Richenza von Northeim –
Erbin von Harsefeld?
von Dieter Riemer
Ida von Elsdorf
Richenza von Northeim
Königshof Harsefeld
Haupthof Hittfeld
Haupthof Ahlerstedt
Oda von Werl
Otto von Northeim
Richenza eine Ezzonin?
Kloster Kemnade
Udonen in Harsefeld
Ekbertiner, Cobbonen und Liudolfinger
Herkunft der Billunger
Grafen von 811
Billunger von 860 bis 935
Versuch einer billungischen Stammtafel
Erbgut in Westfalen
Zwischenergebnis
Ekbert d.J.
Brunonen
Vogt und Graf Amelung von Paderborn
Wichmann III.
Wichmann IV.
Kloster Corvey
Lothar von Supplingenburg
Adela von Beichlingen
Siegfried IV. von Boyneburg
Ravensberger
Kloster Rastede
Wildeshausen
Tecklenburger und Zupthener
Osnabrücker Hochvogtei
Eilika von Oldenburg
Zusammenfassung
1061 wurde Graf Otto von Northeim
mit dem Herzogtum Bayern belehnt. 1997 begründete Schubert,
daß Otto von Northeim
diesen Aufstieg seiner Heirat mit Richenza,
der Witwe Hermanns III. von Werl,
verdanke: "Vor allem: Richenza
war die Tochter des 1047 verstorbenen Herzogs
Otto von Schwaben."
Zeitgleich hat sich Wolf mit Otto von
Northeim befaßt. Er vermutet in den NORTHEIMERN eine Seitenlinie des Hauses LUXEMBURG und sieht
hierin den Grund für die Erhebung Ottos
zum Herzog von Bayern. Auf die Herkunft von Ottos Frau Richenza geht er nicht
ein.
Schubert belegt sein genealogisches Argument nicht. Er hat es von
Kimpen übernommen, der 1933 erstmalig die Ansicht vertrat, Otto von Northeim sei wegen seiner
Heirat mit Richenza, einer Tochter Ottos von Schwaben, Herzog von Bayern geworden. Kimpen
suchte seinerzeit zu begründen, warum Siegfried von Ballenstedt die
Pfalzgrafschaft der EZZONEN
erhielt. Diese Würde habe er seiner
Frau Gertrud, der Tochter
Heinrichs von Northeims und Gertruds
von Braunschweig, zu verdanken, welche nach Siegfrieds Tod Otto von Rheineck heiratete, der
ebenfalls Pfalzgraf wurde. Da
Heinrichs Mutter Richenza hieß, hielt Kimpen diese
für eine Tochter des Pfalzgrafen
und späteren Herzogs von
Schwaben Otto II., dessen
Schwester namens Richeza polnische Königin wurde.
Schon eine Ahnfrau der EZZONEN
habe Richwara geheißen. Richenzas Nachkommen aus beiden Ehen
hätten Güter um Arnsberg und um Stade besessen. Hierbei
handele es sich um Erbgut der Richenza
nach ihrem Vater Otto, der als
Nachkomme der LIUDOLFINGER in beiden
Gegenden begütert gewesen sei. In der Nähe des STADER Erbgutes sei auch die
ausdrücklich als Schwäbin bezeichnete Ida von Elsdorf begütert, die eine ihrer Töchter Richenza und
eine andere Oda nannte. Da Richenza aus ihrer ersten Ehe mit Hermann III. von Werl eine Tochter Oda hatte, die den Stader Grafen Luder-Udo II.
heiratete, sah Kimpen in Ida von
Elsdorf eine weitere Tochter
Herzogs Otto II. von Schwaben.
Otto II. v. Schwaben
Ida v. Elsdorf Hermann III. v. Werl ∞ Richenza ∞ Otto v. Northeim
Oda + Richenza +
Ebbert
Oda ∞ Udo II. v. Stade
Während Kimpen seine Auffassung 1955 stillschweigend aufgab,
folgten ihr 1956 Hucke, 1958 Lange, 1975 Scheper und 1984 sowie 1995 -
nunmehr einschränkend - Schulze. Abgelehnt wurde Kimpens alte
Hypothese 1966 von K. Schmidt und 1976 von Wenskus.
Ida von Elsdorf
Seit Jahrhunderten wird über die Herkunft der Ida von Elsdorf gerätselt.
Nach Albert von Stade war sie die
Tochter eines Bruders Kaiser HEINRICHS III.
sowie die Tochter einer Schwester des
Papstes Leo IX. - vormals Bruno
- aus dem Hause der Grafen von
Egisheim. Außerdem wird sie als geborene Schwäbin
bezeichnet.
