Leidinger, Paul: Seite 109-116
*************
"Untersuchungen zur Geschichte der Grafen von Werl. Ein Beitrag zur Geschichte des Hochmittelalters."

DIE DRITTE GENERATION

10. GRAF BERNHARD VON WERL-ARNSBERG, SOHN HERMANNS II.,
      BEGRÜNDER DES ARNSBERGER GRAFENHAUSES

Bernhard, der vierte Sohn Hermanns II. von Werl, stellt ohne Zweifel die bedeutednste Grafenpersönlichkeit seiner Generation im WERLER Haus dar. Er begegnet zuerst mit seinem Vater und seinen drei älteren Brüdern am 13. und 14. September 1024 auf dem Fürstentag zu Herzfeld und kann zu diesem Zeitpunkt kaum viel älter als 12 Jahre gewesen sein, so daß sein Geburtsdatum um 1010 anzusetzen ist.
Als jüngster von vier Söhnen kam Bernhard als Hauptträger des Geschlechtes zunächst nicht in Betracht [Zu erwägen ist deshalb, ob Bernhard als Hauptträger des Geschlechtes statt mit dem jüngsten Sohn Hermanns II. von Werl - wie überliefert - mit einem sonst nicht bezeugten Sohn Graf Heinrichs von Werl, des ältesten Sohnes Hermanns II., zu identifizieren ist. Aber für eine solche Vermutung sprechen sonst keine Indizien, so daß sie als unwahrscheinlich abgetan werden kann, zumal sich im Ergebnis dadurch nichts ändert.], dennoch vereinigte er seit der Mitte des 11. Jahrhunderts die Herrschaftsrechte des WERLER Hauses zumeist in seiner Hand, da zu dieser Zeit sowohl seine älteren Brüder, offensichtlich ohne eigene Nachkommen zu hinterlassen, verstarben, als auch die Familienzweige seiner Oheime Rudolf (Nr. 5) und Bernhard von Werl-Hövel (Nr. 6) im Mannesstamm erloschen. Damit war der Weg für Bernhard frei, die Herrschaftsrechte der Familie an sich zu ziehen. Bis auf die Vogtei Werden, die um die Mitte des 11. Jahrhunderts in den Besitz der Grafen von Berg überging, scheint ihm das auch gelungen zu sein, da wir die Kernbesitzungen des WERLER Hauses noch später in der Hand der Nachkommen Bernhards, der Grafen von Werl-Arnsberg (1070-1124) und der Grafen von Arnsberg (1124-1368), finden.
Zur Erstausstattung Bernhards scheinen Grafenrechte in Friesland und im Bistum Osnabrück, also in weiter abgelegenen, aber nicht ganz unbedeutenden Randgebieten, gehört zu haben. So kann Bernhard mit jenem gleichnamigen Grafen identifiziert werden, der nach Aufzeichnungen des Klosters Werden aus den Jahren 1031-1038 Inhaber eines friesischen Komitats östlich der Emsmündung war. Bis zum Jahre 1063 hatte Bernhard diesen Komitat als Reichslehen, nunmehr als im Emsgau, in Westfalen und Engern gelegen bezeichnet, unbestritten inne, dann bewog ihn Erzbischof Adalbert von Bremen wahrscheinlich durch irgendwelche Versprechungen zum Verzicht [DH IV 113 von 1063 aus Regensburg. Die Verzichterklärung Bernhards erhellt aus DH IV 452 von 1096, das die Tradition von 1063 erneuert (vgl. dazu unten Seite 115 n 8.]; doch behauptete Bernhard den Komitat bald darauf wieder, wahrscheinlich weil die versprochenen Gegenleistungen Adalberts ausgeblieben waren. Erst mit dem Tode von Bernhards ältestem Sohn Konrad 1092 in Friesland und mit der anschließenden Erneuerung der Tradition 1096 an die erzbischöfliche Kirche von Bremen gingen dem WERLER Haus die friesischen Grafenrechte endgültig verloren.
