2. Von den Vandalen.
Von den Vandalen und der Christenverfolgung in ihrem
Reiche.
Danach verließen die Vandalen ihre Heimath und brachen unter ihrem Könige Gunderich in Gallien ein, verheerten schrecklich dies Land und wandten sich dann nach Spanien. Ihnen folgten die Sueven, d. h. die Alamannen und nahmen Galicien ein. Und nicht lange nachher erhob sich ein Krieg zwischen beiden Völkern, weil sie nahe bei einander wohnten. Als sie darauf gerüstet zum Kampf auszogen und schon zur Schlacht sich bereit machten, sprach der Alamannen-König so: "Wie lange soll denn der Krieg heimsuchen das ganze Volk? Lasset doch nicht, ich bitte euch, viel Volks umkommen auf beiden Seiten, sondern zwei von uns mögen mit ihren Kriegswaffen auf den Kampfplatz treten und die Sache unter sich ausfechten. Wessen Kämpe dann siegt, der nehme das Land ohne Streit". Alle stimmten dem bei, auf daß nicht das ganze Volk fiele vor der Spitze des Schwerdtes. Zu jener Zeit aber war König Gunderich schon gestorben und an seiner Stelle hatte Thrasimund das Reich erworben. Als nun die Kämpen zusammentrafen, unterlag die Partei der Vandalen, und als ihr Kämpe gefallen, gelobte Thrasimund auszuziehen, er wolle nehmlich, nachdem er alles zum Marsche gerüstet, die Grenzen Spaniens verlassen.
Zu derselben Zeit aber verhängte Thrasimund eine Verfolgung über die rechtgläubigen Christen, und wollte durch Foltern und Todesqualen aller Art es dahin bringen, daß ganz Spanien sich zu der abtrünnigen Lehre des Arius wende. Und so geschah es auch, daß eine gottgeweihte Jungfrau - sie war reich und angesehen vor den Leuten, denn sie stammte aus einem berühmten vornehmen Römischen Geschlecht, und war, was mehr als das Alles ist, stark im rechten Glauben und diente untadelig Gott dem Allmächtigen - zur Abtrünnigkeit gezwungen werden sollte. Und als sie vor den König geführt wurde, suchte er sie zuerst durch Schmeichelreden dazu zu vermögen, daß sie abermals sich taufen ließe. Als sie aber die vergifteten Pfeile seiner Rede mit dem Schilde des Glaubens abwehrte, befahl er ihr Hab und Gut zu nehmen; sie aber hatte schon in ihrem Herzen die Schätze des Paradieses. Darauf ließ er sie foltern und martern, so daß ihr keine Hoffnung für dies zeitliche Leben mehr blieb. Endlich - um kurz zu sein - nach vielfachen Martern, als alle irdischen Schätze ihr genommen, und sie doch nicht dahin gebracht werden konnte, die heilige Dreieinigkeit zu verleugnen, wurde sie widerstrebend fortgeschleppt, um abermals getauft zu werden. Als man sie aber mit Gewalt nöthigte, unterzutauchen in das Bad des Unraths, rief sie: "Ich glaube, daß der Vater Eines Wesens und Seins mit dem Sohne und dem heiligen Geiste ist," und benetzte alles Wasser mit solcher Salbe, wie sich gebührte, mit der Ausleerung nehmlich ihres Leibes. Hierauf wurde sie zur gerichtlichen Untersuchung gezogen, auf den Bock gespannt, mit Feuer und Klauen gefoltert und weihte endlich ihr Blut Christus dem Herrn, indem ihr Haupt unter dem Schwerdte fiel.
Hierauf gingen die Vandalen, indem die Alamannen sie bis
nach Traducta verfolgten, über das Meer und breiteten sich durch die
ganzen Provinzen Africa und Mauritanien aus.
3. Von Cyrola, dem Bischof der Irrgläubigen.
Von Cyrola, dem Bischof der Irrgläubigen, und
den heil. Märtyrern.
Da aber zu ihrer Zeit die Verfolgung gegen die rechtgläubigen
Christen überhand nahm, wie davon schon oben die Rede war, scheint
es mir gut, noch Einiges von dem zu erzählen, was sie gegen die Kirchen
Gottes thaten, und wie sie endlich ihre Herrschaft einbüßten.
