Childerich III.                                Franken-König (743-751)
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um 720 752/53
              Kloster Sithiu
 

Eventuell Sohn des Franken-Königs Chilperich II.
 

Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 1818
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Childerich III., merowingischer König
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    †

Nach dem Tod Theuderichs IV. 737 hatte der Hausmeier Karl Martell den merowingischen Thron unbesetzt gelassen. Anfang 743 entschloß sich sein Sohn Karlmann, sicher in Übereinstimmung mit seinem Bruder Pippin, offenbar wegen starker Widerstände der Herzöge von Aquitanien, Bayern und Alemannien gegen die hausmeierliche Gewalt, nochmals einen merowingischen König, Childerich III., zu erheben ("...Karlmanno ...qui nobis in solium regni instituit", MGH DD Merov. 97). Dieser letzte, genealogisch nicht näher einzuordnende merowingische "Schatten-König" bleibt völlig im dunkeln; traurige Berühmtheit erlangte er nur durch seine Absetzung Ende 751 bei der Königserhebung Pippins; er wurde geschoren und in ein Kloster (wohl St. Bertin) eingewiesen.

Quellen:
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Ananles regni Fr. ad. an 750 (MGH SRG)

Literatur:
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R. Schneider, Königswahl und Königserhebung im FrühMA, 1972, 183-186 - W. Affeldt, Unters. zur Königserghebung Pippins, FMASt 14, 1980, 95-187 [mit Forschungsber.] -



Thiele, Andreas: Tafel 3
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

CHILDERICH III.
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    752/53

743 aus legitimistischen Gründen durch Hausmeier Pippin den Kurzen König, 751 von Pippin wieder abgesetzt, letzter "Schatten-König"; wird Mönch.



Im März 743 wurde Childerich III. von Pippin und Karlmann aus legitimistischen Gründen auf den sieben Jahre lang unbesetzten Thron gehoben. Als sich 751 Pippin selbst die Krone aufsetzte, wurde Childerich mit seinen Kindern in das Kloster Sithiu (St. Bertin-St. Omer) gesperrt, wo er zu unbekannter Zeit verstarb.
Mit Childerich III. endete die Königsherrschaft der MEROWINGER.

Schneider Reinhard: Seite 183-186
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„Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter“

Die Frage nach den Motiven der Erhebung Childerichs III. ist dringend, aber gewiß vielschichtig und nur mit wenigen Andeutungen zu beantworten.
Sehr einleuchtend sind die Gründe, die der im 9. Jahrhundert schreibende Ado von Vienne ( 874) in seiner Weltchronik anführt, wenn er auf die Rechtmäßigkeit als notwendige Voraussetzung jeder Herrschaft im Reich anspielt und darauf hinweist, daß der usurpatorische Charakter eines Hausmeiertums ohne den Schein delegierter Königsgewalt ernste innenpolitische Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Childerich III. sei erhoben worden, "damit sie nicht selbst zu herrschen scheinen, sondern ein rechtmäßiger König aus merowingischem Geschlecht, und damit die Edlen unter den Franken sich nicht gegen sie wegen Anmaßung der Königsgewalt erhöben.
So kommt es im Jahre 743 (zwischen Februar 16 und März 3) zur Erhebung Childerichs III. Wenig genug ist über den Vorgang bekannt, wie überhaupt Childerich III. in den erzählenden Quellen gar nicht erwähnt wird, und die Kenntnis von ihm auf einen einzigen Hinweis über seine Erhebung sowie einige wenige mehr über seine Absetzung beschränkt ist - sofern man von der Namensnennung in einigen Urkunden absieht. Childerichs Verwandtschaftsverhältnis zu bisherigen MEROWINGER-Königen ist strittig, nur sicher, daß er ein MEROWINGER war und später einen Sohn Theuderich hatte. Dem Protokoll einer Urkunde Childerichs III. für Stablo-Malmedy vom Juli 744 ist zu entnehmen, daß der fränkische Hausmeier Karlmann Childerich zum König erhoben bzw. ihn auf das solium regni gesetzt hat. Da es gute Gründe gibt für die Annahme, Childerichs Erhebung sei Anfang März auf einer zu dieser Jahreszeit ziemlich regelmäßig stattfindenden Reichs- bzw. Heeresversammlung erfolgt, darf man folgern, daß die Erhebung in großer Öffentlichkeit nach dem altgewohnten - uns leider weithin unbekannten - Zeremoniell der Königserhebung vonstatten gegangen sein wird. Das erwähnte Urkundenprotokoll weist dabei auf eine Thronsetzung als Kern der Erhebungsakte. Ob Karlmann allein - und zwar vielleicht als älterer Bruder für Pippin mithandelnd - oder ob beide Söhne Karl Martells bei Childerichs Thronsetzung die tragende Rolle übernommen hatten, läßt sich nicht entscheiden.
Daher scheinen sich die beiden Hausmeier "beeilt zu haben, noch vor dem entscheidenden Waffengang gegen Bayern-Herzog 743 mit Childerich III. einen König aus merowingischem Hause einzusetzen".
Kurz erwähnt werden muß aber noch, da der letzte König der merowingischen Dynastie in den Tagen zwischen dem 22. Dezember 751 und dem 25. Januar 752 abgesetzt, geschoren und in das Kloster Sithiu (St. Bertin) eingewiesen wurde.

