Johanna                                         Gräfin von Flandern und Henneagu (1205-1244)
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1188 oder 1200-5.12.1244
                          Kloster Marquette

Begraben: Zisterzienserabtei Marquette
 

Älteste Tochter des Grafen Balduins IX. von Flandern und der Marie von Blois-Champagne, Tochter von Graf Heinrich I.
 

Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 526
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Johanna, Gräfin von Flandern und Hennegau
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* 1199/1200, + 5. Dezember 1244

Begraben: Zisterzienserabtei Marquette

Tochter des Grafen Balduin IX. (VI.), Kaiser von Konstantinopel und der Maria von Champagne

Trat Februar 1206 nach Eintreffen der Nachricht vom Ende ihres Vaters das Erbe in den beiden Grafschaften an.
Bis zur Heirat mit Ferrand von Portugal (Januar 1212) unterstand sie der Regentschaft ihres Oheims, Philipp von Namur, und war gemeinsam mit ihrer Schwester Margareta dem König von Frankreich, Philipp II. August, als Faustpfand ausgeliefert. Nach der Schlacht bei Bouvines (1214), während der langen Gefangenschaft ihres Gatten, war sie der Spielball der Intrigen einer frankreichfreundlichen Adelsgruppierung und hatte den Konflikt mit ihrem Schwager Bouchard d'Avesnes, 1225 im Hennegau den Kampf mit einem "falschen Balduin" zu führen. Ihr Gemahl wurde erst 1227, dank ihrer Bemühungen, freigelassen.
1231 gebar sie eine Tochter, Maria.
Johanna förderte nachhaltig geistliche und karitative Einrichtungen (Zisterzienserinnen, Bettelorden, 'hospice comtesse' zu Lille, Bijloke-Abtei zu Gent). Nach dem Tod von Mann (1233) und Tochter (1235) heiratete sie 1237 Thomas von Savoyen. Die Ehe mit ihm, der eine einseitige englandfreundliche Politik betrieb, blieb kinderlos; das Erbe fiel an ihre Schwester Margareta.
Johanna verstand es, in einer Zeit starken politischen Drucks von Seiten Frankreichs den wirtschaftlichen Wohlstand ihrer Fürstentümer dank umsichtiger Förderung der ökonomischen Verbindungen mit England zu bewahren.



Verlag Traugott Bautz www.bautz.de/bbkl
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Band III (1992) Spalten 188-189 Autor: Rainer Witt

JOHANNA von Flandern (auch: Johanna v. Konstantinopel), Gräfin von Flandern und Hennegau
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    + 5.12. 1244 im Kloster Marquette bei Lille
 

Johanna war die Tochter Balduin IX. v. Flandern, des späteren Kaisers von Konstantinopel. Die Regierung über Flandern und Hennegau übernahm sie 1206. 1211 heiratete sie den Prinzen Ferdinand von Portugal, der jedoch 1214 - bei der Schlacht von Bouvines - in französische Gefangenschaft geriet. Das beträchtliche Lösegeld für seinen Freikauf erhielt Johanna von italienischen Kreditgebern. Während ihrer Regierung blühte die flandrische Industrie stark auf, weil Johanna insbesondere die Selbstverwaltung der Städte stärkte und ihnen somit mehr wirtschaftliche Initativen zubilligte. 1226 gründete sie das Große Hospital von Lille, das sich vor allem der Armenversorgung widmete. 1227 stiftete Johanna das Zisterzienserinnenkloster Marquette. Nach dem Tode ihres Gatten Ferdinand (1233) heiratete sie 1237 den Grafen Thomas von Savoien. Johanna stirbt am 5.12.1244 im Kloster Marquette, in das sie sich in den letzten Monaten ihres Lebens zurückgezogen hatte. Sie ist dort neben ihrem 1. Mann begraben. Johanna wird wegen ihrer wohltätigen Stiftungen für die Armen und die Orden in den Menologien der Zisterzienserinnen als Selige aufgeführt. Fest: 5.12.

Literatur:
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Edward Le Glay, Histoire des Comtes de Flandre, 1843, Bd. 1, S. 464-512, Bd. 2, S. 1-69; - ders., Histoire de J. de Constantinople, o.J.; - A. Delassus, J. de Flandre et sa beatification, 21893; - (Gegen Delassus : M. Deshaines, in: Revue des sciences eccls. 2 (1893), S. 289; 3l9; - Louis Trenard (Hg.), Histoire de Pays-Bas Francais, 2 Bde, Bd. 1, S. 162-65 (mit reicher Bibliographie); - Zur Wirtschaftsgeschichte vgl. Georges Bigwood, Les Financiers d'Arras, in: Revue belge de phil. et d'hist. 3 (1924), S. 465-508, 769-819; - Henri Pirenne, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Europas im MA, 31974, S. 126-29; - Traduction de la charte de J. de Constantinople, comtesse de Flandres, en faveur de Wattrelos, Nord, 1220, in: Assoc. Rech. hist. Wattrelos 7 (1986), S. 5-6; - Bnat Belg X, 497-452; - LThk V, 984; - Stadler, Heiligenlexikon IlI, 206; - Torsy, 264; - Zimmermann, Kalendarium Benedictinum III, 398-99.

