DIE DRITTE GENERATION
10. GRAF BERNHARD VON WERL-ARNSBERG, SOHN HERMANNS
II.,
BEGRÜNDER DES
ARNSBERGER GRAFENHAUSES
Bernhard, der vierte Sohn Hermanns
II. von Werl, stellt ohne Zweifel die bedeutednste Grafenpersönlichkeit
seiner Generation im WERLER Haus
dar. Er begegnet zuerst mit seinem Vater und seinen drei älteren Brüdern
am 13. und 14. September 1024 auf dem Fürstentag zu Herzfeld und kann
zu diesem Zeitpunkt kaum viel älter als 12 Jahre gewesen sein, so
daß sein Geburtsdatum um 1010 anzusetzen ist.
Als jüngster von vier Söhnen kam Bernhard
als Hauptträger des Geschlechtes zunächst nicht in Betracht [Zu
erwägen ist deshalb, ob Bernhard als Hauptträger des Geschlechtes
statt mit dem jüngsten Sohn Hermanns II. von Werl - wie überliefert
- mit einem sonst nicht bezeugten Sohn Graf
Heinrichs von Werl, des ältesten Sohnes Hermanns II.,
zu identifizieren ist. Aber für eine solche Vermutung sprechen sonst
keine Indizien, so daß sie als unwahrscheinlich abgetan werden kann,
zumal sich im Ergebnis dadurch nichts ändert.], dennoch vereinigte
er seit der Mitte des 11. Jahrhunderts die Herrschaftsrechte des WERLER
Hauses zumeist in seiner Hand, da zu dieser Zeit sowohl seine älteren
Brüder, offensichtlich ohne eigene Nachkommen zu hinterlassen, verstarben,
als auch die Familienzweige seiner Oheime Rudolf
(Nr. 5) und Bernhard
von Werl-Hövel (Nr. 6) im Mannesstamm erloschen. Damit war
der Weg für Bernhard frei, die Herrschaftsrechte der Familie
an sich zu ziehen. Bis auf die Vogtei
Werden, die um die Mitte des 11. Jahrhunderts in den Besitz der Grafen
von Berg überging, scheint ihm das auch gelungen zu sein, da wir die
Kernbesitzungen des WERLER Hauses noch später in der Hand der
Nachkommen Bernhards, der Grafen von Werl-Arnsberg (1070-1124) und
der Grafen von Arnsberg (1124-1368), finden.
Zur Erstausstattung Bernhards scheinen Grafenrechte
in Friesland und im Bistum Osnabrück, also in weiter abgelegenen,
aber nicht ganz unbedeutenden Randgebieten, gehört zu haben. So kann
Bernhard
mit jenem gleichnamigen Grafen identifiziert werden, der nach Aufzeichnungen
des Klosters Werden aus den Jahren 1031-1038 Inhaber eines friesischen
Komitats östlich der Emsmündung war. Bis zum Jahre 1063 hatte
Bernhard diesen Komitat als Reichslehen, nunmehr als im Emsgau, in
Westfalen und Engern gelegen bezeichnet, unbestritten inne, dann bewog
ihn Erzbischof Adalbert von Bremen wahrscheinlich durch irgendwelche Versprechungen
zum Verzicht [DH IV 113 von 1063 aus Regensburg. Die Verzichterklärung
Bernhards
erhellt aus DH IV 452 von 1096, das die Tradition von 1063 erneuert (vgl.
dazu unten Seite 115 n 8.]; doch behauptete Bernhard den Komitat
bald darauf wieder, wahrscheinlich weil die versprochenen Gegenleistungen
Adalberts ausgeblieben waren. Erst mit dem Tode von Bernhards ältestem
Sohn Konrad
1092 in Friesland und mit der anschließenden Erneuerung der Tradition
1096 an die erzbischöfliche Kirche von Bremen gingen dem WERLER
Haus die friesischen Grafenrechte endgültig verloren.
