Sohn des Grafen Billing
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2160
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Hermann Billung, Herzog in Sachsen
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+ 13. März 973
Quedlinburg
Eltern unbekannt
oo Hildegard
5 Kinder:
unter anderem
Bernhard I., Herzog
Schwanhild oo Ekkehard I.
Mathilde 1. oo Balduin III. von Flandern, 2. oo Gottfried
der Ältere Graf von Verdun
OTTO I. übertrug Hermann Billung im Herbst 936 den Befehl auf dem Redarierfeldzug, dem wohl ein ständiger Auftrag des Grenzschutzes im Niederelberaum folgte. Doch ist Hermann Billung hier als Markgraf erst 953 bezeugt. Während seiner Abwesenheit wurde Hermann Billung von OTTO I. wiederholt mit der Wahrnehmung von Gerichts- und Herrschaftsbefugnissen betraut (953, während des Aufstandes Liudolfs; 961, anläßlich des zweiten Romzugs OTTOS; 966, vielleicht auf den gesamten sächsischen Raum bezogene "Prokuration"). Die königliche Kanzlei vermied es, Hermanns Befehlsgewalt mit dem Herzogstitel zu belegen und nannte ihn 'marchio' und 'comes'. Im Mittelpunkt seiner Herrschaftsausübung stand die Nordost-Grenze; Hermann Billung hielt die slavischen Völkerschaften der Abodriten, Wagrier und Redarier in Abhängigkeit vom Reich. Er hinterließ seinem Sohn Bernhard ein "machtvolles Herrschaftsgebilde" (Freytag).
Literatur:
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ADB XII, 151-153 - NDB VIII, 640f - Hermann, Slaven [Neubearb.
1986], passim.
Aus dem Geschlecht der BILLUNGER (s. NDB II); Eltern unbekannt
Brüder:
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Wichmann (+ 944)
Amelung (+ 962), Bischof von Verden (seit 933, s. ADB
I)
oo Hildegard
5 Kinder:
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unter anderem
Herzog Bernhard I. in Sachsen (+ 1011, s. NDB II),
Suanehild [1. oo Markgraf Thietmar von Serimunt-Nicici
(+ 978)] [2. oo Markgraf Ekkehard I. von Meißen ( + 1002, s. NDB
IV)],
Mathilde [+ 1008, 1. oo Graf Balduin III. von Flandern
(+ 961), 2. oo Herzog Gottfried von Nieder-Lothringen (+ 1005?, s. NDB
VI)]
Neffen:
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Graf Wichmann der Jüngere (+ 967)
Graf Ekbert
OTTO I. übertrug im Herbst 938 Hermann die Leitung des Feldzuges gegen die Redarier. Dem zeitlich begrenzten Amt des Heerführers scheint der ständige Auftrag gefolgt zu sein, den Grenzschutz an der unteren Elbe auszuüben. Bezeugt wird Hermann als Markgraf in diesem Raum jedoch erst 953. Nach Ausbruch des Liudolfingischen Aufstandes (953) beauftragte OTTO I. ihn, in der Zeit seiner Abwesenheit die Aufgaben des Herzogs in Sachsen wahrzunehmen (erste Prokuration). Bei Antritt des zweiten Romzuges 961 übertrug OTTO I. wiederum Hermann die Prokuration in Sachsen. Während der ersten Prokuration unterdrückte Hermann die Erhebung seiner Neffen Wichmann der Jüngere und Ekbert, die sich mit den Obotriten verbündet hatten, und wahrte dem Grenzraum an der unteren Elbe sowie dessen Hinterland den Frieden. Die zweite Prokuration erfolgte, damit Hermann als Stellvertreter OTTOS I. die Gerichtshoheit in den Gebieten ausüben könne, die der Slawengrenze benachbart waren. Ist der räumliche Geltungsbereich der ersten beiden Prokurationen nicht ganz zweifelsfrei zu ermitteln, so ist eine dritte Prokuration 966 hingegen für das gesamte sächsische Herzogtum wahrscheinlich zu machen. Die drei Prokurationen ließen Hermann zum zeitweiligen Vertreter des Königs gegenüber dem sächsischen Stamm aufsteigen und eine herzogliche Stellung gewinnen, in der er als Gefolgsmann OTTOS I. wirkte. Bezeichnend ist es jedoch, dass die königliche Kanzlei vermied, ihm den Titel eines dux zu geben, sondern ihn nur als marchio oder comes bezeichnete. Seine Tätigkeit erstreckte sich vornehmlich auf die Sicherung der Nordost-Grenze, wo er die slawischen Stämme der Wagrier, Obotriten und auch Redarier in straffer Abhängigkeit vom Reich hielt. Bei seinem Tode hinterließ er ein machtvolles Herrschaftsgebilde, in dem sein Sohn Bernhard I. unbestritten nachfolgte.
