Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 2128
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Spoleto
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Mittelitalienische Stadt (Umbrien), Herzogtum
Das römische Municipium Spoletium
erlebte in der Spätantike einen Niedergang. Unter der Ostgoten-Herrschaft
zeichnete sich ein Aufschwung ab, als Theoderich
Meliorationsmaßnahmen des umliegenden Territoriums durchführen
und die Thermen restaurieren ließ. Infolge seiner strategischen Position
wurde Spoleto in die Gotenkriege (535-553)
verwickelt. Der Goten-König Totila
zerstörte die Stadtmauern. Unter den Langobarden gewann Spoleto
neue Bedeutung. Um 575/76 wurde Spoleto
der Stützpunkt von Gruppen von Kriegern, vielleicht ehemaligen
Föderaten von Byzanz, die unter der Leitung autonomer Führer
- die ersten uns bekannten (ca. 576-600) sind Faroald und Ariulf
- einen Dukat begründeten, der schließlich einen Großteil
des mittelitalienischen Berglandes umfaßte. Von diesem Zeitpunkt
an war die Geschichte von Spoleto etwa sieben
Jahrhunderte lang mit der Geschichte des Herzogtums identisch.
Das Herzogtum Spoleto, das
auch die Sabina einschloß, bildete für die Stadt Rom und das
Papsttum eine ständige Gefahr. Fast zwei Jahrhunderte lang war das
Herzogtum nicht an die Direktiven der in Pavia residierenden Langobardenkönige
gebunden. Erst als Herzog Transamund II. 729 König
Liutprand den Treueid leistete, gewann die Königsgewalt
- nach vielen Auseinandersetzungen - allmählich die Kontrolle über
das Herzogtum. So leistete der spoletanische Herzog Theodicius König
Desiderius im Kampf gegen die Franken Waffenhilfe und fiel wahrscheinlich
774 bei den Chiuse di Val di Susa. Unter dem nachfolgenden Ildericus
unterstellte sich Spoleto für kurze Zeit
dem Papst, unterwarf sich dann aber KARL DEM GROSSEN
(779). Auf Ildericus folgte der Franke Winichis.
Das Herzogtum wurde geteilt und die Grafschaft (oder das Herzogtum) Fermo
und Camerino davon abgetrennt. In der gleichen Periode annektierte das
Herzogtum während des Krieges gegen die Langobarden von Benevent (812)
das Gastaldat von Chieti (bis Ortona). Nach einer nur wenig dokumentierten
Phase finden wir Mitte des 9. Jh. das Herzogtum Spoleto
in der Hand der fränkischen WIDONEN,
die die Aufgabe hatten, Rom und den langobardischen Süden für
die Kaisermacht zu kontrollieren. Mehrmals benutzten die WIDONEN
jedoch diese Aufgabe, um die territoriale Grundlage ihrer Hausmacht vor
allem im Süden zu vergrößern. Nach dem Erlöschen der
karolingischen
Dynastie in Italien wurde Herzog Wido II. von
Spoleto König von Italien (889) und später Kaiser
(891). Ihm folgte sein Sohn LAMBERT
auf den Thron, während das Herzogtum auf seinen Verwandten, Wido
IV., überging. In dieser Zeit hatte das Herzogtum
Spoleto die Funktion einer echten Grenzmark (die Umbrien, die Abruzzen
und die südlichen Mrken umfaßte) gegenüber den langobardischen,
byzantinischen und sarazenischen Gebieten des Südens übernommen.
Auf Wido
folgte 897 sein Mörder Alberich,
Markgraf von Camerino, der dann auch Markgraf
von Spoleto wurde. Alberich
übernahm die Interventionspolitik des Herzöge von
Spoleto im Süden und nahm an der Schlacht am Gariglaino (915) teil.
Durch seine Heirat mit Marozia, der
Tochter des mächtigen Senators Theophylakt, gewann er eine wichtige
Position in Rom. Sein Sohn Alberich sollte schließlich mit
dem Titel "Princeps Romanorum" Rom beherrschen.
Im 10. Jh. verlor das Herzogtum an Bedeutung und wurde
in die Wirren der Machtkämpfe verwickelt, die das Königreich
Italien heimsuchten. 967-981 unterstand Spoleto
der Herrschaft des Langobarden-Fürsten Pandulf Eisenkopf, Herr
über die gesamte Langobardia des Südens und Gefolgsmann OTTOS
I. Seit dem 11. Jh. waren deutsche Vasallen der Kaiser Herzöge
von Spoleto. Die Autorität des Herzogs beschränkte sich auf Umbrien,
und die Städte des Herzogtums (die sich als Kommunen organiserten)
gewannen an Macht. Häufig kam es nicht einmal zur Wahl eines Herzogs.
Die Herzogsgewalt wurde zunehmend als Fremdkörper empfunden, obwohl
sie unter FRIEDRICH I. BARBAROSSA einen
kurzen Aufschwung erlebte; 1152 übertrug er sie seinem Onkel
Welf
VI. Nach dem Aufstand der Stadt
Spoleto
ließ BARBAROSSA sie niederbrennen
(1155). Unter den anderen STAUFER-Herrschern
setzte sich der Aufschwung der Herzogsmacht fort. Das Verhältnis zu
Rom hatte sich jedoch nunmehr im Verglaich zur Vergangenheit ins Gegenteil
verkehrt: Die Päpste, die früher die Macht des Herzogtums
Spoleto zu spüren bekommen hatten, beanspruchten nun auf der
Basis der Schenkungen der KAROLINGER-Herrscher
die Souveränität über Spoleto. In den Kämpfen zwischen
den Päpsten und den Kaisern hatte sich zudem die (Ende des 11./Anfang
des 12. Jh. entstandene) Kommune Spoleto schließlich
der päpstlichen Seite angeschlossen. Nach der staufischen
Niederlage
bei Benevent (1266) wurde das Herzogtum de facto Teil des Kirchenstaates.
Im 14. Jh. kam es zu lebhaften internen Auseinandersetzungen in der
Stadt, trotz ihres vorwiegend ländlichen Charakters (Getreideanbau,
Wein, Öl), und zu zahreichen Eingriffen von außen, bis Spoleto
1324 für kurze Zeit von Perugia unterworfen wurde, das die
ghibellinische Faktion aus der Stadt vertrieb. Mitte des 14. Jh. führte
Kardinal Albornoz, der die Rocca (Festung) erbaute, die noch heute die
Stadt dominiert, Spoleto unter die Herrschaft
der Päpste zurück. Im 15. Jh. unterstand
Spoleto
verschiedenen Signoren wie Galeazzo Visconti (1400), Braccio da
Montone (1419-1424) und Pirro Tomacelli, Abt von Montecassino, der 1440
von Kardinal Vitelleschi entmachtet und hingerichtet wurde. Zusammen mit
Todi rebellierte Spoleto ein letztes Mal 1474
gegen die Kurie, wurde aber von Kardinal Giulano della Rovere von neuem
unterworfen.