Sandschar                                          Seldschuken-Sultan (1118-1157)
-------------
um 1085
April/Mai 1157

Jüngster Sohn des Sultans Malik Schah

BERTELSMANN Lexikon Geschichte: Seite 677
********************************
Sandschar, der letzte einflußreiche Herrscher aus der Dynastie der Seldschuken (1118-1157)
-------------
* 1084 oder 1086,
April/Mai 1157

Beherrschte den Nordosten des Iran (Chorasan), bis ein Zusammenstoß mit den Kara Chitai 1141 und ein Aufstand der türkischen Oghusen (deren Gefangener er 1153-1156 war) seine Macht immer mehr schwächten.

Runciman, Steven: Seite 327,454-455,497-498
****************
"Geschichte der Kreuzzüge"

Der Gegen-Kalif, der ABBASIDE el-Mustazhir, war ein schattenhafter Jüngling, der von Ganden des Seldschuken-Sultans in Bagdad regierte. Doch auch der Sultan selbst, Barkiyarok, der älteste Sohn des großen Malik Schah, ermangelte der Macht und Befähigung seines Vaters. Seine Brüder lehnten sich fortgesetzt gegen ihn auf. Er hatte sich genötigt gesehen, den jüngsten Bruder Sandschar mit Khorassan zu belehnen, und vom Jahr 1099 an lag er mit Mohammed, einem anderen Bruder, im Krieg; dieser brachte schließlich die Provinz Irak an sich.
Während des Jahres 1103 war die ganze östliche islamische Welt von einem Bürgerkrieg zwischen dem Seldschuken-Sultan Barkiyarok und seinem Bruder Mohammed zerrissen. Im Januar 1104 wurde zwischen ihnen Frieden geschlossen; der Sultan behielt Bagdad und das Hochland des westlichen Iran; sein dritter Bruder Sandschar hatte sich bereits Khorassan und das östliche Iran verschafft; und Mohammed erhielt den nördlichen Irak und die Gezira sowie die Hoheitsrechte über Diarbekir und ganz Syrien. Es war keine haltbare Abmachung. Jeder der Brüder hoffte, sie baldigst umzustürzen, und intrigierte inzwischen mit sämtlichen türkischen und arabischen Fürsten, um sich Verbündete zu verschaffen.
Aber Sultan Mohammed war im April 1118 gestorben und sein Tod hatte den hochfliegenden Ehrgeiz sämtlicher Statthalter und Kleinfürsten überall in seinem Reich entfesselt. Sein jugendlicher Sohn und Nachfolger Mahmud bemühte sich auf rührende Weise, seine Macht zu behaupten, wurde aber schließlich im August 1119 genötigt, die oberste Regierungsgewalt seinem Onkel Sandschar, dem König von Khorassan, zu übergeben; er brachte den Rest seines Lebens mit den Vergnügungen der Jagd hin. Sandschar, der letzte seines Hauses, der über das gesamte östliche SELDSCHUKEN-Reich herrschte, war ein durchweg tatkräftiger Mann; aber seine Interessen lagen im Osten. Er befaßte sich nie mit Syrien.
Sultan Mahmud ibn Mohammed starb im Jahr 1131 und hinterließ seine Besitzungen im Irak und dem südlichen Persien seinem Sohn Daudud: Aber Sandschar, die vorherrschende Persönlichkleit in der SELDSCHUKEN-Familie, bestimmte, daß das Erbe auf Mahmuds Bruder Tughril, den Herrn von Kazwin, übergehen sollte. Jetzt machten die beiden anderen Brüder Mahmuds, Mas'ud von Fars und Seldschuk-Schah von Aserbaidschan, ihrerseits Ansprüche geltend. Daudud, der weder bei Mustarschid noch bei seinen Untertanen Unterstützung genoß, zog sich bald zurück. Eine Zeitlang wurde Tughril, der sich auf Sandschars Einfluß stützen konnte, in Bagdad anerkannt; und Mas'ud wurde von Sandschar gezwungen abzutreten. Aber Sandschar verlor rasch das Interesse an der ganzen Sache, worauf Seldschuk-Schah nach Bagdad kam und die Unterstützung des Kalifen gewann. Mas'ud wandte sich an Zengi um Hilfe. Zengi zog gegen Bagdad, nur um bei Tekrit vom Kalifen und Seldschuk-Schah schwer geschlagen zu werden. Hätte Nadschem ed-Din Ayub, der kurdische Statthalter von Tekrit, ihn nicht über den Tigris gebracht, wäre er gefangengenommen oder erschlagen worden. Zengis Niederlage ermunterte den Kalifen, der jetzt davon träumte, die einstige Macht seines Hauses neu erstehen zu lassen. Sogar Sandschar wurde besorgt; und Zengi griff in seinem Namen im Juni 1132 abermals Bagdad an, diesmal im Verein mit dem flatterhaften Beduinen-Häuptling Dubais. Es kam zu einer Schlacht, in welcher Zengi anfangs siegreich war; aber der Kalif griff in eigener Person an, schlug Dubais in die Flucht und wandte sich dann triumphierend gegen Zengi, der gezwungen war, nach Mosul zurückzukehren. Dort traf Mustarschid im nächsten Frühjahr an der Spitze eines großen Heeres ein. Fast hatte es den Anschein als sollten die ABBASIDEN ihren einstigen Ruhm zurückgewinnen; denn der Seldschuken-Sultan des Irak war jetzt kaum noch viel mehr als eine Kreatur des Kalifen. Aber Zengi entfloh aus Mossul und begann, das Feldlager des Kalifen unablässig anzugreifen und seine Versorgung abzuschneiden. Nach drei Monaten zog sich Mustarschid zurück. Der abbasidische Wiederaufstieg hatte ein jähes Ende genommen. Während des folgenden Jahres verdrängte der Seldschuken-Fürst Mas'ud schrittweise die übrigen Anwärter auf das Sultanat des Irak. Mustarschid versuchte vergeblich, ihm Einhalt zu gebieten. In einer Schlacht bei Daimarg im Juni 1135 wurde das Heer des Kalifen von Mas'ud in die Flucht geschlagen und der Kalif selbst gefangengenommen. Er wurde nach Aserbaidschan in die Verbannung geschickt und dort, wahrscheinlich mit Mas'uds heimlichen Einverständnis, von einem Assassinen ermordet. Raschid, sein Sohn und Nachfolger im Kalifat, wandte sich an den seldschukischen Anwärter Daudud sowie an Zengi um Hilfe, aber vergebens. Mas'ud veranlaßte die Kadis von Bagdad, Raschid abzusetzen. Seinem Nachfolger Moqtafi gelang es mittels üppiger Versprechungen Zengi von Raschid und Daudud wegzulocken. Frisch gestärkt durch neue Ehrentitel von Moqtafi und Mas'ud, war Zengi vom Jahr 1135 an in der Lage seine Aufmerksamkeit dem Westen zuzuwenden.






Literatur:
-----------
BERTELSMANN Lexikon Geschichte 1991 Seite 677 - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978 Seite 327,454-455,497-498 -