Hartmann Martina: Seite 86-89
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"Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger."

Bezeichnend wortkarg sind die Quellen in Bezug auf die Einsetzung des letzten MEROWINGER-Königs Childerich III. (743-751) im Jahr 743. Zum einen sagen sie nicht, wessen Sohn er war und wie alt bei seiner Erhebung, zum anderen schweigen sie auch beredt über die Gründe, die die beiden Hausmeier veranlasste, nach einem "Interregnum" von sechs Jahren doch noch einmal einen MEROWINGER auf den Thron zu setzen. Möglicherweise war es eher der Hausmeier Karlmann, der an der Dynastie festhielt und einen neuen MEROWINGER-König erheben wollte. Vielleicht hielten aber auch beide Hausmeier ihre Machtposition nicht für so gesichert, dass sie wie ihr Vater ohne einen König auszukommen meinten. Als Vater des letzten MEROWINGER-Königs hat man sowohl den zwischen 712 und 715 geborenen und 737 verstorbenen Theuderich vermutet als auch den ehemaligen Kleriker Daniel-Chilperich II. (zwischen 671 und 675), doch lässt sich den Quellen nichts entnehmen. Jedenfalls ist es bezeichnend sowohl für den Machtverfall der Dynastie als auch für die Quellenlage, dass man nicht einmal mehr den Vater des letzten Königs aus merowingischem Geschlecht kennt.
Nachdem Karlmann 742 der Hausmeierwürde entsagt hatte und ins Kloster eintrat, ging Pippin daran, das Franken-Reich für sich und seine Nachkommen endgültig zu sichern: Ér schaltete sowohl die Kinder Karlmanns als auch seinen Halbbruder Grifo aus und betrieb geschickt die Absetzung des letzten MEROWINGER-Königs.
Es ist aber offensichtlich, dass Pippin dem angeborenen Charisma der Zugehörigkeit zur alten Königsdynastie eine neuartige Legitimation entgegensetzen wollte, nämlich die durch den Papst, der die göttliche Ordnung vertrat.
Offenbar hat sich kein nennensweter Widerstand dagegen geregt, dass Childerich III. nun geschoren und damit des augenfälligen Symbols seines Königtums beraubt und dann ins Kloster Saint-Bertin gebracht wurde, wo er zu einem unbekannten Zeitpunkt gestorben ist und vermutlich auch begraben wurde.
Childerich III. hatte zwar noch einen Sohn namens Theuderich, das heißt, der Fortbestand der Dynastie wäre biologisch auch weiterhin gesichert gewesen, doch schickte Pippin diesen ebenfalls ins Kloster, und zwar wohl ins Kloster Saint-Wandrille, um nicht in einem einzigen Kloster zwei Repräsentanten der abgesetzten Dynastie zu versammeln.
 
 
 
 

  oo N.N.
          
 
 
 
 

Kinder:

  Theoderich
        

  Er mußte 751 Mönch werden.
 
 
 
 

Literatur:
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Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 9,27,39,268 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 44-47 - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn, Felix: Die Völkerwanderung. Kaiser Verlag Klagenfurth 1997, Seite 475,478 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 292 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 15 - Ewig, Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1993, Seite 202,203 - Geuenich, Dieter: Geschichte der Alemannen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1997, Seite 107 - Giese, Wolfgang: Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1979, Seite 13 - Hartmann Martina: Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger. Primus Verlag 2003 Seite 86-89,168 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 55 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 32-33 - Nack Emil: Germanien. Ländern und Völker der Germanen. Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach 1977, Seite 274,276 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993, Band I Seite 439 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 182,267,272 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 76,90 - Schieffer, Rudolf: Die Karolinger. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 52,59,220 - Schneider, Reinhard: Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter. Anton Hirsemann Stuttgart 1972, Seite 183-186,215,227,230 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 3 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995, Seite 386,391 -