Als Thrasimund nehmlich nach manchen
Schandthaten, die er an den Heiligen Gottes verübt hatte, gestorben
war, gewann Hunerich, der noch grausamer
war, das Reich in Afrika, und zwar trat er durch die Wahl der Vandalen
an ihre
Spitze. Eine wie große Schaar der Christen zu seiner
Zeit um des hochheiligen Namens Christi willen geblutet hat, kann von Menschen
nicht ausgesagt werden, aber Africa, das sie gebar, und die Rechte Christi,
die sie mit unvergänglichen Edelsteinen krönte, geben Zeugniß
davon. Von Einigen dieser Märtyrer haben wir die Leidensgeschichte
gelesen und wollen hier Etliches daraus mittheilen, um so zu erfüllen,
was wir versprachen.
Es wurde also zu jener Zeit für den größten Lehrer unter den Irrgläubigen ein gewisser Cyrola gehalten, der sich mit Unrecht Bischof nannte. Und als diesen der König, um die Christen zu verfolgen, nach vielen Seiten herumschickte, fand der Verfolger den heiligen Bischof Eugenius, einen Mann von unbeschreiblicher Heiligkeit, dessen Klugheit allgemein gepriesen wurde, in einer Vorstadt seines Orts. Und so sehr beeilte er sich, ihn in Banden fortzuschleppen, daß er ihm nicht einmal Zeit ließ, zu der Gemeinde der Christen zu gehn, um sie zu ermuthigen. Eugenius aber schrieb, da er sah, daß er von ihnen getrennt werde, folgenden Brief an seine Mitbürger, auf daß sie am rechten Glauben festhielten:
"Bischof Eugenius seinen Gruß den hochgeliebten und in der Liebe zu Christo ihm so theuern Brüdern und Schwestern der ihm von Gott anvertrauten Gemeinde. Der Wille des Königs ist kund geworden, und er hat uns durch einen Erlaß geboten, um unsres Glaubens willen nach Karthago zu kommen. Deshalb, damit ich nicht von euch scheidend die Kirche Gottes im Ungewissen ließe, oder stillschweigend wie ein schlechter Hirte von den Schafen Christi ginge, habe ich es für nothwendig erachtet, dieses Schreiben statt meiner an euch, ihr Heiligen Gottes, zu senden und euch darin unter Thränen zu bitten, zu erinnern, zu ermahnen, und hoch und theuer zu beschwören bei Gottes Majestät und dem furchtbaren Tage des Gerichts und dem schreckenvollen Glanze des Herrn, wenn er wiederkehrt: daß ihr festhaltet am rechten Glauben der Kirche und bekennt, daß der Sohn dem Vater gleich, und der heilige Geist von demselben göttlichen Wesen ist, wie der Vater und der Sohn. Bewahret also die Gnade der Einen Taufe, haltet fest an der Salbung mit dem heiligen Oehl. Niemand kehre nach dem Bad der Taufe zur Taufe zurück, nachdem er wiedergeboren ist aus dem Wasser. Denn so es Gott will, wird aus dem Wasser Salz, wenn es aber wieder in das Wasser gebracht wird, verliert es sogleich seine ganze Gestalt. Und sagt nicht der Herr mit Recht in dem Evangelium: "Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man salzen?" Und gerade das heißt dumm werden, wenn abermals gewürzt wird, wo einmal würzen genug ist. Hört ihr nicht Christus, der da spricht: "Wer einmal gewaschen ist, braucht nicht abermals gewaschen zu werden." Betrübet euch nicht, meine Brüder und Söhne und meine Töchter im Herrn, um meine Abwesenheit, denn ich werde, wenn ihr treu an der rechtgläubigen Lehre verharrt, in keiner Ferne euch vergessen und auch nicht durch den Tod von euch getrennt werden. Wisset, daß wohin mich auch die Kämpfe dieses Lebens verschlagen mögen, doch die Palme des Sieges mir bleibt. Gehe ich in die Verbannung, so leuchtet mir vor das Beispiel des Evangelisten Johannes. Gehe ich in den Tod, "mein Leben ist Christus und sterben ist mein Gewinn." Kehre ich zurück, Brüder, so wird Gott euern Wunsch erfüllen. Aber es ist genug für jetzt gesagt an dem, was ich euch nicht verhehlt habe, ich habe euch ermahnt und unterwiesen, so gut ich es vermochte, und bin unschuldig an dem Blut Aller, die verloren gehen, und ich weiß wohl, daß wider sie dieser Brief vor dem Richterstuhl Christi wird vorgebracht werden, wenn er wiederkehren wird zu vergelten einem Jeden nach seinen Werken. Kehre ich einst, ihr Brüder, zu euch zurück, so sehe ich euch in diesem Leben wieder, wo nicht, sehe ich euch in dem zukünftigen. Ich sage euch aber, seid stark, bittet für uns und fastet, denn Fasten und Almosen haben immer den Herrn zum Erbarmen gewandt. Gedenket dessen, was in dem Evangelium geschrieben steht: "Fürchtet euchnicht vor denen, die den Leib tödten, und die Seele nicht mögen tödten, fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben mag in die Hölle."
