Tassilo I.                                         Herzog von Bayern (591-610)
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um 565/70 610
 

Sohn des Bayern-Herzogs Garibald I. aus dem Hause der AGILOLFINGER und der Walderada, Tochter vom Langobarden-König Wacho
 

Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 484
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Tassilo I., bayerischer Herzog
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   †

Von Tassilo I., dessen Zugehörigkeit zu den AGILOLFINGERN zu erschließen ist, sind nur wenige Nachrichten erhalten. Falls er ein Sohn des um 591 von den Franken entmachteten Bayern-Herzogs Garibald war, waren Walderada aus dem langobardischen LETHINGER-Königsgeschlecht seine Mutter, die Langobarden-Königin Theudelinde seine Schwester und die zu den Langobarden geflohenen Herzogs-Söhne Gundoald und Grimoald seine Brüder.
Auf jeden Fall war Tassilo I. ein Verwandter Garibalds. Als solcher wurde er um 591 vom Franken-König Childebert II. in Bayern "als rex" eingesetzt (so Paulus Diaconus 4, 7, 110). Ob er  in der Auseinandersetzung mit Garibald als Haupt einer 'fränkischen Partei' innerhalb der AGILOLFINGER-Sippe war, läßt sich nicht entscheiden. Daß er 'agilolfingische' Traditionen weiterführte, ist ersichtlich am Namen seines Sohnes und Nachfolgers Garibald II. Tassilo I. scheint unmittelbar nach seiner Amterhebung gegen die Slaven vorgegangen zu sein. Ob er im Auftrag des Franken-Königs gegen die Slaven gekämpft hat, wissen wir nicht. Jedenfalls siegte er über die Slaven und kehrte mit großer Beute  zurück. 595 griff Tassilo von neuem die Slaven an, die jetzt vom avarischen Khagan unterstützt wurden und ihn vernichtend schlugen. Erst 610 wird er als "dux Baioariorum" bezeichnet und sein Tod erwähnt.

Quellen:
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Paulus Diaconus IV c 7,10,39 -

Literatur:
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H.-D. Kahl, Die Baiern und ihre Nachbarn bis zum Tode des Hzg.s Theodo (717/718) (Die Bayern und ihre Nachbarn, I, hg. H. Wolfram-A. Schwarcz, 1985),175,182f.,194ff.,201 - J. Jahn, Ducatus Baiuvariorum, 1991,17f.


Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 771
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Tassilo I., bayer. Herzog
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   † um 610
 

Vater:
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Herzog Garibald I. ( um 593)

Mutter:
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Walderada
 

Wurde um 593 von Franken-König Childebert II. in Bayern als „rex“ eingesetzt, schrieb der langobardische Geschichtsschreiber Paulus Diaconus.
Erste Kriege mit Nachbarn im Osten und Süden.
Gebietsgewinne in Südtirol.
Zunächst Sieg über Slawen, dann Niederlage.

Literatur:
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R. Reiser, Agilolf od. d. Herkunft d. Bayern, 1977.


Nach Karl Ferdinand Werner wurde Garibald I. 590 abgelöst und durch Tassilo ersetzt, der nicht Garibalds Sohn war.

Nach dem Tode seines Vaters wurde Tassilo von den Franken als Herzog eingesetzt. Tassilo siegte über die Slawen im Pustertal und kehrte mit großer Beute zurück. Der Effekt des Beutezuges spielte dabei eine große Rolle, denn damit wurde auch seine kriegerische Gefolgschaft abgefunden. 595 griff Tassilo von neuem die Slawen an, die von den Awaren unterstützt wurden. Er mußte diesen Angriff aber offenbar mit einer vernichtenden Niederlage bezahlen.

Spindler Max: Seite 108,112,115
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"Handbuch der bayerischen Geschichte"

