Oberstkämmerer von Kaiser
Alexios'
III. Angelos von Byzanz
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 387
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Alexios Dukas Murtzuphlos, Kaiser von Byzanz 5. Februar
1204-11. April 1204
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† Ende
1204
Alexios, ein Vertreter
der antilateinischen Richtung, war der Schwiegersohn von
Alexios III. Angelos. Ein Volksaufstand, der Alexios
IV., den Verantwortlichen für die Besetzung Konstantinopels
durch die Kreuzfahrer, stürzte, brachte Alexios
auf
den Thron. In diesem Machtwechsel erblickten die Kreuzfahrer und Venezianer
eine Provokation; sie nahmen am 11. April 1204 Konstantinopel ein und plünderten
es furchtbar aus. Alexios war bereits
vorher aus der Stadt geflohen; er wurde auf Befehl Alexios
III. geblendet, später von den Kreuzfahrern gefangengenommen,
in die Hauptstadt gebracht und durch Sturz von der Theodosiussäule
getötet.
EUDOKIA
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† nach
1208
1191-1201/02
oo Stephan II. König von Serbien
† 1227
1204
oo ALEXIOS V. DUKAS-MURZUPHLOS
† 1204 ermordet
Alexios V. Dukas Murzuphlos
wurde Protobestiaros und Reichsfeldmarschall und durch die
lateinerfeindliche Bevölkerung 1204 im belagerten Konstantinopel zum
Kaiser erhoben. Er geriet in Gefangenschaft, wurde geblendet und 1204
ermordet.
Mayer, Hans Eberhard: Seite 79
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"Geschichte der Kreuzzüge"
Nach der Ermordung Isaaks II.
und
Alexios
IV. bestieg Alexios V. Dukas Murtzuphlos
den
Thron, aber die Kreuzfahrer gedachten nicht, dessen ausgesprochen lateinerfeindliche
Haltung hinzunehmen. Sie entschlossen sich nun mit Vorbedacht zu einer
absoluten Beseitigung des altehrwürdigen Oströmischen Reiches,
zur Rache für das byzantinische Lateinerpogrom von 1182. Ein Vertrag
vom März 1204 gründete praktisch schon den Nachfolgestaat und
legte seine Verfassung im einzelnen fest.
Diesmal hatte der Sturm auf die Stadt mehr Erfolg. Am
12. April konnten die Kreuzfahrer die Mauern besetzen; am 13. April war
alles zu Ende. Drei Tage lang herrschte ein unbeschreibliches Morden und
Plündern in der Stadt.
Norwich John Julius: Band III Seite 210,216
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"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."
Auch in Konstantinopel herrschte allgemein Einigkeit darüber,
dass Kaiser Alexios
IV. gehen müsse; am 25. Januar 1204 fand sich eine große
Menge Senatoren, Geistlicher und Leute aus dem Volk in der Hagia Sophia
ein, um ihn für abgesetzt zu erklären und einen Nachfolger zu
wählen. Während ihrer Beratungen, die sich drei Tage lang zäh
und ergebnislos hinzogen, bevor ein widerwilliger Niemand namens Nikolaus
Kanabos bestimmt wurde, nahm die einzige wirklich einsatzfähige
Gestalt auf der byzantinischen Bühne das Recht in ihre Hand.
Alexios Dukas
trug wegen seiner Augenbrauen, die schwarz und
struppig über dem Nasenrücken zusammenwuchsen, den SpitznamenMurzuphlos
und stammte aus einem Adelsgeschlecht, das bereits mehrere Kaiser und Kaiserinnen
hervorgebracht hatte. Er bekleidete am Hof das Amt des ersten Kämmerers
und genoß als solcher das Recht auf unbeschränkten Zutritt zu
den kaiserlichen Gemächern. Mitten in der Nacht stürzte er in
das Gemach des schlafenden
Kaisers
Alexios
IV., weckte ihn mit der Nachricht, sein Volk habe sich gegen
ihn erhoben, auf und bot ihm die, wie er behauptete, einzige Möglichkeit
zur Flucht an. Er führte ihn, in einen langen Mantel gehüllt,
durch eine Seitenpforte aus dem Palast zu einer vereinbarten Stelle, wo
seine Mitverschworenen schon auf ihn warteten. Sie legten den unglücklichen
Jüngling namens Alexios IV.
sogleich
in Eisen und steckten ihn in ein Verlies, wo er, nachdem er zwei Vergiftungsanschläge
überlebt hatte, schließlich erdrosselt wurde. Fast zur selben
Zeit kam auch sein geblendeter VaterIsaak
ums
Leben.