Es wurde also der heilige Eugenius zum König geführt, und er stritt dort wider jenen Bischof der Arianer für die rechtgläubige Lehre. Und nachdem er ihn in aller Kraft des Geistes überwunden und das Geheimniß der heiligen Dreieinigkeit vertheidigt, auch Christus viele Wunder durch ihn vollbracht hatte, wurde der nehmliche Bischof vom Neide entflammt und zu noch größerer Wuth hingerissen. Es standen aber dazumal dem heiligen Eugenius zwei sehr weise und heilige Männer zur Seite, die Bischöfe Vindemialis und Longinus, an Würde ihm gleich, an Macht des Geistes nicht ungleich. Denn der heilige Vindemialis soll einen Todten erweckt, Longinus aber viele Kranke geheilt haben. Eugenius aber nahm nicht nur die Blindheit von den sichtlichen Augen, sondern auch von den Augen des Geistes. Und als dies jener schändliche Bischof der Arianer sah, rief er einen Menschen zu sich, der war von demselben Irrthum befangen, in dem er selbst lebte, und sprach: "Ich will nicht dulden, daß diese Bischöfe viele Zeichen unter dem Volke thun, und alle ihnen nachgehen, mein aber nicht mehr achten. Merke nun auf das, was ich dir sage. Hier hast du fünfzig Goldstücke, setze dich nieder auf der Straße, durch welche mein Weg führt, und lege deine Hand auf deine geschlossenen Augen, und wenn ich mit den anderen vorübergehe, so schreie mit aller Macht: "Heiligster Cyrola, du unserer Kirche Bischof, dich rufe ich an, daß du auf mich sehest und deinen Ruhm und deine Macht beweisest, auf daß ich meine Augen öffnen und das Licht wieder sehen kann, das mir genommen."" Der Mann aber that, wie ihm geboten, setzte sich nieder auf der Straße, und als der Irrlehrer vorüberging mit den Heiligen Gottes, gedachte er Gott zu versuchen und schrie mit aller Gewalt: "Höre mich, heiligster Cyrola, höre mich, heiliger Priester des Herrn, siehe auf meine Blindheit. Laß mich erfahren deine Heilkraft, welche den andern Blinden so oft zu gut gekommen ist, welche die Aussätzigen kennen lernten und selbst die Todten erfuhren. Ich beschwöre dich bei der Macht, die du hast, daß du mir das ersehnte Licht wiedergebest, denn ich bin mit schwerer Blindheit geschlagen." Er sagte aber die Wahrheit und wußte es nicht, denn die Habgier hatte ihn blind gemacht, und er meinte um Gold die Macht des allmächtigen Gottes versuchen zu können. Da wandte sich der Bischof der Irrgläubigen nur ein wenig zur Seite, stolz und aufgeblasen, gleich als ob er in seiner Macht sicher wäre seines Triumphes, und legte seine Hand auf die Augen des Menschen und sagte: "Durch unsern Glauben, in dem wir Gott auf die rechte Weise verehren, sollen deine Augen geöffnet werden." Und kaum hatte er solche Lästerung ausgestoßen, da wurde das Lachen in Weinen verwandelt, und die List des Bischofs offenbar. Denn ein so heftiger Schmerz befiel die Augen des Elenden, daß er sie mit den Fingern zusammendrückte, daß sie ihm nicht zersprängen. Endlich aber fing der Elende an zu schreien und zu sagen: "Weh mir Armen, daß ich verführt worden bin von dem Feind des göttlichen Gebots! Wehe mir, daß ich Gott um Geld zu versuchen gedachte und 50 Goldstücke nahm, diese Sünde zu begehen!" Zu dem Bischof aber sagte er: "Siehe, da ist dein Gold, gieb mir mein Gesicht zurück, daß ich durch deine Tücke verloren habe. Und euch