Literatur:
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ADB XII; Adam von Bremen, Hamburg, KG, hrsg. v. B. Schmeidler,
in: MG SS rer. Germ. 1917; Die Sachsengesch. d. Widukind v. Korvei, hrsg.
v. P. Hirsch, ebd. 1935; Die Chronik d. Bischofs Thietmar v. Merseburg,
hrsg. v. R. Holtzmann, in: MG SS NS IX, 1935; F. M. Fischer, Politiker
um Otto d. Gr., 1937; R. Bork, Die Billunger, Mit Btr. zur Gesch. d. dt.-wend.
Grenzraumes im 10. und 11. Jh., Diss. Greifswald 1951 (ungedr.); H.-J.
Freytag, Die Herrschaft d. Billunger in Sachsen, 1951; K. Jordan, Hzgt.
u. Stamm in Sachsen während d. hohen MA, in Nd. sächs. Jb. f.
Landesgesch. 30, 1958, S. 1-27; A. K. Hömberg, Westfalen u. d. sächs.
Hzgt., 1963
H 6
Lü: 27.3. Hermannus
primus
dux Saxonie fundator huis cenobii.Parce mihi + 973 Hermann
Billung
Me: 28.3. Herimannus dux
Hermann ist neben
seinen Brüdern,
Wichmann dem Älteren (G 39) und
Bischof Amelung von Verden (B 39), der erste bekannte Angehörige
des
billungischen Geschlechts. Versuche,
die Vorfahren der BILLUNGER festzustellen, führten bisher nicht
zu gesicherten Ergebnissen (vgl. Krüger, Grafschaftsverfassung, S.
79f.; Hömberg, Westfalen und das sächsische Herzogtum, S. 18f.).
Sicher ist jedoch auch der Bericht Adams von Bremen (II,
8) über die niedrige Herkunft Hermanns
falsch, denn die BILLUNGER sind als Verwandte der Nachfahren Widukinds
anzusprechen. Die Analyse des Necrologs führte hier zu neuen Einsichten;
siehe dazu oben S. 68 ff.
Hermann wurde 936
von OTTO I. zum princeps militiae
ernannt und in der Folgezeit dreimal (953, 961, 966) mit der procuratio
Saxoniae beauftragt.
Zum Problem des Hineinwachsens in eine herzogsähnliche
Stellung und den Bezeichnungen comes, marchio
und dux, die Hermann
in den verschiedenen Quellen gegeben werden, vgl. Bork, Billunger Seite
54 f.; Freytag, Herrschaft der Billunger, Seite 8.
Über die Gemahlinnen
Hermanns
herrscht in der Forschung keine Klarheit. In der Tabula gentis Billingorum
(MGH SS 13, S. 344) sind
Hermann zwei
Frauen zugeordnet: Ode com und Hildesuinth com; vgl. oben
S. 49.
Jüngere Quellen erwähnen eine Hildegard
als Gemahlin, was jedoch wohl auf einer Verwechslung mit der Frau seines
Sohnes Bernhard beruht. Entgangen ist der Forschung der Eintrag
am 15. März ins Necrolog von Xanten: Obitus Ode uxoris Hermanni
ducis (vgl. G 27). Der Todestag einer anderen Gemahlin Hermanns
ist nicht bekannt.
Allgemein zu Hermann
vgl. NDB 8, S. 504 f.; Biogr. Wörterbuch 1, Sp. 1123 f.; FW H 45.
Zum Todesdatum: BO Nr. 562e, wo jedoch die Einträge
in die Necrologien von Borghorst, Vreden, Xanten und in das Diptychon Bremense
nicht erwähnt sind.
