Einziger Sohn des Herzogs
Wilhelm III. Werghaupt von Aquitanien und der Adela
von der Normandie, Tochter von Herzog Rollo
Lexikon des Mittelalters: Band IX Spalte 135
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Wilhelm IV. Fierabras, Herzog von Aquitanien 963-995
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+ 995
Kloster St-Maixent
In den ersten Monaten, die dem Tode des Grafen Wilhelm
Werghaupt (963) folgten, stand sein Sohn Wilhelm
IV. Fierebras, mit dem Beinamen ‚Fera Brachia‘ (Eisenarm),
offenbar unter der Vormundschaft seines Onkels Ebulus, des Bischofs von
Limodes, der bis zu seinem Tod (977) eine wichtige politische Rolle spielen
sollte. Wilhelm IV.
intitulierte sich in allen seinen Urkunden als 'dux Aquitanorum'.
Diese Intitulatio deckte eine in zweierlei Hinsicht gewandelten Inhalt
des Herzogtums ab: Zum einen waren Perigord und Grafschaft Angouleme dem
Dukat einverleibt worden, zum anderen war die wachsende Unabhängigkeit
der lokalen Aristokratie unübersehbar geworden. Die (schlecht belegten)
ersten Regierungsjahre
Wilhelms waren
geprägt von einer Annäheerung an den Herzog der Francia,
Hugo
Capet, womit die bislang vorherrschenden Spannungen zum westfränkischen
Bereich durch insgesamt gute Beziehungen abgelöst wurden. 968 heiratete
Wilhelm
Fierabras Emma,
die Tochter des mächtigsten seiner Vasallen, des Grafen von Chartres,
Blois und Tours, Tedbald Tricator; nach 977 entspann sich jedoch ein heftiger
Ehestreit, der Emma zum Rückzug in die Touraine veranlaßte.
Um 970 verehelichte sich Wilhelms Schwester
Adelheid
mit Hugo Capet. Demgegenüber verschlechterten
sich die Beziehungen zu den westfränkischen KAROLINGERN,
vor allem als König Lothar 975
eine Wiedererrichtung des Regnums von Aquitanien zugunsten seines jungen
Sohnes Ludwig betrieb; dieser wurde
mit Adelchis (Adelaide), der Schwester
des mit dem Hause BLOIS heftig konkurrierenden Grafen von Anjou,
Geoffrois Grisegonelle, und Witwe des Grafen von Gevaudan, vermählt.
982 brach dieser Vorstoß unvermittelt ab; Wilhelm
ging gestärkt aus dem Machtkampf hervor und konnte sich als "Herzog
der gesamten 'monarchia' der Aquitanier" intitulieren, das heißt
sich als Inhaber des Regnums, wenn auch ohne Königstitel, betrachten.
Infolge des Verzichts oder der Ausschaltung aller anderen Konkurrenten
war das regnum Wilhelms schließlich
im wesentlichen mit einer Herrschaft der Grafen von Poitou über das
Herzogtum Aquitanien identisch. Angesichts des Aufstiegs lokaler Gewalten
wurde die Herzogsgewalt jedoch in zunehmenden Maße zu einem Ehrenrang.
Nachdem sich Wilhelm IV. Fierabras nach
langem Zerwürfnis mit seiner Gemahlin Emma versöhnt
hatte (er stiftete gemeinsam mit ihr die Abtei Maillezais), beteiligte
er 993 seinen Sohn Wilhelm
V. an der Regierung und zog sich ins Kloster St-Maixent zurück,
wo er 995 starb.
Wilhelm IV. Eisenarm folgte 962/63 seinem Vater, der zuletzt Mönch geworden war, als Herzog von Aquitanien und Graf von Poitou sowie als Laienabt von St-Hilarie-de-Poitiers. Er stand besonders gegen seinen Schwager Hugo Capet, der als Herzog von Franzien die gleiche überragende Stellung zu gewinnen versuchte wie sein Vater Hugo. Wilhelm wurde erst 987 von ihm als Herzog anerkannt, ohne Hugo Capet als König von Frankreich anzuerkennen; zeitweise führte er den Titel König von Aquitanien, wie es schon seine Vorfahren taten. Später erkannte er wohl seinen Schwager Hugo Capet als König an, behauptete aber weitgehende Unabhängigkeit von der Krone und brachte unter anderem Angouleme, Saintonge und Perigord unter seine Hoheit. Wilhelm schwächte durch die zunehmende Feudalisierung seines Herrschaftsbereiches aber die herzogliche Gewalt, geriet im Norden besonders mit den expandierenden Grafen von Anjou in Streit und kämpfte daneben mit den Grafen von Toulouse und den Herzögen von Gascogne um Herrschafts- und Besitzrechte. Im Jahre 993 zog er sich als Mönch ins Kloster St. Maixent zurück und übergab die Regierung seinem Sohn.