Die Grafschaftsrechte Bernhards im Bistum Osnabrück
scheinen räumlich umfangreich, aber wegen der dortigen geringen Siedlungsdichte
und infolge der Durchlöcherung durch Immunitäten herrschaftsmäßig
nicht besonders ergiebig gewesen zu sein, so daß wir zum Jahre 1051
von einem Streit zwischen dem Osnabrücker Bischof und Bernhard
um
Kompetenzbereiche der Grafen- und Vogteigerichtsbarkeit hören, der
von HEINRICH
III. für Bernhard negativ entschieden wurde
[DH III 269 vom 25. Mai 1051 aus Dortmund.]. Der räumliche Umfang
des Grafschaftsbezirks Bernhards im Bistum Osnabrück ergibt
sich einmal aus seiner Erwähnung als Graf im Threcwithigau
im Süden des Bistums 1058 [DH IV 33 vom 3. März 1058 aus Minden
(OUB I 150)], zum anderen daraus, daß der im Norden des Bistums gelegene
Komitat im Leri- und Dersigau WERLER Besitz war [Bezeugt
für Heinrich 947-955 (DO I 91 und 174);
Bernhard 980
(DO II 224); Hermann II. von Werl 1020 (DH II 421).] und daher auch
Bernhard zugestanden haben wird, zumal in beiden Komitaten seit
1047 ein Minder Adeliger Athalgar; Sohn Wichings, als Graf nachfolgte,
der bei seinem ersten Auftreten 1074 als "regia potestate positus"
bezeichnet
wird [OUB I 170 vom 23. Septemberg 1074 aus Laer (südlich von Osnabrück);
OUB I 190 aus den Jahren 1080/88, den Lerigau betreffend. Über die
Grafschaftsverhältnisse in den übrigen Gauen des Bistums Osnabrück
sind wir schlecht unterrichtet]. Mit dem Beginn der Sachsenkriege HEINRICHS
IV. gingen dem WERLER Haus also die Grafschaftsrechte
im Osnabrücker Bistum verloren, wahrscheinlich war Bernhard
zu
diesem Zeitpunkt schon tot [Sein ältester Sohn Konrad muß
zu Beginn der 70-er Jahre die Herrschaftsnachfolge seines Vaters angetreten
haben. Bezeugt ist er erst 1077 (Seibertz, UB I 32; vgl. dazu WUB Add Nr.
20, Reg. Eb Köln I 1120), Bernhard zuletzt 1066.]. Trotzdem
bestanden Beziehungen seiner Nachkommen zum Hochstift Osnabrück in
der Folgezeit weiter fort, wie daraus zu sehen ist, daß Bischof Benno
II. Bernhards
zweitem Sohn
Liupold
um 1080 den Hof Goldenstedt (Kr. Vechta) zum Schutz anvertraute, was nicht
ohne dessen größeren Einfluß dort denkbar ist [OUB I 188.
Für eine Identität
Liupolds mit dem gleichnamigen
WERL-ARNSBERGER
Grafen spricht, daß sein Name zu dieser Zeit sonst in keiner der
ansässigen Herrenfamilien dieses Raumes bekannt ist, Liupold
in der Urkunde auch dem zuständigen Grafen Athalgar vorangeht. Da
die Urkunde in die Zeit der Feldzüge der Gegen-Könige
RUDOLF und HERMANN
nach Westfalen fällt und die WERLER wie der Bischof Benno II.
von Osnabrück auf der Seite HEINRICHS IV.
gestanden haben, ergibt sich auch aus diesen zeitpolitischen Verhältnissen
ein Bezug der Nachricht auf den Grafen Liupold von Werl-Arnsberg.].
Dagegen wird das Eingreifen von Bernhards Enkel Friedrich
von Arnsberg 1120 in den Osnabrücker Raum vornehmlich durch
seine Parteinahme für den kaiserlichen Gegen-Bischof Konrad bedingt
gewesen sein, hat vielleicht aber auch eigene Machtinteressen im Hintergrund
gehabt, die auf dem Rückerwerb alter WERLER Rechte gerichtet
waren. Immerhin vermögen diese späteren Nachrichten die Identität
des 1051 und 1058 genannten Grafen Bernhard mit dem WERL-ARNSBERGER
und dessen Grafschaftsrechte im Bistum Osnabrück zu sichern, die F.
von Klocke bestritten hat.
