Buch IV
Kapitel 6
Unterdeß belagerten diejenigen, die dem Könige
zugethan waren, den Grafen Wilhelm [von Thüringen],
der zu den vertrautesten Freunden Herzog Heinrichs
gehörte, in Wimeri [Weimar].
Als sie aber erfuhren, Heinrich
komme heran, eilten sie ihm sogleich entgegen, und sammelten sich
bei einem Dorfe, Namens Iteri, wo sie sich lagerten, um ihm am nächsten
Tage eine Schlacht zu liefern. Da dies der Herzog sofort erfuhr, so schickte
er den Erzbischof Gisiler an sie ab, der ihre Gesinnung erforschen und,
wenn es irgend möglich wäre, den Frieden bewirken sollte. Als
dieser nun den versammelten Herren seine Sendung eröffnete, erklärten
sie: Wenn Herzog Heinrich ihnen seinen
Herrn und König ausliefern, und von seinen Besitzungen nichts als
Merseburg, Walbizi und Frasu, bis zu dem bestimmten Tage für sich
behalten, und dies alles auf eine zuverlässige Weise eidlich erhärten
wollte: dann solle es ihm frei stehen, mit sicherem Geleite von ihrer Seite
das dichtbesetzte Land zu verlassen; wo nicht, so stehe ihm kein Ort offen,
durch den er lebendig rück- oder vorwärts kommen könnte.
Und nun, wozu soll ich darüber noch mehr Worte machen? Sie bekamen
am andern Tage alles was sie wollten, und gestatteten ihm, indem sie selbst
abzogen, sich nach Merseberg zu begeben, wo die Herzogin
Gisla seit langer Zeit in trauriger Einsamkeit verweilte. Er
aber erwog mit seinen Getreuen alles im Einzelnen, und indem er darauf
erklärte, er wolle aus Furcht vor Gottes Zorn und zum Heile des Vaterlandes
in Wahrheit seine Pläne aufgeben, dankte und lohnte er ihnen auf eine
würdige Weise für ihre Hülfe und ihren guten Willen, und
bat alle, sie möchten aus Liebe zu ihm an dem bestimmten Tage sich
mit ihm zusammen einfinden. Die beiden Kaiserinnen, welche bis dahin zu
Pavia in Demuth auf göttlichen Trost geharrt hatten, und sämmtliche
Fürsten des Kaiser- und Königreichs kamen nach Rara, und der
Herzog erfüllte treu sein Versprechen, indem er alle zum Reiche gehörigen
gern von sich entließ; da erkannte Gott durch einen hellen am Tage
vor aller Augen leuchtenden Stern Otto III. als
den von ihm bestimmten Herrn und König an. Alsbald stimmten alle,
Weltliche wie Geistliche, wie aus einem Munde einen Gesang an zum Lobe
Christi, und nun beugte sich der Sinn der bisher widerspenstigen, und die
vordem in Zwietracht getheilten Schaaren vereinigten sich unter einem Herrn
und Gebieter. Der König ward von seiner Mutter und Großmutter
voll zärtlicher Liebe empfangen und dem Grafen Hoico zur Erziehung
übergeben. Zwischen dem Könige und dem Herzoge ward ein vorläufiger
Friede geschlossen, bis zu einer Zusammenkunft auf dem obenerwähnten
Felde von Bisinstidi, indem jeder von beiden nach Hause zog. Als sie aber
dort zusammenkamen, gingen sie, von bösen Menschen angereizt, im Bösen
wieder aus einander, und so fand wieder eine langwierige Unterbrechung
dieser Angelegenheit statt. Denn nun entstand zwischen Herzog
Heinrich und dem vorher erwähnten Heinrich, welcher
der jüngere Heinrich genannt zu werden pflegte, eine große
Fehde, welche erst späterhin durch Rath und Beihülfe des Grafen
Herimann [41 vielleicht Graf im Engergau
(Westfalen),
Gemahl der Gerberga
(VII,
49), Stammvater der Grafen von Werl.] beigelegt ward, als
Heinrich
sich dem Könige zu Francanafordi [Frankfurt] unterwarf, und nun mit
dem Herzogthume [Baiern] belehnt ward.
