Sohn des Grafen Konrad I. von Auxerre (+ 862)
aus dem Hause der WELFEN und der Adelheid
von Tours, Tochter von Graf Hugo; Neffe von Kaiser
LOTHAR I.
Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 1348
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Konrad, Dux in Transjuranien um 870
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Stammvater der burgundischen RUDOLFINGER, die mit Konrads Sohn Rudolf I. 888 das Königreich Burgund begründeten.
Durch seinen Vater Konrad den Älteren ein Neffe der Kaiserin Judith, zudem Bruder des Hugo Abbas (sogenannter westfränkischer WELFE), ist Konrad um 860 als Graf von Auxerre bezeugt. Er war damals mit einer gewissen Walderada verheiratet und wird noch 863/64 als propinquus KARLS DES KAHLEN bezeichnet, den er 858/59 gegen Ludwig II. von O-Franken unterstützt hatte. Bald darauf muß er aber in Ungnade gefallen sein, sich an den Hof Lothars II. begeben haben und durch dessen Vermittlung von KAISER LUDWIG II. VON ITALIEN, dem älteren Bruder Lothars II., mit Transjuranien betraut worden sein. Diesen alten Dukat zwischen Jura und Alpen, also das Land um Genf, Lausanne und Sitten, hatte Lothar II. schon 859 seinem Bruder abgetreten. Faktisch herrschte dort ohnehin nicht Lothar selbst (bzw. LUDWIG II.), sondern Lothars mächtiger, mit ihm verfeindeter Schwager Hukbert von St. Maurice, den Konrad noch 864 bei Orbe besiegte. Konrad, dessen Todesjahr unbekannt ist, vererbte seine neue Herrschaft vor 878 seinem Sohn Rudolf, der damals erstmals als Graf und (Laien-)Abt von St. Maurice d'Agaune begegnet. Möglicherweise war auch Konrad in der Nachfolge Hukberts schon Laienabt dieser mit der neuen Dynastie besonders eng verbundenen Abtei.
Quellen und Literatur:
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RI I/3, 1991, Nr. 179 und 228 - Recueil des Actes de
Charles II le Chauve, ed. G. Tessier, II, Nr. 260 f., 269f. - R. Poupardin,
Leroyaume de Bourgogne (888-1038), 1907 - E. Hlawitschka, Franken, Alemannen,
Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), 1960, 214 f.
Schieffer Rudolf: Seite 163
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"Die Karolinger"
Dort schritt KARL DER KAHLE sogleich mit Waffengewalt gegen Graf Gerhard von Vienne, seinen alten Feind, ein und ersetzte ihn durch seinen neuen Schwager Boso, während im nördlich angrenzenden Raum zwischen Jura und Alpen, der unverändert zum Reich Ludwigs II. gehörte, schon seit längerem der WELFE Konrad, wie sein Bruder Hugo der Abt ein Vetter KARLS DES KAHLEN, dominierte, nachdem er 864 Hukbert bezwungen und getötet hatte.
Schneidmüller Bernd: Seite 62,63,66,70,78
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"Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung."
Und die Annalen von Ste-Colombe/Sens feierten die Laienäbte
Welf, Konrad und Hugo aus der nächsten welfischen
Generation als "Abt von königlicher Herkunft", als "allerchristlichsten
Grafen" oder als "obersten Kleriker bei Hof" wie als Statthalter im Reich
gleich nach dem König.
Als Adelsgruppen um die ROBERTINER
und die RORGONIDEN 858 gegen KARL II.
dessen Bruder Ludwig II. ins Westreich
riefen, gehörten wohl auch Konrad (der Jüngere)
und Hugo, Söhne Konrads (des Älteren), zu
den Parteigängern des O-Franken. Ludwig
übte bereits die Regierungsgeschäfte im Westen aus und sandte
die beiden WELFEN, immerhin die Neffen
seiner Gemahlin Hemma, zur Beobachtung
KARLS II. nach Burgund. Da wechselten
die beiden WELFEN die Partei. Zusammen
mit Erzbischof Hinkmar von Reims organisierten sie den Widerstand gegen
den ostfränkischen Zugriff aufs westfränkische Reich, rieten
ihrem Vetter KARL II. zu raschem Angriff
gegen den unbesorgten Ludwig II. und
zwangen ihn 859 zu überstürzter Flucht. Die Herrschaft KARLS
II. im westfränkischen Reich war damit gerettet. Der Friede
von Koblenz legte 860 den Konflikt zwischen den königlichen Brüdern
bei.
