Kölner Königschronik
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Das Jahr 1130.
 

Der König feiert das Weihnachtsfest mit einem zahlreichen Gefolge von Fürsten in den Zelten vor der Stadt Speier. Als die Speierer die Ausdauer des Königs sahen, ergaben sie endlich, durch Hunger und Niederlagen gezwungen, sich und ihre Stadt der Botmäßigkeit des Königs am Feste der heiligen unschuldigen Kindlein. Die Gemahlin des Herzogs Friderich, die dieser den Bürgern zum Trost in der
Stadt zurückgelassen hatte, war durch Hunger und Mangel aller Art stark heimgesucht worden; sie wird jetzt von König Lothar mit königlichen Geschenken beehrt und darf mit den Ihrigen frei abziehen. Der König aber hält seinen Einzug mit den Seinigen, und die Krone auf dem Haupte feiert er das Epiphaniasfest innerhalb der Stadt.

Der Bischof von Trier, dem Könige feindlich gesinnt, reist ohne dessen Vorwissen nach Rom, um der Sache des Königs beim Papste zu schaden; er wird jedoch unterwegs von demselben Kunrad, den er begünstigte, dem Nebenbuhler des Königs, wie durch ein merkwürdiges Gottesurtheil gefangen und in Fesseln gelegt und stirbt auch in dieser Gefangenschaft.

Papst Honorius stirbt, und es folgt ihm Innocentius. Als nach dessen Erhebung schon einige Tage verflossen waren, wird ein gewisser Petrus, der sich nun Anaclet nannte, ein Sohn des Petrus Leonis, der vor längerer Zeit nach der päpstlichen Würde gestrebt hatte, durch eine Kriegerschaar zum Papst erhoben, was einige Cardinäle, mehr aus Furcht als freiwillig, unterstützten.

Der König feiert Ostern in Goslar, Pfingsten in Quidelingeburg. Hier versöhnen sich einige in Zwistigkeit mit einander lebende Fürsten. Norinberg, eine stark befestigte Stadt, die der König im vergangenen Jahre belagert hatte, unterwirft sich ihm. Burchard von Lucca, ein Freund des Königs, wird auf einem Kirchhof getödtet, wie es heißt, auf Befehl des Grafen Herimann von Winzeburg, weshalb der König, von nicht geringer Betrübniß  erfüllt, nämlich über den Verlust seines Freundes sowohl, als über das verübte Unrecht, die genannte Feste belagert.
 

Das Jahr 1131.
 

Der König feiert das Weihnachtsfest in Ganderesheim. Graf Herimann, seinem Glücke mißtrauend, ergibt sich und seine Burg der Gewalt des Königs. Ihn wirft der König ins Gefängniß, die Burg aber läßt er bis auf den Erdboden zerstören.

Am Sonntag vor Mittfasten, nämlich am 22. März, findet in Gegenwart des Papstes Innocentius und des Königs Lothar zu Lüttich ein sehr glänzender Fürstentag statt, wo vieles  sowohl in kirchlichen Angelegenheiten, als zum Nutzen des Reiches sorgsam angeordnet wurde. Hier erlangte der Bischof
von Halverstadt Namens Otto, der von Papst Honorius durch die Umtriebe einiger des bischöflichen Amtes entsetzt worden war, auf Vermittelung des Königs und der Fürsten vom Papste die völlige Wiedereinsetzung in sein Amt. Der König feiert das Osterfest in Trier.

Die Stadt Utrecht ging mit allen daselbst erbauten Kirchen vollständig in Flammen auf, und ebenso werden auch an mehreren andern Orten viele Feuersbrünste sowohl von Kirchen, als von andern Gebäuden berichtet.

Friderich, Herzog von Alsatien, verübt Raub an Kirchen, und der König unternimmt um Pfingsten gegen ihn einen Kriegszug. Da jedoch der Herzog keine Gelegenheit zum Kampfe bietet, so erobert und zerstört der König mehrere seiner Burgen.

Erzbischof Friderich von Köln starb, und ihm folgte Bruno. Der König zog gegen die Dänen zu Felde und zwang sie zur Unterwerfung. Um seine Gnade zu erlangen mußten sie ihm viertausend Mark zahlen. Ebenso griff er die  aufrührerischen Slaven an und unterjochte sie.
 
