Jüngster Sohn des Westgoten-Königs Theoderich
I.
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 104
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Eurich, König der Westgoten 466-484
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†
Sohn Theoderichs I.
(Theudereds), erlangte durch Ermordung
seines älteren Bruders Theoderich
(II.) den Thron. Er brach das Foedus der Westgoten mit
dem römischen Reich und leitete Offensiven ein, um den ganzen Raum
südwestlich der Loire- und Rhônelinie sowie möglichst weite
Teile der Iberischen Halbinsel unter seine Herrschaft zu bringen. Der gotischen
Expansion in Gallien, die 469 begann, stellten sich im Berry die Bretonen,
in der Gegend von Orléans fränkische Föderaten unter Childerich
I. und römische Truppen des comes Paulus, im
Rhônetal erst ein kaiserliches Heer aus Italien, dann die Burgunder
Chilperichs
I. entgegen; in Spanien setzten sich die Sueven
zur Wehr. Zudem leisteten in der Tarraconensis und in der Auvergne vornehme
Provinzialen energischen Widerstand. Als Arianer (Arius) mußten die
Goten überdies stets mit der Feindschaft des katholischen Klerus rechnen.
- Erst wurden die Bretonen entscheidend geschlagen, dann (471) die kaiserliche
Armee; in Spanien mußten die Sueven in den Nordwesten zurückweichen,
die Unterwerfung der Hispanoromanen gelang 472-473. In der Auvergne, wo
der fähige Arverner Ecdicius und Bischof Sidonius Apollinaris
Clermont verteidigten, endete der Krieg erst, als Kaiser Nepos
475 Eurichs Herrschaft über die
von den Westgoten beanspruchten Gebiete westlich der Rhône und der
Loire akzeptierte. 476 besetzten die Westgoten auch die südliche Provence.
- Im fränkischen Ausdehnungsdrang am Niederrhein sah Eurich
eine Gefahr; er reagierte mit einem erfolgreichen Einsatz seiner Atlantikflotte.
Als er 484 starb, war er der mächtigste König auf
ehemaligem Reichsboden.
In die Regierungszeit Eurichs,
dessen legislatives Wirken Sidonius Apollinaris bezeugt (Ep. 8,3,3), setzt
Isidor von Sevilla (Hist. Goth. c. 35) den Anfang der westgotischen Rechtskodifikation.
In der Palimpsesths. Paris, Bibl. Nat., lat. 12161 sind aus dem 6. Jh.
stammende Fragmente eines Gesetzbuchs erhalten, für das der Hg. K.
Zeumer die Bezeichnung »Codex Euricianus« eingeführt hat,
dessen Urheber jedoch nach Nehlsen Eurichs
Sohn und Nachfolger Alarich
II. war. Dieses von romanischer Juristenhand in klarem Latein
abgefaßte Gesetzeswerk war für die Goten bestimmt. Es regelte
auch die Rechtsbeziehungen zwischen Goten und Romanen, doch territoriale
Geltung kam ihm nicht zu.
J. Prelog
EURICH
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+ 484
Eurich rebellierte
466 gegen seinen Bruder Theoderich,
ermordete ihn und folgte als König der Westgoten. Er war überzeugter
Arianer, ließ grausame Christenverfolgungen durchführen und
stieß auf schroffsten Widerstand des Klerus. Er knüpfte Beziehungen
zu Byzanz, bekriegte Burgund, die Sueben und König Odoaker,
schlug die Bretonen an der Loire zurück, eroberte Provence/Languedoc,
zum Teil auch die Auvergne, im Süden das ganze Ebrobecken-Katalonien
und begründete damit die westgotische Herrschaft fest in Spanien.
Eurich
unterstützte Syagrius gegen die Franken und schuf mit dem "Codex Euricianum"
eine einheitliche Rechtsauffassung für die Westgoten. Militärischer
Gegenspieler in Clermont-Ferrand war der berühmte spätrömische
Dichter und Bischof Sollius Apollinaris Sidonius. Eurich
verkörperte
den Höhepunkt des Tolosanischen Reiches in Frankreich.
oo Ragnachild, Königs-Tochter eines unermittelbaren
Stammes
†
Kinder:
Alarich II.
um 460 † 507
Literatur:
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Gregor von Tours: Fränkische Geschichte.
Phaidon Verlag, Essen und Stuttgart 1988 Buch II Kapitel 20,25 - Mann
Golo: PROPYLÄEN WELTGESCHICHTE. Eine Universalgeschichte. Vierter
Band. Rom Die römische Welt. Verlag Ullstein GmbH, Frankfurt am Main
- Berlin, Propyläen Verlag 1986 Seite 576,579,583,593,598,600 - Offergeld
Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen
Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 94 - Thiele,
Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 217 -