Die Grafschaftsrechte Bernhards im Bistum Osnabrück scheinen räumlich umfangreich, aber wegen der dortigen geringen Siedlungsdichte und infolge der Durchlöcherung durch Immunitäten herrschaftsmäßig nicht besonders ergiebig gewesen zu sein, so daß wir zum Jahre 1051 von einem Streit zwischen dem Osnabrücker Bischof und Bernhard um Kompetenzbereiche der Grafen- und Vogteigerichtsbarkeit hören, der von HEINRICH III. für Bernhard negativ entschieden wurde [DH III 269 vom 25. Mai 1051 aus Dortmund.]. Der räumliche Umfang des Grafschaftsbezirks Bernhards im Bistum Osnabrück ergibt sich einmal aus seiner Erwähnung als Graf im Threcwithigau im Süden des Bistums 1058 [DH IV 33 vom 3. März 1058 aus Minden (OUB I 150)], zum anderen daraus, daß der im Norden des Bistums gelegene Komitat im Leri- und Dersigau WERLER Besitz war [Bezeugt für Heinrich 947-955 (DO I 91 und 174); Bernhard 980 (DO II 224); Hermann II. von Werl 1020 (DH II 421).] und daher auch Bernhard zugestanden haben wird, zumal in beiden Komitaten seit 1047 ein Minder Adeliger Athalgar; Sohn Wichings, als Graf nachfolgte, der bei seinem ersten Auftreten 1074 als "regia potestate positus" bezeichnet wird [OUB I 170 vom 23. Septemberg 1074 aus Laer (südlich von Osnabrück); OUB I 190 aus den Jahren 1080/88, den Lerigau betreffend. Über die Grafschaftsverhältnisse in den übrigen Gauen des Bistums Osnabrück sind wir schlecht unterrichtet]. Mit dem Beginn der Sachsenkriege HEINRICHS IV. gingen dem WERLER Haus also die Grafschaftsrechte im Osnabrücker Bistum verloren, wahrscheinlich war Bernhard zu diesem Zeitpunkt schon tot [Sein ältester Sohn Konrad muß zu Beginn der 70-er Jahre die Herrschaftsnachfolge seines Vaters angetreten haben. Bezeugt ist er erst 1077 (Seibertz, UB I 32; vgl. dazu WUB Add Nr. 20, Reg. Eb Köln I 1120), Bernhard zuletzt 1066.]. Trotzdem bestanden Beziehungen seiner Nachkommen zum Hochstift Osnabrück in der Folgezeit weiter fort, wie daraus zu sehen ist, daß Bischof Benno II. Bernhards zweitem Sohn Liupold um 1080 den Hof Goldenstedt (Kr. Vechta) zum Schutz anvertraute, was nicht ohne dessen größeren Einfluß dort denkbar ist [OUB I 188. Für eine Identität Liupolds mit dem gleichnamigen WERL-ARNSBERGER Grafen spricht, daß sein Name zu dieser Zeit sonst in keiner der ansässigen Herrenfamilien dieses Raumes bekannt ist, Liupold in der Urkunde auch dem zuständigen Grafen Athalgar vorangeht. Da die Urkunde in die Zeit der Feldzüge der Gegen-Könige RUDOLF und HERMANN nach Westfalen fällt und die WERLER wie der Bischof Benno II. von Osnabrück auf der Seite HEINRICHS IV. gestanden haben, ergibt sich auch aus diesen zeitpolitischen Verhältnissen ein Bezug der Nachricht auf den Grafen Liupold von Werl-Arnsberg.]. Dagegen wird das Eingreifen von Bernhards Enkel Friedrich von Arnsberg 1120 in den Osnabrücker Raum vornehmlich durch seine Parteinahme für den kaiserlichen Gegen-Bischof Konrad bedingt gewesen sein, hat vielleicht aber auch eigene Machtinteressen im Hintergrund gehabt, die auf dem Rückerwerb alter WERLER Rechte gerichtet waren. Immerhin vermögen diese späteren Nachrichten die Identität des 1051 und 1058 genannten Grafen Bernhard mit dem WERL-ARNSBERGER und dessen Grafschaftsrechte im Bistum Osnabrück zu sichern, die F. von Klocke bestritten hat.
