Pätzold Stefan: Seite 12-14
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"Die frühen Wettiner. Adelsfamilie und Hausüberlieferung bis 1221"

Dedo verbrachte - wie bereits angedeutet - die Kindheit bei seinem Verwandten, dem Markgrafen Rikdag [27 Thietmari Chronicon VI, 50, Seite 336. Rikdag wird dort als "agnatus" Dedos bezeichnet; zu Rikdag vgl. S. Lüpke, Seite 13, R. Wenskus, Stammesadel, Seite 334 und C. Lübke, Seite 413 f.], und stand somit in enger Beziehung zu einem der einflußreichsten Männer O-Sachsens [28 Zu Dedo I. vgl. Posse, Nachlaß, Seite 10-16 sowie O. Posse, Meißen, Seite 224-229 und R. Kötzschke/H. Kretschmar, Seite 72.]. Im Jahre 976 befehligte Dedo ein böhmisches Heer, das Zeitz einnahm und die Bischofskirche ausraubte. Mit der Beute führte der WETTINER angeblich auch seine eigene Mutter als Gefangene fort [29 Thietmari Chronicon III 18 und VI, 50, Seite 120 bzw. 336; vgl. Lübke, Regesten 2, 191. - Thietmar datiert das Ereignis irrtümlich in das Jahr 983, also in die Zeit des Slavenaufstandes. Es gehört aber, wie R. Holtzmann in seiner Edition, Seite 120 A. 1 zeigt, in den Zusammenhang der Empörung Heinrichs des Zänkers gegen OTTO II.]. Die Gründe für sein Verhalten sind allerdings unbekannt [30 Die These von Lübke, Regesten 3, 277a, Dedo befinde sich deshalb in der Opposition, weil sein Großvater, der Thüringer Dadi, wegen der Beteiligung am Aufstand Liudolfs gegen OTTO I. seine Grafschaft verloren habe, und daher auch sein Sohn Dietrich keinen Komitat habe verwalten dürfen, entbehrt schon deshalb jeder Grundlage, weil verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Dadi und den WETTINERN unwahrscheinlich sind; vgl. dazu oben Seite 11 Anmerkung 24.].
[24. Problematisch bleibt bei dieser Sicht der Dinge allerdings, daß Thietmar den Markgrafen Rikdag ausdrücklich als "agnatus" Dedos I. bezeichnete, während Wenskus sich für einen cognatischen Zusammenhang entscheidet. Es ist jedoch sehr fraglich, ob "agnatus", das in Thietmars Werk nach Ausweis des Wortverzeichnisses von R. Holtzmann vorgelegten Edition des Thietmari Chronicon, Seite 584 nur ein einziges Mal an der genannten Stelle Chron. VI 50 vorkommt, im Sprachgebrauch des Bischofs tatsächlich ausschließlich das verwandtschaftliche Verhältnis von Schwertmagen umschreibt, wie K.A. Eckhardt, Seite 77-79 meint. Vgl. dazu Mittellateinisches Wörterbuch, s.v. agnatus; Seite 389, wo Thietmari Chronicon VI 50 als Beleg für die Verwendung "latius de quibuslibet vel incertis propinquis" herangezogen wird. - Die anzunehmende schwäbische Herkunft der WETTINER macht im übrigen die häufig geäußerte Vermutung unwahrscheinlich, daß der bei Widukind genannte Thüringer Dadi, mit dem wiederholt auch der in DO I. 114 erwähnte Graf Teti und der 957 gestorbene Träger dieses Namens gleichgesetzt werden, zu dieser Verwandtengruppe gehörte. Vgl. dazu K.A. Eckhardt, Seite 73f., R. Wenskus, Hassegau, Seite 50f., G. Althoff, Memorialüberlieferung, Seite 392 G 26 sowie C. Lübke, Seite 412.].
