Odilo                                                        Herzog von Bayern (736-748)
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um 715-18.1.748
 

Begraben: Kloster Gengenbach

Sohn des Alemannen-Herzogs Gotfrid und einer AGILOLFINGERIN
Sepp hält ihn für einen Sohn Hukberts, Riezler für einen Sohn Tassilos II.
Spindler: Während für Odilo eine Abkunft sowohl von Hucbert  als auch von Tassilo II. vermutet, von keinem aber bewiesen worden ist.
 

Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1351
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Odilo, bayerischer Herzog seit 736
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     + 748

Begraben: Kloster Gengenbach

offensichtlich Sohn des Alamannen-Herzogs Gottfried aus der alemannischen Linie der AGILOLFINGER

  oo Hiltrud, Tochter Karl Martells und Schwester Pippins III. und Karlmanns

Sohn:
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Tassilo III.

Vieles spricht dafür, dass Odilo zunächst ein alemannischen Teilherzogtum innehatte, bevor er 736 das Herzogtum Bayern erhielt. Trotz einer schwierigen Situation in den ersten Herzogsjahren gelang es ihm, schon 739 im Verein mit Bonifatius die kanonischen Bischofssitze Regensburg, Passau, Freising und Salzburg einzurichten und damit eine Kirchenorganisation zu schaffen, die bis heute gültig ist. Ob diese Bischofsorganisation der Hauptgrund für die Opposition in Bayern wurde, die Odilo veranlaßte, an den Hof Karl Martells und dessen Gemahlin Swanahild, einer Verwandten Odilos, zu fliehen, ist nicht mehr feststellbar. Während der Flucht vermählte er sich mit Hiltrud. Noch zu Lebzeiten Karl Martells (+ 741) konnte Odilo nach Bayern zurückkehren, gründete unmittelbar darauf das Kloster Niederaltaich in Verbindung mit dem Kloster Reichenau und ließ im Zusammenwirken mit Bonifatius das Kloster Eichstätt durch Willibald gründen. 742/43 spitzte sich bereits der Konflikt mit Pippin und Karlmann zu, genährt aus der Heirat mit Hiltrud, aus der karolingischen Sukzessionskrise durch die Ansprüche Grifos ud durch die kirchlichen Aktivitäten des Bonifatius in Franken. 743 wurde Odilo mit seinen Verbündeten von Pippin angegriffen und besiegt. Odilo erhielt nur noch Bayern südlich der Donau, während die Gebiete nördlich der Donau fränkisch wurden. Mit der Niederlage Odilos wurde auch sein bayerischer Sonderweg in Kirchenfragen beendet. Der Hausmeier setzte in Salzburg mit Virgil einen Abt und Bischof karolingischen Vertrauens ein. Trotz innen- und außenpolitischer Schwierigkeiten der 40-er Jahre vermochte Odilo, die slavischen Karantanen unter seine Botmäßigkeit zu bringen, die Karantanenmission zu beginnen und neben Niederaltaich und Mondsee noch eine Reihe weiterer Klöster zu gründen.

Literatur:
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J. Jarnut, Stud. über Hzg. O. (736-748), MIÖG 85,1977,273-284 - H. Wolfram, Die Geburt Mitteleuropas,1987,8f.,125f., 128ff. - W. Störmer, Die bayer. Hzg.skirche (Der hl. Willibald - Kl.bf. oder Bm.sgründer?, hg. H. Dickerhof u.a., 1990), 115-142 - J. Jahn, Ducatus Baiuvariorum (Monogr. zur Gesch. des MA 35, 1991), 221-259


Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 558
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Odilo (Oatilo, Uatiolo), Herzog von Bayern
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     + 748

Begraben: Osterhofen

Vater:
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Gottfried, alemannischer Herzog (+ 709)
 

  oo Hiltrud, Tochter Karl Martells
 

Aus der alemannischen Linie der AGILOLFINGER.
Eingesetzt von den fränkischen Hausmeiern, trat Odilo um 713/37 die Nachfolge Herzog Hucberts an.
Zunächst frankenfreundliche Politik.
Allmähliche Lösung aus der karolingischen Befehlsgewalt.
739 Veranlassung der kanonischen Ordnung der Landeskirche durch Bonifatius.
740/41 Aufenthalt am karolingischen Hof.
Feldzug gegen Karlmann und Pippin führte 743 zur Niederlage am Lech.
744 von den Hausmeiern wieder als Herzog im flächenmäßig verkleinerten Bayern bestätigt.
Bemühungen um die Organisation der bayerischen Landeskirche; Klosterstiftungen, unter anderem Niederaltaich.

