Einziger Sohn des Herzogs Walter V. von Brienne-Athen
und der
Johanna von Chatillon, Tochter von Graf Gaucher V.
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 687
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Brienne, Gautier VI. (Gualtier[i]), Graf von
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* zwischen 1304 und 1305, + 19. September 1356 gefallen
Hausgüter in der Champagne bei Poitiers
Nomineller Herzog von Athen, französischer Heerführer und Lehnsträger, entstammte dem Haus BRIENNE
Nach dem Tod seines Vaters, Gautiers V., Herzog
von Athen, im Gefecht am Kephisos gegen die Katalanische Kompagnie
(1311) waren dessen Witwe, Jeanne de Chatillon, und der kleine Gautier,
dessen Nachfolgerechte unangetastet blieben, gezwungen, sich eilig in Richtung
Neapel einzuschiffen. Von dort setzten sie alles in Bewegung, um das
Herzogtum Athen wiederzugewinnen. Anscheinend erschöpfte die Mutter
hierbei ihr Vermögen so daß
Gautier VI. 1321, nachdem
er seine Großjährigkeit erlangt hatte, sich insolvent erklären
mußte. Er gab die Ansprüche auf sein Lehen jedoch nicht auf.
1321 gelang es ihm, die Hand Beatrices,
der Tochter Philipps von Tarent, des
Bruders des Königs von Neapel,
Robert
von Anjou, zu gewinnen; die Heirat fand in Brindisi statt. Durch
diese Ehe zum Neffen des mächtigen Herrschers geworden, wurde er von
diesem mit bedeutenden Aufagben betraut: Von Mai bis August 1326 regierte
er anscheinend als Stellvertreter Herzog Karls
von Kalabrien in Florenz. In der Folge kämpfte er - weiterhin
in Diensten des Königs von Neapel - gegen Kaiser
LUDWIG DEN BAYERN; im Sommer 1331 versuchte er mit der formellen
Unterstützung des Papstes und des Königs von Neapel, in einem
waghalsigen Blitzunternehmen seine Herrschaft in Griechenland wiederzugewinnen.
Der allzukühne Handstreich, der zu stark auf dem Einsatz der Reiterei
basierte, mißlang. Gautier VI. von Brienne mußte, in
Schulden verstrickt, sein unstetes Leben wieder aufnehmen, das ihn abwechselnd
an die päpstliche Kurie in Avignon und an den französischen und
den neapolitanischen Hof führte, um dort Unterstützung für
seine Traum zur Rückeroberung zu gewinnen. Sein großer Augenblick
kam 1341-1342, als einige florentinische Kaufleute ihn entweder aus eigener
Unitiative oder unter dem Druck der ANJOU
nach Florenz holten, das damals infolge des Krieges mit Pisa um den Besitz
von Lucca in Aufruhr war. Der Krieg nahm für Florenz einen schlechten
Verlauf, und nicht einmal der Generalkapitän Malatesta dei Malatesti
hatte die florentinischen Waffen zum Sieg führen können. Gautier
VI. begann von März 1342 an, in zunehmendem Maße die Geschicke
von Florenz zu lenken. Am 8. September des gleichen Jahres machte er sich
in einer Art Handstreich - unterstützt von einigen Magnaten
und dem "popolo grasso" - zum Signore der Stadt, die ihn bereits
zum "Verteidiger der Kommune und der Guelfenpartei" und "Bewahrer und Schutzherrn"
proklamiert hatte. Als Signore auf Lebenszeit enttäuschte er - der
sich gern mit seinem formellen Titel Herzog von Athen nennen
ließ - die Erwartungen der Florentiner, da er, statt einen Gegenschlag
gegen Pisa zu führen, es vorzog, Frieden zu schließen. Er machte
sich viele, die ihn an die Macht gebracht hatten, durch sein offen zur
Schau getragenes tyrannisches Gebaren zu Feinden und stieß sie dadurch
ab, daß er sich mit geldgierigen Fremden umgab. Dagegen gelang es
ihm, beim "popolo minuto", den niederen Schichten, Popularität zu
erringen. Den untergeordneten Arbeitern der Wollzunft erlaubte er sogar,
eine eigene Körperschaft zu bilden. Die harte und vom sozialen Standpunkt
aus "fortschrittliche" Politik des Herzogs von Athen ließ
viele Verschwörungen der florentinischen Oberschicht entstehen (an
einer von ihnen beteiligte sich der Bischof Angelo Acciaiuoli). Am 26.
