Nach dem Tode Childerichs II.
(Herbst 675) beriefen in Auster die
um Wuldoald gescharten Großen mit Hilfe Wilfrids von York
den 656 nach Irland gebrachten
Königs-Sohn
Dagobert zurück. Wulfoalds Gegner proklamierten
dagegen
Chlodwig, einen angeblichen
Sohn Chlothars III. zum König.
Zu dieser Gruppe, der sich auch Ebroin anschloß, gehörten
Waimer, der Herzog der Champagne, und der Elsässer
Herzog Adalricus/Eticho, ferner die vielleicht beim Sturz Ebroins
abgesetzten rhoneländischen Bischöfe Desideatus/Diddo von
Chalon und Bobo von Valence. Über die Stellung der ARNULFINGER
liegen keine Zeugnisse vor. Die Partei des falschen Chlodwig,
die sich aus Großen beider Teilreiche rekrutierte, sollte sich bald
auflösen.
Nicht nur Theuderich III.
und Leudesius, sondern auch Sigiberts III.
Sohn Dagobert II., der von der Partei
des Hausmeiers Wulfoald 676 zum König im austrasischen Teilreich
erhoben wurde, hatte sich einer Opposition zu erwehren, die sich um den
falschen Chlodwig
geschart hatte. Der Elsässer Herzog Eticho, der
dieser Gruppe angehörte, machte wohl nach der Rückkehr vom Unternehmen
gegen Autun und Lyon seinen Frieden mit dem austrasischen König. Schwer
zu erhellen sind die Geschicke der austrasischen Champagne nach dem Sturz
des dux Waimer. Der Metropolit Reolus von Reims scheint mit Ebroin
sympathisiert, aber schließlich doch Dagobert
II. anerkannt zu haben.
Unklar ist auch Stellungnahme der ARNULFINGER,
als deren Haupt allmählich Ansegisels Sohn Pippin der Mittlere
in Erscheinung trat. Pippin erschlug in einer Fehde den dux
Gundoin, einen alten Feind seiner Sippe. Doch bleibt offen, ob dies
in den Wirren nach dem Tod Childerichs II.
oder nach dem Tod Dagoberts II. geschah.
Ein anderer Gegner der ARNULFINGER,
der Bischof Lambert von Maastricht, wurde nach der Ermordung Childerichs
aus Maastricht vertrieben und verbrachte die folgenden sieben
Jahre (675/76-682/83) bei den Mönchen von Stavelot - Malmedy. Die
Vertreibung war sehr wahrscheinlich das Werk der arnulfingischen
Partei, die in Maastricht wohl auch den Gegen-Bischof Faramund einsetzte.
Warum Dagobert II. nach der Konsolidierung
seiner Herrschaft Faramund duldete, bleibt ein Rätsel. Vielleicht
war dies die Bedingung für die Anerkennung seiner Herrschft durch
Pippin den Mittleren.
Im Gefolge der Wirren nach dem Königsmord in der
silva Lauconis kam es zu einem Grenzkrieg zwischen Theuderich
III. und seinem Vetter Dagobert II.,
das heißt zwischen Ebroin und Wulfoald. Ebroin konnte
sich dabei auf eine austrasische Opposition stützen, zu der vermutlich
Reolus von Reims, vielleicht auch die ARNULFINGER
gehörten. Der Grenzkrieg wurde um 677 beendet. Ebroin scheint
das austrasische Teilreich in seinen alten Grenzen grosso modo anerkannt
zu haben. Nachweisbar austrasisch waren um diese Zeit jedenfalls Chalons,
Clermont, Poitiers und Marseille. Spätestens bei der Beendigung der
Fehde dürften auch die austrasischen Oppositionellen
Dagobert
als König anerkannt haben. Die Spannungen zwischen den beiden Teilreichen
war jedoch nicht ausgeräumt. Als der Angelsachse Wilfrid nach seiner
Absetzung als Bischof von York 678 zur Appellation nach Rom reiste, konnte
er nicht den üblichen Weg über Quentovic (Boulogne) oder über
Rouen einschlagen, da er wegen seiner Freundschaft mit Dagobert
Nachstellungen
Ebroins befürchten mußte. Er wählte den Weg über
das Rhein-Maasdelta, verbrachte den Winter 678/79 beim
Friesen-König
Aldgisl und zog dann 679 durch Dagoberts
Reich
weiter nach Italien. Der austrasische König bot dem alten Freund das
gerade vakante Bistum Straßburg an, das Wilfrid jedoch ausschlug.
Zu den wenigen bekannten Regierungshandlungen Dagoberts
II. gehört die Schenkung von Baden-Baden an die Abtei Weißenburg.
Gegenüber den rechtsrheinischen Herzögen dürfte sich der
junge König mit der Anerkennung begnügt haben. Zu ordnenden Eingriffen
in die Verhältnisse der rechtsrheinischen Länder blieb ihm kaum
Zeit. Es ist andererseits auch nicht anzunehmen, daß die dortigen
duces Anteil an den Ereignissen hatten, die zum frühen Untergang des
letzten austrasischen MEROWINGERS führten.
Als Wilfrid von York 680 aus Rom zurückkehrte, fand er den König
nicht mehr unter den Lebenden. Am 23. Dezember 679 war der etwa
25-jährige Herrscher bei Stenay in den Ardennen einem Mordanschlag
"durch die Tücke von Herzögen mit Zustimmung von Bischöfen"
zum Opfer gefallen.
Hinter dem Attentat stand der Hausmeier Neustroburgunds.
Seine austrasischen Verbündeten bleiben leider anonym. Ein in das
Komplott verwickelter Bischof drohte Wilfrid mit der Auslieferung an Ebroin.
Vielleicht handelte es sich um Reolus von Reims, der 680 im Gefolge Ebroins
begegnet. Ob Pippin der Mittlere zu den duces gehörte,
die dem König die tödliche Falle stellten, ist schwer zu klären.
War dies der Fall, so hat er jedenfalls bald nach dem Königsmord mit
Ebroin gebrochen, der nach dem Tod Dagoberts
im Namen des einzigen überlebenden MEROWINGER-Königs
seine Herrschaft auch auf Auster auszudehnen suchte.
In Auster hat der Hausmeier Wulfoald seinen König
nicht lange überlebt. Für Freund und Feind gab es zur Anerkennung
Theuderichs
III. nach dem Attentat von Stenay keine Alternative. Zur Diskussion
standen nur die Bedingungen. Darüber kam es zum Konflikt zwischen
Ebroin und den austrasischen duces Martin und Pippin.
Ebroin siegte über beide im Bois du Fays (bei Laon oder Rethel in
der Champagne) und schloß Martin, der wohl dux der Champagne
war, in Laon ein. Martin ergab sich und wurde getötet.
Pippin rettete sich durch die Flucht. Seine Lage
war nicht beneidenswert. Da trat eine unerwartete Wendung ein: Ebroin
wurde im Frühjahr 680 oder 681 von dem neustrischen Franken Ermenfred
erschlagen, der anschließen zu Pippin floh. Die Neustrier
erhoben Waratto, einen vornehmen Franken aus dem Gebiet von Rouen,
zum Hausmeier, der mit Pippin Frieden schloß. Die gesamtfränkische
Monarchie war wiederhergestellt, aber unter einem Schatten-Herrscher, der
den Kämpfen der Großen um die Macht nicht wehren konnte.