Sohn des Franken-Königs
Childebert II. und der Faileuba
Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 687
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Theuderich II., merowingischer König
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* 587, + 612/13
Nach dem Tod Childeberts II. 596 führte zunächst dessen Mutter Brunichild die Regentschaft in Austroburgund; bei der anschließenden Teilung unter ihre Enkel Theuderich II. und Theudebert II. erhielt Theuderich II. Frankoburgund (Residenz: Chalon-sur-Saone), erweitert um Teile Austrasiens (Saintois, Elsaß, Thurgau); dieser Zugewinn schürte die Rivalität der Brüder. 600 besiegten sie noch gemeinsam den neustrischen König Chlothar II., der auf 12 Gaue beschränkt wurde; ein Zug gegen die Basken und die Errichtung eines Grenzherzogtums als Schutzwehr war ihre letzte gemeinsame Aktion. Nur knapp konnte 605 ein Bruderkrieg vermieden werden. Bei einem Treffen in der elsässischen Pfalz Selz 610 zwang der mit einem Heer erschienene Theudebert den Theuderich II. zur Rückgabe der austrasischen Gebiete, geriet aber 611 in einen Krige mit den (von Brunichild und Theuderich aufgehetzten?) Avaren. Darauf ging Theuderich II. zum Angriff über, erfocht zwei Siege bei Toul und Zülpich, zog in Köln ein und ließ den gefangenen Bruder und dessen Söhne töten. Vor dem Entscheidungskampf mit Chlothar II. "hauchte" der erst 25-jährige Theuderich II. "in seinen Sünden sein ungerechtes Leben aus und starb" (Lib. hist. Fr. 39).
Quellen:
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Fredeg. IV., 16-39 - Lib. hist. Fr. 37-39 (MGH SRM II)
- Ionas, Vita Columbiani I, 18-29 (MGH SRG 37) -
Literatur:
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E. Ewig, Die frk. Teilungen und Teilreiche (511-613),
AAMz, 1952, Nr. 9, 687-692 (= Ders., Spätantikes ud frk. Gallien,
I, 1976, 145-150) - Ders., Die Merowinger und das Frankenreich, 1993²,
48-52. -
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Theuderich II. erbte
596 das Königreich Burgund unter der Vormundschaft seiner Großmutter
Brunhilde.
Er verlor das Elsaß an den Bruder, schloß 596 einen "Ewigen
Frieden" mit den Langobarden und verzichtete auf Tribute. Ab 603 verfolgte
Brunhilde
von Burgund aus mit Eifer ihre Reichseinigungspläne gegen die Adelsinteressen.
Er wurde durch die Ermordung seines Bruders 612 König von Austrasien
und besiegte im gleichen Jahr bei Zülpich die Sachsen und Thüringer,
die sich vom Tribut befreien wollten. Er verjagte Columban nach Italien
und wurde 613 mit der gesamten Familie umgebracht. Die westgotische
Prinzessin Herminberga, mit der er sich 606 vermählte,
schickte er ein Jahr später unberührt, aber ihrer Schätze
beraubt, ihrem Vater Witterich zurück.
Ewig Eugen:
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"Die Merowinger"
Theudebert und Theuderich,
die beiden Söhne
Childeberts II.,
standen beim Tod des Vaters im Alter von 10 und 9 Jahren.
Theuderich
war
von Bischof Veranus von Chalon sur Saone aus der Taufe gehoben worden.
So dürfte schon zu Lebzeiten König Gunthrams
Theuderich zum Nachfolger im frankoburgundischen Teilreich bestimmt
worden sein. Die Großmutter
Brunichild
scheint jedoch zunächst die Regentschaft für beide unmündige
Enkel geführt zu haben. Vordringliche Aufgabe der Regierung war die
Abwehr der Awaren, die nach dem Aufstand der Warnen in Thüringen eingefallen
waren. Der Feldzug verlief nicht glücklich, und die Regentin mußte
den Abzug der Eindringlinge erkaufen. Die Autorität
Brunichilds war geschwächt, und so wurde wohl im Zusammenhang
mit diesem Mißerfolg die vorprogrammierte Reichsteilung vollzogen.
Der Hof Theuderichs II. wurde in der
burgundischen Stadt Chalon sur Saone eingerichtet, die unter Gunthram
Orleans als vornehmste Königsstadt des frankoburgundischen
Reiches abgelöst hatte. Man beachtete im großen und ganzen die
traditionellen Grenzen der beiden Teilreiche. Das moselländische Saintois,
das Elsaß und der Thurgau (Zürich) wurden indessen vom
austrasischen Reich abgelöst und Theuderich
II. zugeteilt. Die Großmutter Brunichild
residierte zunächst in Metz, siedelte aber dann zu dem von ihr bevorzugten
Enkel Theuderich über.
