Drittes Buch.
Kapitel 27.
Um diese Zeit gründete Kaiser
Heinrich, die ungeheuren Schätze des Reiches benutzend,
Goslar in Sachsen, welches er, wie es heißt, aus einer kleinen Mühle
oder einer Jägerhütte formend, mit gutem Glücke schnell
zu der so großen Stadt, als welche es uns jetzt sich darstellt, erhob.
In derselben bauete
er auch für sich einen Palast und stiftete daselbst
zwei Klöster zu Ehren Gottes des Allmächtigen, deren eines er
unserem Erzbischof zur Leitung und Aufsicht übergab, darum weil derselbe
ihm in allen Dingen ein unzertrennlicher Gefährte und Mitarbeiter
war. Damals ward ihm auch die Aussicht auf den Erwerb oder den Empfang
der Grafschaften, Abteien und Güter eröffnet, die wir späterhin
zu großer Gefahr für die Kirche erkauft haben, nämlich
die Klöster von Lauressa und Corbeja, die Grafschaften Bernhards
[116 Graf Bernhard II. von Werl (+ um 1079/89) besaß
den Emsgau um Emden und Leer. Schenkung am 24. Oktober 1063. May Reg. 280.
Vgl. III, 46,49. - Graf Ekbert von Braunschweig, Markgraf von Meißen
(1038-1068) hatte sich wohl des Hunesgo und Fivelgo bemächtigt, vgl.
III, 8 mit Anm. 31; III, 46,49. May Reg. 250. Verleihung an Bremen am 25.
April 1057. Verlust 1066.] und Ekibrects, endlich die Güter Sincicum,
Plisna, Groningon, Dispargum und Lismona. Als nun der Metropolitan diese
Besitzungen unter bereits zweifelhaften Umständen sich angeeignet
hatte, da vermeinte er, wie es treffend von Xerxes heißt, über
das Meer wandeln und über
das Land hin schiffen, kurz alles, was er wollte, leicht
vollenden zu können.
Kapitel 45.
Unsere Kirche konnte reich sein, unser Erzbischof brauchte
den von Köln oder Mainz in keiner Beziehung um ihren Glanz und Prunk
zu beneiden. Nur der Bischof von Würzburg war der Einzige, der in
seinem Bisthum, wie man sagt, keine andere Gewalt neben sich hat, da er
selbst sämmtliche Grafenämter seiner Diöcese inne hat, und
deshalb auch das Herzogthum des Landes in seinen Händen hat. Darum
war unser Erzbischof, getrieben von dem Wunsche, es ihm gleich zu thun,
Willens, alle Grafenämter, mit denen irgend eine Gerichtsbarkeit
in seinem Sprengel verknüpft war, in die Gewalt seiner Kirche zu bringen.
Deshalb erlangte er zuerst vom Kaiser jenes höchste Grafenamt in
Friesland, nämlich die Grafengewalt über Fivelgoe,
welche vorher Herzog Gotafrid gehabt hatte und jetzt Ekibert. Die Einkünfte
von demselben sollen tausend Mark Silbers betragen, wovon Ekibert zweihundert
zahlt und Vasall der Kirche ist. Der Erzbischof aber behauptete diese Grafenherrschaft
zehn Jahre lang bis zur Zeit seiner Vertreibung. Ein zweites Grafenamt
war das des Uto, welches sich durch den ganzen Bremer Sprengel zerstreut
verbreitet, zumeist aber um die Elbe herum. Dafür verlieh der Erzbifchof
dem Uto unter dem Namen einer Bede so viel von den Gütern der Kirche,
als auf einen jährlichen Ertrag von tausend Pfund Silbers geschätzt
wird, während jedenfalls mit einer so großen Geldsumme der Kirche
alljährlich ein größerer Nutzen geschafft werden kann,
wofern es uns nicht, um Weltruhm zu erlangen, genügt, darum arm zu
sein, um viele Reiche zu unseren Unterthanen zu haben. Die dritte Grafschaft
lag in Friesland, unserem Sprengel nahe, Namens Emisgoe. Die Ansprüche
unserer Kirche auf dieselbe vertheidigend, ward Gotescalk vom Grafen
Bernhard erschlagen. Für sie gelobte unser Erzbischof dem Könige
tausend Pfund Silbers erlegen zu wollen. Da er aber diese Summe Geldes
nicht leicht ausbringen konnte, so ließ er (o des Schmerzes!) Kreuze,
Altäre, Kronen und andere Zierrathen der Kirche wegnehmen, und beeilte
sich durch Veräußerung dieser Gegenstände den unglückseligen
Vertrag zu vollziehen. Er rühmte sich aber, er werde die Kirche bald
aus einer silbernen zu einer goldenen machen und alles Weggenommene zehnfältig
wieder ersetzen, in derselben Verfahrungsweise, wie er auch schon früher
bei der Niederreißung des Klosters sich gezeigt hatte. [O welch ein
Kirchenraub! Zwei Kreuze, mit Gold und Gemmen geschmückt, ein Hochaltar
und ein Kelch, beide von rothem Golde glänzend und mit edelen Steinen
besetzt, wurden zerbrochen. Sie hielten zwanzig Mark Goldes; Frau Emma
hatte sie mit mehren anderen Geschenken der Bremer Kirche dargebracht.