bitte ich, ihr so ruhmreichen wahren Bekenner Christi, übersehet nicht einen Elenden, sondern eilt ihm schnell zu Hülfe in seinem Verderben. Denn ich habe es erfahren in der Wahrheit, daß sich Gott nicht versuchen läßt." Da wurden die Heiligen Gottes gerührt und sie sprachen voll Erbarmen: "Wenn du glaubst, alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt." Aber jener rief mit lauter Stimme: "Wer da nicht glaubt, daß Christus der Sohn Gottes, und daß der heilige Geist gleichen Wesens und gleicher Gottheit mit Gott dem Vater ist, dem möge treffen, was mich heut getroffen." Und dann fügte er hinzu: "Ich glaubean Gott den allmächtigen Vater, ich glaube an den Sohn Gottes Jesum Christum, der dem Vater gleich, ich glaube an den heiligen Geist, der gleichen Wesens und gleichewig mit dem Vater und dem Sohne." Als aber jene dies hörten, und einer dem andern die Ehre zu gönnen bereit war, entstand unter ihnen ein heiliger Wetteifer, wer seine Augen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes bezeichnen sollte. Vindemialis und Longinus lagen Eugenius, dieser aber jene an, die Hände dem Blinden aufzulegen. Als sie aber dies thaten und ihre Hände ihm auf das Haupt legten, machte der heilige Eugenius das Kreuz über die Augen des Blinden und sprach: "Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, des wahren Gottes, den wir als dreifältigen, aber Eins und sich selbst gleich und gleich an Allmacht bekennen, sollen deine Augen geöffnet werden." Und sogleich wurde der Schmerz von ihm genommen, und er wurde so gesund, wie zuvor. Das aber wurde durch seine Blindheit recht augenscheinlich dargethan, wie der Bischof der Irrgläubigen die Augen des Geistes durch die armselige Decke seiner Lehre verhüllte, so daß Niemand das wahre Licht mit den Augen des Glaubens zu erblicken vermochte. O des Elenden, der nicht durch die Thür eingetreten - denn Christus ist die richtige Thür - ein Wolf, nicht ein Wächter der Heerde war, und die Leuchte des Glaubens, die er in den Herzen der Gläubigen hätte anzünden sollen, in der Bosheit seines Herzens auslöschen wollte! Die Heiligen Gottes aber thaten noch viele andere Zeichen unter den Leuten, und es war nur eine Stimme unter dem Volke, das da sagte: "Wahrer Gott ist der Vater, wahrer Gott der Sohn, wahrer Gott der heilige Geist, und sie sind Eins und in Einem Glauben anzubeten, mit gleicher Scheu zu fürchten, in gleicher Weise zu verehren. Denn was Cyrola behauptet, sind eitel Lügen, wie allen kund gethan."
Als aber König Hunerich
seinen Wahn durch den ruhmreichen Glauben der Heiligen als irrig aufgedeckt,
seine irrgläubige Partei nicht gemehrt, sondern vielmehr zerstört,
auch die Schmach seines Bischofs durch solche Schandthat enthüllt
sah, befahl er die Heiligen Gottes nach vielfachen Qualen, nachdem sie
auf der Folterbank mit Feuer und Klauen gemartert waren, zu tödten.
Den heiligen Eugenius hieß er zum Tode durch das Schwerdt abführen;
er befahl aber, wenn er in dem Augenblick, wo das Schwerdt über seinen
Nacken schwebe, sich doch nicht zu der Irrlehre bekehren wolle, so solle
man ihn nicht tödten, auf daß ihn nicht die rechtgläubigen
Christen als einen Märtyrer verehrten, sondern alsdann ihn in die
Verbannung schicken. Und allgemein bekannt ist, daß es so geschah.
