Tochter des Grafen Joscelin II.
von Edessa und der Beatrice
Thiele, Andreas: Tafel 175
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband"
AGNES
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+ 1184/85
1) oo Rainald, Fürst von Marasch
+ 1149 fällt mit Fürst Raimund I. von Antiochia bei Enneb
2) oo Amalrich I. d'Anjou, König von Jerusalem
+ 1174
3) oo Hugo Ibelin, Kastellan von Ramla/zeitweise
Kairo
+ 1171
Nach der Eroberung von Edessa zog sich die Gräfin
Beatrice mit ihren Kindern Joscelin
und Agnes nach Jerusalem zurück.
Die Barone hatten gegen Amalrich
einen berechtigten Klagepunkt. Amalrich
hatte vier Jahre zuvor Agnes von Courtenay,
die Tochter Joscelins II. von Edessa,
geheiratet. Sie war seine Base 3. Grades und folglich innerhalb der von
der Kirche verbotenen Blutsverwandtschaft; und der Patriarch hatte sich
geweigert, die Eheschließung zu beglaubigen. Darüber hinaus
bestanden noch andere Gründe zur Abneigung gegen Agnes.
Sie war beträchtlich älter als Amalrich.
Ihr erster Gatte Reinhold von Marasch war im Jahr 1149 in der Schlacht
gefallen, als Amalrich 13 Jahre alt
war, und ihre Keuschheit stand in keinem guten Ruf. Der Patriarch und die
Barone verlangten, dass die Ehe annulliert werde. Amalricherklärte
sich sofort damit einverstanden, bestand aber darauf, dass die eheliche
Geburt und die Erbrechte seiner beiden Kinder Balduin
und Sibylle anerkannt würden.
Die persönlichen Feindseligkeiten übertrafen die politischen
Meinungsverscheidenheiten noch an Schärfe. Die meisten Edlen waren
jetzt miteinander vervettert; und die Familienzwiste sind stets die bittersten.
Die beiden Gemahlinnen König Amalrichs
haßten einander. Agnes von Courtenay,
die Schwester des GrafenJoscelin,
hatte seit ihrer Scheidung zweimal wiedergeheiratet. Ihr zweiter Gatte
Hugo
von Ibelin war bereits nach einigen Jahren gestorben; sein Nachfolger
Reinhold
von Sidon entdeckte zu seiner Freude, dass er gleich Amalrich,
ein zu naher Blutsverwandter seiner Gattin war, und verschaffte sich die
Annullierung der Ehe. Während
Agnes sich
auf die Seite ihres Bruders und der Tempelritter schlug, schloß er
sich der anderen Partei an. Im Jahr 1176 ernannte
König Balduin IV. seinen Onkel Joscelin
zum Seneschall und seine Mutter Agnes
kehrte an den Hof zurück. Ihr Einfluß war verhängnisvoll.
Sie war verderbt, bösartig und habgierig und unersättlich auf
Männer und Geld erpicht. Man hatte ihr nicht gestattet, ihre Kinder
aufzuziehen. Aber jetzt begann sie sich in das Leben ihrer Kinder einzumischen.
Balduin
schenkte ihr gegen sein besseres Wissen Gehör; und Sibylle
wurde völlig von ihr beherrscht.
Die Dame Agnes hatte
die Verwandten ihrer verschiedenen Gatten nie leiden mögen, und die
IBELINS mißbilligte sie. Amalrich von
Lusignan, Agnes' Geliebter,
brachte seinen Bruder Guido bei Agnes
und Sibylle ins Gespräch und die
beiden Frauen setzten dem kranken König solange zu, bis er Ostern
1180 seine Einwilligung zur Ehe Sibylles
mit Guido gab.
Mayer Hans Eberhard: Seite 107,108,117-121
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"Geschichte der Kreuzzüge"
Die Nachfolge Amalrichs
war im Adel umstritten, denn er hatte 1157 gegen heftige Opposition der
Kirche Agnes, die Tochter Joscelins
II. von Edessa, trotz deren bereits bestehender Ehe mit Hugo
von Ibelin geheiratet. Das war ein Affront gegenüber dem Adel,
und es drohte erneut ein bigamer König. Die Opposition erzwang die
Scheidung, wobei als Vorwand eine unzulässige Blutsverwandtschaft
der Ehegatten diente, für sie man indessen leicht Dispens hätte
erhalten können. Das erleichterte Kirche und Kandidat den Kompromiß:
Die Ehe wurde getrennt, aber die beiden Kinder Sybille
und Balduin galten als legitim, blieben
also thronfolgefähig. Agnes kehrte
zu Hugo zurück. Aber ihr Ruf war angeschlagen. Spätere
Quellen machten sie zur "femme fatale" des lateinischen Ostens und dichteten
ihr mehrere skandalöse Liebhaber an.
