Pätzold, Stefan: Seite 9
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"Die frühen Wettiner. Adelsfamilie und Hausüberlieferung bis 1221."

Der dritte Ansatz nimmt schließlich die Vermutung wieder auf, daß die WETTINER von einem Spitzenahn namens Burkhard abstammten, sucht allerdings ihrer Heimat in Schwaben, da man der Aussage des Sachsenspiegels folgt, daß die Markgrafen von Meißen nach schwäbischem Recht lebten [17 Sachsenspiegel: Landrecht, Seite 53]. Diese Ansicht wird durch zwei Indizien gestützt. Zum einen läßt ein Eintrag im Gedenkbuch des Klosters Pfäfers vermuten, daß um 950 Beziehungen zwischen dem im Jahre 926 gestorbenen schwäbischen Herzog Burkhard I. und seinem Sohn Burkhard II. sowie mehreren sächsischen Adligen aus dem Umfeld der Harzgrafengruppe, der Rikdag-Sippe und der IMMEDINGER bestanden [18 Libri Confraternitatum, Seite 383, Nr. 109. Vgl. dazu Decker-Hauff, Ottonen und Schwaben, Seite 247ff., G. Tellenbach, Adelsgeschichte, Seite 174ff., R. Wenskus; Stammesadel; Seite 331f. und zusammenfassend M. Kobuch in den Ergänzungen zu O. Posse Genealogie Tafel 1, Nachträge Seite 2.]. Zum anderen legt das Eindringen der ursprünglich in Sachsen nicht vorkommenden Namen Burkhard und Wieldrut in das Namensgut der immedingischen Liesgaugrafen, die wohl in das Umfeld der Harzgrafen gehörten, eine Verbindung der schwäbischen und der sächsischen Verwandtengruppen nahe [19 Vgl. dazu R. Wenskus, Stammesadel, Seite 143f. und 332f.]. So ist zum Jahre 965 im Liesgau ein Graf Burkhard bezeugt. Daraus leitet man die Vermutung ab, daß die WETTINER von den schwäbischen BURKHARDINGERN abstammten, wobei es als denkbar angesehen wird, daß der Liesgau-Graf Burkhard und Dietrich I. die Söhne von Burkhard II. waren, der in erster Ehe eine Frau aus der immedingisch-harzgräflichen Verwandtengruppe geheiratet hatte [20 Vgl. dazu R. Wenskus, Stammesadel, Seite 333: "So wie sich die Quellen auf diese Weise zusammenordnen, wird man daher auf folgende Vermutung geführt. Burkhard II. wurde nach dem Tod seines Vaters 926 nach Sachsen verbracht und dort mit einer IMMEDINGERIN vermählt, um die Kreise des neuen Herzogs Hermann in Schwaben nicht zu stören. Der 'Sachse' Burkhard mag sein Sohn gewesen sein, der dann 965 als Graf im Liesgau bezeugt ist. Er ist mit seinem Bruder Dedi (Dietrich), der seinen Namen von der immedingischen Mutter vermittelt erhielt, 982 in Calabrien gegen die Araber gefallen". - Zum Problem der (unwahrscheinlichen) Identifikation des wettinischen Spitzenahns mit dem 982 getöteten Grafen Dedi vgl. unten Seite 11 A. 26.].