Rainer Witt

Letzte Änderung: 09.06.1998



Thiele, Andreas: Tafel 28
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

JOHANNA
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* 1200, + 1244

Johanna folgte 1205 zu Flandern/Hennegau und Reichsflandern.

  1. oo 1212
           FERDINAND VON PORTUGAl
                     + 1233

Sohn des Königs Sancho I.

Johanna verlor als Regentin zeitweise Reichsflandern an Holland, gewann es wieder und behauptete die Hoheit über Seeland. Sie gewann 1234 die Burggrafschaft Brügge. 1225-1226 kam es zum Bürgerkrieg gegen einen "Falschen Balduin", der sich als Johannas Vater ausgab und großen Zulauf fand, da Johannas herrische Art unbeliebt war. Sie behauptete sich mit französischer Hilfe.

  2. oo 1237
           THOMAS II. VON SAVOYEN
                    + 1259



Pernoud Regine: Seite 137,201
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"Herrscherin in bewegter Zeit"

Ferrand verließ also am Dreikönigstag des Jahres 1227 sein Gefängnis im Louvre. Zusammen mit seiner Gemahlin, der Gräfin Johanna, kehrte er in seine Domäne Flandern zurück, wo er wieder in alle Rechte eingesetzt wurde. Blanka erließ ihm sogar die Hälfte des Lösegeldes - 25.000 Livres - und erstattete die drei Städte Lille, Douai und Sluis zurück, die er dafür als Pfand gegeben hatte; nur die Burg von Douai behielt sie als Sicherheit.
Flandern hatte dem Königtum einst zu viel Ärger bereitet, als dass Königin-Witwe Blanca von Frankreich nicht stets ein waches Auge darauf gehabt hätte. Johanna, die Witwe Ferrands von Portugal, ist eine ausgesprochen interessante Partie. Da erfährt Blanca zu ihrem Verdruß, dass jemand um ihre Hand angehalten hat, vor dem auf der Hut zu sein sie allen Grund hat: Simon von Montfort. Obwohl vom König von England freundlich willkommen geheißen, der ihn seinem erblichen Besitz der Grafschaft Leicester bestätigt, ist er auf das Festland zurückgekehrt, wo er offensichtlich nach einer vorteilhaften Heirat Ausschau hält. Johanna ist um ein gutes Stück älter als er; das stört ihn nicht, aber Blanca sieht sich vor. Unverzüglich begibt sie sich nach Peronne und zwingt Johanna, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, in der sie auf jegliche Verbindung mit dem Grafen von Leicester verzichtet. Blanca schlug vorsichtshalber Johanna einen Gemahl ihrer eigenen Wahl vor, nämlich Graf Thomas von Savoyen, Königin Margaretes Onkel, den Johanna, die sich mit dem Wunsch ihrer Oberlehnsherrin abgefunden hatte, akzeptierte.

Ehlers Joachim: Seite 150
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"Geschichte Frankreichs im Mittelalter"

Pierre Mauclerc hatte durch Ludwig VIII. ebenfalls Nachteile erlitten, denn nach dem Tode seiner Gemahlin Alix, Erbin der Bretagne, im Jahre 1221 hatte er die Gräfin Johanna von Flandern heiraten wollen, die in eine Scheidung von ihrem seit Bouvines im französischen Kerker festgehaltenen Gemahl Ferrand eingewilligt hatte.
 
 
 
 

    1211
  1. oo Ferrand von Portugal Graf von Flandern (1216-1233)
           24.3.1188-29.7.1233

    1237
  2. oo 1. Thomas II. Graf von Savoyen
      x      1199-1.2.1259
 
 
 
 

Kinder:
1. Ehe

  Maria
  1231-   1235
 
 
 
 

Literatur:
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Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 150 - Le Goff Jacques: Ludwig der Heilige, Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 112,220 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 196,226 - Hellmann, S.: Die Grafen von Savoyen und das Reich bis zum Ende der staufischen Epoche, Verlag der Wagnerschen Universitäts-Buchhandlung Innsbruck 1900 - Le Goff Jacques: Ludwig der Heilige, Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 112,220 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 87-106 - Pernoud Regine: Herrscherin in bewegter Zeit. Blanca von Kastilien, Königin von Frankreich. Diederichs Verlag München 1991 Seite 25,62,115,132,137,198,200 - Stürner, Wolfgang: Friedrich II. Teil 1: Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194-1220, Primus-Verlag Darmstadt 1997, Seite 224 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 28 - Thorau, Peter: Jahrbücher des Deutschen Reichs unter König Heinrich (VII.) Teil I, Duncker & Humblot Berlin 1998, Seite 109,123-126 - Winkelmann Eduard: Kaiser Friedrich II. 1. Band, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1963, Seite 350,398-409,499,500 - Winkelmann, Eduard: Jahrbücher der Deutschen Geschichte, Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig 2. Buch Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1873, Seite 351,352,365,375,376,381,456,457,508 -