Einziger Sohn des Königs
Wenzel II. von Böhmen aus seiner 1. Ehe mit der Jutta
von Habsburg, Tochter von König
RUDOLF I.
Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 2190
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Wenzel III., König von Böhmen und Polen
1305-1306
--------------- König von Ungarn 1301-1305
* 6. Oktober 1289, + 4. August 1306 (ermordet)
Einziger Sohn von König Wenzel II. und Guta, Tochter König RUDOLFS
oo 5. Okt. 1305 Viola, Tochter des schlesischen Fürsten von Teschen
Nach dem Aussterben der ARPADEN
wurde
Wenzel III. 1301 in
Ungarn zum König gewählt und
gekrönt, doch infolge der unruhigen Verhältnisse blieb sein Einfluß
auf den nordwestlichen Teil des Landes beschränkt. Im Streit mit
Karl Robert von Neapel aus dem Geschlecht der
ANJOU mußten die PREMYSLIDEN
in Ungarn schon 1305 das Feld räumen. Nach dem Tod seines Vaters (21.
Juni 1305) wurde Wenzel III. König
von Böhmen und Polen, und der noch junge, leichtfertige und
verschwenderischeWenzel III. begann eine
zurückhaltende Regierung unter Einfluß der Ratgeber seines Vaters.
Um die in Polen bedrohte premyslidische
Herrschaft zu retten, schloß er Frieden mit König
ALBRECHT VON HABSBURG und heiratete die Tochter des schlesischen
Fürsten von Teschen. Zugleich verzichtete
Wenzel III. zugunsten Herzog Ottos
von (Nieder-)Bayern
auf die ungarische Krone. Als Wenzel III.
im Sommer 1306, nach dem Fall der Stadt Krakau, einen Feldzug gegen Wladyslaw
Lokietek und seine Anhänger unternahm, wurde er auf der
Burg in Olmütz aus dem Hinterhalt ermordet. Obwohl der Anstifter
der Tat nicht ermittelt werden konnte, darf man annehmen, dass eine Gruppe
unzufriedener böhmischer Adliger für sie verantwortlich war.
Mit Wenzel III. erlosch die uralte
Dynastie der böhmischen Herrscher. Die Nachfolge im Königreich
Böhmen wurde danach aufgrund des freien Wahlrechts des Adels und durch
Heiraten mit Wenzel III. Schwestern
(Heinrich VI. Herzog von Kärnten;
Johann
von Luxemburg) geregelt.
Hoensch, Jörg K.: Seite 260,262
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"Premysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König."
Sein Hauptaugenmerk mußte Wenzel
II. jetzt aber nach Ungarn lenken. Bereits im Februar 1298 hatte
er bei einer festlich gestalteten Zusammenkunft in Wien seinen neunjährigen
Sohn Wenzel mit Elisabeth,
der Tochter des letzten ARPADEN, verlobt.
Als Andreas III. am 14. Janaur 1301
starb, meldete Wenzel II. sofort Erbansprüche
an, verzichtete dann aber auf die ihm von einer ungarischen Magnatenpartei
angebotene Krone zugunsten seines kleinen Sohnes. Wenzel
III. wurde als Ladislaus (Laszlo) V. in
Stuhlweißenburg auch gekrönt und konnte die Residenz in Ofen
einnehmen, mußte sich aber sofort der Angriffe Karl
Roberts von Anjou erwehren, der mit Unterstützung von Papst
Bonifaz VIII. die St.-Stephans-Krone ebenfalls für sich reklamierte.
Sollte die angestrebte dauerhafte Herrschaftsübernahme tatsächlich
gelingen, dann hatten die PREMYSLIDEN
mit Polen und Ungarn einen immensen Machtzuwachs gesichert.
Sein Sohn Wenzel III.
