Jüngerer Sohn des Franken-Königs
Dagobert I. aus seiner 2. Ehe mit der Nantechildis
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 1867
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Chlodwig II., merowingischer König
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* 633/34, + 657
Noch zu Lebzeiten hatte Dagobert I. die Erbfolge nach altem Teilungsprinzip geregelt: Das O-Reich fiel an Sigibert III., Neustrien und Frankoburgund an den jüngeren Sohn Chlodwig II. Unter der Königin-Mutter Nanthild führte der Hausmeier Aega die Regierungsgeschäfte für das königliche Kind. Nach Aegas Tod 641 erhob Nanthild Erchinoald (einen Verwandten von Dagoberts I. Mutter) zum Hausmeier für Neustrien; 642 erneuerte sie auch das burgundische Hausmeieramt und betraute damit den Franken Flaochad. Zugeständnisse an die frankoburgundischen Großen (unter anderem Ämtergarantie auf Lebenszeit) vermochten nicht, Spannungen zwischen Franken und Burgundern zu verhindern. Flaochad starb noch 641; ob er einen Nachfolger erhielt (vielelicht der zu 654 bezeugte Radobert?), bleibt unsicher. Da die Fredegarchronik 642 abbricht, wissen wir kaum etrwas über die folgenden Jahre Choldwigs II. Das Verhältnis zwischen Austrasien und Neustroburgund scheint zuweilen durch Grenzfehden getrübt gewesen zu sein. Hinzu kommt möglicherweise die Sorge im O-Reich, dessen König Sigibert III. lange ohne Söhne blieb, vor Ambitionen des Westreiches auf das austrasische Erbe. - Um 648 vermählte sich Chlodwig II. mit Balthild, die eine überragende Persönlichkeit war; nach dem frühen Tod Chlodwigs II. 657 leitete sie die Regierung im W-Reich.
Quellen:
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Fredegar IV, 76,79-90 (MGH SRM II) - Liber hist. Fr.
42-44 (ebd.) - Vita s. Balthildis 3-5 (ebd.) -
Literatur:
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E. Ewig, Die frk. Teilreiche im 7. Jh., Trierer Zs. 22,
1953, 114-1212 [Ders., Spätantikes und frk. Galien I, 1976, 201-207]
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Nach dem Tode seines Vaters wurde
Chlodwig II. König von Neustrien und Burgund unter Vormundschaft
seiner Mutter und mächtiger Hausmeier, da der neustrische Adel gegen
eine Vereinigung mit Austrien war. Durch ständige Bürgerkriege
verstärkten sich die Gegensätze der Teilreiche immer mehr. Er
war 656/57 noch einmal Gesamtkönig und starb im Wahnsinn.
Ewig Eugen:
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"Die Merowinger"
Chlodwig II. (638/39-657)
wurde nach dem Tod Dagoberts von den
neustrischen und frankburgundischen Großen in der Pfalz Malay-le-Roi
(Diözese Sens) zum König erhoben. Die Regierung für den
erst 4-jährigen Knaben führten die Königin-Mutter
Nanthild und der Hausmeier Aega. Erster Regierungsakt war eine
Amnestie für die bei Dagobert
in Ungnade Gefallenen, verbunden mit der Rückgabe der konfiszierten
Güter. Aus nicht mehr ersichtlichen Gründen ging der Hausmeier
aber bald darauf gegen die "Burgundofaronen" von Meaux vor und scheute
nicht einmal vor Maßnahmen gegen die Abtei Faremoutiers zurück.
Kurz vor seinem Tod (641, zu Clichy) kam es zu einem schweren Zusammenstoß
auf einem Gerichtstag, bei dem Aegas Schwiegersohn Ermenfred den Grafen
Chainulf von Meaux, einen Bruder des Bischofs und der Äbtissin, erschlug.
Die Königin Nanthild stellte sich
auf die Seite der Burgundofaronen und ließ der Blutrache freien Lauf.
Ermenfred rettete sich durch die Flucht ins O-Reich nach Reims.
Nachfolger Aegas als Hausmeier wurde Erchinoald, ein
Verwandter von
Dagoberts Mutter
Haldetrud.
Im Jahr darauf erneuerte
Nanthild im
Einvernehmen mit Erchinoald auf einer Versammlung der Frankburgunder zu
Orleans das frankoburgundische Hausmeieramt. Sie traf damit eine Maßnahme,
die angesichts der Unmündigkeit ihres Sohnes wohl unvermeidbar war,
da dem neustrischen Hausmeier keine Kompetenz für das Gesamtreich
zukam. Zum Hausmeier für das merowingische
S-Reich wurde der Franke Flochad erhoben, der vielleicht den Herzögen
des (Hatuyer-Dijon) nahestand und bei dieser Gelegenheit Ragnoberta,
eine Nichte der Königinmutter, heiratete. Den Herzögen und Bischöfen
seines Sprengels gab Flaochad die schriftliche, eidlich bekräftigte
Zusage, dass er mit ihnen Freundschaft wahren und einen jeden in Amt und
Würden erhalten werde.
