991. Die Kaiserin Theophanu
starb. Ein Feuer, welches aus dem Rheine aufstieg, verbrannte
die anliegenden Dörfer. Auch die Seeräuber plünderten
und verwüsteten Staverun und zerstörten auch andere Ortschaften
am Strande. König Otto belagerte
mit einem großen sächsischen Heere und mit Misaco's
Hülfe Brennanburg und nahm es ein. Als aber jener von dort fortgezogen,
bemächtigte sich ein Sachse Namens Kizo gegen den Willen des Kaisers
mit Hülfe der Liutizen frech derselben Stadt, und durch die Verstocktheit
jener Slaven unterwarf er sie gewaltsam seinem Gebote gegen alles göttliche
und menschliche Recht; häufig machte er räuberische Einfälle
nach Sachsen am Elbflusse; doch durch Gottes Gnade nicht als Sieger, sondern
wie ein flüchtiger Dieb floh er heimlich davon.
992. König Otto
ging mit starker Mannschaft der Seinen zum zweiten Male nach Brennanburg
und zu ihm kamen der Baiernherzog Heinrich
und der Böhmenfürst Bolizlav mit zahlloser Menge, dem Könige
zu helfen. Bolizlav aber, Misachos
Sohn, der unmöglich persönlich zu seinem Herrn dem Könige
zu kommen vermochte, weil ihm ein gefährlicher Krieg gegen die Russen
bevorstand, hatte zum Dienste des Königs in guter Treue seine Ritter
geschickt. Der Herr König jedoch, welcher den guten Versprechungen
der Slaven traute und seinen Fürsten nicht widerstreben mochte, gewährte
jenen zum zweiten Male Frieden und kehrte von dort in die Heimat zurück.
Aber nach gewohnter Weise haben jene in allem gelogen. In demselben Jahre
zog Bischof Gerdag des Gebets wegen zur Kirche des heiligen Peter in Rom
und auf der Rückkehr von hier starb er in Como am 7. Dezember. Er
saß zwei Jahre, elf Monate und vierzehn Tage auf dem bischöflichen
Stuhle. Misaco starb und ihm folgte
sein Sohn Bolizlavo.
993. Der königliche Capellan Bernward wird am 15.
Januar zum Bischofe für die heilige Hildinesheimer Kirche geweiht.
Kizo, welcher vorher ein Empörer und Ausreißer gewesen, brach
sein den Slaven früher geleistetes Gelübde und unterwarf
sich mit den Seinen und der genannten Stadt Brennanburg dem Gebote des
Königs. Der König aber feierte den heiligen Ostertag in Engilenheim.
Vom Tage des heiligen Täufers Johannes bis zum 9. November war fast
durch den ganzen Sommer und Herbst übergroße Dürre und
entsetzliche Hitze, so daß zahllose Früchte wegen der Sonnenglut
nicht zur zeitgemäßen Reife kamen; darauf folgte nicht geringe
Kälte und es fiel viel Schnee und zugleich ereignete sich eine große
Pest und Sterblichkeit unter Menschen und Vieh. Und in diesem Jahre rüsteten
die Sachsen zu dreien Malen einen Zug gegen die Slaven und richteten nichts
aus; dagegen suchten die Slaven mit häufigen Räubereien Sachsen
heim.
994. Die Söhne des Grafen Heinrich, Heinrich,
Udo und Sigifrid, kämpfen auf Befehl des Kaisers gegen
die Seeräuber. Von ihnen wurde einer getödtet, zwei gefangen.
Das Schloß Ilseneburg wird eine Behausung für Mönche.
Die Jahre 1100-1103.
In der 7. Indiction, 1100, harter Winter und große
Hungersnoth. Markgraf Udo griff mit Mehreren von den Sachsen die
Barbaren an, welche auch Liutizen hießen, und hat ruhmvoll gesiegt.
Markgräfin Athela starb auf dem Wege nach Rom.
Herzog Godefrid starb in Jerusalem [und liegt nicht weit vom
heiligen Grabe bestattet]; für ihn, der das Heer der Christen leitete,
wird sein Bruder [Baldewin] eingesetzt.
In der 8. Indiction, 1101, feierte der Kaiser Weihnachten
in Mainz. Dort kamen viele Fürsten zusammen und gaben dem Kaiser den
Rath, daß er Boten nach Rom wegen der Einigung der Kirche schicken
und einen Papst nach der Wahl der Römer und aller Kirchen einsetzen
sollte. Graf Heinrich gewann des Kaisers Gnade und der Kaiser selbst
übertrug ihm die Mark der Friesen. Er zog sogleich mit seiner Gattin
dorthin, wurde aber selbst getödtet, und sie ist kaum entronnen.
