Gebhard, über
seine Mutter Adelheid ein Halbbruder KONRADS
II., war zur geistlichen Laufbahn gezwungen worden; die
Erhebung auf den Bischofsstuhl von Regensburg, vom Kaiser sicherlich
als eine Maßnahme zur engeren Bindung des bayerischen Vorortes an
die regierende Dynastie gedacht, gab ihm die Möglichkeit zu politischem
Wirken in größerem Rahmen. Er ist ohne Zweifel der meist genannte,
in der Reichspolitik der bedeutendste unter den Regensburger Bischöfen
des 11. Jahrhunderts, aber seinen Ruhm verdankte er nicht seinen geistlichen
Taten und seiner Leistung als Hirte seiner Diözesanen. Er hat seine
Stellung als naher Verwandter des Kaisers konsequent genutzt, um seinen
Einfluß am Hofe massiv zur Geltung zu bringen. Dass dies mitunter
einer Erpressung des Herrschers bedenklich nahekommen konnte, macht die
Schilderung des Anonymus von Herrieden über die Besetzung des Eichstätter
Bischofsstuhles nach dem Tode Gezemanns 1042 deutlich. Dieser und sein
Bruder und Vorgänger Heribert waren auf Vorschlag des Bischofs Bruno
von Würzburg zu ihrem Amt gelangt; nun forderte Gebhard
sue cognationis ac seruitutis gratia, also wegen seiner
Verwandtschaft mit dem SALIER und seines
Dienstes für den König, von HEINRICH
III., seinem Vorschlag zu folgen und dem Regensburger Dompropst
Kuno die Würde zu verleihen. Der König stimmte zu, nahm aber
seine Einwilligung zurück, als er erfuhr, dass Kuno der Sohn eines
Priesters sei. Um aber ein Zerwürfnis mit dem sich äußerst
beleidigt gebenden Oheim zu vermeiden, gestattete er ihm einen zweiten
Vorschlag. Gebhards Wahl fiel auf einen gleichnamigen jüngeren
Verwandten, und er sicherte dem König unbedingte Treue zu, wenn er
seinem Wunsche folge. HEINRICH gab,
nachdem sich vor allem der Erzbischof Bardo von Mainz für den Vorgeschlagenen
verwandt hatte, nach, obwohl ihm der Kandidat als zu jung für das
Amt erschien. Dass HEINRICH dem Oheim
schließlich so weit entgegenkam, obwohl er sich gegenüber den
Fürsten in anderen Fällen durchaus autoritär verhalten konnte,
beweist, wie wichtig ihm die Ergebenheit des Regensburger Bischofs war.
In der Tat hat Gebhard seinen Reichsdienst
über das geforderte Maß hinaus geleistet. Mindestens fünfmal
ist Regensburg während seines Pontifikates als Tagungsort einer Reichsversammlung
bezeugt; sehr viel häufiger noch nahm der Herrscher Aufenthalt in
der Stadt. Hier wurden Fragen der Ostpolitik, vor allem der Beziehungen
zu Böhmen und Ungarn, entschieden und Probleme des bayerischen Herzogtums
verhandelt; hier erklärte sich der Bischof Gebhard I. von Eichstätt
zur Annahme der Papstwürde bereit und stellte als Viktor II. nach
HEINRICHS
III. Tod die Weichen für eine Befriedung der politischen
Verhältnisse in S-Deutschland nach den Aufständen der voraufgegangenen
Jahre. Gebhard III. erscheint als Intervenient
und Petent in mehreren Diplomen
HEINRICHS III.,
er nahm an den beiden Italienzügen des zweiten. SALIERS
teil und hat die Ungarn-Politik des Kaisers wesentlich mitbestimmt. Seine
Rolle ist hier allerdings nicht immer ganz durchschaubar. Am siegreichen
Feldzug von 1044 beteiligt, stand er wohl als treibende Kraft hinter dem
von Bayern provozierten Grenzkonflikt von 1050, mit dem die Feindseligkeiten
wiederaufgenommen wurden. Der nach militärischen Fehlschlägen
von Papst Leo IX. 1052 vermittelte Friede erwies sich, da sich der ungarische
König Andreas seinen Verpflichtungen entzog, als nachteilig
für das Reich, und das kritische Urteil des Altaicher Annalisten,
der honor regni sei dadurch beeinträchtigt worden, dürfte von
Gebhard
geteilt worden sein. Man wird ihn als Haupt der ungarnfeindlichen Kriegspartei
am Hofe ansehen dürfen; dass er dennoch auf der Triburer Reichsversammlung
von 1053 einer ungarischen Gesandtschaft günstige Friedensbedingungen
zu vermitteln suchte, erklärt sich am ehesten aus taktischen Motiven
und zielte darauf ab, dem zu König Andreas
geflohenen, auf dem Merseburger Hoftag von April 1053 abgesetzten Bayernherzog
Konrad seinen wichtigsten Rückhalt zu nehmen. Die Ende 1052 ausgebrochenen
Unruhen in Bayern, in denen Gebhard als
entschiedener Gegenspieler des Herzogs erscheint, hatten wohl auch in tiefgreifenden
Meinungsverschiedenheiten zwischen HEINRICH III.