HERMANN BILLUNG
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+ Quedlinburg 27. III. 973
Begraben: Lüneburg St. Michaelis
936 princeps militiae
940 GRAF im WETIGAU
953,961 und 966 procurator regis in Sachsen
955 GRAF in den Gauen TILITHI und MARSTEN
956 MARCHIO (MARKGRAF)
965 DUX in SACHSEN
gründet St. Michaeliskloster zu Lüneburg
1. oo ODA
+ 15.III. ...
2. oo HILDESUIT
HERMANN I. "BILLUNG"
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+ 973
Graf im Bardengau, Marstengau und Tilithigau
Tritt erst mit seiner Ernennung zum Markgraf im Gebiet
Mecklenburg 936 deutlich hervor; da er in den unterschiedlichsten Titeln
benannt wird nach 936: "Markgraf", "Herzog", "Graf",
"Princeps militae" und den Titeln noch keine klare Definitionen
zugrundelagen, ist die eigentliche Position Hermanns nicht klar
zu bestimmen; es bleibt eine grundsätzliche Verfügungsgewalt
der OTTONEN in Sachsen bestehen, auch
dann, als Hermann zum Verwalter von Sachsen aufrückt
961; er ist als Verwalter-Herzog nur ein Stellvertreter der OTTONEN,
das Herzogtum umfaßt auch nicht das ganze Sachsen, wirklich wirksam
wird er nur im Raum Engern (Mittelteil) zwischen Westfalen und Ostfalen;
Schwerpunkt seiner Politik ist zusammen mit Markgraf Gero die Slawenabwehr;
gerät wegen Besitz-, Rechts- und Erbfragen oft gegen die Neffen und
bringt nach und nach mit starker Hand die Slawen zwischen Elbe-Oder unter
deutsche Hoheit, die Bistümer Havelberg und Brandenburg entstehen;
unterwirft 962/63 sogar Polen. 955 Schlacht an der Recknitz, womit eine
letzte große Revolte niedergeworfen wird; Mitbegründer von
Abtei St. Michael/Lüneburg als "Hauskloster" und deren Vogt; bleibt
stets treue OTTONEN-Stütze; steht
besonders gegen die Garfen von Werl (eventuell gleichen Stammes wie er)
und gegen die Grafen von Stade.
Trillmich Werner:
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"Kaiser Konrad II. und seine Zeit"
OTTO DER GROSSE hatte
936 seinen Freund Hermann mit der Grenzsicherung
gegen Slawen und Dänen beauftragt. Die ihm verliehenen markgräflichen
Befugnisse bezogen sich auf Nordelbien und die ostfälischen Gaue des
Bistums Verden, doch verfügte er dort nur über bäuerliche
Kämpfer, leichte Reiter und wenige ritterliche Vasallen. Diesen Mangel
galt es durch Rodung und Kolonisation zu beheben, denn zur Aufstellung
ausreichender Streitkräfte bedurfte es zusätzlicher Aufgebotsrechte
über Standesgenossen im Hinterland, verbunden mit richterlichen Vollmachten
zur Wahrung des Landfriedens. Der heftige Widerstand des betroffenen Adels
gegen Hermanns Bevorzugung,
dem sich selbst nahe Verwandte anschlossen, und der sich infolge seiner
nochmaligen Erhöhung zum herzoglichen Stellvertreter des Königs
weiter versteifte, konnte nie überwunden werden. Weil den Sachsen
mehr an Tributen lag als an der Bekehrung der Nachbarn, mißglückte
auch die Eingliederung der Ostseeslawen.
1. oo Oda
-15.3.
2. oo ? Hildesuith
-
Kinder:
Bernhard I.
-7.2.1011
Liudger
-26.2.1011
Suanehild
945/55-26.11.1014
1. oo Thietmar I. Markgraf von Meißen
-3.8.979
2. oo Ekkehard I. Markgraf von Meißen
-30.4.1002
Imma Äbtissin von Herford
-
Mathilde
935/45-25.5.1008
961
1. oo Balduin III. Graf von Flandern
940-1.1.962
963
2. oo Gottfried Graf von Verdun
935/40- 995
Literatur:
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