Einziger Sohn des Grafen Richard von Vertus-en-Champagne,
jüngster Sohn Herzog Johanns V.,
und der Margarete von Orleans, Tochter
von Herzog Ludwig I.
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 798
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Franz (Francois) II. (Franz von Etampes), Herzog von
Bretagne 1458-1488
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* 23. Juni 1435, + 9. September 1488
Etampes
Coueron bei Nantes
Sohn von Richard von Bretagne und Margarete
von Orleans, Enkel von Herzog Johann
V., kam Franz II. nach dem
Tode seines ohne legitime Nachkommen verstorbenen Onkels Arthur
III. auf den bretonischen Thron. Der neue Herzog, „am Hof von
Frankreich gesäugt“, wie Ludwig XI.
später boshaft bemerken sollte, kannte die Bretagne und ihre Bewohner
wenig. Eine hohe und edle Erscheinung (so der Chronist P. Le Baud), war
sein Charakter von Frivolität und Sprunghaftigkeit gekennzeichnet;
dem überlegenen Machiavellismus König
Ludwigs XI. vermochte Herzog Franz
II. keineswegs Paroli zu beten. Stark stand er unter dem Einfluß
von intriganten Günstlingen, insbesonders der Maitresse en tire Antoinette
de Maignelais, des Kanzlers Guillaume Chauvin, eines Vertreters hochadliger
Interessen, sowie des Generalschatzmeisters Pierre Landais, der das bretonische
Handelsbürgertum repräsentierte.
Eine Periode reicher, aber trügerischer Prachtentfaltung
setzte ein, zentriert auf das Residenzschloß in Nantes, mit dessen
Bau begonnen wurde. Auf dem Hintergrund scheinbaren Wohlstands erfolgten
Reformen des Rechts- und Finanzwesens sowie der Regierung und Zentralverwaltung
(Conseil ducal); eingeführt wurde die regelmäßige
Tagung der Etats de Bretagne, später des Parlement (1486); 1460 wurde
die Universität Nantes gegründet. Diese innenpolitischen Maßnahmen
sowie eine rege diplomatische Aktivität (wechselnde, zumeist antikönigliche
Bündnisse mit anderen Fürsten, insbesondere mit Burgund) begründeten
eine - illusorische - Unabhängigkeit der Bretagne und beflügelten
eine "nationale" Strömung, die von Pierre Landais gefördert wurde.
Die Konflikte, mit dem französischen Königtum,
das bestrebt war, den Herzog von Bretagne zum einfachen Vasallen
zu degradieren, mündeten mehrfach in offenen Krieg ein 1465: Guerre
du Bien Public, 1467-1468,1471-1473 u.ö.. Die Zeit arbeitete gegen
die Bretagne. Die drohende französische Annexion, die nach der Niederlage
des verbündeten Burgund (1477) stärker ins Blickfeld des Königs
rückte, wurde durch den Tod Ludwigs XI.
(1483) zwar vereitelt; doch war die Bretagne wirtschaftlich längst
erschöpft. Der Handel verfiel seit ca. 1475; der - weitaus wichtigere
- agrarische Sektor litt unter exzessivem Steuerdruck, Epidimien und ungünstigen
Klimabedingungen. Politische Divergenzen und Rivalitäten führten
1477 zum Sturz von Guillaume Chauvin, 1485 zur Ausschaltung des Hauptgünstlimgs
Pierre Landais.
Der letzte Krieg mit dsem französischen Königtum,
unter Karl VIII., traf ein ausgeblutetes
Land. Das bretonische Heer, hastig ausgehoben, schlecht bewaffnet und geführt,
unterlag am 28. Juli 1488 bei St-Aubin du Cormier. Der Herzog, durch den
Vertrag von Verger zutiefst gedemütigt, starb wenige Tage später
und hinterließ seiner Tochter Anna
ein schweres Erbe.
Ehlers Joachim: Seite 355-358,384
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"Geschichte Frankreichs im Mittelalter"
Spannungen ergaben sich auch mit dem auf Autonomie seines
Herzogtums bedachten Franz II. von der Bretagne,
an dessen Hof sich viele der vertriebenen Räte
Karls VII. sammelten.
Sprecher und politischer Führer dieser Ligue de
Bien public war Johann Graf von Dunois,
ihr nominelles Haupt aber der damals 18-jährige Bruder des Königs,
Herzog Karl von Berry, so daß
dem Adel wie schon bei der Praguerie ein naher Blutsverwandter des regierenden
Herrschers zur Seite stand. Mit den Herzögen
Johann II. von Alencon, Franz II. von
der Bretagne, Johann II. von Bourbon
und dem Grafen Johann V. von Armagnac waren die gleichen großen Adelshäuser
beteiligt, die 1440 gegen den König aufgestanden waren.
Franz II. von der Bretagne wurden
nach der Schlacht von Montlhery (16. Juli 1465) die Kirchenhoheit in seinem
Herzogtum zugestanden und damit eine Bresche in die Einheit der gallikanischen
Kirche geschlagen.