Kapitel 26
Von einem der edelsten Geschlechter des östlichen Thüringens leitete Markgraf Ekkihard [von Meißen] seine Abkunft her. Wie er allmählich sich dem Mannesalter näherte, machte er seiner ganzen Verwandtschaft durch die Reinheit seiner Sitten und durch bedeutende, rühmliche Thaten Ehre; denn, wie wir lesen:
"Unsitte schändet die edle Abkunft."
Nach vielen Kriegsmühen, die er mit seinem Vater Günther erduldete, welcher lange seiner Würden beraubt war, kehrte er endlich, indem er Kaiser Otto's II. Huld wieder erlangte, mit Ehren wieder heim, und heirathete darauf Suonehilde, die Wittwe des Grafen Thietmar und Schwester Herzog Bernhards, welche ihm als erstes Kind eine Tochter, Namens Liutgerd, gebar.
Liuthar aber, einem berühmten Geschlechte
Nordthüringens entsprossen, ein ausgezeichnet verständiger Mann,
sehr beliebt bei Kaiser Otto II, ehelichte
auf dessen Rath eine Edle aus dem
Westen des Landes, Namens Godila, mit Einwilligung
ihres Vetters, des Bischofs Wigfried von Verdun. Diese gebar ihm
in ihrem dreizehnten Lebensjahre als Erstgeburt einen Sohn, den sie
nach ihrem Vater Wirinhar nannte.
Da nun jene beiden Sprößlinge, ich meine den
Knaben und das Mädchen, einem Stamme so edler Art entsprungen waren,
so begannen auch in stufenweisem Fortschreiten auf der Bahn der Tugend
die Früchte bereits sich der Reife zu nähern. Graf Liuthar
aber dachte, sobald er die Schönheit und das sittige Wesen des Mädchens
bemerkte, beständig in seinem Sinne darauf, wie er sie für seinen
Sohn gewinnen möchte. Endlich konnte er nicht länger an sich
halten und eröffnete durch treuer Freunde Vermittelung dem Markgrafen
Ekkihard seine lange verborgen gehaltenen Wünsche, deren Erfüllung
auch schnell erfolgte. Indem darauf die beiderseitigen Familienmitglieder
zusammenkamen, gelobte Ekkihard dem Liuthar, seine Tochter
dem Sohne Liuthars zur Gemahlin geben zu wollen, indem er dasselbe
in Gegenwart aller als Zeugen anwesenden Großen, wie es Recht und
Sitte war, bekräftigte. Und dennoch versuchte er hinterher, als er
bei Otto III. sehr in Gunst war, und
bei ihm unter allen Großen am meisten vermochte, ich weiß nicht
durch welche Beweggründe verleitet, diesen auf das Bündigste
geschlossenen Vertrag auf alle Weise wieder rückgängig zu machen.
Davon bekam Liuthar sofort Kunde und war ängstlich bedacht,
dies zu hintertreiben. Da der Kaiser sich damals mit Ekkihard in
Italien aufhielt, so war die Sorge für das Reich der hochwürdigen
Aebtissin Mathilde anvertraut, deren ich
schon oben gedachte und in deren Stadt Quidilingaburg das Mädchen
erzogen ward. Die Aebtissin nun hielt einen Fürstentag zu Darniburg.