(Vaclav, 1305/06), der als Sechzehnjähriger
die Nachfolge antrat, konzentrierte sich in der realistischen Einsicht,
daß sein Anspruch auf die St.-Stephans-Krone gegen Karl
Robert von Anjou nicht durchzusetzen war, auf die Verteidigung
der gefährdeten Herrschaft über Polen. Deshalb löste
er auch seine Verlobung mit der ungarischen Elisabeth
und vermählte sich mit Viola,
Tochter Herzog Mieszkos I. von Teschen. Da Wladyslaw
Lokietek bereits seit 1303 mit Unterstützung der ungarischen
ANJOU-Partei seine militärischen
Aktivitäten intensiviert und nach Sandomierz auch Teile Kleinpolens
zurückgewonnen hatte, sah sich Wenzel III.
zu raschem Handeln gezwungen. Um sich den Rücken freizuhalten, schloß
Wenzel am 18. August 1305 unter erneutem
Verzicht auf das Egerland und Meißen ebenfalls Frieden mit
seinem Onkel, König ALBRECHT I.,
und trat seine Ansprüche auf das ungarische Königreich
an Herzog Otto von Nieder-Bayern ab,
dem er auch die magyarischen Kroninsignien überließ. Während
der Vorbereitungen eines Feldzugs gegen Wladyslaw
Lokietek wurde Wenzel III.
aber bereits am 4. August 1306 im Haus des Olmützer Domdekans
ermordet. Da die Motive für die Bluttat nicht einwandfrei geklärt
werden konnten, schoben die Zeitgenossen unzufriedenen Adligen, König
ALBRECHT, aber auch ungarischen und polnischen Parteigängern
die Verantwortung für den Mord zu. Mit Wenzel
III. starben die PREMYSLIDEN im
legitimen Agnatenstamm aus, obgleich die auf eine außereheliche Verbindung
Premysl Otakars II. zurückgehende
Troppauer Nebenlinie fortbestand.
Rhode Gotthold: Seite 62
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"Kleine Geschichte Polens."
Nach seinem frühen Tod folgte (Juni 1305) sein 16-jähriger Sohn Wenzel III., der die Ansprüche auf Ungarn aufgab, um Polen zu halten, wo sein Statthalter Ulrich von Boskowitz dem seit 1304 mit ungarischer Hilfe vordringen Wladyslaw Lokietek nur mit Mühe Widerstand leisten konnte. Er war deshalb bereit, die Hilfe des Deutschen Ordens anzunehmen. Als Wladyslaw im Mai 1306 zu Sandomir und Sieradz auch Krakau gewann, rüstete Wenzel III. zu einem Heereszug nach Polen, wurde aber gleich nach dem Aufbruch im August 1306 in Olmütz ermordet. Da mit ihm das Haus der PREMYSLIDEN im Mannesstamm ausstarb und sofort der Kampf um die Nachfolge einsetzte, endete mit seinem Tod die böhmische Herrschaft in Polen.
Palacky Franz: Band II Seite 400-407/Band III Seite
15
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"Geschichte von Böhmen"
Als nach König Wenzels II.
Tode sein einziger Sohn Wenzel III.
den Thron seiner Ahnen bestieg, und sich jetzt "von Gottes Gnaden König
von Böhmen, Ungarn und Polen" schrieb, ahnte wohl noch kein Mensch
die Gefahr, die dem uralten Hause der PREMYSLIDEN
drohte, und den tiefen Abgrund, der in seiner Nähe für Staat
und Volk sich eröffnete. Schon seit einem halben Jahrhundert war dieses
Haus fast beständig, wie man sagt, auf zwei Augen gestanden; eine
im Volke verbreitete alte Prophezeiung [473 Chron. Claustroneoburg
ap. Pez I, 478.] sicherte ihm eine ewige Dauer, sowohl dies als jenes,
erfüllte Könige und Volk mit einer Zuversicht und Sorglosigkeit,
die am Ende beide ins Verderben führte.
Der junge, erst sechzehnjährige Wenzel
gab bei seinem Antritt die besten Hoffnungen für eine lange
und glückliche Regierung. Sein gesunder Körperbau, seine schöne
Gestalt, ein gutes Herz und ausgezeichnete Geistesgaben schienen dies zu
verbürgen; er sprach vier Sprachen, böhmisch, deutsch, ungarisch
und latein mit gleicher Fertigkeit, und wenn das Urteil eines seiner Zeitgenossen
gültig ist, sogar mit besonderer Eleganz und Beredsamkeit. Die Ermahnungen
seines sterbenden Vaters hatte er sich anfangs sehr zu Herzen genommen,
und dessen Beispiel in allem zu befolgen sich bestrebt. Die höchsten
Ämter des Staates blieben wie zuvor besetzt, und auch in den politischen
Verhältnissen sollte vorerst nichts geändert werden.