Im Unterschied zu den friesischen und nordwestfälischen
Grafschaftsrechten trat Bernhard in die südlicher gelegenen
Herrschaftsrechte
der Familie im östlichen Münsterland,
am mittleren Hellweg,
im
Sauerland und in die Paderborner Bistumsvogtei
offenbar erst als männlicher
Alleinerbe des Geschlechts nach der Jahrhundertmitte ein. So zeigt
ihn eine Urkunde von 1059 wahrscheinlich als Nachfolger seines Oheims,
Bernhard
von Werel-Hövel, in dessen Komitat im Dreingau [DH IV 52.
Bernhard
von Werl-Hövel (Nr. 6), der zu diesem Zeitpunkt bereits 75
Jahre alt gewesen wäre, wird deswegen wohl nicht für das Urkundenzeugnis
in Frage kommen. Vgl. oben Seite 101 f.], zwei verfälschte, aber in
Bernhards
Zeit fallende Traditionen lassen ihn als Inhaber der südwestfälischen
Rechte des WERLER Hauses erkennen [WUB Add 10 (Seibertz, UB I 27)
von angeblich 1042 nennt die Kirche von Kalle (Kr. Meschede) als im Komitat
Bernhards
gelegen; eine angebliche Urkunde Erzbischof Siegewins von Köln (1079-1089)
für Meschede nennt einen Grafen Bernhard
als Mundwalt der Äbtissin
Gerberga und deren Schwester, der Stiftsfrau Adelheid, anläßlich
der Übertragung eines Gutes an das Stift (Seibertz, UB I 34). Beide
Urkunden sind nach Oppermann, Urkundenstudien I 81 f, Fälschungen
des 12. Jahrhunderts, letztere jedoch aufgrund echter Traditionsnotizen.
Eine positive Beurteilung der letzteren Urkunde gibt E. Wisplinghoff, Untersuchungen
19 ff (vgl. auch Reg Eb Köln I 796 und 1187). Man wird daher das Auftreten
des
Grafen Bernhard für den südwestlichen Raum als gesichert
betrachten können. Die Tradition müßte dann freilich in
die Lebenszeit
Bernhards, das heißt wohl vor 1070, fallen,
so daß das überlieferte Datum entfällt. Vgl. dazu das Fehlen
der Datierung in den Traditionsnotizen von Abdinghof (Honselmann, Abdinghof,
passim).]. Am deutlichsten jedoch ist Bernhard als Vogt des Hochstifts
Paderborn
für die Zeit Bischof Imads (10511076) ausgewiesen, eine
Stellung, die er sicher als Erbe seines ältesten Bruders erlangt hat
[Insgesamt fünf urkundliche Zeugnisse nennen Bernhard als Paderborner
Bistumsvogt, von denen das erste von angeblich 1054 jedoch in einer
Totalfälschung steht (WUB Add 15; dazu Honselmann, Abdinghof 306 n
68). Von den übrigen gehört eins in die Zeit um 1058 (WUB Add
17; Honselmann, Abdinghof 332 Nr. 3), die anderen sdind nur nach denm Bischofsjahren
Imads datierbar, gehören jedoch wahrscheinlich in die Zeit vor 1070,
da nach diesem Jahr mit Bernhards Auftreten nicht mehr gerechent
werden kann (WUB Add 13 und 18; vgl. Honselmann, Carta 71 f und 141; ferner
WUB I 87, 30; vgl. Honselmann, Carta 76).]. Im ganzen gingen die hier genannten
Herrschaftsrechte mit der Vogtei Paderborn auch an Bernhards
Nachkommen von
WERL-ARNSBERG-RIETBERG über.