Literatur:
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ADB 24; BWB 2; LThK 7; J. Jarnut, Stud. Üb. Hzg. O. (736-748), in: MIÖG 85, 1977.


Schieffer Rudolf: Seite 49
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"Die Karolinger"

Nach dem Tode Herzog Hukberts fiel die Führung des Herzogtums an Odilo, der ebenfalls als naher Verwandter Swanahilds bezeugt ist und überdies mit guten Gründen als Sproß einer Verbindung der alemannischen Herzogsfamilie mit den AGILOLFINGERNangesehen wird. Er förderte die römisch-christliche Organisation einer herzoglichen Landeskirche in Verbindung mit Bonifatius, um ein Gegengewicht gegen die Franken und seinen unbotmäßigen Adel zu bekommen. Swanahilds Verwandter, Herzog Odilo, hielt sich, anscheinend verdrängt von bayerischen Großen, 740/41 in der Francia auf und knüpfte damals seine Beziehung zu Karls Tochter Hiltrud an, aus der ihr Sohn Tassilo III. - mit gut bezeugtem Geburtsjahr 741 - hervorging, übrigens ein Skandal, der noch zu LUDWIGS DES FROMMEN Zeiten in peinlicher Erinnerung war. Nach Karl Martells Tod eilte Hiltrud nach Bayern und heiratete nun den Vater ihres kleinen Sohnes gegen den Willen ihrer Brüder. Er bekämpfte die Eroberungspolitik der beiden fränkischen Hausmeier, die ihn 743 am Lech besiegten, aber nach Gebietsabtretungen in seiner Stellung beließen. Er unterwarf die Karantanier, wurde von der Kirche gestützt, gründete das Kloster Nieder-Altaich und initiierte die "Lex Baiuvariorum"

Spindler Max: Seite 163
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"Handbuch der bayerischen Geschichte"