Die in diesem Jahre fortgesetzten Rüstungen gegen
König ALBRECHT führten zu
keinem Kriege, da Letzterer nicht im Stande wear, den Angriff zu
erneuern. König Wenzel II. aber
schon durch seine Krankheit gehindert wurde, die ungewohnte Offensive zu
ergreifen. Nach des Letzteren Tode aber beeilte sich ALBRECHT,
Gesandte zur Unterhandlung des Friedens nach Prag zu schicken. Da man über
das an den gemeinschaftlichen Vetter, Johann Parricida
abzutretende Meißen sich auf Kosten der polnischen
Krone einigte, und ALBRECHT von allen
übrigen Forderungen, die er vor zwei Jahren gestellt hatte, abstand,
so wurde der Friede schon am 5. August des Jahres in Prag abgeschlossen,
und von ALBRECHT zu Nürnberg am
18. August ratifiziert. Der junge böhmische König machte sich
nämlich anheischig, den Markgrafen von Brandenburg anstatt der ihnen
von seinem Vater verpfändeten meißnischen Städte das Land
Pomerellen zu Pfand abzutreten, damit sein Vetter
Johann Graf von Habsburg in den Besitz von Meißen gelangen
könne. So kam das Markgrafentum Meißen (bloß Pirna und
das Pleißnerland ausgenommen) von Böhmen wieder ab, und auch
Johann von Habsburg
besaß es nur kurze Zeit, da er sich gegen die alten Besitzer
dieses Landes nicht zu halten vermochte.
Die übrigen Artikel des am 5. August geschlossenen
Friedens waren:
die Aufhebung der über König
Wenzel II. und seine Nachkommen ausgesprochene Reichsacht;
König ALBRECHTS
unbedingte Verzichtleistung, in seinem und des Römischen Reiches Namen,
auf alle Reiche, Länder und Besitzungen in Böhmen, Polen und
sonst anderswo, welche König Wenzel II. durch
Erbrecht oder wie immer erlangte [475 Man sieht, daß hier
Ungarn angedeutet ist, welches König ALBRECHT
weder seinem Alliierten Karl Robert
absprechen, noch auch König Wenzels Ansprüche
darauf leugnen wollte.],
daher Anerkennung seiner vollen oberherrlichen Gewalt
und seines ausschließlichen Rechtes auf alle Titel, Ehren und Würden
in denselben, sowie auf den Gebrauch alles dessen, was sich daselbst auf
oder unter der Erde befindet [476 So umschrieb man den Satz, daß
König ALBRECHT kein Recht hatte,
von König Wenzel den Bergwerkszehnten
von Kuttenberg zu verlangen.], ferner wurden die Herzoge
Otto und Stephan von Bayern, die Markgrafen Otto, Hermann, Johann
und Waldemar in Brandenburg, und alle anderen Anhänger des böhmischen
Königs im letzten Kriege in diesen Vertrag eingeschlossen, und alle
gegen sie erlassenen Sprüche König ALBRECHTS
aufgehoben;
den (uns unbekannten) Streit über das Land Breslau
sollten Berthold Graf von Henneberg und Burkhard Burggraf von Magdeburg
als beiderseits erwählte Schiedsrichter schlichten;
endlich sollte über diejenigen Schlösser
im Egerlande, welche die Könige von Böhmen mit barem Gelde
erkauft hatten, der Rechtsweg beiden Parteien frei stehen, während
König Wenzel III. alles dasjenige
an ALBRECHT zurückgab, was sein
Vater einst von König ADOLF darin
erhalten [477 Das Original dieser Urkunde befindet sich noch im
böhmischen Kronarchiv; fehlerhaft gedruckt steht sie in Balbins Miscellan.
VII, 27.].
Wenn schon in diesen Artikeln die Leichtigkeit nicht
zu verkennen war, mit welcher der junge König den Ländern
Meißen und Eger entsagte, so trat sie bald noch stärker
hervor bei der freiwilligen Schenkung der ungarischen Krone und Reichsinsignien
an Herzog Otto von Bayern. Die Übergabe
derselben, und damit gleichzeitig die feierliche Verzichtleistung auf
Ungarn, ging in Brünn vor sich; ohne Zweifel in Gegenwart mehrerer
Abgeordneter derjenigen Partei in Ungarn, welche noch immer an Wenzel
hing, und jetzt an Otto gewiesen wurde.
