Thomas gehörte
1234 zu den vier Schiedsrichtern, die die Erbstreitigkeiten zwischen
Amadeus
IV. einer- und seinen Brüdern Aimo
und
Peter
andererseits
schlichteten.
Thomas wurde von Amadeus
aufgestellt,
dem er von den Brüdern am nähesten stand.
Gleich seinen jüngeren Brüdern hatte Thomas
sich
ursprünglich dem priesterlichen Stande gewidmet und es auch zum Kanoniker
in Lausanne und Propst von Valence gebracht, war jedoch in seinen
Bemühungen, dieses Bistum oder das Erzstift Lyon zu erhalten, gescheitert.
Dieser Mißerfolg mag ihm die geistliche Laufbahn verleidet haben.
Er ließ sich daher am 19. April 1235 in Susa von Amadeus mit allen
dessen Besitzungen von Avigliana abwärts, das heißt in der Poebene,
belehnen.
Dank der steigenden Wichtigkeit, welche die italienischen
Verhältnisse für das Haus SAVOYEN in den nächsten
Jahren gewannen, und die auch Amadeuszu steter Aufmerksamkeit nötigten,
hat sich zwischen ihm und
Thomas ein
besonders enges Verhältnis herausgebildet, das zunächst darin
seinen Ausdruck fand, dass ihn Amadeus schon am 23. September 1235
zu seinem Erben in der Grafschaft und Markgrafschaft einsetzte, und zugleich
für die Zeit seiner Abwesenheit zu seinem Stellvertreter ernannte.
Zwei Jahre nachdem ihm Amadeus seine italienischen
Besitzungen überlassen, hatte Thomas
dank seinen italienischen verwandtschaftlichen Verbindungen durch eine
Heirat mit der verwitweten Gräfin
Johanna von Flandern in den Niederlanden Fuß gefaßt.
Johanna,
seit 1233 Witwe, wollte eine neue Ehe mit Simon von Montfort eingehen,
scheiterte am Widerspruch ihres Lehensherren, des Königs von Frankreich.
So mußte sich
Johanna am 12.
April 1237 zu dem Versprechen bequemen, sich nicht mit Simon zu verehelichen.
Ein geeigneter Kandidat fand sich in Thomas von
Savoyen, der allen in Betracht kommenden Faktoren hinreichende
Bürgschaft zu bieten schien: den Königen von Frankreich und England
als ihr Oheim, dem Kaiser, von dem der Graf von Flandern Reichsflandern
zu Lehen trug, als Reichsangehöriger. Thomas
entschloß
sich wirklich zur Heirat mit der nicht mehr jugendlichen Gräfin und
leistete im Dezember 1237 zu Compiegne Ludwig
IX. die Huldigung für die Grafschaft Flandern. Aufforderungen
des Kaisers zum Zuzug nach Italien, die nach der Schlacht von Cortenouva
an ihn ergingen, ließ er unbeachtet, warf sich dagegen mit allem
Eifer in die Händel, in welchen schon sein Vorgänger Ferrand
so
große Rührigkeit entfaltet hatte.
Indessen entfaltete Thomas im
Dienste seines Bruders die größte Rührigkeit, wobei ihm
seine weitverbreiteten Beziehungen zu statten kamen. Von seinem Oberlehnsherrn,
dem König von Frankreich, hatte er sich in seinen finanziellen Schwierigkeiten
weitgehender Nachsicht zu erfreuen; der Papst erteilte ihm am 17. Februar
1239 die Erlaubnis, mit seiner Gemahlin, trotz Verwandtschaft im 4. Grade,
verehelicht zu bleiben, was für Thomas
besonders wichtig war, da mit der Ungültigkeit seiner Ehe auch jeder
Anspruch auf Flandern für ihn erlosch; endlich erschloß ihm
ein kurzer Besuch, den er im August 1239 seinem königlichen Neffen
in England abstattete, neue finanzielle Hilfsquellen. Er huldigte
Heinrich für seine Lehen - ob für irgendwelche eigene,
die er in England besessen haben könnte oder diejenigen seines Vorgängers
Ferrand,
ist nicht gewiß - und erhielt dafür 500 Mark bar und ebensoviel
als jährliche Rente zugesichert, außerdem einen Zoll von vier
Denaren auf jeden Sack Wolle, der von England nach Flandern ausgeführt
wurde. Er sah sich dadurch in den Stand gesetzt, nach seiner Rückkehr
in Flandern ein Söldnerheer anzuwerben und damit den Krieg gegen Bischof
Otto von Lüttich zu eröffnen. Der Herzog von Brabant und seine
Verbündeten führten den Krieg gegen Thomas mit soviel
Nachdruck, daß sich Ludwig von Frankreich
zum Einschreiten genötigt sah.