Währenddeß erstieg Wirinhari, nicht, wie ich glaube,
auf Anrathen seines Vaters, sondern aus Liebe zu der Jungfrau und aus Furcht
vor der ihm bevorstehenden öffentlichen Beschimpfung, mit meinen Brüdern
Heinrich
und Fritherich und andern trefflichen Rittern Quidilingaburg, und
entführte seine widerstrebende und wehklagende Braut mit Gewalt, und
kam vergnügt und wohlbehalten mit seinen Gefährten nach
Wallibiki [Walbeck]. Als die Aebtissin dieses von einem zuverlässigen
Manne erfuhr, klagte sie es erzürnt mit weinenden Augen allen Fürsten,
und bat und befahl, sie möchten allesammt mit den Waffen in der Hand
diese Landfriedensbrecher verfolgen und fangen oder tödten und die
Jungfrau wieder zu ihr zurückbringen. Und ohne Verzug waren die Ritter
gerüstet und eilten, diesen Befehl zu erfüllen, indem sie darnach
lechzten, jenen, bevor sie die feste Stadt besetzt hätten, auf kürzeren
Wegen zuvor zu kommen, und sie dann entweder gefangen zu nehmen oder zu
erschlagen, oder mindestens in die Flucht zu treiben. Da aber erfuhren
sie von Wanderern, daß die, denen sie nachsetzten, bereits in Besitz
der bekannten Festung seien; die Tore seien geschlossen und die Besatzung
zahlreich; niemand könne hinein; sie seien entschlossen sich zu wehren
oder zu sterben und die Braut nicht herauszugeben. Nachdem die Ritter dies
gehört hatten, kehrten sie traurig zurück. Liuthar aber
begab sich nebst Alfrich dem Aelteren und Thietmar, dem Ritter des Grafen
Ekkihard, zu der Braut hin, um ihre Gesinnung zu erforschen, und als
sie sich hinlänglich überzeugt hatten, daß sie lieber da
bleiben, als fort wolle, machten sie der Aebtissin und den Uebrigen davon
Anzeige. Als die Aebtissin nun die Reichsfürsten über diese Angelegenheit
zu Rathe zog, antworteten ihr diese, es scheine ihnen am besten, zu Magadaburg
eine Versammlung anzustellen, zu der sich der Bräutigam mit seiner
Verlobten begeben, und vor der alle seine Helfershelfer sich selbst als
Schuldige einstellen, oder im Falle des Nichterscheinens verurtheilt und
des Reichs verwiesen werden sollten. Und so geschah es. Vor einer sehr
zahlreich zusammenströmenden Menge erschien Wirinhar dort sammt seinen
Mitschuldigen mit nackenden Füßen, warf sich auf die Kniee nieder
und gab die Geliebte heraus. Nachdem er dann Besserung gelobt hatte,
erlangte er für sich und die Seinen Verzeihung für seine Vergehungen.
Die in jeder Beziehung ehrwürdige Mathilde
aber nahm nach Beendigung dieser Unterredung Liuderde mit sich,
nicht um sie auf immer zu behalten, sondern nur, um sie in ihrer großen
Gottesfurcht zu befestigen.
Buch VI
Kapitel 52
Und nach der Hochzeit wurde Markgraf Liuthar im Westlande krank, und starb plötzlich, nachdem er sich durch den Paulinischen Trank in Rausch versetzt hatte, am 25. Januar. Er ward in Köln im südlichen Theile des Doms, da, wo er es selbst vorher gewünscht hatte und wo am Tage der Abendmahlsfeier die Büßenden hereinkommen, bestattet und seine Wittwe, Namens Godila, that unablässig alles mögliche Gute zum Heile seiner Seele. Ihrem Sohne Wirinhari erwarb sie des Vaters Lehen und Markgrafschaft um zweihundert Pfund und blieb vier Jahre in unverehelichtem Stande. Dann aber heirathete sie ihren Blutsverwandten Heriman, indem sie sich gar nicht an den Bann kehrte, den Bischof Arnulf [von Halberstadt] darauf gesetzt hatte, und indem sie drei andere Bischöfe, die es ihr verboten, und denen sie ihr Wort gegeben hatte, täuschte. Darum ward sie von dem genannten Bischofe mit dem Schwerte der Excommunication geschlagen, und hatte auch keine Hoffnung, Kinder zu bekommen.
Doch ich komme von meinem Wege ab; ich lenke also ein
und gehe wieder an Heinrichs treffliches Leben.