In den folgenden Jahren gewann er gleichwohl an Besitz und Einfluss [31 Thietmari Chronicon VI 50 Seite 336, Zeile 22-338 Zeile 5. Eine genaue Datierung des Geschehens ist nicht möglich. Aus der Beteiligung des Erzbischofs Gisiler von Magdeburg, der 1004 starb, ergibt sich lediglich, daß das Berichtete vor diesem jahr stattfand.]. Es kam überdies zu einer Aussöhnung mit OTTO III., dessen Gunst und Freundschaft er erlangte [32 Weder der Grund des Zerwürfnisses zwischen dem WETTINER und dem OTTONEN noch die Art der mit "gratia et familiaritas" umschriebenen Beziehung zwischen Kaiser und Graf werden von Thietmar ausdrücklich angegeben. Anscheinend betrachtete der Chronist Dedos Angriff auf Zeitz als die Ursache des Konfliktes und der anschließenden Versöhnung. - Zu den Jahren 984 und 1000 erwähnt Thietmari Chronicon IV 2 und IV 44, Seite 134 und Seite 180 unter den Gefolgsleuten OTTOS III. einen Adligen, der "Ciazo" beziehungsweise "Ziazo" hieß; vgl. dazu Lübke, Regesten 3, 229 und 333. Dieser Name kann sprachlich mit Dietrich oder Dedo gleichgesetzt werden, wie das Beispiel der DD H II. 110 und 111 zeigt, in denen der Kaplan des Königs zunächst als "Thiedericus" (110) und dann als "Ziazo" (111) erscheint; vgl. dazu W. Schlaug, Seite 183, Seite 183. Daher nehmen F. Kurze, Seite 306-308, K.A. Eckhardt, Seite 68f., H. Ludat, An Elbe und Oder, Seite 137 A. 268 und C. Lübke, Seite 413 A. 56, die Identität mit Dedo I. an. Für diese Vermutung spricht, daß Ziazo einen Bruder namens Friedrich hatte, mit Dedo I. an. Für diese Vermutung spricht, daß Ziazo einen Bruder namens Friedrich hatte, mit dem er 984 die Versammlung auf der Asselburg aufsuchte (Chron. IV, 2, Seite 134). Im Jahre 1000 begegnet Ziazo dann als "patricius" in Regensburg, wo er sich als Petent beim Kaiser dafür einsetzte, daß OTTO III. dem Kämmerer Reginher einen Ort im Komitat des WETTINERS Friedrichs I. übertrug, vgl. Chron. IV, 44, Seite 180 und D O III. 346. Aber wie bereits im Falle Dietrichs I. lassen auch hier erzähltechnische Aspekte in der Darstellung Bischof Thietmars eine Gleichsetzung von Ziazo und dem WETTINER Dedo I. als unsicher erscheinen. Das betrifft zunächst den Umstand, daß Thietmar, Chron. VI 48-50, Seite 334-338, VI 70; Seite 360 und VII 50, Seite 460 den dort erwähnten Dedo jeweils einen Hinweis auf dessen verwandtschaftliche Zugehörigkeit eindeutig als einen WETTINER identifiziert, bei Ziazo jedoch auf eine solche Einordnung verzichtet. Überdies erwähnt der Bischof in seinem kurzen, biographischen Exkurs zu Dedo in Chron. VI 50, Seite 336, wo er auch auf die bereits Chron. III 18, Seite 120 berichtete Eroberung von Zeitz zurückgreift, das bedeutende Amt des "patricius" mit keinem Wort; vgl. dazu C. Erdmann, Ideenwelt, Seite 95 A. 4. Schließlich ist noch hervorzuheben, daß Thietmar andernorts zumindest bei getauften Slaven darauf aufmerksam macht, wenn ein und dieselebe Person unter ihrem slavischen sowie ihrem christlichen (Tauf-)Namen bekannt war. So bezeichnet er den Chron. III 21, Seite 124 Zeile 17 begegnenden Ritter Heinrich, "qui Slavonice Zolunta vocatur", ebendort, Seite 126 Zeile 3 ausdrücklich als "binomius", während bei Ziazo eine entsprechende Anmerkung fehlt. Im übrigen bietet auch D O III. 346 kein deutliches Indiz für die Verwandtschaft des Petenten Ziazo mit dem WETTINER Friedrich.]. Auch zu Erzbischof Gisiler von Magdeburg hatte Dedo offensichtlich ein gutes Verhältnis [33 Zu Gisiler vgl. D. Claude, Band 1, Seite 136-213, besonders 211.]. Dieser verschaffte ihm nach dem Tod des Grafen Bi[niz]o die Grafenrechte im nördlichen Hassegau [34 Der Amtsbereich des Grafen wird durch die Flüsse Saale, Salza, Wipper und Wilderbach (heute Böse Sieben) ungefähr umrissen, vgl. W. Hessler, Seite 102 ff. und R. Wenskus, Hassegau, Seite 43f. Möglicherweise übte Dedo auch noch in der "provoncia Ploni" Grafenrechte aus, wie das D O III. 246 von 997 nahelegt.].