Flaochad hegte jedoch einen tiefen Groll gegen den patricius
Willebad, einen der mächtigsten Großen burgundischer Abstammung,
mit dem er in alten Zeiten einmal befreundet gewesen war. Willebad hatte
bei Dagobert in hohem Ansehen gestanden.
Sein Amtssprengel umfaßte anscheinend das altburgundische Kernland
um Lyon bis nach Vienne und Valence. Er erwiderte anscheinend den Haß
Flaochads von ganzem Herzen. Als Flaochad im Mai 642 eine Reichsversammlung
in der Königsstadt Chalon abhielt, konnte eine blutige Auseinandersetzung
zwischen den beiden nur mit Mühe verhindert werden. Darüber starb
die Königin Nanthild. Flaochad
mobilisierte den neustrischen Hausmeier Erchinoald und das Königskind
Chlodwig, das Willebad nach Autun auf
eine Reichsversammlung im September zitierte. Willebad erschien mit einem
großen kriegerischen Gefolge seines Amtssprengels in der Begleitung
von Bischöfen und edlen Herren und schlug vor der Stadt sein Lager
auf. Wenn Flaochad eine Reichsexekution erwartet hatte, so sah er sich
enttäuscht. Im Kampf, der am nächsten Tag stattfand, blieben
die Intimfeinde unter sich. Mit Flaochad traten nur seine Freunde, der
Pfalzgraf Berthar und die Herzöge Amalgar und Chramnelenus an. Erchinoald
mit seinen Neustriern und die übrigen frankoburgundischen duces standen
abseits und "erwarteten den Ausgang", den sie wohl als Gottesurteil auffaßten.
So nahm der Kampf den Charakter einer Auseinandersetzung zwischen Franken
und Burgundern im einstigen Reich Gunthrams
an, wobei der Romane Chramnelenus auf der Seite der mit ihm versippten
Franken stand. Die fränkische Partei siegte. Willebad fiel, aber auch
Floachad überlebte seinen Triumph nicht lang. Er starb auf der Fahrt
von Chalons nach St. Jean de Losne, wurde ins Herzogtum Amalgars
überführt und in der Abtei St. Benigne von Dijon beigesetzt.
Willebads Gedächtnis wurde in Lyon, in St. Eteinne und St. Oyand de
Joux gefeiert. "Fredegar" aber sah im Tod beider Antagonisten die Hand
Gottes.
Die Fredegarschronik bricht damit ab. Ihr Fortsetzer
meinte 100 Jahre später, dass Chlodwigs
Regierung eine Friedenszeit gewesen sei, was im großen und ganzen
auch stimmen dürfte. Wie die Regierung Frankoburgunds nach dem Tode
Floachads organisiert wurde, steht dahin. Man sollte meinen, dass ein frankoburgundischer
Hausmeier nicht entbehrt werden konnte, solange der König unmündig
war. In Neuster hatte Erchinoald mit den Senioren aus der Zeit Dagoberts
zu rechnen, von denen freilich die bedeutendsten nicht mehr ständig
am Hof weilten. Im gleichen Jahr 641 übernahm Audoin das Bistum Rouen,
Eligius das Bistum Noyon. Der Hausmeier unterhielt zu ihnen nicht gerade
herzliche Beziehungen. Audoin und Eligius hatten mit Willebad sympathisiert
und die blutige Auseinandersetzung vor den Augen des Könisgskindes
jedenfalls mißbilligt.
Der Eintritt eines Königskindes in die Mündigkeit
und die sich meist daran anschließende Heirat stellten auch einen
mächtigen Hausmeier vor die Frage, wie er neben einem erwachsenen
Herrscher seine Regentschaft weiterführen könne. Erchinoald
erinnerte sich gewiß, dass Dagobert
sich wenige Jahre nach seiner Heirat vom Einfluß seiner Mentoren
befreit hatte. So liegt die Annahme nahe, dass er selbst eine angelsächsische
Sklavin namens Balthild aus seinem
Dienstpersonal dem König zuführte, die Chlodwig
um
650 zur Frau nahm. Traf dies zu, so war er der Düpierte. Denn die
junge Königin sollte sich bald als eine gefährliche Rivalin ihres
einstigen Herrn erweisen.
Balthild gebar dem
König in den Jahren 650-656 drei Söhne:
Chlothar,
Theuderich
und
Childerich.
Chlodwig
starb bald darauf - 657 - im Alter von 23 Jahren. Er war ein roi
faineant, nach dem Fortsetzer Fredegars in seinen letzten Jahren "von Sinnen"
(amens). Die Frankengeschichte des frühen 8. Jahrhunderts spezifiziert
vielleicht etwas tendenziös: "ein Wüstling", "sonst nur auf Essen
und Trinken aus". Erchinoald überlebte den König nur kurze Zeit.
Er starb vor 660 und wurde von Eligius "aus Barmherzigkeit" bestattet,
vermutlich in Peronne. Bei der Nachfolge im Hausmeieramt wurde sein Sohn
Leudesius übergangen.