Im Unterschied zu den friesischen und nordwestfälischen Grafschaftsrechten trat Bernhard in die südlicher gelegenen Herrschaftsrechte der Familie im östlichen Münsterland, am mittleren Hellweg, im Sauerland und in die Paderborner Bistumsvogtei offenbar erst als männlicher Alleinerbe des Geschlechts nach der Jahrhundertmitte ein. So zeigt ihn eine Urkunde von 1059 wahrscheinlich als Nachfolger seines Oheims, Bernhard von Werel-Hövel, in dessen Komitat im Dreingau [DH IV 52. Bernhard von Werl-Hövel (Nr. 6), der zu diesem Zeitpunkt bereits 75 Jahre alt gewesen wäre, wird deswegen wohl nicht für das Urkundenzeugnis in Frage kommen. Vgl. oben Seite 101 f.], zwei verfälschte, aber in Bernhards Zeit fallende Traditionen lassen ihn als Inhaber der südwestfälischen Rechte des WERLER Hauses erkennen [WUB Add 10 (Seibertz, UB I 27) von angeblich 1042 nennt die Kirche von Kalle (Kr. Meschede) als im Komitat Bernhards gelegen; eine angebliche Urkunde Erzbischof Siegewins von Köln (1079-1089) für Meschede nennt einen Grafen Bernhard als Mundwalt der Äbtissin Gerberga und deren Schwester, der Stiftsfrau Adelheid, anläßlich der Übertragung eines Gutes an das Stift (Seibertz, UB I 34). Beide Urkunden sind nach Oppermann, Urkundenstudien I 81 f, Fälschungen des 12. Jahrhunderts, letztere jedoch aufgrund echter Traditionsnotizen. Eine positive Beurteilung der letzteren Urkunde gibt E. Wisplinghoff, Untersuchungen 19 ff (vgl. auch Reg Eb Köln I 796 und 1187). Man wird daher das Auftreten des Grafen Bernhard für den südwestlichen Raum als gesichert betrachten können. Die Tradition müßte dann freilich in die Lebenszeit Bernhards, das heißt wohl vor 1070, fallen, so daß das überlieferte Datum entfällt. Vgl. dazu das Fehlen der Datierung in den Traditionsnotizen von Abdinghof (Honselmann, Abdinghof, passim).]. Am deutlichsten jedoch ist Bernhard als Vogt des Hochstifts Paderborn für die Zeit Bischof Imads (10511076) ausgewiesen, eine Stellung, die er sicher als Erbe seines ältesten Bruders erlangt hat [Insgesamt fünf urkundliche Zeugnisse nennen Bernhard als Paderborner Bistumsvogt, von denen das erste von angeblich 1054 jedoch in einer Totalfälschung steht (WUB Add 15; dazu Honselmann, Abdinghof 306 n 68). Von den übrigen gehört eins in die Zeit um 1058 (WUB Add 17; Honselmann, Abdinghof 332 Nr. 3), die anderen sdind nur nach denm Bischofsjahren Imads datierbar, gehören jedoch wahrscheinlich in die Zeit vor 1070, da nach diesem Jahr mit Bernhards Auftreten nicht mehr gerechent werden kann (WUB Add 13 und 18; vgl. Honselmann, Carta 71 f und 141; ferner WUB I 87, 30; vgl. Honselmann, Carta 76).]. Im ganzen gingen die hier genannten Herrschaftsrechte mit der Vogtei Paderborn auch an Bernhards Nachkommen von WERL-ARNSBERG-RIETBERG über.