Agnes von Courtenay
übte als Mutter Balduins IV. und
Großmutter Balduins V. einen
besonders schlechten Einfluß auf den König aus. Ein Chronist
sagte von ihr: "Sie war geldgierig und liebte die Macht allzusehr." Bis
1169 war sie in dritter Ehe mit Hugo von Ibelin verheiratet und
dadurch in die andere Partei eingebunden. Nach seinem Tod heiratete sie
vor 1171 Rainald von Sidon, was die alten Familien so schockierte,
dass Rainalds eigener Vater, anscheinend erfolglos, die Annullierung
der Ehe betrieb. Während Raimunds von Tripolis Regentschaft war die
Stellung von Agnes noch relativ bedeutungslos,
obwohl sie schon 1175 die Wahl ihres Günstlings Eraclius zum Erzbischof
von Caesarea durchsetzte; böse Zungen sprachen von einem Liebesverhältnis.
Nach Raimunds Abtritt sorgte sie dafür, dass ihr eigener Einfluß
und der ihrer Kamarilla, die in der Literatur als "Hofpartei" bekannt ist,
rasch anwuchsen. Sie stand 1176 hinter der Ernennung ihre gerade aus der
Gefangenschaft freigekauften Bruders Joscelin
III. zum Seneschalk von Jerusalem.
Durch eine Ehe zwischen Maria Komnena,
der Witwe des Königs Amalrich,
mit Barisan, dem jüngsten der IBELIN-Brüder, wuchs ihr
Einfluß bei Hof (1177), weil die Ehe das Ende von
Marias Stellung als ehemalige Königin bedeutete. Der mächtige
Konstabler Humfried II. von Toron wurde, ähnlich wie 1176/77 Wilhelm
von Tyrus, kaltgestellt, ohne abgesetzt zu werden. Agnes
sorgte dafür, dass Amalrich von Lusignan
die Nachfolge Humfrieds antrat, und wieder munkelte man von einer Liebesaffäre.
Bei einer Kampfwahl des Jahres 1180 gelang es Agnes,
Eraclius von Caesarea (+ etwa 1190) gegen die Kandidatur Wilhelms von Tyrus
zum Patriarchen zu machen, womit der Aufmarsch der Parteien beendet war.
Agnes hatte bei der
1180 erfolgten Verlobung von Humfried IV. von Toron mit Isabella
von Jerusalem, Tochter von König
Amalrich I., die Hand im Spiel, da Humfried das väterliche
Erbgut Toron aufgeben mußte und Agnes schon
1184 in dessen Besitz erscheint. Als Balduin IV.
Guido von Lusignan als Regenten absetzte und Raimund III. zum
Regenten berufen wollte, regierte der König auf Empfehlung seiner
Mutter Agnes ohne Regent weiter. Das
Scheitern der Pläne der Hofpartei dürfte Agnes
nicht
mehr erlebt haben, jedenfalls war sie am 1. Februar 1185 bereits
tot.
1. oo Reinhold Herr von Marasch
-28.6.1149 gefallen
2. oo Hugo von Ibelin, Herr von Ramleh
- 1169
1158
3. oo Amalrich I. König von Jerusalem
- 1161 1137-11.7.1174
1171
4. oo Reinhold Graf von Sidon
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Kinder:
3. Ehe
Sibylle
1159-1.10.1190
Balduin IV. König von Jerusalem
1160-16.3.1185
Literatur:
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Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen
Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 15 - Jones
Terry/Ereira Alan: Die Kreuzzüge. Bechtermünz Verlag 2000
Seite 149,158 -
Kugler Bernd: Geschichte der Kreuzzüge. Reprint-Verlag-Leipzig
1880 - Lehmann Johannes: Die Kreuzfahrer. Abenteurer Gottes. Gondrom
Verlag Bindlach 1991 Seite 259 - Mayer, Hans Eberhard: Geschichte
der Kreuzzüge, Verlag W. Kohlhammer GmbH 1995 Seite 107, 108,117-121
- Pernoud Regine: Frauen zur Zeit der Kreuzzüge. Verlag Herder
Freiburg im Breisgau 1995 - Röhricht, Reinhold: Geschichte
des Königreichs Jerusalem (1100-1291). Verlag der Wagnerschen Universitäts-Buchhandlung
1898 Seite 195,311,312,368,390,395,416 - Runciman, Steven: Geschichte
der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck München
1978, Seite 602,635,667, 678-709, 724-726,737,744 - Thiele, Andreas:
Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte
Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 175 -