Das Verhalten der beiden welfischen
Brüder war klar genug. Ob es sich um eine Reaktion auf die allmähliche
Aushöhlung welfischer Rechte an
den alemannischen Grafschaften vor 858/59 handelte oder ob Ludwig
II. den WELFEN nach ihrem
"Verrat" 859 die Herrschaft wegnahm, kann nicht eindeutig entschieden werden.
Unmittelbar nach 859 mußten sie jedenfalls ihre politische Zukunft
hauptsächlich im West- und Mittelreich suchen. Im Osten wurden die
Ereignisse von 858/59 zur entscheidenden Zäsur: Für Jahrzehnte
verschwand die WELFEN-Familie aus der
Überlieferung, fern der Könige und ihrer Geschichte. Die genealogsche
Abkunft der späteren WELFEN in
Schwaben von Konrad (dem Älteren) und vielleicht seinem
Sohn Welf I. sind nur erschlossen, auch wenn Namens- und Besitzkontinuität
die biologische Fortdauer der WELFEN
im Raum nördlich des Bodensees nicht unwahrscheinlich machen.
Wie soll man die welfische
Option von 858/59 bewerten? War es Rache für den Machtverlust in Alemannien?
War es die zukunftweisenden Einsicht in die Realität des geteilten
Frankenreichs, die klare Parteinahme erforderte? Dann hätten sich
die WELFEN als einer der ersten Adelsverbände
vernünftig orientiert, die reicheren Entfaltungsmöglichkeiten
im Reich KARLS DES KAHLEN nüchtern
eingeschätzt und ganz konsequent die Erinnerung an die Königsverwandtschaft
mit Ludwig II. getilgt.
Doch es wurde auch gefeiert. KARL
II. wußte daß er sein politisches Überleben
nicht zuletzt den welfischen Verwandten
verdankte. Als wohl inszeniertes Zeichen der Verbundenheit begab er sich
am Dreikönigstag des Jahres 859 nach Auxerre, ins Zentrum welfischer
Macht im westfränkischen Reich.
Die erhoffte und gewährte Belohnung des Vaters war
freilich von zwiespältigem Wert. Zukunftsträchtigen Lohn erhielt
erst sein Sohn Konrad. Für die verlorene Grafschaft Auxerre
erlangte er einen Herrschaftsbezirk (Grafschaft, Dukat) zwischen
Jura und Penninischen Alpen ("Transjuranien"). Das Gebiet um
Genf, Lausanne und Sitten hatte Lothar II.
859 seinem Bruder Kaiser LUDWIG II. abgetreten.
Der rief nun den WELFEN
Konrad ins Land und übertrug ihm vermutlich 864 den transjuranischen
Dukat. Konrad vermochte sich 864 militärisch gegen Hukbert
durchzusetzen und auch seine Nachfolge im ehrwürdigen Kloster St-Maurice
d'Agaune anzutreten, wo den burgundischen WELFEN
ein neues geistliches Zentrum erwuchs. Damit war die Grundlage der späteren
welfischen
Königsherrschaft in Burgund geschaffen.
Hugos Bruder Konrad war schon 878
aus der Überlieferung verschwunden.
Undeutlich bleibt das Konglomerat von Herrschaft und
Besitz, das sich Konrad und sein Sohn Rudolf
in den mehr als 20 Jahren seit Zuweisung der Amtsgewalt in den
Westalpen aufgebaut hatten. Immerhin wird ihr Rang in diesem Raum durch
die Ehe von Rudolfs Schwester Adelheid
mit Herzog Richard Justitiarius von Burgund ebenso deutlich wie in der
(welfischen) Namengebung des aus dieser
Ehe hervorgehenden Nachfolgers Rudolf,
Herzog von Burgund und von 923 bis 936 König des westfränkischen
Reiches.
oo Adelais
-
Kinder:
Rudolf I.
-25.10.912
Adelheid
- nach 929
oo Richard I. der Gerichtsherr Herzog
von Burgund
-1.9.921
Literatur:
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Ay, Karl-Ludwig/Maier, Lorenz/Jahn
Joachim: Die Welfen. Landesgeschichtliche Aspekte ihrer Herrschaft. Universitätsverlag
Konstanz GmbH 1998 Seite 64,102 - Dümmler Ernst: Geschichte
des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin
1865 Band I Seite 422,551 - Hartmann, Wilfried: Ludwig der Deutsche.
Primus Verlag 2002 Seite 92,98 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen,
Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen
Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau
1960 Seite 214 -
Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich
an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968
Seite 66,70 -
Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer
Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter.
Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 434 - Schieffer Rudolf:
Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite
163,181 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung.
W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 62,63,66,70,74,
78,117 -