Wahrscheinlich mit dem Eintritt in das westfälische
Erbe verlegte Bernhard den Stammsitz der Familie aus der Hellwegebene
in Werl nach dem oberhalb der Ruhr gelegenen Arnsberg im Sauerland;
denn daß Bernhard der Erbauer der dortigen sogenannten "Alten
Burg" auf dem Rüdenberge gewesen ist, geht daraus hervor, daß
die Burg zum Erbe seiner beiden weltlichen Söhne Konrad und
Liupold
gehörte [Die Burghälfte Konrads blieb arnsbergisch,
die Liupolds kam um 1100 durch Schenkung in den Besitz des Erzstifts
Köln, vgl. Hömberg, Comitate 39 n 100.]. Fortan blieb Arnsberg
die Residenz der Grafen und nach dem Verkauf der Grafschaft 1368 an das
Erzstift Köln als Mittelpunkt des kurkölnischen Herzogtums Westfalen
bis 1803. Aufgrund des Burgbaus zu Arnsberg hat K. Hömberg Bernhard
zur Unterscheidung von seinem Oheim Bernhard von Werl-Hövel "Graf
von Werl-Arnsberg" genannt, eine Identifizierung, der auch wir in dieser
Arbeit folgen.
Graf Bernhard von Werl-Arnsberg ist der einzige
seiner Familie, dessen Verwandtschaft zum salischen
Kaiserhaus
urkundlich von HEINRICH IV., dem Sohn
seines Vetters, Kaiser HEINRICHS III.,
bezeugt wird, zwar erst zu seiner Zeit, zu der Bernhard schon zwei
Jahrzehnte tot war [DH IV 452 von 1096, vgl. den Text Seite 115 n 8.],
doch zeigt gerade diese später Erinnerung, daß man sich im Kaiserhaus
der WERLER Verwandtschaft wohl bewußt war und daß Bernhard
zu seiner Zeit kein ganz unbedeutender Graf gewesen ist.
Entsprechend der beträchtlichen Herrschaftsstellung,
die Graf Bernhard von Werl-Arnsberg seit etwa 1050 in seiner Hand
vereinigte, können auch seine politische Befähigung und Tätigkeit
nicht ganz gering gewesen sein. In zwei Fällen gewähren die Quellen
einen näheren Einblick. Die Art, mit der Bernhard auf die Wahrung
seiner Rechte bedacht war, zeigt sein Streit im Jahre 1051 mit dem Bischof
Alberich von Osnabrück über den Gerichtsstand der Malmannen in
dessen Bistum. Als aufmerksamer Graf konnte er die ständig wachsende
Immunitätenbildung in seinem Grafschaftsbereich nur mit Widerwillen
hinnehmen. Daher versuchte er, seine Gerichtsbarkeit auch über jene
Freien auszudehnen, die sich aus irgendwelchen Gründen in den Schutz
der bischöflichen Kirche begeben hatten und als Bischofsfreie dem
Gericht des Bistumsvogtes unterstanden: Sowohl der Bischof als auch Graf
Bernhard wandten sich in dieser Angelegenheit an den Kaiser, der darüber
zusammen mit seinen Ratgebern am 25. Mai 1051 zu Dortmund urteilte. Die
Streitfrage wurde jedoch zuungunsten Bernhards, obgleich er ein
Vetter HEINRICHS III. war [Bernhards
Vater, Hermann II. von Werl, war ein Halbbruder der Kaiserin
Gisela, der Mutter HEINRICHS III.],
entschieden [DH III 269].
Zur Zeit der Minderjährigkeit HEINRICHS
IV. und des Reichsregimentes der Fürsten trat offenbar
auch Bernhard von Werl-Arnsberg in nähere Beziehungen zum königlichen
Hof, wozu ihm seine nahe Verwandtschaft zu den SALIERN,
auf die sich nur wenige Fürsten im Reich berufen konnten, den Weg
zu ebnen vermochte. Immerhin ist bemerkenswert, daß der königliche
Hof kurz vor dem Staatsstreich Annos von Köln 1062 in Westfalen das
Herrschaftsgebiet Bernhards durcheilte. Sicherer sind jedoch die
Nachrichten für das Jahr 1063, die Bernhard in näherer
Beziehung zu Erzbischof
Adalbert von Bremen zeigen, mit dem sich Erzbischof Anno im Sommer
dieses Jahres in die Leitung der Reichsregierung zu teilen gezwungen sah.