Buch VII
Kapitel 34
Darnach schickte er durch seine ganze Landschaft hin Boten, und forderte auch selbst seine Gaugenossen und Verwandten auf, die That zu rächen. Dann belagerte er mit einer starken Schaar die Stadt des Feindes, Namens Upplan, indem er die Umgegend verheerte und versengte. Endlich kam mein Vetter, Herzog Bernhard [von Sachsen] an, der als rechtmäßiger Vormund des noch unmündigen Sohnes und der ganzen Erbschaft des Grafen Wigman und als Rächer der ruchlosen Schandthat sich erhoben hatte. Dieser tröstete die trauernden Lehnsmannen des Erschlagenen nach Kräften und setzte mit den übrigen Anhängern desselben der Stadt Tag und Nacht unaufhörlich zu. Indeß verließ der Kaiser Burgund, wo er einen großen Theil des Sommers zugebracht hatte, und begab sich, so wie er den ganzen Verlauf der Sache erfuhr, zu Schiff, um dort hinzueilen. Auf dieser Reise starb mein Vetter Gevehard, der Sohn des Grafen Heribert, damals sehr wohl gelitten bei der königlichen Majestät und ausgezeichnet durch die größte Biederkeit. Dieser Todesfall versetzte den Kaiser so wie alle dort Ansässigen in große Trauer. Der Erzbischof Heribert von Köln aber, der wegen seines Vasallen Balderich sehr in Sorgen war, lag dem Kaiser wiederholt an, er möchte doch die lange belagerte Stadt in seine Gewalt geben. Der Kaiser willigte auch endlich darein, durch sein unablässiges Bitten überwältigt. Damals aber war schon, indem jener Feind des Kaisers abgezogen war, die Stadt Upplun gänzlich zerstört; die Gräfin jedoch, die daselbst lange beunruhigt worden war, wurde leider mit allem, was sie hatte, gerettet. Mögen alle Verwünschungen, die der gottselige Hiob gegen sich ausgesprochen hat, dieses Weib treffen: sie hat sie verdient. Möge sie in der Zeitlichkeit hienieden so viel Leiden erfahren, daß sie mindestens jenseits auf Vergebung hoffen kann. Wer ihr bei dieser Frevelthat jemals hülfreiche Hand geleistet hat, der bekehre sich zum Herrn und gestehe, er habe schwer gesündigt und eile zu aufrichtiger Buße; denn durch das Gezisch dieser giftigen Natter ist die Kirche eines solchen Vertheidigers beraubt.
In diesem Jahre befehdeten sich auch der Bischof Thiedrich
[von Münster] und Graf Heriman [176 Hermann II. von Werl.
Seine Mutter Gerberga von Burgund,
in 2. Ehe vermählt mit Herzog Hermann II. von Schwaben, ist
die Mutter der späteren Kaiserin Gisela.],
der Sohn der Gerberga, um einer unbedeutenden
Ursache willen, und verheerten ihr Land. Dann aber ließen sie sich
durch das Zureden ihrer Freunde und besonders durch das Friedensgebot des
Kaisers beruhigen und erwarteten beide die Ankunft des Kaisers.
Buch VIII
Kapitel 12
Bernward, der ehrwürdige Hirt der heiligen Kirche zu Hildesheim, wurde vom Grafen Bruno so bitter gehaßt, daß ihm von demselben sein Ritter Rim geschoren und fast geschunden wurde, und daß er nachher, als er mit ihm des Weges zog, ihn vor seinen Augen von dem jungen Altman noch gar erschlagen sehen mußte.