Der Nachfolger des um 736 verstorbenen Hucbert war Odilo, dessen Verwandtschaftsverhältnis zu seinem Vorgänger ungeklärt ist. Zöllner hat nachzuweisen versucht, dass Odilo ein Sohn Herzogs Gottfrieds von Alemannien und damit ein Bruder des alemannischen Herzogs Lantfrid gewesen sei. Die von Eckhardt darüber hinaus angeführte Vermutung, Gottfried sei mit einer Tochter Herzog Theodos verheiratet gewesen, wird von Störmer abgelehnt, der jedoch noch weitere Gründe für diese alemannisch-bayerische Versippung beizubringen versucht. Es sind freilich gegen diese genealogischen Beziehungen auch Einwände erhoben worden. Odilo erscheint im Salzburger Verbrüderungsbuch in der Deszendenz der übrigen agilolfingischen Herzöge. Wie bei Hucbertwird seine Einsetzung durch den fränkischen Hausmeier zwar immer wieder behauptet, aber sie ist nicht zu beweisen. Sie ist auch wenig wahrscheinlich; alle Anzeichen deuten darauf hin, dass Odilovom Anfang seiner Regierung an völlig selbständig herrschte. Ein Beweis dafür ist die Tatsache, dass er die Organisation der bayerischen Kirche, die schon Herzog Theodo im Zeichen der Unabhängigkeit in Angriff genommen hatte, durch direkten Kontakt mit dem römischen Sendboten Bonifatius vollendete. Dass Bayern ein unabhängiges Reich bildete, ist auch daraus zu erkennen, dass Karl Martell bei der im Jahre 741 vorgenommene Teilung seines Reiches nicht darüber verfügen konnte, im Gegensatz zu Alemannien und Thüringen.
Bis zum Tode Karl Martells blieb Bayern unbehelligt, und erst unter der Regierung seiner beiden Söhne Pippin und Karlmann kam es zu erneuten kriegerischen, durch dynastische Verwicklungen ausgelösten Auseinandersetzungen, die wir nicht mehr bis ins Letzte erkennen können. Auf Swanahilts Rat hat sich Hiltrud, die Tochter Karl Martells aus seiner 1. Ehe, nach dem Tod ihres Vaters (22.10.741) zu Herzog Odilo von Bayern begeben und sich gegen den Willen und Rat ihrer Brüder mit ihm vermählt . Ob ein Zusammenhang zwischen dem Aufstand Grifos und dem Kampf Odilos von Bayern mit Karlmann und Pippin bestand, ist nicht mehr zu entscheiden. Möglich wäre es immerhin, dass der Bayern-Herzog zugunsten seiner Verwandten interveniert hat. Auf jeden Fall wurde Odilo zum Zentrum einer sich über das ganze Abendland erstreckenden Opposition gegen die imperialistische Politik der beiden Hausmeier. Als Karlmann und Pippin im Jahre 743 gegen ihn heranzogen, befanden sich in Odilos Heer sächsische, alemannische und slawische Truppen, der Herzog Hunold von Aquitanien war mit ihm im Bündnis und bei Odilo befand sich ein päpstlicher Gesandter, Sergius, der die Franken von einem Angriff auf Bayern abzuhalten suchte. Diese eindeutige päpstliche Stellungnahme für Bayern ist erstaunlich und in der Literatur auch entsprechend gewürdigt worden. Vielleicht hängt sie zusammen mit dem vergeblichen päpstlichen Versuchen, bei den Franken Unterstützung gegen die ihn bedrängenden Langobarden zu finden, vielleicht aber griff der Papst hier fern aller politischen Rücksichtnahme und Zweckmäßigkeit als die "höchste moralische Autorität in der Völkergemeinschaft des Corpus Christianum" ein, die durch den zupackenden Imperialismus der Franken gefährdet schien.
Schließlich scheint Odilo seinen Kampf auch im Namen der Legitimität geführt zu haben, wozu er sich um so mehr befugt halten durfte, als die karolingischen Hausmeier wenigstens nominell immer noch keine selbständigen Herrscher waren. Mit einem ähnlichen Argument hatte eine Generation früher bereits Herzog Gottfried von Alemannien seinen Kampf gegen Pippin den Mittleren gerechtfertigt, und ein in diese Richtung deutender Zusatz ist anscheinend auch zur Zeit Odilosin die Lex Baiuvariorum aufgenommen worden. Wie ernst die KAROLINGER ein solches Argument nahmen, sieht man daraus, dass sie noch vor Beginn ihres Feldzuges gegen Odilo von Bayern im Frühjahr 743 mit Childebert III. noch einmal einen MEROWINGER-König einsetzten, obwohl der Thron bereits seit 732 vakant war. Die militärische Entscheidung fiel jedoch gegen Bayern aus; nachdem sich die beiden Heere 15 Tage lang am Lech gegenübergestanden hatten, überschritten die Franken den Fluß an einer unerwarteten Stelle und fielen dem bayerischen Heer in die Seite und in den Rücken. Den Schlachtort sucht man bei Apfeldorf in der Nähe von Epfach, die Schlacht selbst endete mit einer völligen Niederlage des bayerischen Heerbannes, die Sieger durchstreiften 52 Tage lang plündernd das Land. Herzog Odilo zog sich hinter den Inn zurück. Der Bericht der Brever Notitiae, er sei in die Hand des Siegers gefallen, dürfte nicht den Tatsachen entsprechen. Der Friede, der zustande kam, glich nicht entfernt dem Strafgericht, das die Alemannen nach einem neuen Aufstand 746 bei Canstatt über sich ergehen lassen mußten. Die schonende Behandlung Bayerns hatte Odilo wohl auch seiner Verwandtschaft mit den KAROLINGERN zu verdanken, seine Gemahlin Hiltrud war ja die Schwester der Hausmeier.