Denn als Eugenius im Angesicht des Todes gefragt wurde, ob er entschlossen
sei für die rechtgläubige Lehre zu sterben, antwortete er: "Das
ist ja das ewige Leben sterben um der Gerechtigkeit willen." Darauf ließ
man das Schwerdt nicht fallen, sondern er wurde nach Albi, einer Stadt
in Gallien, in die Verbannung geschickt, wo er sein zeitliches Leben beschloß.
An seinem Grabe aber sieht man noch jetzt vielfache Wunder. Den heiligen
Vindemialis hingegen befahl Hunerich durch
das Schwerdt hinzurichten, und so geschah es. In dieser Verfolgung wurden
auch der Erzdiakon Octavianus und viele tausende von Männern und Frauen,
die unsren Glauben bekannten, getödtet und verstümmelt. Aber
um des wahren Ruhms willen achteten die heiligen Bekenner für Nichts
alle diese Leiden, denn sie wußten, daß sie, mit wenigen Leiden
sich viele Freuden gewännen nach dem Wort des Apostels, der da spricht:
"Dieser Zeit Leiden sind der Herrlichkeit nicht werth, die an den Heiligen
soll geoffenbaret werden." Viele dagegen, die damals vom wahren Glauben
in Irrsal geriethen um der Schätze willen, die man ihnen gab, zogen
sich vielfache Leiden zu, wie jener elende Bischof, Revocatus mit Namen,
der von der rechtgläubigen Lehre abfiel. Damals verfinsterte sich
auch die Sonne, so daß kaum der dritte Theil von ihr sichtbar blieb:
solches geschah, glaube ich, um so großer Sünden willen und
wegen des unschuldig vergossenen Bluts. Hunerich
aber wurde zum Lohne für solche Schandthaten selbst von dem bösen
Geist ergriffen, und er, der sich lange am Blute der Heiligen geweidet
hatte, zerfleischte sich mit seinen eigenen Zähnen, und in dieser
Qual endigte er sein unwürdiges Leben durch einen seiner Sünden
würdigen Tod. Auf ihn folgte Childerich,
und als auch der gestorben war, erhielt Gelesimer
das Reich. Er wurde aber von den Römern besiegt und verlor Reich und
Leben. So fiel die Herrschaft der Vandalen.
9. Was dieselben von den Franken melden.
Es ist unbekannt, wer der erste Franken-König gewesen ist. Denn obwohl das Geschichtswerk des Sulpicius Alexander Vieles von den Franken berichtet, nennt er doch den ersten König derselben nicht, sondern spricht nur davon, daß sie Herzoge hatten. Und was er von diesen berichtet, will ich mittheilen.Da, wo er erzählt, daß Maximus sich, als er alle Hoffnung auf sein Reich aufgegeben und ganz die Besinnung verloren hatte, nach Aquileja flüchtete, fährt er so fort:
"Damals brachen unter ihren Herzogen Genobaud, Marcomer und Sunno die Franken in die Provinz Germania ein, sie warfen den Grenzwall nieder, tödteten viele Menschen, verheerten besonders die fruchtbaren Gegenden, und verbreiteten auch in Köln Furcht und Schrecken. Als dies zu Trier bekannt wurde, sammelten die Kriegsobersten Nanninus und Quintinus, denen Maximus seinen jungen Sohn und die Vertheidigung der Provinz übertragen hatte, ihr Heer und zogen nach Köln. Aber die Feinde kehrten mit großer Beute, nachdem sie die reichsten Gegenden der Provinzen verheert hatten, wieder über den Rhein zurück, ließen jedoch einen Theil ihrer Mannschaft auf Römischem Grund und Boden zurück, um diesen abermals zu verwüsten. Mit dem zurückgebliebenen Theil des Heeres ließen sich die Römer darauf zu gelegener Zeit in einen Kampf ein und tödteten viele Franken im Kohlenwalde. Als sie aber in der Hitze darüber