Swithger aber, der treffliche Vorsteher der Kirche zu Münster, wurde auf seinem Gute von einem vornehmen Junker angefallen und mit dem Blute seines vor seinen Augen erschlagenen Verwalters besudelt. Was haben nun diese Männer je verbrochen? Beide waren fromme Geistliche und doch mußten sie solch unverdienten Schimpf ertragen! Weil ich aber bisher, beherrscht von heilloser Gleichgültigkeit, vom Bischof Suithger noch gar nicht geredet habe, so ist es passend, jetzt diesen Fehler zu verbessern. Dieser, in Sachsen geboren und in Halverstidi [Halberstadt] und Magadaburg von Kind auf erzogen, wurde von Otto III. der erwähnten Diöcese vorgesetzt, und indem er dieselbe mit aller Sorgfalt leitete, strahlte er, auf die Gnade Gottes sich stützend, durch mancherlei Tugenden hervor. Davon will ich nur zwei Beispiele anführen, die ich mit wahrhaften Belegen zu erweisen vermag. Als sein Kämmerer einen heimlich entwendeten Hut verbergen wollte und, von seinem frommen Herrn befragt, nichts eingestand, nöthigte ihn derselbe, ein Messer, das auf dem Tische lag und welches Suithger voll innigster Inbrunst eingesegnet hatte, anzufassen; allein sogleich warf er es, weil es ihm wie glühend vorkam, hin und gestand vollständig seine ganze Schuld. - Ein anderes Mal bemächtigte man sich mit aller Anstrengung eines von einem bösen Geiste besessenen und führte ihn vor den ebengenannten Bischof, der ihn sofort los zu lassen befahl und ihn, als er wüthend auf ihn zustürzte, mit seinem Stabe muthvoll abwehrte und darauf, indem er das Zeichen des heiligen Kreuzes über ihm machte, ihn durch göttliche Kraft beruhigt von dannen ziehen hieß. - Und diese Thaten schrieb ein solcher Mann nicht sich selbst sondern dem zu, der durch ihn so Großes wirkte, und verlebte in Christo die ihm hienieden beschiedenen Tage, indem er ihm als ein treuer Knecht mit allem Eifer diente. Er saß auf dem bischöflichen Stuhle sechzehn Jahre lang, fortwährend von großer Kränklichkeit heimgesucht; - ein Umstand, der übrigens Tugenden aller Art hervorbringt; - und starb an demselben Tage, an dem er geboren war, nämlich am 19. November [1011], im zehnten Jahre der Regierung unseres Kaisers Heinrich. - Sein Nachfolger Thiedrich, mein Vetter von mütterlicher Seite, erduldete, wie ich oben erzählte, große Kränkung von Heinrich [83 von Werl, vgl. VII, 49. Dort ist jedoch nur der Vater genannt.], dem Sohne des Grafen Heriman. In diesem Jahre aber wurde derselbe Aufstand, der vorher für eine Zeitlang beschwichtigt war, wieder aufgeregt. Der Erzbischof Heribert von Köln ertrug von genanntem Grafen viel Ungemach. Freilich war das nicht zu verwundern, da der Erzbischof dessen Mutter [84 Hermanns Mutter Gerberga, vgl. VII, 49.] schon lange in Haft hielt.
Auch ward Bischof Meinwerk [von Paderborn]
von meinem Vetter Thietmar Herzog, Bernhard's Bruder, beraubt.
Kapitel 16
Auch ist nicht zu verschweigen, welch ein trauriger Verlust
sich in Rußland ereignete. Denn Bolizlav
griff dies Reich mit einem großen Heere an und schadete demselben
gar sehr, auf unser Zureden. Am 22. Juli kam er nämlich an einen
Fluß und ließ dort sein Heer lagern und die nöthigen Brücken
zurüsten. An demselben Flusse lag auch [Jarizlav]
der König der Russen mit den Seinen und erwartete besorgt den
Ausgang des gegenseitig angesagten Kampfes. Indeß ward durch die
Herausforderung der Polen der daliegende Feind zum Kampfe aufgereizt und
von dem Flusse, den er besetzt hielt, mit unerwartetem Glücke in die
Flucht getrieben. Durch diesen Kampfeslärm ward Bolizlav
persönlich in den Streit gerufen, und indem er seine Genossen
sich rüsten und auf den Fluß zueilen hieß, bewirkte er,
wiewohl mit Anstrengung, doch einen schnellen Uebergang über den Fluß.