In Verbindung mit diesem, in aller Geschichte seltenen Akte, stand auch
die Auflösung des Ehegelöbnisses, das den jungen König seit
1298 an die ungarische Prinzessin Elisabeth
gebunden hatte. Er vermählte sich dagegen am 5. Oktober des Jahres
mit der Prinzessin Viola, Tochter des
Herzogs Messek von Teschen, einer der ersten Schönheiten ihrer
Zeit.
Es fiel allgemein auf, daß ein so reicher und mächtiger
Monarch sich mit der Tochter eines so armen Fürstenhauses verband,
wiedas von Teschen war, und häufig wurde die Ansicht geäußert,
seine ungetreuen Räte hätten solches dem arglosen König
eingeredet, damit er nicht durch eine entsprechendere Verbindung noch mehr
in Stand gesetzt werde, seine Macht einst gegen sie geltend zu machen.
Als wenn ein junger Herrscher von seinem Geist und Charakter sich in solchen
Angelegenheiten jemals etwas aufdringen und den eigenen Willen, den
freien Entschluß nehmen ließe! Darum hat die Meinung anderwer
viel mehr Gewicht, die da behaupten, die einflußreichen Barone hätten
des Königs Neigung zu der reizenden Prinzessin aus dem Grunde begünstigt,
weil ihnen dieses das beste Mittel schien, denselben von den Irrwegen zurückzuführen,
auf die ihn sein Leichtsinn und böse Gesellschaft geleitet hatten.
Denn leider hafteten die guten Entschlüpsse, die
er beim Tode seines Vaters gefaßt, nicght tief und lange in seiner
Seele. Er fühlte sich am liebsten in der Gesellschaft seiner Altersgenossen,
und zog solche Söhne der Landesbarone an sich, mit denen er allerlei
jugendlichen Mutwillen treiben konnte. Würfelspiele, Trinkgelage,
zuchtlose Gelüste und selbst nächtliches Herumschwärmen
der liederlichsten Art in den Straßen von Prag wurden mehr und mehr
sein Zeitvertreib, und drohten den einst hoffnungsvollen Prinzen zum verächtlichen
Wüstling umzustalten. Oft wenn er, nach langem Zechen, in später
Nacht von Wein erhitzt, kaum seiner Sinne mächtig blieb, preßten
seine unsauberen Kameraden ihm das Versprechen ansehnlicher Güterschenkungen
ab, um dessen Bestätigung unter Brief und Siegel sie besonnen genug
waren, den Kanzler M. Peter sogleich anzugehen; und wenn dieser, wie natürlich,
den unvernünftigen und verfassungswidrigen Befehlen des trunkenen
Königs zu gehorchen sich weigerte, so reizten sie dessen Zorn gegen
ihn so lange, bis er um seiner eigenen Ruhe und Sicherheit willen nachgab.
Freilich ärgerte sich dann der junge Wenzel
oft, wenn er zu nüchterner Überlegung kam, über den Mißbrauch
seines Leichtsinns, und belobte gar den mutigen Widerstand seines Kanzlers
und seiner übrigen Räte: aber die Rückfälle des Übels
kamen zu häufig, und Violas Macht auf das Gemüt ihres Gemahlös
war nicht hinreichend, ihn davor zu schützen.
Am 13. Februar 1306 vermählte König
Wenzel III. seine älteste Schwester Anna
mit großem Gepränge, wie damals gewöhnlich, dem Herzog
Heinrich von Kärnten in Prag; die zweite, Elisabeth,
hatte er den Jungfrauen im Kloster bei St. Georg zur Erziehung übergeben,
und die dritte, Margareth, erst 10
Jahre alt, war schon im vorigen Jahre mit ihrem Verlobten, Herzog Boleslaw
von Breslau, nach Schlesien abgeführt worden.
Als am ersten Jahrestage seines Regierungsantrittes,
dem Sterbetag seines Vaters, der junge König ins Kloster Königsaal
kam, seine Andacht an dessen Grabe zu verrichten, faßte der dortige
Abt Konrad, der vertrauteste Freund des verstorbene Königs den Entschluß,
seine ernste Stimmung zu benützen, und ihm das Unwürdige seines
bisherigen Benehmens lebhaft und eindringlich vor die Augen zu stellen.