beriethen, ob man nicht in das Frankenland selbst einrücken solle, war Nanninus dagegen, weil er wohl wußte, daß die Feinde nicht unvorbereitet und in ihrem eigenen Lande ohne Zweifel ihnen überlegen sein würden. Da jedoch Quintinus und die Andren im Heere nicht dieser Ansicht waren, so kehrte Nanninus nach Mainz zurück, Quintinus aber mit dem Heere zog bei der Feste Neuß über den Rhein, und als er zwei Tagemärsche vom Fluß entfernt war, stieß er auf Häuser und große Ortschaften, die aber von ihren Bewohnern verlassen waren. Denn die Franken hatten, gleich als ob sie eine Begegnung mit dem Feinde fürchteten, sich tief in das Waldgebirge zurückgezogen und am äußersten Rande der Wälder Verhaue angelegt. Es steckten also die Soldaten alle Häuser in Brand, indem ihre feige Dummheit es für den höchsten Siegsruhm hielt, gegen Häuser zu wüthen, und brachten dann die Nacht voll Furcht unter der Last der Waffen zu. Bei Tagesanbruch aber zogen sie unter Anführung des Quintinus in das Waldgebirge, und geriethen ungefähr um Mittag auf Irrwege, so daß sie ohne Ordnung überall umherschweiften. Endlich, als sie Alles von gewaltigen Hecken ringsum dicht umschlossen fanden, wollten sie in sumpfige Ebenen, die unmittelbar an die Wälder stießen, sich hinabziehen: da zeigten sich ihnen hier und da Feinde, die zusammen hinter Baumstämmen oder Verhauen stehend, von dort, gleichwie von Thurmzinnen, Pfeile in solcher Anzahl absandten, als kämen sie aus Wurfmaschinen, die Pfeile aber waren in den Saft giftiger Kräuter getaucht, so daß auf Wunden, wenn sie auch nur die Haut ritzten und nicht einmal gefährliche Stellen verletzten, doch unausbleiblich der Tod folgte. Darauf umringte eine größere Anzahl der Feinde das Heer, und mit Hast stürzte es sich nun in die offenen Ebenen, welche die Franken noch freigelassen hatten. Hier versanken zuerst die Reiter in den Morast, indem die schweren Körper der Rosse und Reiter sich wechselsweise einander niederzogen und übereinander stürzten. Aber auch die Fußsoldaten, welche nicht die Last der Pferde niederdrückte, geriethen in den Schlamm, und zogen nur schwer die Füße wieder heraus. Sie flohen daher bald eilig wieder in die Wälder, aus denen sie kurz vorher noch mit Mühe einen Ausweg gesucht hatten. Nachdem so die Reihen schon aufgelöst waren, wurden die Legionen überfallen und niedergehauen. Heraclius, der Anführer der Jovinianer und fast alle Befehlshaber fielen, nur Wenigen gewährten die Nacht oder die Schlupfwinkel der Wälder eine sichere Zufluchtsstätte." So erzählt Sulpicius Alexander im dritten Buche seines Geschichtswerkes.
Im vierten Buch aber, wo er von der Ermordung Victors, der ein Sohn des Tyrannen Maximus war, berichtet, sagt er: "Damals standen Carietto und Syrus, die in die Stelle des Nanninus getreten waren, mit einem Heere, das gegen die Franken zusammengezogen war, in der Provinz Germania." Und bald darauf erzählt er, wie die Franken aus Germania Beute eingetrieben hätten, und fährt dann fort: "Arbogast wollte keinen Aufschub mehr, sondern trieb den Kaiser an, er solle die Franken nach Gebühr züchtigen, wenn sie nicht Alles, was sie im Jahre zuvor nach dem Sieg über die Legionen erbeutet, sogleich zurückgäben und die Urheber des Kriegs auslieferten, an denen die Treulosigkeit und der Friedensbruch bestraft werden müßte."