Wahrscheinlich mit dem Eintritt in das westfälische Erbe verlegte Bernhard den Stammsitz der Familie aus der Hellwegebene in Werl nach dem oberhalb der Ruhr gelegenen Arnsberg im Sauerland; denn daß Bernhard der Erbauer der dortigen sogenannten "Alten Burg" auf dem Rüdenberge gewesen ist, geht daraus hervor, daß die Burg zum Erbe seiner beiden weltlichen Söhne Konrad und Liupold gehörte [Die Burghälfte Konrads blieb arnsbergisch, die Liupolds kam um 1100 durch Schenkung in den Besitz des Erzstifts Köln, vgl. Hömberg, Comitate 39 n 100.]. Fortan blieb Arnsberg die Residenz der Grafen und nach dem Verkauf der Grafschaft 1368 an das Erzstift Köln als Mittelpunkt des kurkölnischen Herzogtums Westfalen bis 1803. Aufgrund des Burgbaus zu Arnsberg hat K. Hömberg Bernhard zur Unterscheidung von seinem Oheim Bernhard von Werl-Hövel "Graf von Werl-Arnsberg" genannt, eine Identifizierung, der auch wir in dieser Arbeit folgen.
Graf Bernhard von Werl-Arnsberg ist der einzige seiner Familie, dessen Verwandtschaft zum salischen Kaiserhaus urkundlich von HEINRICH IV., dem Sohn seines Vetters, Kaiser HEINRICHS III., bezeugt wird, zwar erst zu seiner Zeit, zu der Bernhard schon zwei Jahrzehnte tot war [DH IV 452 von 1096, vgl. den Text Seite 115 n 8.], doch zeigt gerade diese später Erinnerung, daß man sich im Kaiserhaus der WERLER Verwandtschaft wohl bewußt war und daß Bernhard zu seiner Zeit kein ganz unbedeutender Graf gewesen ist.
Entsprechend der beträchtlichen Herrschaftsstellung, die Graf Bernhard von Werl-Arnsberg seit etwa 1050 in seiner Hand vereinigte, können auch seine politische Befähigung und Tätigkeit nicht ganz gering gewesen sein. In zwei Fällen gewähren die Quellen einen näheren Einblick. Die Art, mit der Bernhard auf die Wahrung seiner Rechte bedacht war, zeigt sein Streit im Jahre 1051 mit dem Bischof Alberich von Osnabrück über den Gerichtsstand der Malmannen in dessen Bistum. Als aufmerksamer Graf konnte er die ständig wachsende Immunitätenbildung in seinem Grafschaftsbereich nur mit Widerwillen hinnehmen. Daher versuchte er, seine Gerichtsbarkeit auch über jene Freien auszudehnen, die sich aus irgendwelchen Gründen in den Schutz der bischöflichen Kirche begeben hatten und als Bischofsfreie dem Gericht des Bistumsvogtes unterstanden: Sowohl der Bischof als auch Graf Bernhard wandten sich in dieser Angelegenheit an den Kaiser, der darüber zusammen mit seinen Ratgebern am 25. Mai 1051 zu Dortmund urteilte. Die Streitfrage wurde jedoch zuungunsten Bernhards, obgleich er ein Vetter HEINRICHS III. war [Bernhards Vater, Hermann II. von Werl, war ein Halbbruder der Kaiserin Gisela, der Mutter HEINRICHS III.], entschieden [DH III 269].