Kaum waren seine Rivalen aus dem Weg geräumt und
Nikolaus
Kanabos wieder in der Versenkung verschwunden, aus der er gar nicht
erst hätte auftauchen sollen, ließ sich Alexios
Dukasin der Hagia Sophia als Alexios
V. zum
Kaiser
krönen. Sogleich begann er jene Führungseigenschaften
an den Tag zu legen, an denen es dem Reich so lange gemangelt hatte. Zum
ersten Mal seit Ankunft der Kreuzfahrer wurden Mauern und Türme richtig
bemannt, und Tag und Nacht mühten sich Bautrupps im Schweiße
ihres Angesichtes ab, um sie zu verstärken und zu erhöhen. Eines
war den Franken klar. Es würde keine Verhandlungen mehr geben, geschweige
denn weitere Zahlungen an eine Schuld, für die der neue Kaiser sich
ohnehin nicht verantwortlich fühlte. Ihre einzige Chance lag in einem
Großangriff auf die Stadt, und da Alexios
V. nicht nur widerrechtlich den Thron an sich gerissen, sondern
sich obendrein als Mörder entlarvt hatte, fühlten sie sich moralisch
in einer noch stärkeren Position als gegen
Alexios IV., immerhin einen rechtmäßigen Kaiser und
ehemaligen Verbündeten.
Ein Großangriff auf die Stadt: Für eben dies
trat der alte Doge Enrico Dandolo seit Monaten ein, und man scheint
ihn nach dem Staatsstreich Alexios' V.
seitens der Venezianer wie auch der Kreuzfahrer als Anführer der gesamten
Expedition anerkannt zu haben. Zwar bemühte sich Bonifaz
von Montferrat, seinen Einfluß aufrechtzuerhalten; mit
der Kaiserkrone in Reichweite, war dies für ihn wichtiger denn je.
Doch ihn verband zuviel mit dem abgesetzten Kaiser, und nun, da Alexios
IV. nicht mehr war, fand er sich in zunehmendem Maß diskreditiert.
Abgesehen davon unterhielt er Verbindungen zu Genua - und Dandolo wußte
davon. Anfang März begann eine Reihe Ratsversammlungen im Lager von
Galata. Sie befaßten sich weniger mit der Planung des Angriffs -
dessen Erfolg man scheinbar trotz der Verbesserungen, die Alexios
V. an den Befestigungsanlagen hatte vornehmen lassen, voraussetzte
- als mit der zukünftigen Reichsverwaltung nach dem Sieg. Man kam
überein, dass das Kreuzfahrerheer sowie die venezianischen Truppen
je sechs Bevollmächtigte für einen Ausschuß zur Wahl des
neuen Kaisers ernennen sollten. Falls - was man annahm - dieser sich für
einen Franken entschied, sollte der Patriarch ein Venezianer sein; und
umgekehrt. Dem Kaiser würde ein Viertel der Stadt und des Reichs zufallen
sowie die beiden Hauptsitze, der Blachernenpalast am Goldenen Horn und
der alte Palast am Marmarameer. Die verbleibenden drei Viertel sollten
halbiert werden und die eine Hälfte an Venedig und die andere als
Lehen an die Kreuzritter gehen. Was den venezianischen Teil betraf, wurde
der Doge ausdrücklich von der Abgabepflicht an den Kaiser entbunden.
Die Gesamtbeute sollte an einen bestimmten Ort geschafft und redlich verteilt
werden. Schließlich mußten sich die Parteien verpflichten,
Konstantinopel für mindestens ein Jahr nicht zu verlassen, das hieß
frühestens im März 1205.
Der Angriff erfolgte am Freitag morgen, dem 9. April.