In der 9. Indiction, 1102, feierte der Kaiser Weihnachten
in Mainz, wo Heinrich, Graf von Lintburg, zum Herzoge gemacht wurde.
In der 10. Indiction, 1103, feierte der Kaiser
Weihnachten in Mainz, wo die Fürsten zusammenkamen. Und am Tage der
Erscheinung des Herrn sang Bischof Emehard von Wirceburg bei Sankt Martin
die Messe, und als der Bischof während der Feierlichkeit der Messe
das Volk ermahnte, da versprach der Kaiser wie im Herzen getroffen vor
Gott, für seine Sünden nach Jerusalem zu ziehen, und hinterging
so die Großen des Reichs. Und obschon die Fürsten öfters
an seinen Hof kamen, so thaten sie nichts für den Staat, und verfolgten
nur ihre eigenen Zwecke; deshalb verkehrten sie mit ihm in erlogener Treue
und verschworen sich gegen ihn. Und er täuschte alle Reichsfürsten
also, daß er keine Angelegenheit des Staats mit Wahrheit betrieb,
außer daß in seinen Zeiten alles zu Grunde ging. Viele Städte
und Flecken wurden durch seinen Krieg zerstört und er war ein Berauber
der Kirchen Gottes, indem er nämlich den Fürsten, um sie zu gewinnen,
die Güter derselben zutheilte. Wozu noch mehr? Niemand hat jemals
in alten Büchern solche unerhörte Schandthaten beschrieben gefunden,
wie er begangen hat, und wenn ihn nicht Gottes wunderbare Gnade geduldet
und zur Buße aufgespart hätte, hätte die Erde ihn wie Dathan
lebendig verschlungen.
Die Jahre 1112-1114.
1112 feiert der Kaiser Weihnachten in Goslar. Zwietracht
Liutgers und des Markgrafen Roudolf
mit dem Kaiser, weswegen beide nach Spruch der Fürsten verurtheilt
werden. Das Herzogthum wird an Otto von Ballenstädt überlassen,
die Mark an Elperich. Der Kaiser belagert Saltwideli; sie selbst warten
um mit dem Kaiser zu kämpfen nicht weit von dort mit ihrem Heere.
Nachdem aber endlich die Kriegslust verraucht, wenden die genannten Fürsten
sich an die Gnade des Kaisers. Adelbert, der Erwählte von Mainz, geräth
in die Gefangenschaft des Kaisers.
1113 werden Reinhard, der Bischof von Halverstadt, und
Wikbert zum zweiten Male vor dem Kaiser der Untreue bezichtigt. Während
der Bischof abwesend war, kommt der Kaiser nach Halverstadt und belagert
Horneburg. Der Bischof aber und Pfalzgraf Sifrid, Wikbert und Graf Ludwig,
welche mit dem Kaiser kämpfen wollten, bleiben in ihrem Lager, welches
nicht weit davon aufgeschlagen war; nachdem die Stadt sich aber ergeben,
und dem Bischofe selbst ein Tag bestimmt war, um sich, wenn er es vermöchte,
über die Anschuldigungen zu verantworten, hörte jener Kriegslärm
auf. Der Kaiser aber zog zum Rheine. Während dies geschah, wird Wikbert
von Freunden des Kaisers gefangen, Pfalzgraf Sifrid getödtet, was
dem Kaiser nicht geringe Freude verursachte. Ostern feiert der Kaiser in
Worms. Dorthin wird der Bischof von Mainz gebracht; Triveles wird dem Kaiser
übergeben; jener aber wird aufs neue in Haft genommen. Nach
Ostern kommt der Kaiser nach Goslar zurück; Bischof Reinhard erlangt
auf Verwendung der Fürsten die Gnade des Kaisers; Horneburg wird verbrannt.
1114 feiert der Kaiser Weihnachten in Bavenberg. Als
sich am Tage nach Epiphanien die Fürsten des ganzen Reichs versammelt,
vollzieht er seine Vermählung mit der Tochter des englischen Königs
in ungeheurer Pracht, wie vor ihm kein König seit langer Zeit veranstaltet.
Daselbst wird Ludwig, der da glaubte gut in des Kaisers Gnade zu stehen,
auf Befehl desselben ergriffen und in Haft genommen, eine Sache, welche
viele der Fürsten gegen den König erbitterte. Bischof Udo von
Hildesheim starb.