Störmer Wilhelm: Seite 23-28
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"Adelsgruppen"

Auch Odilo, der Bruder der beiden alemannischen duces Landfried und Theutbald, besaß vor der Übernahme seines bayerischen Dukats im alemannischen Raum allem Anschein nach eine größere Herrschaft, und zwar im Gebiet von Pfungen bei Winterthur. Hier errichtete der heilige Pirmin anfänglich sein Kloster, bevor es auf die Reichenau verlegte. Im Gebiet um Pfungen trägt noch ein Berg mit einer bereits vorgeschichtlichen, dann mittelalterlichen Befestigung den Namen Odilos: der Uetliberg. Dass freilich Odilo auf dieser Burg "residierte", wie Josef Siegwart annimmt, wird man in dieser Form nicht übernehmen können.
Nach der freilich recht späten Überlieferung des Gallus Öhem empfing Watilon ( = Odilo), der Sohn Herzog Gottfrieds, den heiligen Pirmin im oben genannten Pfungen, also unmittelbar beim Uetliberg, und gab ihm dort den Grundbesitz für den Klosterbau. Nach 709, dem Tod Herzog Gottfrieds, soll Pirmin Pfungen verlassen haben und schließlich die Insel Reichenau als Klosterplatz auserwählt haben. Sprandel betont, dass die Söhne Gottfrieds weitgehend das Schicksal des Klosters bestimmten. Selbst wenn sie  nicht immer der Abtei Reichenau freundlich gesinnt waren, so wird ein enger Kontakt Odilos zu diesem Kloster doch deutlich in der Tatsache, dass seine bayerische Klostergründung Niederaltaich das Reichenauer Patrozinium St. Mauritius, ja sogar die ersten Mönche aus der Reichenau erhielt.
Erich Zöllner hat gezeigt, dass Odilonoch mit einem weiteren alemannischen Kloster in Verbindung steht: Gengenbach an der Kinzig im westlichen Schwarzwald. Einer jüngeren Überlieferung zufolge war Herzog Odilo nicht nur an der Gründung dieses Klosters beteiligt, er soll auch dort begraben sein.
Wir kehren noch einmal zu den Anfängen Odilos in Bayern zurück: Noch zu Karl Martells Zeiten wurde OdiloNachfolger Hugiberts auf dem bayerischen Herzogsstuhl, offensichtlich unter dem Einfluß Swanahilds, die in den Einhardsannalen zu 741 als neptis Odilosbezeichnet wird. Unter Swanahilds Einfluß stand schließlich auch ihre Stieftochter Hiltrud, Schwester Pippins, die auf den Rat Swanahilds gegen den Willen ihrer Brüder Herzog Odilo heiratete, doch offensichtlich ebenfalls aus politischen Gründen. Odilo ist denn auch nach dem Tode Karl Martells zusammen mit seinem Verwandten, dem Alemannen-Herzog, und mit Swidker, dem Inhaber der regio Eichstätt, der Verteidiger des Swanahild-Erben Grifo gegen Pippin und Karlmann. Durch den Einfluß Swanahilds kam mit Odilo offensichtlich eine schwäbische Linie der AGILOLFINGER auf den bayerischen Herzogsstuhl. Auffallend ist, dass damit die beiden den Ostalpen vorgelagerten Stämme praktisch in die Hand einer Familie kommen. Das kann nicht vom Interesse des fränkischen Gesamtreiches her erklärt werden, sondern nur aus dynastischen Interessen, hinter denen Swanahild steckte.
 
 
 
 

 741
  oo Hiltrud, Tochter Karl Martells
       um 715-   754
 
 
 
 

Kinder:

  Tassilo III.
  741-11.12. nach 794
 
 
 
 

Literatur:
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Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke:  Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 12-20,24-26,33,41,81 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite 185 - Geuenich, Dieter: Geschichte der Alemannen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1997, Seite 107,160 - Jarnut Jörg: Agilolfingerstudien. Anton Hiersemann Stuttgart 1986 Seite 82,118 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 63, 74,83 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 43,49,51,53,57 - Spindler Max: Handbuch der bayerischen Geschichte Erster Band Das alte Bayern das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München Seite 160-164 - Störmer Wilhelm: Zu Herkunft und Wirkungskreis der merowingerzeitlichen 'mainfränkischen' Herzöge  in Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag. Verlag Michael Lassleben Kallmünz Opf. 1993 Seite 23-28 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 386,388 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986 Seite 34,137 -
 
 
 
 
 
 


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