2. Sohn des Franken-Königs
Chlodwig I. und der Chrodechilde von
Burgund, Tochter von König Chilperich
II.
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 1815
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Childebert I., merowingischer König 511-558
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Sohn Chlodwigs I. und der Chrodechilde
oo Ultrogotho
Bei der Teilung des Chlodwig-Reiches von 511 bekam Childebert I. das Küstenreich zwischen Somme und Loire mit Paris, dessen O-Grenze etwa östlich der civitates Amiens, Beauvais (?), Senlis (?), Meaux (?), Chartres (erst nach 524?), Le Mans, Angers (nach 524?) verlief. Hinzu kam der äußerste Westen des gesondert geteilten Aquitanien. Nach den Tod des Bruders Chlodomer (524), Königs des Reiches von Orleans, und der Ermordung bzw. Flucht von dessen Söhnen erhielt Childebert I. neben dem Hauptsitz Orleans auch Bourges und Teile von Sens und Nantes (?). Ein Versuch Childeberts, Theuderich I. die Auvergne zu entreißen, mißlang. Nach dessen Tod (533) gelang es Childebert I. und Chlothar I. nicht, dem Neffen Theudebert I. sein Reich zu nehmen. Der söhnelose Childebert I. nahm diesen daraufhin an Sohnes Statt an. Gemeinsam versuchten sie - vergeblich -, Chlothars Reich an sich zu bringen. Nach der endgültigen Unterwerfung Burgunds (534) durch Childebert, Chlothar (und Theudebert?) gewann Childebert den Kern des burgundischen Reiches mit Lyon. Ein Vertrag sicherte ihm 536 die bis dahin ostgotische Provence. Als nach dem Tod Theudewalds (555) Chlothar das Ostreich übernahm, war Childebert trotz Unterstützung durch dessen Sohn Chramm machtlos. Childeberts günstiges Abschneiden bei Teilungen (nach 524,534,536) deutet auf seine lange Zeit dominierende Stellung innerhalb des fränkischen Reiches hin. Grund für seine Machtlosigkeit am Ende seines Lebens waren seine Söhnelosigkeit und der frühe Tod (548) des zum Nachfolger bestimmten Theudebert.
Literatur:
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E.Ewig. Die frk. Teilungen und Teilreiche (511-613),
AAMz, 1952, Nr. 9 - E. Zöllner, Gesch. der Franken bis zur Mitte des
6. Jh., 1970 - HEG I, 260ff. [E. Ewig] -
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Bei der Reichsteilung 511 erhielt Childebert
I. Bretagne, Normandie und Brie mit der Residenz Paris, welches
er nach dem Tode seines Bruders Chlodomer von
Orleans 524 durch einen Anteil an dessen Hinterlassenschaft,
und dann nach der Eroberung von Burgund durch einen Teil von Burgund und
der Provence vergrößerte. Er verbot alle heidnischen Kulte,
eroberte zusammen mit den Brüdern Burgund, führte mehrmals Krieg
gegen den westgotischen Schwager Amalarich
und besiegte ihn 531 bei Narbonne. Seit 537 war er Mitregent in der Provence.
Er besiedelte verstärkt Mainfranken gegen eindringende Slawen und
geriet mehrmals gegen seinen Bruder Chlothar. Zuletzt rief er sogar Sachsen
und Thüringer gegen ihn ins Land. Da Childebert
söhnelos
starb, fiel sein Reich an seinen Bruder Chlothar
I.
Ewig Eugen:
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„Die Merowinger und das Frankenreich“
Childebert residierte
nach der Reichsteilung von 511 in Paris. Chlodomer
und Childebert teilten sich die westliche
und südliche Francia, wobei Childebert
die Gebiete von der Somme bis zur Bretagne erhielt. Außerdem teilte
er sich die aquitanischen Gebiete südlich des Poitou und des Limousin
mit seinem Bruder Chlothar.
Gemeinsam mit seinem Bruder Chlothar
zog er 523 unter der Führung Chlodomers
zur Eroberung des Burgunderreiches aus. Sie schlugen König
Sigismund, der dann durch Verrat in ihre Hände fiel und
auf Geheiß Chlodomers samt seiner
Familie getötet wurde. In der Schlacht bei Vezeronce, in der Chlodomer
fiel, wurden die Franken 524 von Sigismunds
Bruder Godomar geschlagen und Childebert
und Chlothar gaben daraufhin den Kampf
auf.
Während Theuderich
531 im Kampf mit den Thüringern lag, bereitete
Childebert von Paris einen Feldzug gegen die Westgoten vor.