Das feindliche Heer dagegen versuchte, Schaar bei Schaar geordnet aufgestellt,
vergebens das Vaterland zu schützen. Denn gleich beim ersten Zusammentreffen
wich es und leistete nachher gar nicht wieder starken Widerstand. Dort
fiel damals eine große Anzahl der Fliehenden und eine kleine der
Sieger. Von den Unseren blieb der treffliche Ritter Herich, den unser Kaiser
lange in Haft gehalten hatte. Von jenem Tage an verfolgte Bolizlav
mit erwünschtem Erfolge die zerstreut umherschweifenden Feinde und
wurde von allen Eingebornen des Landes empfangen und mit vielen Geschenken
beehrt. Indeß ward eine Stadt, die damals Jarizlav's
Bruder [Swaetepulk] gehorchte,
von Jarizlav gewaltsam besetzt und
deren Einwohnerschaft hinweggeschleppt. Die außerordentlich starke
Stadt Kitava [Kiew] aber wurde von den derselben feindlichen Pedeneern
[Petschenegen] auf Antrieb Bolizlav's
durch wiederholte Bestürmung erschüttert und durch eine große
Feuersbrunst geschwächt. Die Einwohner vertheidigten sie, öffneten
aber bald der fremden Macht ihre Thore, denn als ihr König sie fliehend
verließ, nahm sie am 14. August den Bolizlav
und ihren längst verlorenen Herrn, den Herzog
Zentepulk auf; durch die Gunst, in der derselbe stand, und durch
die Furcht vor den Unsrigen wandte sich diese Gegend schnell ihm zu. Der
Erzbischof dieser Stadt aber empfing die Ankommenden ehrenvoll, mit den
Reliquien der Heiligen und anderen kirchlichen Zierden versehen, im Münster
der heiligen Sophia, welches das Jahr vorher durch einen Zufall kläglich
eingeäschert war. Daselbst befanden sich die Stiefmutter, die Gemahlin
und neun Schwestern König Jarizlav's,
deren eine der alte Wollüstling Bolizlav,
der früher um sie geworben hatte, unrechtmäßig, seine
Gattin vergessend, heimführte. Daselbst ward ihm unsäglich viel
Geld gezeigt, wovon ein großer Theil unter seine Gastfreunde und
Anhänger vertheilt, einiges aber in die Heimat geschickt ward. Den
Herzog unterstützten unsererseits dreihundert, von den Ungarn
fünfhundert, von den Petineern [Petschenegen] aber tausend Mann. Diese
alle wurden darauf nach Hause entlassen, da der genannte Fürst
Zentepulk mit Freuden sah, daß die Eingebornen ihm zuströmten
und ihm Treue zeigten. In jener großen Stadt, welche der Hauptsitz
dieses Reiches ist, sind mehr als vierhundert Kirchen und acht Märkte.
Die Einwohner aber, deren Zahl unbekannt ist, und die, wie jene ganze Landschaft,
aus dem Kerne flüchtiger Sclaven, die dorthin von allen Seiten zusammenströmen,
und besonders aus schnellfüßigen Dänen bestehen, haben
den sie häufig angreifenden Pecinegen [Petschenegen] bisher immer
widerstanden und noch andere Feinde besiegt. Bolizlav
aber, durch solches Glück stolz gemacht, sandte den Erzbischof von
Kiew an Jarizlav mit dem Verlangen, er möge ihm seine Tochter wieder
zusenden, wogegen er dann versprach, ihm seine Stiefmutter, Gemahlin und
Schwestern wieder herauszugeben. Darnach schickte er seinen lieben Abt
Tuni mit großen Geschenken an unseren Kaiser, um dessen Gunst und
Hülfe fernerweitig zu erwerben und seine Dienstfertigkeit in jeder
Beziehung für die Zukunft zu zeigen. Auch nach dem nahen Griechenland
schickte er Gesandte, welche dem dortigen Kaiser alles Gute versprachen,
wenn er sich als einen treuen Freund erweisen wolle; zugleich aber ihm
anzeigten, daß, wenn das nicht geschähe, er des Kaisers entschiedenster
und unbezwinglichster Feind werden würde.
Bei dem allen sei Gott der Allmächtige nahe und
zeige gnädigst, was ihm gefällt und uns frommt.
In jenen Tagen nahm Graf Udo, mein Vetter, den ihm an
Adel der Geburt wie an Macht gleichstehenden Grafen Heriman [112
wohl Graf von Werl, vgl. VI, 86. VII, 49.] gefangen und führte
den widerstrebenden in seine Burg. Daraus, befürchte ich, erwächst
gefährliches Unkraut, welches schwer oder gar nicht auszurotten sein
wird.