Radald                                            Markgraf von Lecco
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um 860- nach März 926
 

Sohn des Markgrafen Konrad von Lecco aus der Familie der WIDONEN und der Ermengund
 

Hlawitschka, Eduard: Seite 247-248
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"Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)", in: Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII

CXXX.                               RADALDUS

Sohn des Markgrafen und Grafen von Lecco, Konrad, und damit zugleich auch Mitglied der großen WIDONEN-Familie [1 Vgl. Skizze Konrad. - Die früheste Bezeugung Radalds scheint im Testament der Kaiserin Angilberga (877/März) vorzuliegen; Benassi, Parma I Seite 146, nr. 22. Dieses unterschrieb ein Radaldus (ohne Titel) neben anderen ausdrücklich als comites bezeichneten Zeugen.], war in den vier kurzen Herrschaftsjahren des jungen Kaisers LAMBERT, die dieser ohne die schützende Hand seines Vater WIDO und unter dauernder Bedrohung von König BERENGAR, Markgraf Adalbert von Tuszien, Graf Hildebrand von Lucca und anderen durchzustehen hatte, LAMBERTS getreuer und kraftvoller Helfer. Eine Urkunde vom 6. Dezember 895 zeigt ihn als illustrissimus comes atque summus consiliarius LAMBERTS [2 Schiaparelli, I dipl. di Guido e di lamberto Seite 76, nr. 3.]; wenn sie den Vicegrafen von Parma Ingelbert daneben auch als vasso scilicet Radaldi illustrissimi comitis bezeichnet, so steht fest, daß es LAMBERT zu dieser Zeit gelungen war, in Parma, dem Ausgangspunkt der Straßen in die Toskana, die Zügel fest in die Hand zu bekommen, die auf seiten BERENGARS stehenden Parmenser Grafen aus dem Hause der SUPPONIDEN [3 Vgl. Skizzen Adalgasius II., Wifred II., Boso III.] abzusetzen oder zu vertreiben und Parma der Oberaufsicht dieses Verwandten und verläßlichen Getreuen zu unterstellen [4 Im Jahre 1027 bestätigte KONRAD II. der Bischofskirche von Parma quandam terram in comitatu Parmensi iacentem, quae scilicet dicitur Corticella Radaldi (MG DD Konrad II. Seite 141, nr. 99 = Drei, Parma II Seite 88, nr. 41). Das genannte Landstück dürfte nach dem hier behandelten Grafen benannt worden sein; das aber könnte noch einmal die Stellung Radalds im Raum von Parma bestätigen. Zudem war noch Radalds Enkel, Graf Atto von Lecco, in Palasone (18 km nnw. Parma) begütert.].
Nach dem frühen Tode Kaiser LAMBERTS scheint aber Radald sich recht geschickt unter König BERENGAR verhalten zu haben. Einer großen Strafaktion, die ihn ein für allemal ausschaltete, unterlag er jedenfalls nicht, - vielleicht war zu solchen Maßnahmen die Stellung des Königtums damals auch viel zu schwach. So finden wir Radald im April 915 auf einem Placitum in Pavia, das unter persönlichem Vorsitz König BERENGARS abgehalten wurde, wieder [5 Schiaparelli, I dipl. di Berengario I Seite 256, nr. 98 (= Cipola, Cod. dipl. di Bobbio I Seite 284, nr. 85 und Manaresi, I placiti Seite 471, nr. 126.]. Illuster comes et marchio wird er dabei genannt. Radald gibt vor diesem Gericht an, daß er Besitzungen des Klosters Bobbio de parte regia in beneficio hat, bekennt aber gegenüber den Klagen des Abtes Theodelassius, daß die curtis Barbada nihil a porcionem illam pertinet quod beneficiario nomen est ad abendum und daß er diesen Hof folglich ohne Recht dem Nießbrauch der Klosterinsassen entzogen habe.
Auch den Sturz BERENGARS und Machtantritt Rudolf II. von Hoch-Burgund hat Radald überdauert. Im März 926, also in der Regierungszeit des Burgunders, läßt er als marchio et comes auf der seinem Vater Konrad 892 von Kaiser WIDO und LAMBERT bestätigten curtis Almenno zwei Hörige frei [6 CdL Seite 884, nr. 518.]. Das ist die letzte Nachricht über ihn.
In der Freilassungsurkunde wendet Radaldus die Formeln des salischen Rechtes an [7 (Et per) gamena cum atramentario de terra elevans.]. Da er dazu in die WIDONEN-Familie gehört und auch noch sein Enkel (?) Graf Atto von Lecco im salfränkischen Rechtsbekenntnis verbleibt, ist Markgraf [8 Inwieweit sich der Markgrafentitel bei Radald wie auch schon bei seinem Vater Konrad die Herausbildung einer Mark Mailand, einer marca settentrionale oder marca lombarda-emiliana (etwa analog zu den Marken Friaul, Toskana unsd Spoleto) äußert, oder wie sonst der Markgrafentitel zu erklären ist, muß hier unentschieden bleiben. Von italienischer Seite ist der Gedanke einer Nordmark wiederholt vertreten worden (C. Desimoni, Sulle marche d'Italia Seite 202ff.; S. Pivano, Il comitato di Parma e la marca lombardo-emiliana; N.G. Guastella, La marca settentrionale e i conti di Lecco). Schon A. Hofmeister, Markgrafen Seite 261 verhielt sich gegenüber solchen Gedanken sehr zurückhaltend.
Wenn F. Guasco di Bisio in seinem nur mit Vorsicht zu benutzenden Dizionario Feudale degli Antichi Stati Sardi e della Lombardia (BSSS 55) Seite 1003 Radaldus als Rabaldus, Markgrafen der Mark Mailand in den Jahren 910 bis 922, wiedergibt, so geschieht das wie vieles andere ohne rechte Quellenbeachtung; 926 ist dazu Radald als marchio noch am Leben. - Kritiklos ist der "Rabaldo, marchese, 910c" übernommen von A. Colombo, Due ricordi toponomastici di Milano Seite 259.] Radalds fränkische Herkunft einwandfrei gesichert. Sein eigentlicher Aufgabenbereich war neben der zeitweiligen Oberaufsicht über das Gebiet von Parma die Grafschaft Lecco, wo der Vater Konrad und auch noch der Enkel (?) als Grafen nachweisbar sind. Bei der bekannten Tendenz zur Erblichleit der Ämter [9 Vgl. Exkurs Supponidengenealogie, Anm. 22.] wird man diese Aussage machen dürfen.
 
 
 
 

Literatur:
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Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 140,208,214,247-248,284 -