 

Regierungsjahre Konrads III.
 

 Das Jahr 1138.
 

Die Kaiserin Richinza ließ einen Reichstag auf das Fest der Reinigung Mariä nach Quitelingeburg ausschreiben. Derselbe wurde von Markgraf Albert und seinen Waffenbrüdern verhindert; denn diese nahmen der Kaiserin allen Unterhalt weg, welchen sie dort zu empfangen hatte, wehrten ihr den Zutritt zur Stadt und verursachten ihr durch Raub und Brand sehr großen Schaden.

Die Kölner erwählen sich Arnold, den Propst von Sanct Andreas, zum Bischof; die Mainzer erheben zu ihrem Bischof den jungen Albert, einen Neffen des verstorbenen Albert. Kunrad von Schwaben, der sich schon einstmals, wie oben erzählt worden, den königlichen Namen angemaßt hatte, wurde jetzt, zuerst im Geheimen, auf Betrieb des Erzbischofs Albero von Trier und weniger Fürsten, zum König erhoben. Dieser Kunrad setzte sich auf schlaue Art in den Besitz der Reichskleinode, die Herzog Heinrich von Baiern und zugleich auch von Sachsen, der Schwiegersohn des Königs Lothar, in seiner Verwahrung hatte, und wollte diesem das Herzogthum Sachsen nehmen, indem er es an Markgraf Albert verlieh. In Folge dessen entstand Mord, Raub, Brand in ganz Sachsen. Herzog Heinrich übergibt deshalb seinem Bruder Welp die herzogliche Würde und das Land von Baiern, eilt mit starker Mannschaft nach Sachsen und, in seinen Thaten beim Zerstören der Städte und Burgen einem Löwen ähnlich, verfolgt er die Uebelthäter, welche das Land in Verwirrung setzten, und zwingt den Urheber des ganzen Unglücks, den Markgrafen Albert, zu seinem Herrn, dem König zu flüchten. Wenn auch spät von Reue ergriffen, trat jetzt endlich Bernhard von Plozeke, ein Verwandter der Kaiserin, nach der Zerstörung seiner Burg und dem Verluste seines Vermögens vor seine Herrin, die Kaiserin, erbat und erhielt Verzeihung für die begangene Untreue. Herimann von Winzenburg ferner, der vom König Güter erhielt, welche ihm wenig nützen sollten, nämlich zur königlichen Fahne gehörige Lehen, die bisher Graf Sigifrid von Homburg besessen hatte, wird von diesem von Gefecht zu Gefecht gejagt und überwunden; daher verzweifelt er an seinen Kräften und versöhnt sich unter Eidschwüren mit dem Herzog sowie mit dem Grafen.
 

Die Jahre 1156 und 1157.
 

1156. Der Kaiser vermählte sich mit Frau Beatrix von Burgund nach Verstoßung seiner ersten Gemahlin. Um das Fest aller Heiligen kam er nach Köln und wurde von dem Erzbischof und den Bürgern ehrenvoll empfangen. Auf seinen Befehl erlitt hier ein Ritter, Namens Bernhard, die  Todesstrafe; derselbe war vom Herzog von Sachsen angeklagt, an der Ermordung des Grafen Herimann von Winzeburg Schuld zu haben.

1157. Herr Erzbischof  Arnold starb. Hierauf trennten sich bei der gemeinsamen Wahl Geistlichkeit und Volk in heftiger Parteiung von einander; der eine Theil rief den Propst Gerhard von Bonn aus, der andere den Propst Friderich von Sanct Georg. Von beiden Seiten vertheidigte man die Gerechtigkeit seiner Sache mit großer Leidenschaftlichkeit, und Abgeordnete reisten wegen der Bestätigung und Belohnung der Erwählten zuerst nach Nürnberg, dann nach Regensburg zur Audienz vor Kaiser und Fürsten. Hier endlich wurde durch den Willen und Spruch des Reiches, da die Parteien sich nicht einigten, Friderich belehnt; dieser begab sich sofort mit seinen Wählern nach Rom und wurde von Herrn Adrianus zum Erzbischof geweiht. Nachdem er sodann auch das Pallium empfangen hatte, kehrte er zur größten Freude der Seinigen nach Köln zurück, belagerte und zerstörte bald darauf die Burg Randerode zu Gunsten Gozwins von Heinsberg und aus Feindschaft gegen Harpernus, der den Schutz dieser Burg hatte. Sie wurde später besser wieder aufgebaut und mit einem stärkern Walle umgeben.