Zur Zeit der Minderjährigkeit HEINRICHS IV. und des Reichsregimentes der Fürsten trat offenbar auch Bernhard von Werl-Arnsberg in nähere Beziehungen zum königlichen Hof, wozu ihm seine nahe Verwandtschaft zu den SALIERN, auf die sich nur wenige Fürsten im Reich berufen konnten, den Weg zu ebnen vermochte. Immerhin ist bemerkenswert, daß der königliche Hof kurz vor dem Staatsstreich Annos von Köln 1062 in Westfalen das Herrschaftsgebiet Bernhards durcheilte. Sicherer sind jedoch die Nachrichten für das Jahr 1063, die Bernhard in näherer Beziehung zu Erzbischof Adalbert von Bremen zeigen, mit dem sich Erzbischof Anno im Sommer dieses Jahres in die Leitung der Reichsregierung zu teilen gezwungen sah. So nahm Bernhard von Werl-Arnsberg wahrscheinlich im August 1063 an dem Reichstag zu Mainz und an der sich unmittelbar anschließenden Heerfahrt gegen Ungarn teil, die unter der Führung Erzbischof Adalberts stand, während Erzbischof Anno die Geschäfte im Reich leitete. Nach der siegreichen Rückkehr des deutschen Heeres finden wir Bernhard für den 24. Oktober 1063 zu Regensburg am königlichen Hof bezeugt, als HEINRICH IV. dem Erzstift Bremen Bernhards friesischen Komitat östlich der Emsmündung übertrug, der vom Reich zu Lehen ging [DH IV 113. Die Anwesenheit Bernhards ist aus den Worten des Bestätigungsdiploms (DH IV 452) von 1096 zu erschließen. So auch Meyer von Knonau I 356.].
Die Umstände der Übertragung sind merkwürdig genug und bezeichnend für die Verhältnisse am Hofe wärend des Reichsregiments der Fürsten. Dem Diplom des jungen Königs zufolge erbaten zahlreiche Fürsten, unter ihnen Erzbischof Anno, die Übertragung wegen der großen Dienstleistungen Erzbischof Adalberts; Adam von Bremen berichtet zuverlässig, daß Adalbert zu dem Erwerb der Grafschaft mit dem Könige die Zahlung von 1.000 Pfund Silber vereinbart habe, von denen er allerdings selbst bei Auflösung des Kirchenschatzes nur die Hälfte aufzubringen vermochte; das Bestätigungsdiplom von 1096 schließlich erzählt die Vorgeschichte der Übertragung - gleichsam als Entschuldigung für die dadurch später eingetretenen Wechselfälle - genauer. Danach vermochte sich HEINRICH IV. damals - wie er sich nach mehr als 30 Jahren noch erinnerte - nicht den herausfordernden Bitten Adalberts zu entziehen, die dieser mit großem fürstlichem Beistand und unter Hinweis auf seine Dienste und Ergebenheit dem Hofe gegenüber vortrug. Und da Adalbert selbst das größte Hindernis für die Tradition ausgeräumt hatte, indem er durch immerwährendes Bitten und Drängen den Vorbesitzer der Grafschaft, Graf Bernhard von Werl-Arnsberg, des Königs Verwandten, endlich zum Verzicht auf seine Rechte und zur Zustimmung verleitete, sah HEINRICH IV. keinen Grund mehr, die Übertragung zu verweigern, wobei er nochmals ausdrücklich das Einverständnis seines Verwandten Bernhard hervorhebt, freilich die Geldzahlung Adalberts verschweigt. Leider besitzen wir kein Zeugnis aus der Sicht des Grafen Bernhard von Werl-Arnsberg, das uns seine Haltung erklären könnte. Aber daß Bernhard sich damals ohne jedes Zugeständnis von seiten Adalberts zum Verzicht auf eine offensichtlich recht einträgliche Grafschaft bereit erklärt hat, erscheint wenig glaubhaft, zumal wir wissen, daß der Erzbischof dem Grafen Udo von Stade für dessen  ihm ebenfalls am gleichen Tage abgetretene Grafschaft im engrischen Bistumsgebiet Bremen jährliche