Juli 1343 brach der Aufstand aus (seit damals bedeutete der "Annentag"
das Fest der Freiheit des "Populus von Florenz"), und am 1. August mußte
der Herzog der Gewalt weichen. Er begab sich am 5./6. in das Kastell Poppo
zu den Grafen Guidi und verkündete von dort aus seine definitive Abdankung.
Seit jenem Zeitpunkt nahm er sein unstetes Wanderleben als Prätendent
wieder auf. Er war in Bologna bei Taddeo Pepoli, in Venedig, Neapel, am
Hof des französischen Königs und dann der päpstlichen Kurie.
Überall trug er seine Sache vor und bat um Unterstützung für
die Wiedergewinnung von Florenz. Verfolgt vom Unglück lief er 1352
jedoch Gefahr, sogar seine Besitzungen in Apulien zu verlieren. Schließlich
suchte er in Frankreich Zuflucht, dort wurde er im Mai 1356 zum Connetable
de France ernannt. Sein Tod in der Schlacht von Poitiers (1356)
gegen die Engländer, seinem französischen Lehensherrn getreu,
war der ehrenvolle Abschluß eines Lebens voll ehrgeiziger Pläne,
denen kein Erfolg beschieden war.
WALTER VI.
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* um 1302, + 1356 gefallen
Walter VI. bewahrte die kriegerische Tradition seines Hauses und war ein draufgängerischer Condottieretyp. Er galt als sehr reich und wurde 1311 Graf von Brienne und Lecce, zu Conversano, Titular-Herzog von Athen/Argolis. Walter kämpfte jahrelang für König Robert von Neapel gegen Kaiser LUDWIG IV. mit, war Befehlshaber in der Toskana und behauptete 1327 Rieti. Er ging 1331 nach Griechenland, konnte Athen nicht von den Katalanen zurückgewinnen, verlor 1322 seinen Sohn (ermordet) und resignierte daraufhin völlig in Griechenland. Er engagierte sich danach in Florenz, wurde dort 1341-1342 Kriegshauptmann und Signore, ohne das bürgerkriegsähnliche Chaos beenden zu können, das zwischen verschiedenen Adelsparteien herrschte. Er wurde verjagt, da er im Frieden mit Pisa diesem Lucca überließ und wegen seiner Geldgier. Walter kämpfte danach, wie auch schon 1339-1340, in französischen Diensten gegen England und machte 1346 die Schlacht bei Crecy mit. Er kam nach S-Italien zurück, um alte Erbansprüche durchzusetzen und scheiterte letztlich 1352 völlig. Er wurde Connetable von Frankreich und fiel bei Maupertuis gegen die Engländer. Er gründete den Konvent Sta. Croce/Lecce.
1325
oo Margarete d'Anjou, Tochter und Eventualerbin
des Fürsten Philipp I. von Tarent
+ vor 1343
1342/43
oo Johanna de Brienne, Tochter und Erbin des französischen
Connetable Graf Rudolf I. d'Eu
+ 1389
Dame de Chateau-Chinon
1325
1. oo Margarete von Tarent, Tochter des Fürsten
Philipp I.
um 1300/05- nach 1332, vor 1343
Sie war die
Eventualerbin von Tarent.
1342/43
2. oo 1. Johanna von Brienne-Eu, Tochter des Grafen
Rudolf I.
um 1320-6.7.1388
seine Cousine
Sie war die Dame de Chateau-Chinon.
Kinder:
1. Ehe
Sohn
-
1332 ermordet