So nahm Bernhard von Werl-Arnsberg wahrscheinlich im August 1063
an dem Reichstag zu Mainz und an der sich unmittelbar anschließenden
Heerfahrt gegen Ungarn teil, die unter der Führung Erzbischof Adalberts
stand, während Erzbischof Anno die Geschäfte im Reich leitete.
Nach der siegreichen Rückkehr des deutschen Heeres finden wir Bernhard
für den 24. Oktober 1063 zu Regensburg am königlichen Hof bezeugt,
als HEINRICH IV. dem Erzstift Bremen
Bernhards
friesischen
Komitat östlich der Emsmündung übertrug, der vom Reich zu
Lehen ging [DH IV 113. Die Anwesenheit Bernhards ist aus den Worten
des Bestätigungsdiploms (DH IV 452) von 1096 zu erschließen.
So auch Meyer von Knonau I 356.].
Die Umstände der Übertragung sind merkwürdig
genug und bezeichnend für die Verhältnisse am Hofe wärend
des Reichsregiments der Fürsten. Dem Diplom des jungen Königs
zufolge erbaten zahlreiche Fürsten, unter ihnen Erzbischof Anno, die
Übertragung wegen der großen Dienstleistungen Erzbischof Adalberts;
Adam von Bremen berichtet zuverlässig, daß Adalbert zu dem Erwerb
der Grafschaft mit dem Könige die Zahlung von 1.000 Pfund Silber vereinbart
habe, von denen er allerdings selbst bei Auflösung des Kirchenschatzes
nur die Hälfte aufzubringen vermochte; das Bestätigungsdiplom
von 1096 schließlich erzählt die Vorgeschichte der Übertragung
- gleichsam als Entschuldigung für die dadurch später eingetretenen
Wechselfälle - genauer. Danach vermochte sich
HEINRICH IV. damals - wie er sich nach mehr als 30 Jahren noch
erinnerte - nicht den herausfordernden Bitten Adalberts zu entziehen, die
dieser mit großem fürstlichem Beistand und unter Hinweis auf
seine Dienste und Ergebenheit dem Hofe gegenüber vortrug. Und da Adalbert
selbst das größte Hindernis für die Tradition ausgeräumt
hatte, indem er durch immerwährendes Bitten und Drängen den Vorbesitzer
der Grafschaft, Graf Bernhard von Werl-Arnsberg, des Königs
Verwandten, endlich zum Verzicht auf seine Rechte und zur Zustimmung verleitete,
sah HEINRICH IV. keinen Grund mehr,
die Übertragung zu verweigern, wobei er nochmals ausdrücklich
das Einverständnis seines Verwandten Bernhard hervorhebt, freilich
die Geldzahlung Adalberts verschweigt. Leider besitzen wir kein Zeugnis
aus der Sicht des Grafen Bernhard von Werl-Arnsberg, das uns seine
Haltung erklären könnte. Aber daß Bernhard sich
damals ohne jedes Zugeständnis von seiten Adalberts zum Verzicht auf
eine offensichtlich recht einträgliche Grafschaft bereit erklärt
hat, erscheint wenig glaubhaft, zumal wir wissen, daß der Erzbischof
dem Grafen Udo von Stade für dessen ihm ebenfalls am gleichen
Tage abgetretene Grafschaft im engrischen Bistumsgebiet Bremen jährliche
Einkünfte von rund 1.000 Pfund Silber in einem Prekarievertrag überließ.