Einkünfte von rund 1.000 Pfund Silber in einem Prekarievertrag überließ. Nach Hucke handelte es sich bei der Übertragung um die Gesamtgrafschaft Udos in Engern, für die Udo statt Lehnsmann des Reiches nun Lehnsmann der Bremer Kirche geworden sei, was für den STADER "im Augenblick keineswegs einen Nachteil" bedeutet habe. Ähnlich vermutet schon Hömberg, daß es sich bei der Übertragung von Bernhards Grafschaft 1063 in den Gauen Emisga, Westfala und Angeri ebenfalls um die Gesamtgrafschaft des WERLER in ihrer ganzen Ausdehnung von Friesland bis zum Sauerland gehandelt haben könnte. Wenngleich sich durch die Restitutionsurkunde von 1096 auch zeigt, daß es dem Bremer Erzbischof vornehmlich wohl nur um die Grafschaft östlich der Emsmündung im friesischen und westfälischen Emsgau ging, so hat die Annahme Hömbergs gewiß manches für sich, rügt Adam von Bremen es doch als einen schweren Charakterfehler Adalberts, daß er aus Ruhmsucht alle angesehenen und bedeutenden Männer Sachsens und anderer Länder zu Vasallen zu machen versuchte, indem er vielen gab, was er hatte, anderen aber versprach, was er nicht hatte. Entsprechend sind dann Gegenleistungen Adalberts an Bernhard - wie bei Udo von Stade - oder zumindest Versprechungen zu vermuten. Zu letzteren könnte vielleicht die Vogtei über das Kloster Corvey gehört haben, das Adalbert sich 1065 von HEINRICH IV. übertragen ließ. Doch begründete Adalbert dadurch nicht nur seine Feindschaft zu Otto von Northeim, sondern seine maßlose Erwerbspolitik hatte - mag sie auch auf großen Zukunftsplänen beruht haben - schon zu Beginn des Folgejahres auch seinen Sturz am Hofe zur Folge, wobei fast sämtliche Übertragungen an Bremen seit 1063 wieder verlorengingen. Daß Bernhard von Werl-Arnsberg nicht der Mann war, sich durch leere Versprechungen hinhalten zu lassen, erhellt daraus, daß er schon bald nach der Übertragung seiner Grafschaft an die Bremer Kirche zu den Waffen griff, um seine friesischen Rechte wieder zur Geltung zu bringen. Dabei erschlug er den Grafen Gottschalk (von Zütphen?), den Adalbert bereits mit der Verteidigung, vielleicht auch Verwaltung der Grafschaft beauftragt hatte. Wahrscheinlich spielten sich diese Ereignisse unmittelbar nach dem Sturz Adalberts im Januar 1066 ab, denn auch Udo von Stade trat mit diesem Zeitpunkt wieder in seine alten Rechte ein. Noch im Jahre 1066 versuchte Adalbert, seine ärgsten Feinde, die BILLUNGER, durch einen günstigen Vertrag dafür zu gewinnen, ihm die von Graf Bernhard von Werl-Arnsberg und auch von Graf Ekbert von Braunschweig zurückgehaltenen friesischen Grafschaften zurückzuerobern. Der BILLUNGER Magnus ging zwar auf diesen Vertrag ein, scheint aber den damit verbundenen Verpflichtungen nicht nachgekommen zu sein, so daß die friesische Grafschaft vorerst noch im Besitz Bernhards blieb. Noch seine Nachkommen erhoben Anspruch darauf, der erst mit der Niederlage und dem Tod von Bernhards Sohn Konrad 1092 und der erneuten Übertragung der Grafschaft an Bremen 1096 erlosch.
Mit dem Jahre 1066 verlieren wir die Spur Bernhards von Werl-Arnsberg. Mit Beharrlichkeit hat er das Erbe seiner Familie in den Streitfällen seiner Zeit zusammengehalten und seinen Söhnen und Enkeln vererbt, die in den offenen Kämpfen des Investiturstreitzeitalters jedoch ungleich schweren Bedrängnissen ausgesetzt waren, aber zumeist der politischen Richtung Bernhards weiter gefolgt sind.