Nach der Inthronisierung Rudolfs als Bischof von Lüttich
hatte Thomas einige Zeit lang Ruhe gehalten und in Flandern geweilt.
Wie bereits bemerkt, hatte er sich dann 1242 an dem englisch-französischen
Krieg beteiligt, wird jedoch durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen
davor bewahrt geblieben sein, von seinem Oberlehensherrn zur Verantwortung
gezogen zu werden. Er kehrte nach Flandern zurück und unternahm im
Herbst einen Einfall nach Brabant, begnügte sich aber damit, die Besitzungen
des Abtei Ninoves zu verheeren und den Ort Pamele niederzubrennen, worauf
er zurückging. Nachdem er Ende des Jahres mit seiner Gattin und seiner
Schwester Beatrix von Provence am französischen Hofe eingetroffen
und dann zu einem kurzem Besuch nach England gegangen war, erschien er
plötzlich am 23. Juni 1243 mit 100 Rittern beim Heere König
Enzios, der soeben die Belagerung von Olubra begonnen hatte.
Enzios
Zug gegen Vercelli mißlang und Thomas
wurde überdies noch von Georg von Montelongo exkommuniziert. Er kehrte
im August, wahrscheinlich nachdem er noch an Enzios
Verwüstungszug
in das Gebiet des Markgrafen von Montferrat teilgenommen, in das savoyische
Gebiet zurück und betrieb mit Eifer seine Aussöhnung mit der
Kurie. Innocenz
IV. machte ihm die Rückkehr leicht: er bestätigte
Thomas
im Dezember 1243 nicht nur die Schenkung einer lebenslänglichen Rente
von 6.000 Pfund, die ihm seine Gemahlin das Jahr vorher ausgesetzt hatte,
sondern erteilte ihm auch, um abermalige Unannehmlichkeiten seitens der
Organe der Kurie in Zukunft für ihn auszuschließen, das Privileg,
dass es spezieller päpstlicher Erlaubnis bedürfe, um ihn oder
seine Gemahlin mit der Exkommunikation oder ihr Land mit dem Interdikt
zu belegen.
Die kuriale Richtung, welche das savoyische
Haus eingeschlagen hatte, erfuhr noch schärfere Betonung,
als Thomas wenige Monate nach der Durchreise
des Papstes aus Flandern, wohin er einige Zeit nach seiner Teilnahme an
Enzios
Expedition gegangen war, nach Italien zurückkehrte. Am 5. Dezember
1244 war seine Gemahlin Johanna kinderlos
gestorben; die Grafschaft fiel somit an ihre Schwester Margarethe von
Dampierre, und Thomas, von seiner
Gemahlin übrigens mit einer reichlichen Rente auf Lebenszeit bedacht,
sah sich genötigt, nach Italien zurückzukehren, wo ihm Amadeus
am 16. Juli 1245 die 1235 geschehene Belehnung mit seinen italienischen
Besitzungen bestätigte und wiederholte. Thomas
war
von vornherein entschlossen, die Sache der päpstlichen Politik, wie
bisher in Flandern, so auch in Piemont zu verfechten, und hat der Kurie
vielleicht persönlich seine Dienste angeboten. Demgemäß
erließ Innocenz am 6. und 7. Februar 1245 an Gregor von Montelongo
und die Mailänder gleichlautende Schreiben, in welchen er ihnen Thomas
als
getreuen Anhänger der Kirche empfahl und sie aufforderte, demselben
erforderlichen Falles ihre Unterstützung zu gewähren.
Erfolge in Piemont waren Thomas
seit seiner Rückkehr aus Flandern nicht mehr zuteil geworden, die
Erwerbung von Pinerolo abgerechnet, das sich ihm am 12. März 1246
unterworfen hatte. Dagegen versprachen ihm die kaiserlichen Verleihungen
jetzt bedeutenden Gebietszuwachs; von besonderer Wichtigkeit war dabei
die Erwerbung von Turin, welche die savoyische
Politik
seit nunmehr 150 anstrebte, und jene von Ivrea. Wichtiger als solche nicht
ganz gesicherte Erwerbungen war zweifelsohne die Verleihung des Reichsvikariats
von Pavia aufwärts, mit dessen Übertragung an Thomas
FRIEDRICH
von seiner bisher geübten Praxis abwich. Im Juni 1249 nahm der Kaiser
mit Thomas'
Amtsstellung insofern eine
Änderung vor, als er ihn zum Generallegaten von Lambro aufwärts
ernannte und ihm zugleich das Amt des Präsidates verlieh. Veranlaßt
war die Erweiterung von Thoams'Kompetenz
möglicherweise durch die Gefangennahme Enzios
durch die Bolognesen (26. Mai). Freilich reichte Thomas
Arm nicht über seine nächste Nachbarschaft hinaus, zunächst
beschäftigte ihn der Süden von Piemont.