Dies alles nun, erzählt er, sei von den Franken unter der Anführung von Herzogen geschehen, dann aber sagt er: "Nach wenigen Tagen - Marcomer aber und Sunno waren damals die Häuptlinge der Franken - wurde eiligst eine Verhandlung gepflogen und Geißeln, wie gewöhnlich, gestellt, darauf kehrte er nach Trier um zu überwintern zurück." Wenn der Geschichtsschreiber aber jene hier Häuptlinge nennt, so wissen wir nicht, ob sie wirklich Könige waren oder nur die Stelle der Könige vertraten. Er fügt jedoch, wo er von den Drangsalen des Kaisers Valentinianus Bericht abstattet, Folgendes hinzu: "Während im Osten in Thracien mancherlei sich zutrug, wurde in Gallien die öffentliche Ruhe gestört. Der Kaiser Valentinianus war zu Vienne in den Mauern seines Pallastes eingesperrt und lebte fast nur als ein Privatmann, das Kriegswesen war ganz in den Händen fränkischer Söldlinge und auch die bürgerlichen Aemter waren auf die Anhänger des Arbogast übergegangen; unter Allen, die den Fahneneid geleistet hatten, wurde Niemand gefunden, der einem persönlichen Worte oder Gebote des Kaisers Folge zu leisten gewagt hätte." "In demselben Jahre, fährt er fort, griff Arbogast mit dem Haß eines Stammesgenossen Sunno und Marcomer, die Unter-Könige der Franken, an, und ging gerade im härtesten Winter auf Köln los, da er wußte, daß man ganz sicher in alle Schluchten des Frankenlandes eindringen und sie mit Feuer und Schwerdt durchziehen könnte, wenn die Wälder, ihres Laubes entkleidet und dürr, den Nachstellungen der Feinde keinen Schutz gewährten. Er sammelte daher sein Heer, zog über den Rhein und verheerte das Land der Bricterer, das zunächst am Ufer des Flusses lag, dann verwüstete er auch den Gau, welchen die Chamaver bewohnten, und nirgends zeigte sich ihm ein Feind, außer daß Einige von den Ampsivariern und Chatten auf den entfernteren Bergrücken unter der Anführung des Marcomer sichtbar wurden."
An einer zweiten Stelle giebt Sulpicius Alexander dann, ohne von Herzogen oder Häuptlingen zu sprechen, ganz deutlich zu erkennen, daß die Franken einen König hatten, nennt jedoch seinen Namen nicht. Er schreibt nehmlich so: "Darauf rüstete der Tyrann Eugenius einen Heereszug und ging an den Rhein, um mit den Königen der Alamannen und Franken die alten Bündnisse wie gewöhnlich zu rneuern und ein für jene Zeit gewaltig großes Heer jenen unbändigen Volksstämmen zu zeigen." Dies erzählt der gedachte Geschichtsschreiber von den Franken.
Renatus Profuturus Frigeridus aber, dessen wir schon oben gedachten, berichtet, wo er von der Einnahme und Zerstörung Roms durch die Gothen erzählt, Folgendes: "Inzwischen zog Respendial der Alanen-König, nachdem Goar zu den Römern übergegangen war, mit seinen Heere vom Rheine zurück, während die Vandalen in Kriege mit den Franken geriethen. Als ihr König Godegisil gestorben und gegen 20.000 Mann in einer Schlacht gefallen waren, hätte das ganze Volk der Vandalen leicht vertilgt werden können, wenn nicht die Alanen mit ihrer Macht ihnen zur rechten Zeit zu Hülfe gekommen wären." Es ist auffällig, daß er hier Könige der andern Völker nennt, bei den Franken aber keinen König erwähnt. Wo er dann meldet, daß Constantinus, nachdem er mit Gewalt die Herrschaft an sich gerissen, seinen Sohn Constans von Spanien habe zu sich kommen lassen, erzählt er dies: "Als der Tyrann Constantinus seinen Sohn Constans, der nicht minder Tyrann war, von Spanien zu sich beschieden hatte, damit sie sich persönlich über die Angelegenheiten des Staates beriethen, ließ Constans seinen Hofhalt und seine Gemahlin zu Saragossa zurück, und übertrug die ganze Verwaltung in Spanien dem Gerontius, er selbst aber eilte, ohne sich Ruhe zu gönnen, zu seinem Vater. Als sie nun längere Zeit zusammengewesen waren und von Italien