Das Jahr 1115.
1115 feiert der Kaiser Weihnachten in Goslar. Er befiehlt
dem Herzoge Liutger, dem Pfalzgrafen
Fritherich und dem Markgrafen Roudolf, hier am Hofe zu erscheinen.
Sie kommen nicht; inzwischen halten sie sich auf der Burg Walbike
auf. Der Kaiser besetzt Brunswich, verwüstet Halverstadt. Orlagemunden
wird von seinen Freunden eingeschlossen. Gegen diese ziehen Herzog
Liutger und die oben genannten Fürsten, welche für
sich noch Fritherich, den Grafen von Westfalen, Heinrich, dessen Bruder,
Heinrich von Lindburg und Hermann von Calvelage gewonnen hatten. Der Kaiser
aber kam ihnen an einem Orte entgegen, der Welpesholt heißt, und
daselbst kämpften sie heftig mit ihm am 11. Februar und gewinnen einen
vollständigen Sieg. Am Tage Mariä Geburt kam Theoderich, Kardinalpriester
der heiligen römischen Kirche, mit einer zahlreichen Begleitung sächsischer
Fürsten nach Goslar und trug einiges Nützliche über kirchliche
Angelegenheiten vor. Wenige Tage später, vor dem Feste Aller Heiligen,
versammeln sich dieselben in Frideslar zur Verhandlung desjenigen, was
dem Reiche zur Ehre und zum Vortheil gereicht. In derselben Zeit
kommt der Kaiser nach Mainz, als plötzlich die Bürger dieser
Stadt, Vornehme sowohl als Ministerialen ihn angehen, bitten, versprechen
zu jeglichem Dienst ihm stets getreu zu sein, wenn er nur ihnen den Bischof
zurückgebe, den er schon seit drei Jahren gefangen hielt. Endlich
von ihren Bitten besiegt, obwohl auch nach den Zeitumständen gewissermaßen
mit Gewalt dazu gezwungen, gab er ihnen den Bischof zurück.
Die Jahre 1120-1122.
1120 söhnen sich Herzog
Liutger, Pfalzgraf Friderich, Roudolf und mehrere Andere
mit dem Kaiser zu Goslar aus. Große Hungersnoth: ein Maß Roggen
kostete zwei Solidi.
1121 ziehen Herzog Liutger
und Graf Herimann von Winceburg mit zahlreicher und tüchtiger Mannschaft
nach Münster, um Bischof Theoderich wieder einzusetzen. Bei dieser
Einsetzung verbrennen sie durch Unvorsichtigkeit den stolzen Bau der Kirche
des heiligen Paulus fast mit der ganzen Stadt. Der genannte Herzog
führt beinahe sämmtliche Vertheidiger der Stadt, Edle sowohl
wie Dienstleute, gefangen fort, und nachdem dies geschehen, ergiebt sich
ihm die befestigte Stadt Dulmene. Um das Fest des heiligen Michael halten
der Kaiser und die Fürsten des ganzen Reiches im Bischofsitze Werziburg
eine Zusammenkunft und vertragen sich wieder, indem sie die Sache des Kaisers
dem Urtheile und der Klugheit des Herrn Papstes zur Entscheidung überlassen.
1122, am Weihnachtsfeste haben gewaltige Windwirbel zahlreiche
Häuser und Bäume mit ihren Wurzeln umgerissen, und von Regengüssen
entstand eine Ueberschwemmung, welche in ihrer Höhe das Maß
des Glaublichen übersteigt; weil viele Menschen ertranken, ward sie
die Ursache langen Jammers für die, welche sich gerettet hatten. Um
das Fest der heiligen Maria fand die Versammlung der Fürsten zu Speier
statt, wo der Bischof von Ostia, ein frommer Mann, als Legat der heiligen
römischen Kirche den Kaiser auf Befehl des Papstes Kalixtus vom
Banne löste. Der Kaiser aber überließ, um der Kirche gerecht
zu werden, dem heiligen Petrus die Investitur bei den kirchlichen Aemtern,
doch so, daß er, wenn eine freie Wahl vorangegangen und die Vorschriften
des Kirchenrechts beobachtet waren, von seiner kaiserlichen Autorität
bei der Einsetzung der Bischöfe, Aebte oder Aebtissinnen nichts verlor,
was zu seinem Rechte gehörte; sollte aber bei der Besetzung
dieser Aemter, wie es oft geschieht, Streit entstehen, so sollte der Kaiser
mit seiner Macht nach dem Rathe Verständiger dagegen einschreiten.