Ein heftiger Zwiespalt erhob sich zwischen dem Papst und dem Herrn Kaiser. Weiland Papst Innocentius II nämlich hatte einstmals an einer Mauer zu Rom ein Bild malen lassen, in welchem er selbst auf dem päpstlichen Throne saß, Kaiser Lothar aber mit gefalteten Händen vor ihm kniete und die Kaiserkrone empfing. Auch gab es noch andern Anreiz und Zunder zur Zwietracht. Als nämlich der Kaiser mit den Großen des Reiches zu Bisuntium in Burgund einen Reichstag hielt, erschienen von Seiten des Papstes zwei Cardinäle, die ihm Briefe überbrachten, in denen unter andrem folgendes enthalten war: "Wir haben dir das Beneficium der Krone ertheilt, und wir würden nicht von Reue ergriffen werden, wenn deine Hoheit von uns noch größere Wohlthaten empfangen hätte". Dies Wort deutete der Dolmetscher dem Kaiser so, als ob es die Belehnung bedeutete. Als der Kaiser das hörte, entbrannte er vom heftigsten Zorne; aber auch die sämmtlichen Fürsten und Freunde des Kaisers, die jenes Wort allzu genau in Erörterung zogen, geriethen in solchen Zorn, daß sie die beiden Cardinäle grausam getödtet hätten, wenn diese nicht, durch den Beistand und unter Geleit des Kaisers befreit, so schnell wie möglich davon geeilt wären. Der Kaiser sprach sodann: "Was wir einzig von Gott haben, das wollen diese als die Wohlthat eines Lehens betrachten? Dem werden wir niemals zustimmen; sondern wir erkennen die erste Stimme bei der Königswahl dem Mainzer Bischofe zu, die königliche
Weihe dem Kölner Bischofe, die kaiserliche Weihe dem  römischen Papste; die Kaiserkrone selbstaber verdanken wir Gott allein. Jene Bilder müssen zerstört, die Schriftstücke  berichtigt werden; sonst kann zwischen mir und ihm nimmermehr Friede sein". Der Papst, alle Cardinäle und die Römer insgesammt wurden von großer Furcht ergriffen, als sie von dem Zorne des Kaisers und der Ursache dieses Zornes hörten, und bestrebten sich, durch wiederholte Briefe, die sie an ihn und die Großen richteten, die Wuth seines Sinnes zu  mildern, indem sie sagten, jenes Wort Beneficium sei nicht richtig ausgelegt worden; denn bei ihnen heiße Beneficium nicht Lehen, sondern Wohlthat. Dies also war die Pflanzschule der Zwietracht zwischen den Römern und dem Kaiser.

Ferner ist uns überliefert worden, daß der Herr Papst  auf die Nachricht von der Ankunft des Kaisers um Petri Kettenfeier von Rom entwich und auf einer Wiese mit seinen Cardinälen Rath hielt, um den Herrn Kaiser in den Bann zu thun; daß er aber, nachdem er diese Versammlung kaum abgehalten, des Nachts aus dem Leben schied; auch, daß sehr viele Cardinäle sich durch ein Gelübde verpflichtet hatten, wenn der Papst etwa sterben sollte, niemand zu seinem  Nachfolger zu erwählen, der nicht von derselben Gesinnung gegen den Kaiser durchdrungen wäre. Daher entstand nach dem Tode dieses Papstes große Zwietracht und eine für alle Söhne der Kirche betrübende Spaltung in der Kirche Gottes,
da die übrigen Cardinäle die Uebereinkunft und das Gelübde jener nicht kannten, und dieser Zustand dauert bis auf den heutigen Tag.

Der Kaiser hielt einen allgemeinen Reichstag mit den Fürsten und kündigte einen Kriegszug nach Italien gegen Mailand an. Bischof Friderich von Köln zerstörte die Burg Randerode.