her keine Gefahr mehr drohte, überließ sich Constantinus dem Trunk und den Freuden der Tafel, seinen Sohn aber hieß er nach Spanien zurückkehren. Darauf schickte dieser sein Heer voran, während er selbst noch beim Vater sich aufhielt. Indessen kam die Botschaft aus Spanien, daß vom Gerontius Einer seiner Anhänger, Maximus mit Namen, auf den Thron erhoben sei und kampfgerüstet mit einem Gefolge auswärtiger Völker ihn erwarte. Da erschraken Constans und sein Statthalter Decimus Rusticus, der früher Reichskanzler gewesen war, und sie schickten zu den Germanen den Edobech, und gingen nach Gallien, um mit den Franken und Alamannen und ihrer ganzen Heeresmacht so bald wie möglich zum Constantinus zurückzukehren." So erzählt er auch, wo er die Belagerung des Constantinus beschreibt: "Constantinus wurde noch nicht ganz vier Monate belagert, da kam unerwartet Botschaft aus dem nördlichen Gallien, Jovinus habe die königlichen Abzeichen angenommen und ziehe mit den Burgundern, Alamannen, Franken, Alanen und seinem ganzen Heer gegen die Belagerer heran. So wurden die Dinge einer schnellen Entscheidung entgegengeführt, die Thore der Stadt wurden geöffnet und Constantinus ausgeliefert. Als er darauf sogleich nach Italien abgeführt wurde, kamen ihm die vom Kaiser abgesandten Mörder schon entgegen und hieben ihn am Mincio das Haupt ab." Bald darauf erzählt er dann: "Zu derselben Zeit wurden auch der Statthalter der Tyrannen Decimus Rusticus und Agroetius, der vordem der Kanzleivorsteher des Jovinus gewesen war, und viele Vornehme zu Arvern von den Befehlshabern des Honorius gefangen genommen und grausam getödtet. Die Stadt Trier wurde von den Franken bei ihrem zweiter Einfall geplündert und in Brand gesteckt." Wo er aber bemerkt, daß Asterius durch einen kaiserlichen Adelsbrief zum Patriciat gelangt sei, fügt er Folgendes hinzu: "Zu derselben Zeit wurde Castinus, der Befehlshaber der Haustruppen, da man einen Krieg gegen die Franken unternommen hatte, nach Gallien geschickt." Dies erzählen jene Geschichtsschreiber von den Franken.
Orosius aber, ein anderer Geschichtsschreiber, erwähnt im siebenten Buche seines Werkes Folgendes: "Stilico, nachdem er ein Heer gesammelt, besiegt die Franken, geht über den Rhein, durchzieht Gallien und dringt bis zu den Pyrenäen vor."
Solche Nachrichten haben uns die gedachten Geschichtsschreiber
von den Franken hinterlassen, ohne dabei Könige namhaft zu machen.
Man erzählt aber, die Franken seien aus Pannonien gekommen, und hätten
sich zuerst an den Ufern des Rheins niedergelassen, dann seien sie über
den Rhein gegangen und durch Thoringien gezogen, dort hätten sie nach
Bezirken und Gauen gelockte Könige über sich gesetzt, aus ihrem
ersten und so zu sagen adligsten Geschlecht. Dies haben auch die Siege
des Chlodovech dargethan und bewiesen,
wir reden daher im Folgenden weiter davon. Wir finden ferner in den Consullisten,
daß der Franken-König Theodemer,
der Sohn weiland Richimers, und seine Mutter Ascyla mit dem
Schwerdte hingerichtet seien.
Damals soll Chlogio,
ein tüchtiger und sehr vornehmer Mann unter seinem Volke, König
der Franken gewesen sein und zu Dispargum im Lande der Thoringer Hof
gehalten haben. In diesen Gegenden aber wohnten südwärts die
Römer bis zur Loire, und jenseits der Loire fing die Herrschaft der
Gothen an. Die Burgunder, welche der Irrlehre des Arius folgten, wohnten
jenseits der Rhône, an der die Stadt Lyon liegt. Chlogio
aber schickte Kundschafter aus nach der Stadt Cambray, und,
als sie Alles erforscht, folgte er ihnen nach, überwand die Römer
und nahm die Stadt ein. Kurze Zeit hielt er sich hier auf und eroberte
dann das Land bis zur Somme. Aus seinem Stamm, behaupten Einige, sei der
König Merovech entsprossen, dessen
Sohn Childerich war.