Er machte ihn aufmerksam, wie sehr er sich vom Beispiel seines guten Vaters,
vom Geiste seiner großen Ahnen entferne, mit welcher Schmach er seinen
Ruf bei den Zeitgenossen, sein Andenken bei der Nachwelt bedecke, wie sehr
des Staates Macht und Ansehen durch ihn schon gesunken sei, und wie das
Volk in seinen Landen nicht immer geneigt bleiben werde, diese Entartung
seiner bloßen Unerfahrenheit und Jugend beizumessen. Wenzel
fühlte das Gewicht dieser freien Rede, und nahm sich dem hochgeachteten
Freunde seines Vaters nicht übel; er erschien seitdem oft ernst und
nachdenkend, und vermied die früheren Ausschweifungen immer mehr.
Es war kein Zweifel, daß seine bessere Natur noch nicht alle Kraft
verloren hatte, und man durfte hoffen, daß sie ind er Folge selbst
noch über die böse Angewöhnung den Sieg davontragen werde.
Wladislaw Lokieteks wachsende
Fortschritte in Polen rissen den König endlich aus seiner langen wüsten
Untätigkeit. Seine Statthalter in jenen Ländern, Herzog
Nikolaus von Troppau im Krakau'schen, Heinrich von Lipa in Großpolen,
erklärten, sich nicht halten zu können, wenn ihnen keine bewaffnete
Hilfe aus Böhmen komme. Daher bewilligte der böhmische Landtag
ein allgemeines
Aufgebot zur Befreiung und Erhaltung Polens, gleich als
hätte er dieses schon für eine Bestandteil des böhmischen
Staates angesehen; denn nur zur Verteidigung des eigenen Landes konnte
ein solches Aufgebot verlangt und verwendet werden. Der Sammelplatz des
Heeres war Olmütz; dahin begab sich zu Anfang August auch der König,
der sich selbst an die Spitze seines ersten Feldzugs stellen wollte, und
nahm seine Wohnung im Hause des dortigen Domdechants. Die große Mittagshitze
am 4. August lud ihn zu einer Siesta ein: und als er darauf, im
bloßen Hemd und Schlafrock, aus seinem Zimmer in einen offenen Gang
trat, um sich abzukühlen, wurde er von einem Meuchelmörder, der
sich bis dahin im Hause versteckt hatte, plötzlich überfallen,
und mit drei Dolchstichen tot zu Boden gestreckt. Bei dem Lärm,
der sich darob erhob, bemerkten die im Hause ausgestellten Wachen einen
Krieger, er mit blutgetränktem Dolche in den Hof herabeilte. Sie ergriffen
ihn und hieben ihn in der ersten Wut auf der Stelle in Stücke. Es
wurde später ermittelt, daß er ein Thüringer von Geburt
war und Konrad von Botenstein hieß. Ob aber er und kein anderer
der eigentliche Mörder gewesen, blieb unerwiesen, und kann, gleichwie
der eigentliche Grund, Anlaß und Hergang dieser entsetzlichen Tat,
nimmermehr sichergestellt werden.
Das verhängnisvolle Ereignis traf das Volk von Böhmen
und Mähren ganz unerwartet, wie ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel,
der Haus, Hof und Habe des sicheren Landmanns augenblicklich verzehrt.
An Klagen, Vorwürfen undVermutungen jeder Art [478 Dalimil
behauptet (Seite 318) bestimmt, König ALBRECHT
hätte gegen Wenzel drei Mörder
gedungen gehabt: aber seine Stimme ist, wo von Deutschen die Rede ist,
ebenso ungültig, wie die des Horneck, wenn dieser von Böhmen
spricht. Der gewöhnlich am besten unterrichtete Chronist von Königsaal
(Seite 171) aufrichtig: Miramur omnes, quiod tam immensi flagitii perpetrator
adhuc usque hodie (erschreibt dies 1316), quis pro certo fuerit, ignoratur.
- Sive ille, sive alius reus sit, nescio, Deus scit.] ließ
man es nicht fehlen.
Als König Wenzel III.
jenen Zug nach Polen antrat, von dem er nicht wiederkehren sollte, übergab
er die Verwaltung Böhmens an seiner Statt seinem Schwager, dem Herzog
Heinrich von Kärnten.
Jäschke Kurt-Ulrich: Seite 40,90,91
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"Europa und das römisch-deutsche Reich um 1300."