Als sich ein Gerücht verbreitete, Theuderich
sei gefallen, schlugen ihm auvergnatische Senatoren vor, sich auch in den
Besitz der Auvergne zu setzen. Childebert
ging darauf ein, gab das Unternehmen aber auf, als sich das Gerücht
als falsch erwies, und zog weiter gegen die Westgoten. Er schlug
den König Amalarich, der (um 526?)
eine Schwester der MEROWINGER geheiratet
hatte, bei Narbonne und dehnte die Grenze seiner aquitanischen Enklave
in der Novempopulana (Gascogne) bis zu den Pyrenäen aus.
Nach der Rückkehr aus dem Westgotenkrieg nahm Childebert
Verbindung
mit seinem Bruder Chlothar auf, um
mit ihm das Erbe Chlodomers von Orleans
zu teilen. Chlodomer hatte drei unmündige
Söhne hinterlassen, deren sich die Großmutter angenommen hatte.
Chlothar
erschlug die beiden älteren
mit eigener Hand, während der Jüngste von den Seinen gerettet
und zum Kleriker gemacht wurde. Die Oheime teilten sich - wohl im Frühjahr
532 - das Erbe Chlodomers.
Childebert
erhielt, soweit erkennbar, den Löwenanteil mit Orleans, Chartres,
Angers, Nantes und Bourges.
Nach der Teilung des Chlodomer-Reiches
nahmen die beiden Brüder noch im Jahre 532 den Krieg gegen die Burgunder
wieder auf. Ihr Sieg über Godomar
bei Autun besiegelte den Untergang des Burgunderreiches, wenn auch letzte
Kämpfe noch andauerten.
Nach dem Tode ihres Bruders Theuderich
versuchten Childebert und Chlothar
die Hand auch auf den Reichsteil von Reims zu legen. Aber Theudebert,
der wohl gleichaltrig mit Chlothar
war, zeigte sich ihnen gewachsen und behauptete das Erbe mit Hilfe der
Großen seines Vaters. Childebert,
der selbst keine Söhne hatte, vollzog bald eine Schwenkung auf die
Seite des Neffen, den er 534 an der Aufteilung des Burgunderreiches beteiligte
und schließlich sogar als seinen Erben adoptierte.
Bei der Teilung Burgunds fiel die Mitte mit den Metropolen
Lyon und Vienne an Childebert. Der
König von Soissons Chlothar wurde
offenbar benachteiligt. Spannungen zwischen ihm und den beiden anderen
MEROWINGERN
führten bald darauf zum offenen Konflikt. Chlothar
zog sich gegen die Übermacht Childeberts
und Theudeberts in die Foret de la
Brotonne bei Rouen zurück. Zu seiner Ausschaltung kam es jedoch nicht.
Vermutlich trug die Krise des Ostgotenreiches, die den Franken neue Möglichkeiten
der Expansion eröffnete, zur Wiederherstellung des Friedens im merowingischen
Königshaus bei.
Nach dem Tode des Ostgoten-Königs
Athalarich (+ 2.10.534) und der Ermordung der Regentin Amalaswintha
am 30. April 535 schloß Kaiser Justinian
mit dem MEROWINGERN ein Bündnis,
die ihrerseits vom Ostgoten-König Theodahad
einen hohen Blutpreis für die Regentin, ihre Cousine, forderten. Theodahad
ging darauf ein und schlug seinerseits den MEROWINGERN
ein Bündnis gegen Zession der Provence vor, in die die Franken 536
einmarschierten. Der Vertrag wurde nach der Ermordung Theodahads
von dessen Nachfolger Witiges im Frühjahr
537 abgeschlossen. Die MEROWINGER sicherten
den Goten nichtfränkische Hilfstruppen zu, da sie fränkische
Kontingente nicht einsetzen konnten, ohne das Gesicht gegenüber dem
Kaiser gänzlich zu verlieren. Witiges zedierte ihnen außer der
Provence auch Churrätien und das Protektorat über alemannische
Gebiete. Die Provence, anfangs anscheinend als condominium behandelt, fiel
schließlich an Childebert. Der
Kaiser sanktionierte die Zession im Jahre 540, vielleicht 545.
Die gemeinsame Politik der MEROWINGER
gegenüber dem Kaiser und den Goten nahm damit ein Ende. Chlothar
von Soissons war an ihr ohnehin wenig interessiert. Childebert,
dessen Politik ausschließlich auf Gallien gerichtet war, nahm 541
den Krieg gegen die Westgoten wieder auf, in den er auch Chlothar
hineinzog. Zum Kaiserhof unterhielt er gute Beziehungen, die erst
549 durch den Dreikapitelstreit getrübt wurden.