und
Konrad über die Ungarnpolitik ihre Ursache. Um so überraschender
erscheint der plötzliche Frontwechsel des Regensburger Bischofs, als
er sich 1055 der sich gefährlich ausweitenden Empörung anschloß.
Seine Auflehnung gegen den kaiserlichen Neffen läßt sich eigentlich
nur aus gekränkter Eitelkeit und unbefriedigtem Ehrgeiz verstehen,
denn eigenartigerweise hatte der SALIER nicht
ihn, sondern den Bischof Gebhard von Eichstätt zum Regenten in Bayern
für seinen unmündigen Sohn HEINRICH,
dem er nach Konrads Absetzung das Herzogtum verliehen hatte, bestellt.
Überhaupt hat der Eichstätter Bischof ihm offensichtlich in den
letzten Regierungsjahren HEINRICHS III.
den ersten Rang am Hofe abgelaufen, und der Anonymus von Herrieden dürfte,
wenn er jenen als den mächtigsten Mann nächst dem König
bezeichnete, das Richtige getroffen haben. Das unruhige Temperament seines
Oheims wird HEINRICH dagegen weniger
geschätzt und in manchen Belangen als durchaus nicht ungefährlich
angesehen haben.
Die Aufrührer hatten den Sturz und die Ermordung
des Kaisers geplant. Dass die Empörung schließlich so rasch
in sich zusammenbrach, war nur dem Zufall zu verdanken: Der plötzliche
Tod der Rädelsführer Welf und Konrad verschonte das Reich vor
weiteren Wirren. Gebhard wurde gefangengesetzt,
aber schon bald aus der Haft entlassen. Die schnelle Begnadigung überrascht,
läßt sich jedoch besser verstehen, wenn es tatsächlich
mehr persönliche Gründe und nicht prinzipielle Opposition gegen
die salische Monarchie gewesen sind, die für seine schwankende Haltung
verantwortlich zu machen waren. Der Kaiser mußte auf eine rasche
und vollständige Befriedung Bayerns bedacht sein und konnte sich eine
ungeklärte Lage in der Hauptstadt des Herzogtums nicht leisten. Gebhard
war
an einer Aussöhnung ebenso interessiert; er ist einer der wenigen
Fürsten, deren Anwesenheit am Sterbelager HEINRICHS
III. zu Bodfeld ausdrücklich bezeugt ist.
Fragen wir nach dem Nutzen, den Gebhards Reichsdienst
seiner Regensburger Kirche gebracht hat, so tun wir uns mit einer Antwort
schwer. Erstaunlicherweise hat er, wenn die Überlieferung nicht trügt,
für die Bischofskirche keinen königlichen Gunsterweis erhalten;
dass ihm HEINRICH III. im Jahre 1050
die Reichsabtei Kempten zu Lehen gab, dürfte ihm das servitium regis
erleichtert, seiner Kirche aber nicht einen unmittelbaren Vorteil verschafft
haben. Das Verhältnis zu St. Emmeran blieb gespannt und hat sich in
seinem Pontifikat offenbar noch weiter zugespitzt.