Ordulfs Sohn Magnus
aber, der ihm als Nachfolger an die Spitze O-Sachsens gefolgt war, hatte
sich bereits zu Lebzeiten seines Vaters mit Otto von Northeim verbunden.
Gemeinsam erhoben sie im Frühjahr 1071 die Waffen gegen den König.
In den Auseinandersetzungen dieser ungleichen Kontrahenten wurden die sächsischen
Truppen unter
Magnus und dem Grafen
von Northeim geschlagen. Die beiden Anführer mußten sich König
HEINRICH IV. unterwerfen. Dieser nahm beide in Haft. Ein Jahr
später entließ er den Grafen von Northeim. Aber Magnus
Billung blieb trotz der vielen Versuche seines Vaters, der zu
dieser Zeit noch lebte, weiter auf der Harzburg in Haft gehalten.
So mußte
Ordulf
nicht nur die Gefangenschaft seines Sohnes
über sich ergehen zulassen, dass der Erzbischof von Bremen-Hamburg
die umfangreichen Lehen, die er den BILLUNGERN
hatte überlassen
müssen, wieder an sich riß.
Als Ordulf
starb, befand sich Magnus
Billung noch in Haft. Sein Onkel Hermann versuchte in
mehreren Schritten seine Freilassung zu erreichen. Dazu bot er schließlich
bedeutende Besitztitel an. Doch HEINRICH IV. blieb
hart. Er wollte Magnus Billung nur
dann die Freiheit zurückgeben, wenn dieser auf alle Herrschaftsrechte
und allen Eigenbesitz verzichtete und diese dem König übergab.
Damit wäre HEINRICH IV. unumschränkter
Herr in O-Sachsen gewesen und hätte unter den sächsischen Edlen
aufräumen können. Wenn er diesen billungischen
Besitz an einen seiner Vertrauten übergab, dann war er sicher vor
sächsischen Überfällen, so schloß der junge König.
Nach der Eroberung der Lüneburg durch Magnus'
Onkel
Hermann kam der junge
BILLUNGER frei. Die
BILLUNGER,
nun unter der Führung von Magnus, trieben sofort ihre verlorengegangenen
Besitzungen wieder ein und versuchten natürlich einen tüchtigen
Happen mehr abzuzwacken. Erzbischof Liemar von Bremen bekam dies zu spüren;
er hatte nach dem Tode seines Vorgängers und Königsberaters die
Suppe auszulöffeln, die ihm sein Vorgänger eingebrockt hatte.
Die BILLUNGER hatten sich mehr oder weniger aus
diesen letzten großen Kämpfen heraus gehalten. Auch wenn Hermann
und
Magnus
insgeheim Helfer des Grafen von Northeim waren, so galt ihre
Hauptaufmerksamkeit doch ihren Besitzungen, und so traten sie in der großen
Auseinandersetzung ihres Stammes gegen das Herrscherhaus, das den Sachsen
fremd geworden war, mehr und mehr in den Hintergrund. Dies ließ sie
im Reich ebenso wie in Sachsen in die Bedeutungslosigkeit ihres Stammvaters,
des Vaters von
Hermann
Billung, zurückfallen, von dem man nicht
mehr als seinen Namen wußte.
Was geschehen wäre, wenn sich Ordulf oder
Magnus
an
die Spitze der sächsischen Aufständischen gestellt hätte,
läßt sich nur vermuten. Die Möglichkeit, die königlichen
Truppen mit Hilfe aller Sachsen zu besiegen, lag auf der Hand. Dies hätte
mit Sicherheit Ordulf
oder
Magnus
die
wirkliche Herzogswürde in Sachsen und die unumschränkte Herrschaft
über dieses Land verschafft. Zumindest wäre O-Sachsen zur einzigen
Herrscherfamilie aufgestiegen. Sie hätten es schaffen können,
zuzüglich zu ganz O-Sachsen auch das Gebiet der Wagrier und Abodriten,
die ihrem Gebot unterstellt waren, in den Verband des Landes einzugliedern.
Wahrscheinlich wären auch die Gebiete der Dithmarschen und Stormarn
sowie der Holstengau unter ihre direkte Herrschaft gefallen, in denen sie
ja bereits das Aufgebotsrecht besaßen. Die Truppen im Bardengau jenseits
der Elbe standen ihnen zur Verfügung, wie eine Urkunde der Äbtissin
Adelheid von Quedlinburg für Magnus
erweist, in der sie 1069 bescheinigt, dass im Falle eines Kriegszuges
gegen die Slawen alle zur "Villa Soltau gehörenden Dienstmannen ihres
Klosters unter ihm Kriegsdienst leisten" mußten.
Mit dem Tode Magnus Billungs
am
25. August 1106 ging die Herrschaft der BILLUNGER zu Ende.
Es gab keinen männlichen Nachfolger mehr. Seine beiden Töchter
Wulfhild
und Eilika erhielten die billungischen
Eigengüter und brachten sie nach ihrer Heirat den WELFEN
und den ASKANIERN zu.
Die Stellung der BILLUNGER
war unter Magnus
nach
dem sächsischen Aufstand 1073 bis 1075 und bis zum Tode HEINRICHS
IV. nicht gewachsen, eher war das Gegenteil der Fall. Obgleich
auch Magnus noch für gräflichen
Rechte über die Gaue Tilithi und Marstem ausübte, wie durch einige
Urkunden unter Beweis gestellt ist, ging es steil bergab. Daran änderte
auch die Tatsache nichts, dass Magnus
bis
1106
im
Wethigau und im Osterburger Gau das Sagen hatte und den Vorsitz im Grafengericht
ausübte. Die Tatsache, dass auch Magnus
noch seinen Herrschaftsbereich in gleicher Weise wie
Ordulf
erhalten
konnte, änderte nichts an der Tatsache, dass das Erlöschen dieses
Geschlechtes im Jahre 1106 keinerlei negative Folgen für Sachsen
hatte.