Kienast Walter: Seite 192-196
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"Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis
12. Jahrhundert)"
Unter seinem Sohn Wilhelm IV.
Eisenarm (Fierabras) (963-993/95) besserte sich die äußere
Lage der Grafschaft durch dei Versöhnung mit dem gefährlichsten
Feinde, dem ROBERTINER: etwa 970 hat
sich Hugo Capet mit der Schwester Wilhelms
vermählt. Fortan besteht Einvernehmen zwischen den beiden Lehnsfürsten.
Als 987 der einstige Gegner den Königsthron besteigt, findet er beim
Herzog von Aquitanien sofort Anerkennung. Die ehemalige Grundlage des Herzogtums,
der Besitz der Auvergne, löste sich in eine bloße Lehnshoheit
auf, als der vicecomes von Clermont zum Grafen von Auvergne aufstieg. Die
Machtstellung des Herzogs drohte noch mehr erschüttert zu werden,
als König Lothar (wohl 979) seinen
jungen Sohn und Mitregenten mit der schon bejahrten Witwe des Grafen von
Gevaudan vermählte und ihn zum König von Aquitanien krönen
ließ. Aber die Ehe des ungleichen Paares zerbrach sehr bald, und
damit war der letzte Wiederbelebungsversuch des Regnum Aquitaniae mißglückt.
Der Herzog der Aquitanier brauchte nicht mehr zu befürchten, von einem
König der Aquitanier beiseitegeschoben zu werden.
Für die Regierung Wilhelm
Eisenarms verfügen wir über ein ungewöhnlich
reiches Urkundenmaterial, 32 eigene Diplome, darunter eine nicht ganz geringe
Zahl von Originalen, meist für S. Hilaire. Der Herzogstitel dringt
jetzt durch und wird, wenigstens in der Einganszewile der Urkunden herrschend.
Zum ersten Male in einer derartigen Urkunde Wilhelms
erscheint er zu März 955 (Kopie Fonteneaus), in einem Original 969
Jan. dem verspäteten ältesten authentischen Beleg für den
erweiterten aquitanischen Herzogstitel überhapt.
Das Ehezerwürfnis mit seiner Gemahlin Emma
von Blois durchzieht seine Regierungsjahre; sie urkundet und signiert
ausschließlich als comitissa. Diese Tatsache wirft Licht auf das
Wesen des dux-Titels: noch ist er nicht Glied einer festen Rangordnung,
sondern zeichnet die Person aus
Wilhelm Fierabras
hat sich 993 in das Kloster S. Maixent zurückgezogen und die Regierung
seinem gleichnamigen Sohne überlassen. Im Mai 995 hat er noch eine
Urkunde ausgestellt, das letzte Lebenszeichen, das wir von ihm besitzen.
Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Seite 84
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"Die französischen Könige des Mittelalters.
Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."
Durch Hugos Gemahlin
Adelheid,
eine Tochter des Herzogs Wilhelm (Werghaupt) von Aquitanien, die
er "Gefährtin und Teilhaberin unseres Königtums" nannte, bestand
zunächst ein entspanntes Verhältnis zu deren Bruder, Herzog
Wilhelm Eisenarm, der ansonsten aber völlig selbständig
in Aquitanien herrschte und mit 32 erhaltenen Urkunden die königliche
Urkundentätigkeit weit übertraf!
968
oo Emma von Blois, Tochter des Grafen Theobald
I.
950-27.12.1003
Kinder:
Wilhelm V. der Große
959 (970?)-31.3.1030
Ebalus
- nach 997
Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 31,46 - Ehlers Joachim/Müller
Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige
des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München
1996 Seite 84 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland
und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München
- Wien 1968 Seite 192 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 214 -