Die Feindschaft gegenüber der neustrischen Linie
stärkte in dem ersten Jahren die Solidarität der Höfe von
Metz und Chalon. Die neustrischen Franken hatten die mit dem Herrscherwechsel
in Austroburgund verbundene erste Verwirrung genutzt, um die einst Chilperich
unterstehenden civitates nördlich der Loire, darunter Paris, zu besetzen.
Das Blatt wandte sich jedoch nach dem Tod der Königin-Mutter
Fredegund im Jahr 597. Die Enkel Brunichilds
errangen im Jahr 600 einen entscheidende Sieg über den nur wenig älteren
Chlothar
II. bei Dormelles (südlich von Montereau). Das Reich Chlothars
wurde nach dieser neustrischen Niederlage reduziert auf einige Gaue um
Rouen, Beauvais und Amiens.
Die Könige von Metz und Chalon zogen anschließend
zu Feld gegen die Basken, die in die Novempopulana (die künftige Gascogne)
eingefallen waren. Sie richteten 602 ein Grenzherzogtum zwischen
Garonne und Pyrenäen ein. Dies war ihre letzte gemeinsame Aktion.
Die Zuteilung des Saintois, des Elsasses und des Thurgaus
an Theuderich II. scheint die Hauptursache
der nun immer deutlicher werdende Rivalität zwischen den Enkeln Brunichilds
gewesen zu sein. In einem 604 neu ausbrechenden Konflikt zwischen Theuderich
II. und Chlothar II. blieb
Theudebert neutral. Ein Krieg zwischen
den beiden Brüdern wurde 605 nur mit knapper Not verhindert. Theudebert
sah sich nach Verbündeten um. Er nahm Verbindung zu Chlothar,
zu den Langobarden und den Westgoten auf, die Theuderich
607
durch den Bruch seiner Verlobung mit einer gotischen Prinzessin brüskiert
hatte. 610 trafen sich die Brüder zu einer Konferenz in der elsässischen
Pfalz Selz. Theudebert war mit einem
Heer erschienen und forderte von Theuderich
ultimativ die Rückgabe der umstrittenen Gebiete. Der frankoburgundische
König sah sich zur Herausgabe gezwungen, wartete aber nur auf eine
Gelegenheit, die Sache wiederaufzunehmen. 611 wurde Theudebert
in einen neuen Krieg mit den Awaren verwickelt, die angeblich von
Brunichild
und
Theuderich gegen ihn aufgehetzt
worden waren. Theuderich versicherte
sich der Neutralität Chlothars
und ging 612 zur Offensive über. Er schlug die Austrasier zuerst bei
Toul, dann bei Zülpich. Die Frankoburgunder hielten nach diesen Siegen
Einzug in Köln. Theudebert II.
und seine Söhne gerieten in Gefangenschaft und wurden getötet.
Chlothar verlangte nun den Preis für
seine Neutralität, wurde aber abgewiesen. In diesem Augenblick nahm
das Familiendrama eine unerwartete Wendung: auf der Höhe seines Triumphes
starb der siegreiche Theuderich zu
Metz im Alter von 25 Jahren.
Schneider Reinhard: Seite 131,133-138
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„Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter“
Weitere drei Jahre nach Guntrams
Tod schon starb 596 (nach dem 28. März und vor Juli 596) Childebert
II. Sein Reich bzw. seines Reiche Austrasien und Burgund fielen
an seine Söhne. Der ältere von beiden war Theudebert
II., der nach Angaben des Liber Historiae Francorum einer kirchlich
nicht anerkannten Verbindung entstammte, weshalb seine Großmutter
den "legitim" geborenen Halbbruder Theuderich
II. bevorzugt habe. Für Gregor von Tours war diese Herkunftsfrage
kaum interessant, statt dessen berichtet er, wie groß Childeberts
Freude einst gewesen war, als ihm dieser Sohn offenbar in Trier geboren
und duch den dortigen Bischof Magnerich getauft wurde. In Theudebert
II. hatte man zunächst Childeberts
Nachfolger gesehen. Theuderich II.
war ein gutes Jahr jünger, ein Sohn der Königin
Faileuba. Jetzt erhielt er nach des Vaters Tod das um einige
Gebiete erweiterte Königreich Burgund, während Theudeberts
Anteil Austrasien war.
Unberührt von diesen Erwägungen ist allerdings
die Frage, ob und in welcher Weise über die unmündigen Söhne
Childeberts,
die jetzigen Könige von Austrasien und Burgund, eine Regentschaft
ausgeübt wurde. Faktische Bedeutung kam gewiß ihrer Großmutter
Brunhilde
zu, formell scheint sie nicht zur Regentin bestellt worden zu sein.
