Sohn des Markgrafen
Konrad von Lecco aus der Familie der WIDONEN
und der Ermengund
Hlawitschka, Eduard: Seite 247-248
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"Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien
(774-962)", in: Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII
CXXX. RADALDUS
Sohn des Markgrafen und Grafen von Lecco,
Konrad,
und damit zugleich auch Mitglied der großen WIDONEN-Familie
[1 Vgl. Skizze Konrad. - Die früheste Bezeugung Radalds
scheint im Testament der Kaiserin Angilberga
(877/März) vorzuliegen; Benassi, Parma I Seite 146, nr. 22. Dieses
unterschrieb ein Radaldus (ohne Titel) neben anderen ausdrücklich
als comites bezeichneten Zeugen.], war in den vier kurzen Herrschaftsjahren
des jungen Kaisers
LAMBERT, die dieser ohne die schützende Hand seines
Vater WIDO
und unter dauernder Bedrohung
von König BERENGAR,
Markgraf Adalbert
von Tuszien, Graf Hildebrand von Lucca und anderen durchzustehen hatte,
LAMBERTS getreuer und kraftvoller Helfer.
Eine Urkunde vom 6. Dezember 895 zeigt ihn als
illustrissimus comes
atque summus consiliarius LAMBERTS
[2 Schiaparelli, I dipl. di Guido e di lamberto Seite 76, nr. 3.];
wenn sie den Vicegrafen von Parma Ingelbert daneben auch als vasso scilicet
Radaldi illustrissimi comitis bezeichnet, so steht fest, daß
es LAMBERT zu dieser Zeit gelungen
war, in Parma, dem Ausgangspunkt der Straßen in die Toskana, die
Zügel fest in die Hand zu bekommen, die auf seiten
BERENGARS
stehenden Parmenser Grafen aus dem Hause der SUPPONIDEN [3 Vgl.
Skizzen Adalgasius II., Wifred II., Boso III.] abzusetzen oder zu vertreiben
und Parma der Oberaufsicht dieses Verwandten und verläßlichen
Getreuen zu unterstellen [4 Im Jahre 1027 bestätigte KONRAD
II. der Bischofskirche von Parma quandam terram in comitatu
Parmensi iacentem, quae scilicet dicitur Corticella Radaldi
(MG DD Konrad II. Seite 141, nr. 99 = Drei, Parma II Seite 88, nr. 41).
Das genannte Landstück dürfte nach dem hier behandelten Grafen
benannt worden sein; das aber könnte noch einmal die Stellung Radalds
im Raum von Parma bestätigen. Zudem war noch Radalds Enkel,
Graf
Atto von Lecco, in Palasone (18 km nnw. Parma) begütert.].
Nach dem frühen Tode Kaiser
LAMBERTS scheint aber Radald sich recht geschickt unter
König
BERENGAR verhalten zu haben. Einer großen Strafaktion,
die ihn ein für allemal ausschaltete, unterlag er jedenfalls nicht,
- vielleicht war zu solchen Maßnahmen die Stellung des Königtums
damals auch viel zu schwach. So finden wir Radald im April 915 auf
einem Placitum in Pavia, das unter persönlichem Vorsitz König
BERENGARS abgehalten wurde, wieder [5 Schiaparelli, I
dipl. di Berengario I Seite 256, nr. 98 (= Cipola, Cod. dipl. di Bobbio
I Seite 284, nr. 85 und Manaresi, I placiti Seite 471, nr. 126.]. Illuster
comes et marchio wird er dabei genannt. Radald gibt vor diesem
Gericht an, daß er Besitzungen des Klosters Bobbio de parte regia
in beneficio hat, bekennt aber gegenüber den Klagen des Abtes
Theodelassius, daß die curtis Barbada nihil a porcionem illam
pertinet quod beneficiario nomen est ad abendum und daß er diesen
Hof folglich ohne Recht dem Nießbrauch der Klosterinsassen entzogen
habe.
Auch den Sturz BERENGARS
und Machtantritt Rudolf
II. von Hoch-Burgund hat Radald überdauert.
Im März 926, also in der Regierungszeit des Burgunders, läßt
er als marchio et comes auf der seinem Vater Konrad 892 von
Kaiser
WIDO und LAMBERT bestätigten
curtis
Almenno zwei Hörige frei [6 CdL Seite 884, nr.
518.]. Das ist die letzte Nachricht über ihn.
In der Freilassungsurkunde wendet Radaldus die
Formeln des salischen Rechtes an [7 (Et per) gamena cum atramentario
de terra elevans.]. Da er dazu in die WIDONEN-Familie
gehört und auch noch sein Enkel (?) Graf Atto von Lecco im
salfränkischen Rechtsbekenntnis verbleibt, ist Markgraf [8
Inwieweit
sich der Markgrafentitel bei Radald wie auch schon bei seinem
Vater Konrad die Herausbildung einer Mark Mailand, einer marca
settentrionale oder marca lombarda-emiliana (etwa analog zu
den Marken Friaul, Toskana unsd Spoleto) äußert, oder wie sonst
der Markgrafentitel zu erklären ist, muß hier unentschieden
bleiben. Von italienischer Seite ist der Gedanke einer Nordmark wiederholt
vertreten worden (C. Desimoni, Sulle marche d'Italia Seite 202ff.; S. Pivano,
Il comitato di Parma e la marca lombardo-emiliana; N.G. Guastella, La marca
settentrionale e i conti di Lecco). Schon A. Hofmeister, Markgrafen Seite
261 verhielt sich gegenüber solchen Gedanken sehr zurückhaltend.
Wenn F. Guasco di Bisio in seinem nur mit Vorsicht zu
benutzenden Dizionario Feudale degli Antichi Stati Sardi e della Lombardia
(BSSS 55) Seite 1003 Radaldus als Rabaldus, Markgrafen
der Mark Mailand in den Jahren 910 bis 922, wiedergibt, so geschieht
das wie vieles andere ohne rechte Quellenbeachtung; 926 ist dazu Radald
als marchio noch am Leben. - Kritiklos ist der "Rabaldo, marchese,
910c" übernommen von A. Colombo, Due ricordi toponomastici di Milano
Seite 259.] Radalds fränkische Herkunft einwandfrei gesichert.
Sein eigentlicher Aufgabenbereich war neben der zeitweiligen Oberaufsicht
über das Gebiet von Parma die Grafschaft Lecco, wo der Vater
Konrad
und auch noch der Enkel (?) als Grafen nachweisbar sind. Bei der bekannten
Tendenz zur Erblichleit der Ämter [9 Vgl. Exkurs Supponidengenealogie,
Anm. 22.] wird man diese Aussage machen dürfen.
Literatur:
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Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern
und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen
Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau
1960 Seite 140,208,214,247-248,284 -