Der Goldschmidt, der jene Dinge eingeschmolzen hatte, erzählte, er
sei zu seinem großen Leidwesen zu dieser kirchenschänderischen
That gezwungen worden, jene Kreuze zu zerbrechen, und versicherte gewissen
Leuten insgeheim, es sei ihm beim Schlagen des Hammers vorgekommen,
als vernähme er die Stimme eines klagenden Kindes.] Damals also und
auf solche Weise ward der Schatz der Bremischen Kirche, der von den Altvordern
und zu seiner eigenen Zeit mit der größten Anstrengung und mit
großer Hingabe von Seiten der Gläubigen gesammelt war, in einer
einzigen beklagenswerthen Stunde für gar nichts fortgegeben. Und doch
kam durch dieses Geld kaum die Hälfte der Schuld zusammen. Die von
den heiligen Kreuzen abgenommenen Edelsteine sollen von gewissen Leuten,
wie wir gehört haben, an Buhlerinnen verschenkt sein.
Kapitel 48.
Magnus also, der Sohn des Herzogs, sammelte eine Bande
von Räubern und unternahm es, nicht so die Kirche zu bekämpfen
wie seine Väter, sondern er trachtete, indem er den Hirten der Kirche
selbst verfolgte, darnach, den Bischof, um so den langen Streit zu enden,
entweder an seinen Gliedern zu verstümmeln oder völlig
zu tödten. Allein es fehlte auch jenem nicht an Schlauheit sich zu
hüten; bei seinen Vasallen fand er freilich durchaus keine Hülfe.
Damals aber entfloh der Erzbischof, von Herzog Magnus
bedrängt, heimlich in der Nacht nach Goslar, wo er sich ein halbes
Jahr ruhig aus seinem Gute bei Loctuna aufhielt. Sein Hoflager und sein
Hausrath wurden von den Feinden geplündert.
Von solchen Bedrängnissen umstrickt, schloß
er ein zwar schmachvolles, aber doch durch die Noth erzwungenes Bündniß
mit dem Tyrannen, in Folge dessen der, welcher sein Feind war, sein Vasall
wurde, indem der Erzbischof ihm von den Gütern der Kirche tausend
und mehr Hufen zu Lehn übertrug, jedoch mit der Bedingung, daß
die Grafenthümer in Friesland, deren eines Bernhard und deren
anderes Ekibert gegen den Willen des Erzbischofs behaupteten, von Magnus
ohne irgend einen Hinterhalt für die Kirche wiedererkämpft und
derselben wieder zugewiesen würden.
Dem zufolge ward das ganze Bremer Bisthum in drei Theile
eingetheilt und zwar so, daß, während den einen Theil Udo, den
anderen Magnus hatte, dem Bischof selbst kaum ein Drittheil übrig
blieb, und als er auch den noch hinterher unter Eberhard und andere Schmeichler
des Königs vertheilte, behielt
er für sich fast nichts übrig. Denn sowohl
die Höfe des Erzbischofs, als auch die Zehnten der Kirchen, von denen
die Geistlichen, die Wittwen und die Armen unterhalten werden sollten,
kamen nun sämtlich den Laien zu Nutzen, so daß bis auf den heutigen
Tag Buhlerinnen mit Räubern vom Kirchengute schwelgen, indem
sie ihr Gespött haben über den Bischof und über alle Diener
des Altars. Mit diesen so großen Schenkungen hatte also, wie heutzutage
zu sehen ist, der Erzbischof von Udo und Magnus nichts anderes erreicht,
als daß er nicht aus seinem Bisthume vertrieben wurde; von den Anderen
aber erlangte er keine andere Leistung von Dienstpflicht, als nur den Titel
eines
Lehnsherrn.