Brunhildes Einfluß wird sich
aber auf Theuderich beschränkt
haben, den sie recht einseitig begünstigt zu haben scheint. Im Gegensatz
zur Erhebung manch anderer minderjähriger Könige ist auch über
eine Regentschaft des Adels bzw. einzelner Adliger nichts überliefert,
de facto wird der Einfluß der burgundischen und austrasischen Großen
einer Regentschaft ganz zweifellos entsprochen haben. Die mindestens rechtstheoretisch
interessante Frage, ob die Teilung des Childebert-Reiches
sich im Rahmen der brüderlichen Erbengemeinschaft gehalten habe, ob
also eine samtherrschaftliche Komponente auf brüdergemeinschaftlicher
Basis zu erkennen ist, läßt sich relativ leicht verneinen. Das
ergeben die bereits angeführte Erhebung Theudeberts
in Austrasien schon zu Lebzeiten Childeberts II.
und die starke politische Selbständigkeit dieses Königreiches.
Für die spätere Phase der Beziehungen zwischen beiden Brüdern
muß erwähnt werden, daß sich ihr Streit vornehmlich an
beiderseitigen Grenzforderungen entzündet zu haben scheint, was gewiß
auf scharfe und frühzeitige Grenzziehungen ohne übergreifende
Samtherrschaftsaspekte schließen läßt.
Nach langem Einvernehmen beider königlichen Brüder
kam es nämlich 611 zu einem Bündnis Chlothars
II. mit Theuderich, der
gegen seinen Bruder Theudebert den
Krieg mit der Behauptung propagierte, Theudebert
sei kein Sohn Childeberts. Im Verlauf
der beabsichtigten kriegerischen Auseinandersetzungen wurde
Theudebert
bei Zülpich und Toul geschlagen und fiel in die Hand seines Bruders
Theuderich.
Da Brunhilde ihren Enkel endgültig
hatte fallen lassen, wurde der besiegte Theudebert
seiner königlichen Gewänder, seines Pferdes und königlichen
Sattelzeuges beraubt, was seinen Herrschaftsverlust sinnfällig dokumentierte.Theudebert
wurde geschoren, in ein Kloster gesteckt und bald darauf umgebracht [Bei
Beginn des Bruderzwistes soll Jonas Theudebert
II. geraten, auf eine Königsherrschaft zu verzichten und
in ein Kloster zu gehen.]. Weil Theuderich
auch
des Bruders noch ganz kleinen Sohn Merowech
umbringen
ließ, stand seinem Königtum in Austrasien nichts mehr im Wege,
was die Quellen auch lakonisch vermerken. Wie Theuderichs
förmliche Bestellung als König in seines Bruders Reich vollzog,
ist unbekannt. Aus dem Liber historiae Francorum verlautet immerhin, daß
die Bevölkerung der terra Riboariense sich Theuderichs
schreckenbringender Gewalt unterwarf und um Schonung für Land und
Leute bat. Ist der Bericht auch zum Teil verwirrt und nicht in allen Zügen
glaubhaft, so dürften diejenigen Angaben im wesentlichen korrekt sein,
die von Unterwerfung des populus, der Auslieferung von
Theudeberts Schätzen an Theuderich
und von Huldigungseiden der Franci
seniores (in der Kölner St. Gereons-Basilika) wissen.
Kurze Zeit nach seines Bruders Tod starb Theuderich
II. 613 (nach dem 23. August) bei einem Feldzug
gegen Chlothar II. in Metz. Sein Heer
löste sich auf und zog nach Hause, während
Brunhilde
mit vier Söhnen Theuderichs, ihren
Urenkeln, in Metz blieb.
606
oo Herminaberga, Tochter des Westgoten-Königs
Witterich
-
Kinder:
Childebert
603- 613 ermordet
Corvus
-
613 ermordet
(Säugling)
Sigibert II. König von Austrasien (613)
602- 613 ermordet
Merowech
607- 613 ermordet
(Kleinkind)
Literatur:
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Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten
Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft
750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 273 - Dahn
Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn, Felix: Die
Völkerwanderung. Kaiser Verlag Klagenfurth 1997, Seite 135,420,429,430,433
- Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München
1994, Seite 51 - Ewig, Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich.
Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1993, Seite 48,50-52,93,96,101,104,112,
119,122,124,126,140,174 - Geuenich, Dieter: Geschichte der Alemannen.
Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1997, Seite 96, 158 - Hlawitschka,
Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut:
Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift
für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka
Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte.
Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 221 - Jarnut, Jörg:
Agilolfingerstudien. Anton Hirsemann Stuttgart 1986, Seite 62,66,70,87,126
- Schneider, Reinhard: Königswahl und Königserhebung im
Frühmittelalter. Anton Hirsemann Stuttgart 1972, Seite 110,125,131,133-138,220
- Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum
Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995, Seite 344,357
- Schieffer, Rudolf: Die Karolinger. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin
Köln 1997, Seite 12 -