Zudem beanspruchte Dedo erfolgreich den Burgward Zörbig für sich und seinen Bruder Friedrich [35 Thietmari Chronicon VI, 50, Seite 338; vgl. dazu Lübke, Regesten 2, 116 IIIc11 sowie unten Seite 139.]. Ebenso ist die Ehe mit Thiedburga, der Tochter des Markgrafen Dietrich von der Nordmark, als Hinweis auf seine angesehene Stellung innerhalb des ostsächsischen Adels zu werten [36 Zu Dietrich von der Nordmark vgl. S. Lüpke, Seite 10 und zu Dedos Ehe mit Thiedburga vgl. Thietmari Chronicon VI 50, Seite 338 sowie Lübke, Regesten 3, 277 a III c 11. Zu den HALDENSLEBENERN vgl. R. Schölkopf, Seite 93-98, H. Ludat, An Elbe und Oder, Seite 24, 54-56 und Stammtafel sowie W. Petke, Haldensleben, Spalte 1873.]. Die Jahre vor Dedos Tod waren schließlich von schweren Auseinandersetzungen mit den WALBECKERN überschattet [37 Thietmari Chronicon VI 48, Seite 334, Zeile 3-7 und VI 49, Seite 336, Zeile 1-4. Zu den WALBECKERN vgl. R. Schölkopf, Seite 73-82 und S. Lüpke, Seite 13ff.], deren Ursache jedoch nicht bekannt ist. Möglicherweise beanspruchte Dedo als Schwiegersohn des Markgrafen von der Nordmark nach dessen Tod das Amt für sich, das freilich der WALBECKER Lothar erhielt. Lothars Herrschaft in der Nordmark, die Dedo angefochten haben mag, dauerte von 985 bis 1003. Thietmar, ein Neffe Lothars, erwähnt in diesem Zusammenhang, dass sich Dedo an der Verwüstung der Burg Wolmirstedt beteiligte, die den WALBECKERN gehörte [38 Das Datum der Zerstörung der Burg Wolmirstedt ist umstritten; vgl. Lübke, Regesten 3, 361, der eine Vernichtung zu Lebzeitten Lothars und damit vor 1003 annimmt; S. Hirsch, Band 1, Seite 287 sieht sie hingegen im Zusammenhang mit den Ereignissen um 1009.]. Auch mit Lothars Sohn und Nachfolger Werner war der WETTINER verfeindet, gegen den er sogar vor dem Kaiser Klage erhob; allerdings berichtet Thietmar darüber nicht ausführlicher [39 Thietmari Chronicon VI 48, Seite 334 Zeile 3-7; vgl. Lübke, RRegesten 3, 421.]. Der Konflikt eskalierte jedenfalls, und Dedo wurde im Jahre 1009 von seinem Widersacher Werner in der Nähe von Mose am Zusammenfluss von Tanger und Elbe getötet [40 Als Todestag Dedos ist mit gewisser Wahrscheinlichkeit der 13. November anzusehen, denn unter diesem Datum verzeichnet das Totenbuch von Lüneburg, Seite 11 d4: "Thado occ. et Eghillerdus". Da auch Thietmari Chronicon VI 49, Seite 366 berichtet, daß zusammen mit Dedo dessen Vasall Egilhard erschlagen wurde, dürfte "Thado" mit dem WETTINER identisch sein; vgl. dazu Lübke, Regesten 3, 425 sowie O. Posse; Meißen, Seite 229 A. 44 und G. Althoff, Memorialüberlieferung, Seite 422 G 161. - Die Ermordung Dedos I. durch Thietmars Verwandten, den Markgrafen Werner, der daraufhin sein Amt einbüßte, ist für den Merseburger Bischof der eigentliche Anlaß, so ausführlich über den WETTINER und seine Verwandten zu berichten. Dadzerch finden auch die negativen Züge eine Erklärung, die das Bild Dedos in Thietmars Chronik beherrschen.].