Schneider Reinhard: Seite 147-150,153,212,247
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"Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter"
Ein Jahr nach Sigiberts
III. Erhebung zum König von
Austrasien wird Dagobert von seiner Frau Nanthilde
ein Sohn Chlodwig geboren. Soweit erkennbar,
setzt sofort eine Initiative der neustrischen Großen ein, die offenbar
eine Nachfolge Sigiberts auf Dagobert
im gesamten Reich befürchtet hatten und nun das auch für sie
unerwartete Geschenk eines zweiten Königssohnes sich politisch nutzbar
zu machen suchen. Auf das consilium und die admonicio der
neustrischen Großen erfolgte mit Sigibert
eine vertragliche Erbregelung, die von Austrasiens Großen, seinen
Bischöfen und übrigen leudes, beschworen wurde. Nach der
solcherart gefestigten Erbregelung sollte nach Dagoberts
Tod Sigibert sich auf sein bisheriges
austrasisches Königreich beschränken, während Neustrien
und Burgund unter die Königsherrschaft Chlodwigs
II. kommen sollten. Beider Brüder Reiche wären überdies
im Hinblick auf Bevölkerung und territorialen Umfang gleich groß.
Seinem Getreuen Aega kommendierte Dagobert
persöblich die Königin Nathilde
und den unmündigen Chlodwig,
der sub tenera aetate regnum patris adscivit. Im Gegensatz zu seinem
Halbbruder Sigibert erhielt
Chlodwig
II. erst jetzt ein fränkisches Königreich und wurde
in einer Versammlung in Malay-le-Roi von allen leudes Neustriens
und Burgunds zum König erhoben. Niicht ausdrücklich erwähnt,
aber zu erschließen sind Thronsetzung
Chlodwigs
II. und Huldigung bzw. Treueide der Großen bei diesem
Anlaß. Faktisch wurde die Herrschaft für den unmündigen
König von Aega und der Königin-Witwe
Nanthilde ausgeübt, die als Regenten anzusprechen sind.
Aegas Rolle resultierte aus dem Kommendationsakt des sterbenden Königs,
aber auch Nanthilde als Mutter des
Erben aus dem Kreis von Dagoberts Frauen
herausgehoben hatte, wie die Regentschaft der Königinwitwe für
den unmündigen Sohn und König im fränkischen Recht der Herrschaftsnachfolge
ohnehin vorgezeichnet gewesen war.
Eine tatsächliche Teilung erfuhr jedoch Dagoberts
Königsschatz, der nach längeren Verhandlungen zwischen Austrasien
einerseits und Neustrien/Burgund andererseits gedrittelt wurde: Aqua
lanciae erhielten Sigibert,
Chlodwigund
die Königin Bathilde ihre Anteile.
Die überlieferten Nachrichten lassen offen, ob nur das geteilt wurde,
was Dagobert erworben hatte oder ob der von ihm bei seinem eigenen
Herrschaftsantritt übernommene Hort mit einbezogen wurde in die Anteile
seiner Söhne, was sehr wahrscheinlich ist, zumal wenn man sich die
Behandlung des Sigibert-Anteils in
Austrasien vergegenwärtigt.
650
oo Bathilde
- 680
Kloster Chelles
Angelsächsische Fürstentochter
Bathilde stiftete
das Kloster Corbie und war eine bedeutende Regentin, sozial sehr engagiert
und wurde 667 vom Hausmeier Ebroin abgesetzt und ins Kloster Chelles gesteckt.
Kinder:
Chlothar III.
654- 673 ermordet
Childerich II.
-
675 ermordet
Theuderich III.
-
691
Literatur:
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Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten
Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft
750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 270-272 - Borgolte
Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.
Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1984, Seite 143,245 - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag
1899 - Dahn, Felix: Die Völkerwanderung. Kaiser Verlag
Klagenfurth 1997, Seite 461 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste.
Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH,
Bergisch Gladbach 1987, Seite 90,99 - Ehlers, Joachim: Die Kapetinger.Verlag
W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1997, Seite 60 - Ewig Eugen:
Die fränkischen Teilungen und Teilreiche (511-613). Verlag der Akademie
der Wissenschaften und der Literatur in Mainz 1952 - Ewig, Eugen:
Die Merowinger und das Frankenreich. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin
Köln 1993, Seite 129,145-149,152,157-160,164,199,202-206 - Giese,
Wolfgang: Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer
Zeit. Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1979, Seite 50 - Hlawitschka,
Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut:
Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift
für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Jarnut,
Jörg: Agilolfingerstudien.Anton Hirsemann Stuttgart 1986, Seite 14,76
- Nack Emil: Germanien. Ländern und Völker der Germanen.
Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach 1977, Seite 254 - Riche
Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch
Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 34,40 - Schieffer,
Rudolf: Die Karolinger. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln
1997, Seite 17,21,48 - Schneider, Reinhard: Königswahl und
Königserhebung im Frühmittelalter. Anton Hirsemann Stuttgart
1972, Seite 147-150,153,212,247 - Weinfurter Stefan: Die Salier
und das Reich Band 1-3. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1991, Band II,
Seite 207 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs
bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995, Seite
350,355 -