"Tassilo ist vom Franken-König Childebert in Bayern als König eingesetzt worden"[1 Paulus Diac. IV 7, Seite 118; den dem Bayern hier und an anderen Stellen von Paulus zugelegten Königstitel hat man aus einem Versehen des Paulus erklären wollen, der es "mit den Titeln nicht so genau genommen habe" (Riezler I 1, 144f.). Doch befriedigt diese Erklärung nicht recht, insbessondere angesichts der sich in der Forschung durchsetzende Erkenntnis, daß es nur die konsequente fränkische "Sprachregelung" war, die den Königstitel allein dem fränkischen Großkönigtum vorbehielt und die anderen Fürsten zu duces herabdrückte, vgl. Reinhard Wenskus, Amt und Adel in der frühen
Merowingerzeit (Mitteilungen des Universitätsbundes Marburg I/2) 1959, 40-56; Rolf Sprandel, Dux und comes in der Merowingerzeit (ZRG 74) 1957, 41-84 und besonders Schlesinger, Heerkönigtum (siehe oben 104 Anm. 12) 53-87, besonders 71ff., sowie Ders., ZBLG 28, 681f. Von einer staatsrechtlichen Ausdeutung dieser vereinzelten Stelle sollte man wohl Abstand nehmen, ehe sie nicht im Zusammenhang mit ähnlichen Äußerungen untersucht worden ist; Wolfram, Intitulatio (siehe oben 104 Anm. 12) 168 Anm. 71 spricht von einem "Amtskönig".], wie Paulus Diaconus überliefert. Der langobardisch orientierte Garibald wurde durch den frankenfreundlichen Tassilo abgelöst. Über das Schicksal Garibalds erfahren wir nichts, dass jedoch der neu eingesetzte Tassilo mit Garibald verwandt gewesen sein muß, vielleicht sogar sein Sohn gewesen ist, kann man daraus entnehmen, dass auch Tassilos eigener Sohn wieder Garibald hieß [2 Paulus Diac. IV 39, Seite 133.]; eine solche Berücksichtigung der Verwandtschaft ließe auch das Eingreifen der Franken in einem anderen Licht erscheinen. Als offensichtlichen Preis für die Anerkennung ihres Eingreifens ließen sie dem neuen Herzog in Verfolgung bayerisch-territorialpolitischer Ziele auf Kosten der Langobarden freie Hand. Diese Ziele gingen auf die Gewinnung des Ausganges aus dem Gebirge.
Nach 572/79 spätestens 591 müssen also die Slawen in Binnen-Noricum eingedrungen sein, etwa um 592 hören wir von den ersten Kämpfen mit den Bayern, die ihnen im westlichen Pustertal entgegentraten. Damals zog Tassilo "mit einem Heer in das Land der Slawen, errang einen Sieg und kehrte mit großer Beute in die Heimat zurück." [5 Paulus Diac. IV, 7, Seite 118.] Ein neuer Einfall um 595 endete mit einem Mißerfolg und dem Tod von 2.000 Bayern, da den Slawen ein awarischer Chakan zu Hilfe kam.
Die Kunde von der Einsetzung des bayerischen Königs Tassilo im Jahre 592 sowie von den folgenden Slawenkämpfen sind für einige Zeit die letzten Nachrichten, die wir aus Bayern haben. In den fränkischen Quellen wird Bayern nicht genannt.

Jarnut Jörg: Seite 62
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"Agilolfingerstudien."

Die Franken regelten aber 591 nicht nur ihr Verhältnis zu den Langobarden. Nach dem Bericht des Paulus wurde damals "Tassilo a Childeperto rege Francorum aput Baioariam rex ordinatus" [265 PDF IV, 7.]. Damit wurde Tassilo auf die in der Lex Baiuvariorum vorgesehene Art Herrscher (= "rex") über die Bayern. Meist wird angenommen, diese Erhebung habe den Sturz Herzog Garibalds zur Voraussetzung gehabt [266 Vgl. etwa Goez 159; Reindel, Agilolfinger 143.]. Es ist jedoch viel wahrscheinlicher, daß der 589 unter dem Einfluß des Bischofs Egidius von einem fränkischen Heer angegriffene Garibald [268 Vgl. oben Seite 59.] 590/91 verstorben war und nun durch einen anderen AGILOLFINGER in seinem Amt abgellöst wurde, der nicht unbedingt sein Sohn gewesen zu sein braucht. Diese Ansicht wird dadurch gestützt, daß Paulus Diaconus, dem wir alle unsere Informationen über Bayern um 600 verdanken, 589 nur von einer Herzog Garibald durch die fränkischen Truppen zugefügten "perturbatio" spricht, aber nicht das geringste von der Vertreibung oder gar Vernichtung des AGILOLFINGERS berichtet. Unsere  Auffassung über die Vorgänge in den Jahren 589-591 wird letztlich auch dadurch bekräftigt, daß auch der Nachfolger Garibalds im Amt des bayerischen Herzogs wieder zur Familie der AGILOLFINGER gehörte.
 
 
 
 

  oo N.N.
          
 
 
 
 

Kinder:

  Garibald II.
        um 630
 
 
 
 

Literatur:
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Bosl, Karl: Bosls Bayerische Biographie, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1983 Seite 771 - Jarnut Jörg: Agilolfingerstudien. Anton Hiersemann Stuttgart 1986 Seite 62,117,125,128 - Menghin Wilfried: Die Langobarden. Archäologie und Geschichte Konrad Theiß Verlag Stuttgart Seite 111,119 - Paulus Diakonus und die Geschichtsschreiber der Langobarden: Geschichte der Langobarden. Phaidon Verlag Kettwig 1992 Buch IV Kapitel 7,39 - Spindler Max: Handbuch der bayerischen Geschichte Erster Band Das alte Bayern das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München Seite 108,112,115 -