Schneider Reinhard: Seite 81-83,86-89
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„Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter“
Denkwürdig ist der Umschwung im Verhalten
König Childeberts gegenüber seinem Neffen, dem er
eben noch das Reich des Vaters streitig gemacht hatte. Als er sah, daß
er Theudebert nicht werde überwinden
können, versuchte er, sich mit ihm zu arrangieren. Aber daß
Childebert den tatkräftigen und rasch zupackenden Theudebert
zu sich bat, ihn adoptierte und mit Geschenken überhäufte, verwunderte
doch alle sehr, die es erlebten. Ein gemeinsamer Feldzugsplan
Theudeberts
und
Childeberts
im Jahre darauf gegen
Chlothar
wirft auf das Verhältnis zwischen dem kinderlosen Oheim und
seinem Neffen ein zusätzliches Licht. Ob Childeberts
Erbpläne ernst und zu realisieren waren, blieb offen, denn Theudebert
starb schon im 14. Jahr seiner Herrschaft (Ende 547):
Ob der Erbvertrag zwischen seinem Vater und dem Oheim
Childebert
irgendeine Bedeutung für
Theudebald
selbst hätte haben können, läßt sich folglich nicht
mehr erkennen. Ob Childebert seinerseits
beim Tode des kinderlosen Erben seines Adoptivsohnes erbrechtliche Ansprüche
geltend machen konnte und geltend machte, bleibt ebenfalls unbekannt, denn
ausgerechnet Chlothar erhielt
Theudebalds
Reich. Wieder hatte er seine Hand mit Erfolg nach der Witwe des
verstorbenen Konkurrenten ausgestreckt und sich dadurch einen entscheidenden
Vorsprung vor Childeberts Erbansprüchen
verschafft.
Childeberts Vertrag
mit seinem Neffen Chram war ein rein
politisches Zweckbündnis gegen den gemeinsamen Gegner
Chlothar.
Mehr als die Anerkennung von Chrams
faktischer Herrrschaft und politischen Rückhalt gegen den Vater wird
Childebert
nicht zugesagt haben, denn auch er hegte Erbansprüche auf seines Bruders
Reich. Sie schienen sich zu realisieren, als er hörte, Chlothar
sei auf seinem sächsischen Feldzug erschlagen worden. Sofort zog er
plündern und brennend bis vor Reims, um gewaltsam alles zu unterwerfen,
was er von Chlothars Reich nur erreichen
konnte. Er sei "der Meinung gewesen" alles müsse jetzt seiner Herrschaft
unterworfen sein. Von Versuchen, Rechtsansprüche formell geltend zu
machen und ihrer Wirksamkeit zu vertrauen, ist in Gregors Bericht nichts
zu spüren. Wann Childeberts Ernüchterung
mit der Nachricht von Chlothars Überleben
kam, ist nicht überliefert. Bekannt ist, daß
König
Childebert nach bald einsetzendem Siechtum 558 (Dezember
23) in Paris starb und Chlothar sein
Reich und seine Schätze in Empfang nahm. Dieser Herrschaftswechsel
im Reich von Paris verlief offenbar rasch und reibungslos. Chlothar
brauchte nicht einmal zum bewährten Mittel der Einheirat zu greifen,
sondern schickte Childeberts Witwe
Ultrogotho
und ihre beiden Töchter nur sicherheitshalber in die Verbannung. Söhne
hatte der verstorbene Bruder nicht - das hat den Herrschaftswechsel gewiß
erleichtert.
oo Wultrogotha (Ultrogota)
-
Kinder:
Chrotberga
-
Chrotesinda
-
Literatur:
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Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten
Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft
750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 275 - Dahn
Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn, Felix: Die
Völkerwanderung. Kaiser Verlag Klagenfurth 1997, Seite 118,119,127,132,368,369,
370,372 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto
III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 470 - Ewig
Eugen: Die fränkischen Teilungen und Teilreiche (511-613). Verlag
der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz 1952 - Ewig,
Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart
Berlin Köln 1993, Seite 31-38,78,86,91,95,103,111,136, 141,165 - Hlawitschka,
Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut:
Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift
für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka
Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte.
Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 34 - Jarnut, Jörg: Agilolfingerstudien.
Anton Hirsemann Stuttgart 1986, Seite 31, 96,126 - Nack Emil: Germanien.
Ländern und Völker der Germanen. Gondrom Verlag GmbH & Co.
KG, Bindlach 1977, Seite 207,243 - Schneider, Reinhard: Königswahl
und Königserhebung im Frühmittelalter. Anton Hirsemann Stuttgart
1972, Seite 73,75,81-83,86-89,91,94,99, 221 - Werner Karl Ferdinand:
Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch
Verlag München 1995, Seite 339-342,346,371 - Zöllner Erich:
Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts. Verlag C. H.
Beck München 1970, Seite 74,77-81,83-89,91,95-97,101, 103-105,107,123,126,127,129,132,142,147,153,163,170,173,178,186-189,
245,251,255 -