Nach Hucke handelte es sich bei der Übertragung um die Gesamtgrafschaft
Udos in Engern, für die Udo statt Lehnsmann des Reiches nun Lehnsmann
der Bremer Kirche geworden sei, was für den STADER "im Augenblick
keineswegs einen Nachteil" bedeutet habe. Ähnlich vermutet schon Hömberg,
daß es sich bei der Übertragung von Bernhards Grafschaft
1063
in den Gauen Emisga, Westfala und Angeri ebenfalls um die Gesamtgrafschaft
des WERLER in ihrer ganzen Ausdehnung von Friesland bis zum Sauerland
gehandelt haben könnte. Wenngleich sich durch die Restitutionsurkunde
von 1096 auch zeigt, daß es dem Bremer Erzbischof vornehmlich wohl
nur um die Grafschaft östlich der Emsmündung im friesischen und
westfälischen Emsgau ging, so hat die Annahme Hömbergs gewiß
manches für sich, rügt Adam von Bremen es doch als einen schweren
Charakterfehler Adalberts, daß er aus Ruhmsucht alle angesehenen
und bedeutenden Männer Sachsens und anderer Länder zu Vasallen
zu machen versuchte, indem er vielen gab, was er hatte, anderen aber versprach,
was er nicht hatte. Entsprechend sind dann Gegenleistungen Adalberts an
Bernhard - wie bei Udo von Stade - oder zumindest Versprechungen zu
vermuten. Zu letzteren könnte vielleicht die Vogtei über das
Kloster Corvey gehört haben, das Adalbert sich 1065 von HEINRICH
IV. übertragen ließ. Doch begründete Adalbert
dadurch nicht nur seine Feindschaft zu Otto
von Northeim, sondern seine maßlose Erwerbspolitik hatte
- mag sie auch auf großen Zukunftsplänen beruht haben - schon
zu Beginn des Folgejahres auch seinen Sturz am Hofe zur Folge, wobei fast
sämtliche Übertragungen an Bremen seit 1063 wieder verlorengingen.
Daß Bernhard von Werl-Arnsberg nicht der Mann war, sich durch
leere Versprechungen hinhalten zu lassen, erhellt daraus, daß er
schon bald nach der Übertragung seiner Grafschaft an die Bremer Kirche
zu den Waffen griff, um seine friesischen Rechte wieder zur Geltung zu
bringen. Dabei erschlug er den Grafen
Gottschalk (von Zütphen?), den Adalbert bereits mit der Verteidigung,
vielleicht auch Verwaltung der Grafschaft beauftragt hatte. Wahrscheinlich
spielten sich diese Ereignisse unmittelbar nach dem Sturz Adalberts im
Januar 1066 ab, denn auch Udo von Stade trat mit diesem Zeitpunkt wieder
in seine alten Rechte ein. Noch im Jahre 1066 versuchte Adalbert, seine
ärgsten Feinde, die BILLUNGER,
durch einen günstigen Vertrag dafür zu gewinnen, ihm die von
Graf Bernhard von Werl-Arnsberg und auch von Graf
Ekbert von Braunschweig zurückgehaltenen friesischen Grafschaften
zurückzuerobern. Der BILLUNGER Magnus
ging zwar auf diesen Vertrag ein, scheint aber den damit verbundenen
Verpflichtungen nicht nachgekommen zu sein, so daß die friesische
Grafschaft vorerst noch im Besitz Bernhards blieb. Noch seine
Nachkommen erhoben Anspruch darauf, der erst mit der Niederlage und dem
Tod von Bernhards Sohn Konrad
1092 und der erneuten Übertragung
der Grafschaft an Bremen 1096 erlosch.
Mit dem Jahre 1066 verlieren wir die Spur Bernhards
von Werl-Arnsberg. Mit Beharrlichkeit hat er das Erbe seiner Familie
in den Streitfällen seiner Zeit zusammengehalten und seinen Söhnen
und Enkeln vererbt, die in den offenen Kämpfen des Investiturstreitzeitalters
jedoch ungleich schweren Bedrängnissen ausgesetzt waren, aber zumeist
der politischen Richtung Bernhards weiter gefolgt sind.