Doch die Stunde der ANJOUS schlug,
als Andreas III. schon 1301 starb und
nur eine Tochter von seiner ersten Gattin Fennena
von Kujawien hinterließ. Die verfassungsgeschichtliche
Feststellung, Ungarn sei jetzt Wahlmonarchie mit starker dynastischer Bindung
geworden, kann sich gleich an dem ungarischen Kurzkönigtum des PREMYSLIDEN
Wenzel III. von Böhmen orientiren. Denn er wurde gewählt
und geweiht, weil er Enkel einer Bela-Enkelin und mit jener Fennena-Tochter
Elisabeth verlobt war, und zwar als
Ladislaus V. Doch spätestens nach Wenzels
II. Tod vom 21. Juni 1205 kehrte er sich von der Ungarnpolitik
ab, heiratete Viola von Teschen schon
am 5. Oktober 1305 und wandte sich nach Polen. Doch auf dem Zug nach Krakau
wurde er in Olmütz von eigenen Leuten ermordet.
Doch als der päpstliche ANJOU-Kandidat
Karl Robert - seine Mutter war König
RUDOLFS I. Tochter Clementia
- trotz seiner Weihe durch den Elekten von Grasb in Agram von 1301 durch
eine Stuhlweißenburger Erhebung Wenzels
III. von ebenfalls 1301 gefährdet schien, änderte
sich die Haltung König ALBRECHTS I.
Die premyslidische Expansion lediglich
nach Polen hin hatte er unterstützt, und zwar bis hin zu deren Legtimierung
durch König Wenzels Gnesener Weihe
und dessen großpolnische Ehe von 1300; aber
Wenzels III. eventueller Erbanspruch in Ungarn gründete
sich immerhin darauf, daß er Enkel von König
Belas IV. Enklein Kunginde von Tschernigov
und Halitsch war.
Wahrscheinlich für die HABSBURGER
überraschend, hatten sich die PREMYSLIDEN
1301 auch in Ungarn als königsfähig und sogar kirchlich legitimierbar
erwiesen. König ALBRECHT I. befürchtete
nunmehr eine Umfassung der HABSBURGER-Herrschaft
durch die PREMYSLIDEN und forderte
deshalb im Einvernehmen mit Bonifaz VIII. den Rückzug aus Ungarn,
zur Vorbereitung eines einträglichen Kompromisses aber darüber
hinaus noch den Abzug der PREMYSLIDEN aus
Meißen, dem Pleißenland und Egerland sowie 80.000 Mark in bar
oder eine entsprechende Direktbelieferung aus den Kuttenberger Silbergruben.
Militärisch fuhr sich die Auseinandersetzung eben
vor Kuttenberg fest und kostete den HABSBURGER
sogar seine Verbündeten aus Nieder-Bayern und Württemberg,
so daß erst das Ableben des höchstens 34-jährigen
Wenzel II. am 21. Juni 1305 einen Ausgleich zugunsten des rönmischen
Königs ermöglichte, und als jahrs darauf Wenzel
III. zu Olmütz überraschend ermordet wurde,
konnte König ALBRECHT I. Böhmen
sogar als erledigtes Reichslehen für seine ältesten Sohn Rudolf
einzuziehen versuchen.
5.10.1305
oo Viola von Ober-Schlesien, Tochter Mieszkos
von Teschen
x um 1290-21.9.1317
Literatur:
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Engels, Odilo: Die Staufer. Verlag W. Kohlhammer
Stuttgart Berlin Köln 1972, Seite 141 - Hoensch, Jörg
K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer
Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 32,37,53 - Hoensch,
Jörg K.: Premysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König.
Verlag Styria Graz Wien Köln 1989 Seite 260,262 - Jäschke
Kurt-Ulrich: Europa und das römisch-deutsche Reich um 1300. Verlag
W. Kohlhammmer Stuttgart Berlin Köln 1999 Seite 40,53,55,90,91 - Kuthan,
Jiri: Premysl Ottokar II. König, Bauherr und Mäzen. Höfische
Kunst im 13. Jahrhundert, Böhlau Verlag Weimar 1996 Seite 106,113,116,118,141,143,145
-
Palacky Franz: Geschichte von Böhmen 1842
Band II Seite 400-407/Band III Seite 15 - Rhode Gotthold: Kleine
Geschichte Polens. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1965 Seite
61-63 -