Kapitel 73.
Was sich in diesem Jahre mit Spanien und seinen Königen
zutrug, darf ich nicht mit Stillschweigen übergehen. Nach dem Tode
des milden Königs Sisebod folgte
Sintila in der Regierung. Da
er aber seine Unterthanen ungerecht behandelte und den Haß aller
Vornehmen des Reichs auf sich lud, so erhob sich, unter Beistimmung der
übrigen Großen, Sisenand,
und ersuchte Dagobert, ihm mit einem
Heer beizustehen zum Sturz des Sintila.
Für diese Hilfleistung versprach er dem Dagobert
ein goldenes, 500 Pfund schweres Becken zu schenken, das ein kostbares
Kleinod im Schatze der Gothen war, und der König Tursemod
einst vom Patricius Agecius erhalten hatte. Auf diese Kunde
hin ließ der habsüchtige Dagobert die
Mannschaft aus dem gesammten Reich Burgund ins Feld rücken. Als es
nun in Spanien bekannt wurde, daß ein Frankenheer dem Sisenand
zur Hilfe herbeiziehe, unterwarf sich diesem das ganze gothische Heer.
Abundantius und Venerandus kamen mit ihrer in Tolosa
vereinigten Streitmacht nur bis zur Stadt Cäsaragusta, wo Sisenand
mit ihnen zusammentraf und nun von allen Gothen des spanischen Reichs auf
den Thron erhoben wurde. Abundantius und Venerandus kehrten
hierauf durch reiche Geschenke geehrt mit dem tolosanischen Heere noch
Hause zurück. Dagobert schickte
nun den Herzog Amalgar und den Venerandus als Gesandte an
König Sisenand, um das versprochene
Becken abzuholen. Es wurde ihnen auch vom König eingehändigt,
aber nachher von den Gothen wieder geraubt, die auch dessen abermalige
Auslieferung nicht zugaben. Nach mancherlei hin und her gepflogenen Unterhandlungen
wurden späterhin dem Dagobert
200.000 Schillinge, so viel als der Werth des Beckens betrug, von König
Sisenand ausbezahlt.
Kapitel 82.
In demselben Jahre starb Sintilla
der König von Spanien, der auf Sisenand
gefolgt war. Sein Sohn Tulga ward noch
ein zarter Knabe nach dem Wunsche des Vaters auf den Thron erhoben. Das
Volk der Gothen wird übermüthig, sobald es kein Joch auf sich
hat: so litt denn auch während Tulgas
Jugend ganz Spanien wie gewöhnlich unter mancherlei Willkür und
Unbotmäßigkeit, bis sich endlich die meisten Senatoren der Gothen
nebst dem übrigen Volk versammelten und einen der Großen Namens
Chintasind
zum
König wählten. Dieser entsetzte den Tulga
seiner Würde und ließ ihn zum Geistlichen scheren. Er befestigte
seine Herrschaft in ganz Spanien: denn da ihm die Krankheit der Gothen,
die Sucht nemlich ihre Könige zu entthronen, sehr wohl bekannt war,
weil er selbst öfters dabei geholfen hatte, so ließ er alle,
die er bei der Absetzung der früheren Könige als an diesem Uebel
leidend erkannt hatte, einzeln umbringen, andere verbannte er und gab ihre
Weiber und Töchter sammt dem Vermögen seinen Getreuen. Es sollen,
um jenem Uebel zu steuern, 200 vornehme Gothen und 500 aus dem mittleren
Stande ermordet worden sein.
Chintasind
hörte nicht auf, alle die ihm verdächtig waren mit dem Schwert
umbringen zu lassen, bis er sich überzeugt hatte, daß jene
Krankheit der Gothen ausgerottet sei. Die Gothen aber so von Chintasind
unterjocht wagten keine Verschwörung, wie sie es von den früheren
Königen her gewohnt waren, gegen ihn anzuzetteln. Als Chintasind
hoch betagt war, setzte er seinen Sohn Richiswind
im ganzen Reich als König ein. Er selbst that Buße, gab reichliche
Almosen von seinem Vermögen und starb in hohem Alter wie man sagt
im neunzigsten Jahre.