Er richtete sich wieder gegen den Mauerabschnitt am Goldenen Horn, wo Dandolo
und seine Leute sich neun Monate zuvor hervorgetan hatten. Diesmal aber
scheiterten sie. Die neuen, höheren Mauern und Türme ließen
sich von den venezianischen Mastkörben aus nicht mehr erklettern und
erwiesen sich als nützliche Rampen, von denen aus die byzantinischen
Katapulte Verheerung unter den Belagerern anrichten konnten. Im Verlauf
des Nachmittags begannen die Angreifer, Männer, Pferde und Kriegsausrüstung
wieder einzuschiffen und sich nach Galata in Sicherheit zu bringen. Die
folgenden zwei Tage wurden darauf verwandt, die Schäden zu beheben.
Am Montag wiederholten sie den Angriff. Diesmal banden die venezianischen
Truppen ihre Schiffe paarweise zusammen, um auf diese Weise doppelt soviel
Gewicht gegen die Türme schleudern zu können wie beim ersten
Mal. Bald kam auch ein starker Nordwind auf, der die Schiffe viel schneller
die Küste hoch und den Mauern entgegentrieb, als es die Ruderer je
vermocht hätten, und die Belagerer konnten unter dem Sichtschutz von
Notdächern arbeiten, die sich von einem Mast zum andern spannten.
Es dauerte nicht lange, und zwei Türme waren überwältigt
und besetzt. Fast gleichzeitig brachen die Kreuzfahrer eines der Tore auf
und strömten in die Stadt.
Alexios, der die
Verteidiger kühn und entschieden angeführt hatte, galoppierte
durch die Straßen und gab sein Äußerstes, um die Bevölkerung
aufzumuntern und wieder zu sammeln. Dazu schreibt Niketas:
Aber die Leute folgten nicht seinen aufmunternden Worten,
sie gehorchten nicht seinem Schelten [...] Dukas sah, dass alles umsonst
war. Er fürchtete auch, gefangen zu werden, und wollte nicht wie ein
Stück Brot auf dem Tisch vor den Kinnladen der Lateiner liegen. Darum
begab er sich in den Großen Palast. Er holte die Kaiserin
Euphrosyne, die Gattin des Kaisers
Alexios III., und ihre Tochter Eudokia,
zu der er schon früher in Liebe entbrannt war - denn er jagte seit
seinem ersten Bart unersättlich immer neuen Liebesgenüssen nach
und hatte zwei rechtmäßige Gattinnen gesetzwidrig verstoßen
-, bestieg mit ihnen den Kahn und verließ die Stadt, nachdem er zwei
Monate und 16 Tage Kaiser gewesen war.
Die drei suchten Zuflucht in Thrakien beiEx-Kaiser
Alexios III., wo Alexios V.
und
Eudokia ordnungsgemäß
heirateten und der Kaiser seine Truppen für den Gegenangriff um sich
zu scharen begann.
Außerhalb ihrer Hauptstadt setzten die griechischen
Reichsuntertanen den Widerstand fort. Alexios
V. konnte keine Schwierigkeiten mehr bereiten. Kurz nach seiner
Eheschließung hatte sein Schwiegervater Alexios
ihn geblendet; im Jahr darauf nahmen ihn die Franken gefangen, schleppten
ihn nach Konstantinopel und stürzten ihn von der Theodosiossäule
mitten in der Stadt zu Tode.
1204
oo 2. Eudoxia von Byzanz, Tochter des Kaisers
Alexios III.
um 1175 † nach 1208
Literatur:
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Browning Robert: Byzanz. Roms goldene Töchter.
Die Geschichte des Byzantinischen Weltreiches. Gustav Lübbe Verlag
GmbH Bergisch Gladbach 1982 Seite 140 - Csendes Peter: Philipp von
Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die Macht. Primus Verlag 2003 Seite 134
- Frischler Kurt: Das Abenteuer der Kreuzzüge. Heilige, Sünder
und Narren. F:A. Herbig Verlagsbuchhandlung München-Berlin 1973 Seite
293 - Mayer, Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge, Verlag
W. Kohlhammer GmbH 1995 Seite 79 - Norwich John Julius: Byzanz.
Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf
und München 1993 Band III Seite 210,216 - Runciman, Steven:
Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck
München 1978, Seite 896-898 - Thiele, Andreas: Erzählende
genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band III Europäische
Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser Ergänzungsband,
R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 204 -