In den späten Jahren Herzog
Franz' II. wurde die Bretagne weitgehend vom herzoglichen Großkämmerer
Pierra Landais bestimmt, der die Unabhängigkeit des Herzogtums erhalten
wollte, jedoch im bretonischen Adel viele Feinde hatte. Im April 1484 war
ein Anschlag auf ihn mißglückt, hatte aber die ernsthafte Gefährdung
seiner Stellung enthüllt, so daß Landais Bundesgenosssen suchte
und anbot, eine Ehe Ludwigs von Orleans
mit Anna, der Erbtochter Franz'
II., zu vermitteln. Das Projekt war schwer zu realisieren, denn
die Ehe des Herzogs mit Ludwigs XI.
Tochter Johanna hätte zuvor vom
Papst gelöst werden müssen. Als die bretonische Opposition Karl
VIII. als Nachfolger Franz' II. durchsetzen
wollten, begann Landais auch mit MAXIMILIAN
und mit König Richard III. von England
zu verhandeln. Daraus mußten sich erhebliche Gefahren für Frankreich
ergeben, denn eine burgundische Adelsgruppe hatte ebenfalls Verbindung
zu MAXIMILIAN aufgenommen, so daß
der Konflikt mit dem Haus HABSBURG
in ein neues Stadium trat. Zwar erklärten sich die Herzöge von
Bourbon und von Lothringen für die Regentschaft, aber im Süden
drohte Krieg zwischen den Häusern ALBRET
und FOIX um die Nachfolge im Königreich
Navarra, in den Landais auf seiten Johanns von
Foix eingreifen wollte.
Der Sieg der BEUAJEU
war vollkommen, als Franz II. Landais
unter dem Druck des Adels stürzen und am 19. Juli 1485 öffentlich
hinrichten ließ. Am 9. August schloß die bretonische Aristokratie
ein Abkommen mit dem BEAUJEU, und knapp
zwei Wochen später fand Richard III.
in der Schlacht bei Bosworth gegen Heinrich Tudor
den Tod.
Über die Zukunft der Bretagne war dagegen noch nicht
entschieden, denn auch die bretonischen Stände wollten die Autonomie
des Landes erhalten und beschlossen am 10. Februar 1486 die Verheiratung
Annas mit
MAXIMILIAN, dessen Wahl zum rönmischen König soeben
vorbereitet und am 16. Februar in Frankfurt am Main vollzogen wurde. Im
Juni begann MAXIMILIAN an der Südgrenze
Flanderns französische Übergriffe mit Gegenstößen
zu beantworten, so daß die BEAUJEU
immer mehr zu der Einsicht kamen, daß eine drohende Allianz der habsburgischen
Macht mit dem bretonischen Adel, den Herzögen von Orleans und von
Lothringen nur noch militärisch bekämpft werden könne. Das
Bündnis war zwar in sich fragwürdig, da sowohl MAXIMILIAN
als auch Ludwig von Orleans um Anna
von Bretagne warben, aber erst die schwere Niederlgae einer
Truppe MAXIMILIANS bei Bethune südwestlich
von Lille gegen Philippe de Crevecoeur, Herr d'Esquards und Marschall von
Frankreich, im Juli 1487 zeigte die Grenzen der Möglichkeiten HABSBURGS.
Als MAXIMILIAN am 5. Februar des folgenden
Jahres in Brügge vond en Bürgern gefangengenommen und bis Mitte
Mai festgehalten wurde, bat Franz II. am
französischen Hof um Frieden in der richtigen Einsicht, daß
der Römische König nunmehr für längere Zeit in Flandern
gebunden und für die Bretagne nunmehr kein tatkräftiger Bundesgenosse
sein würde. Gegen den Rat seiner Schwester und als erste größere
selbständige Regierungshandlung schloß Karl
VIII. am 21. August 1488 auf Schloß Verger bei Angers
mit dem Herzog der Bretagne Frieden, aber Franz
II. starb schon am 9. September und seine dreizehnjährige
Tochter Anna wurde im Sinne der früheren
Politik ihres Vaters und der bretonischen Stände im Dezember 1490
durch Ehevertrag mit MAXIMILIAN verheiratet.
13.11.1455
1. oo Margarete von der Bretagne, Tochter des
Herzogs Franz I.
-22.9.1469
Cousine
27.6.1471
2. oo Margarete von Foix-Navarra, Tochter des
Grafen Gaston IV.
um 1445/50-15.5.1486
Kinder:
1. Ehe
Franz
29.6.-25.8.1463
2. Ehe
Anna
21.1.1476-9.11514
6.12.1491
1. oo Karl VIII. König von Frankreich
30.6.1470-7.4.1498
1498
2. oo Ludwig XII. König von Frankreich
27.6.1462-1.1.1515
Isabella
vor 10.5.1481-24.8.1490
Illegitim
Franz I. Baron d' Avaugoour und der Bretagne
um 1462- nach 1494
oo Magdalene de Brosse, Tochter Johanns III.
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Literatur:
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Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter.
W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 355-358,366,369,384 - Favier, Jean:
Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt
Stuttgart 1989 Seite 436,441,453,469 - Kendall Paul Murray: Ludwig
XI. König von Frankreich 1423-1483 Verlag Callway München 1979
Seite 149,155,158,163,166,171,181,216,222,224, 226,230,238,246,250,255,272,276,294,299,305,335,352,359,425,510,521,524,539,549
- Kendall Paul Murray: Richard III. König von England Mythos
und Wirklichkeit, Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 72,125,158,173-174,286,289,304,307,311-312,327,
329,331,332 -