben an die Bürger von Narbonne betont der König, dass er
bestrebt sei, das Königreich in Frieden zum Nutzen der Untertanen,
die in zurückliegenden Zeiten oft sehr bedrückt worden seien,
zu regieren. Vorher führten im kleineren Rahmen königliche Beauftragte
Versammlungen durch, auf denen sie die Delegierten eingeladener Städte
genauer informierten. In einem Memorandum, das Hinweise zur Vorgehensweise
dieser Beauftragten enthält, wird diesen nahegelegt, auf die durch
die großen Allianzen zu Beginn der Regierungszeit des Königs
verursachten Schwierigkeiten hinzuweisen und hervorzuheben, dass bisher
kaum außerordentliche Steuern erhoben worden seien; vielmehr habe
Philipp
im Interesse des Gemeinwohls viele gute Ordonnanzen erlassen, und zudem
denke er an einen Kreuzzug. In diesem Schriftstück werden auch die
entscheidenden Punkte der geplanten Reformen genannt: Das Münzwesen
solle stabilisiert werden, und zu diesem Zweck sei es wünschenswert,
die Münzprägung der Barone bzw. Fürsten abzuschaffen, damit
es künftig nur das einheitliche königliche Münzsystem gebe,
was sicher zum Wohlstand des Volkes beitragen werde. Außerdem seien
Maße und Gewichte zu vereinheitlichen und überdies im Interesse
des Gemeinwohls veräußerter oder entfremdeter Besitz aus der
königlichen Domäne zurückzugewinnen. Angesichts dieser deutlichen
Bemühungen des Königs um den gemeinen Nutzen aber sei eine Unterstützung
des mit beträchtlichen Kosten verbundenen Vorhabens durch die Untergebenen,
also die Bewilligung einer Steuer, dringend erwünscht.
Dieser Vorschlag enthält insbesondere mit dem Vorschlag
einer Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten sowie des Münzwesens
in königlicher Regie unverkennbar zukunftsweisende Züge; er ist
überdies insofern bemerkenswert, als damit die königliche Regierung
erstmals versuchte, in Friedenszeiten die Zustimmung zur Erhebung einer
außerordentlichen Steuer zu erlangen. Offenkundig hoffte man, dass
die vorgeschlagenen Reformen die Bürger der Städte zu größeren
Leistungen bewegen würden. Die Zusammenkünfte in Poitiers und
Paris, zu denen wohl auch Prälaten und Barone eingeladen wurden, blieben
jedoch ergebnislos, so dass der König weitere regionale Beratungen
sowie eine erneute große Versammlung in Orleans für den 10.
Oktober ansetzte. Dort führten, da Philipp
V. inzwischen erkrankt war, der Graf von Boulogne und Henri
de Sully den Vorsitz; sie konnten an der ablehnenden Antwort der städtischen
Delegierten nichts ändern. Offenbar war in den honnes villes die Furcht
vor neuen Steuerbelastungen größer als die Hoffnung auf positive
Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen.
Überhaupt verschlechterte sich die öffentliche
Meinung über den Regierungsstil Philipps
des Langen wegen der ständigen Geldforderungen in jener
Zeit beträchtlich. Die hartnäckige, fiebrige Dysentrie,
die den Herrscher im August befiel, bringt selbst der dem Königshaus
durchaus ergebene Mönch des Klosters St-Denis, der die Chronik des
Guillaume de Nangis für jene Jahre fortsetzte, in Zusammnehang mit
den durch die königliche Finanzpolitik ausgelösten Verwünschungen
des Volkes. Am 3. Januar 1322 starb Philipp
V.; er wurde wie seine Vorgänger in St-Denis begraben.
Da sein Sohn Ludwig aus der Ehe mit
der noch unter Philipp IV. eingesperrten,
aber 1319 freigelassenen Johanna Anfang
1317 gestorben war, hinterließ er nur für die Thronfolge nicht
in Frage kommende Töchter.
König Philipp V. hat
unbestreitbar das Verdienst, die Position des Königtums in einer schwierigen
Zeit durch eine sich in zahlreichen Ordonnanzen niederschlagende, konsequente
Politik der Straffung und Kontrolle der Regierungsführung gefestigt
zu haben. Wenn seine Versuche, die königlichen Finanzen zu sanieren,
auf zunehmenden Widerstand stießen und nur mäßigen Erfolg
hatten, dann war das wohl nicht nur eine Spätfolge der überzogenen
Fiskalpolitik Philipps IV., sondern
auch eine Konsequenz der komplizierten wirtschaftlichen Gesamtsituation
in jenen Jahren. Im Scheitern des Flandernfeldzuges von 1315 in Regen und
Morast spiegelt sich die katastrophale Wetterentwicklung der Jahre 1314
bis 1318, die nicht nur in Frankreich Teuerung, Hungersnot und Seuchen
zur Folge hatte. Ausdruck der gereizten, spannungsgeladenen Atmosphäre
ist es, dass im Sommer 1321, als Philipp V.
seine einstige Apanage Poitou besuchte, das Gerücht auftauchte, die
Leprosem wollten in ganz S-Frankreich und in weiteren Gebieten die Brunnen
vergiften; angeblich seien sie von Juden auf Betreiben des muslimischen
Emirs von Granada dazu angestachekt worden. Der König befahl die Leprosen
einzukerkern und als schuldig Befundene zu verbrennen. Auch Juden wurden
verfolgt und in größerer Zahl verbrannt, andere erkauften durch
hohe Zahlungen an den Fiskus ihr Bleiberecht.