Vollblütige Brüder Kaiser HEINRICHS III. sind nicht bekannt. Seine Mutter Gisela war vor ihrer
Ehe mit Kaiser KONRAD II. mit dem Grafen Bruno von Braunschweig sowie mit Herzog Ernst I. von Schwaben
verheiratet. Aus der Ehe mit Bruno
stammt Ludolf von Braunschweig
und aus der mit Herzog Ernst I. seine
Söhne Ernst II. und Hermann
IV. von Schwaben. Es ist umstritten, ob Gisela um 990
oder 999 geboren wurde. Auch die Reihenfolge ihrer ersten beiden Ehen
und die wahrscheinlichen Geburtsdaten ihrer Söhne aus diesen Ehen
sind Gegenstand langjährigen Gelehrtenstreits.
Einigkeit besteht darüber, daß Herzog Hermann IV. von Schwaben (1030-1038) nicht der Vater der Ida von Elsdorf sein
dürfte, da er mit keiner Schwester
des Papstes Leos IX., sondern mit Adelheid von Turin verheiratet war
und wohl kinderlos verstarb.
Wegen des Hinweises auf die schwäbische Herkunft wurde daher
zunächst ab 1745 sein älterer Bruder Ernst II. von Schwaben (1015-1030) für den Vater der Ida gehalten. Da dessen
Tod sein Stief-Vater Kaiser KONRAD II. damit
kommentiert haben soll, daß bissige Hunde selten Junge
hätten, wurde ab 1875 angenommen, daß er kinderlos verstarb
und damit als Vater der Ida
nicht in Betracht käme.
Krause begründete 1875 die heute herrschende Meinung, daß Ludolf von Braunschweig - der dritte Halb-Bruder Kaiser HEINRICHS III. - der Vater der Ida von Elsdorf sei. Ludolf von Braunschweig sei in
erster Ehe mit einer unbekannten
Gräfin von Egisheim verheiratet gewesen.
NN. v. Egisheim ∞ Ludolf v. Braunschweig ∞ Liutgard/Gertrud
Ida v.
Elsdorf
Bruno Ekbert I.
Ahrens war 1876 der Meinung, der Vater
der Ida könnte keiner der bekannten drei Stief-Brüder
des Kaisers gewesen sein. Er wies darauf hin, daß die einzige bekannte weltliche Schwester des
Papstes die Gattin des Grafen
Adalbert I. von Calw und Mutter
von Graf Adalbert II. von Calw
war, deren Tochter die Ida von Elsdorf dann sein
müsse.
NN v. Egisheim
Adelheid
Hugo IV. v. Egisheim
Kaiser Konrad
II.
Hugo VI. v. Egisheim
Kaiser Heinrich
III.
Papst Leo IX. Schwester NN ∞ Graf
Adalbert v. Calw
Ida v. Elsdorf
Gisi setzte 1887 erstmalig Ida von
Elsdorf mit einer Ida von
Sachsen und Birkendorf gleich, die vor 1080 zusammen mit Herzog Rudolf von Rheinfelden, einem
Grafen Otto und seinem Sohn Friedrich, Graf Ekbert von Sachsen, Tuto von Wagenhausen und Hezelo, dem Vogt des Klosters Reichenau, das Gut
Schluchsee dem Kloster St. Blasien übertrug. Er hielt Graf Bruno von Braunschweig für
ihren Großvater, der wiederum der Sohn eines Ekbert sei, welcher nach
der WELFEN-Genealogie
Markgraf von Stade und ältester Sohn eines Grafen Kuno von Öhningen
gewesen sein soll.
Kuno v. Öhningen
Ekbert v. Öhningen, Markgraf v. Stade
Bruno v. Braunschweig
Ludolf v. Braunschweig
Ida v.
Elsdorf
Bruno
Ekbert I.
Brandenburg meinte 1928, es sei vergebliche Mühe, die Herkunft der
Ida von Elsdorf bestimmen zu
wollen. Zu demselben Ergebnis kam 2000 Brüsch.
Dobbertin entwickelte ab 1962 eine Variante, daß es einen friesischen Grafen Ekbert
nichtehelicher Herkunft gegeben habe, welcher der Stief-Sohn des Herzogs Konrad I. von Schwaben gewesen
sei.
Konrad [∞] Richlint ∞ Kuno v.
Öhningen/Konrad v. Schwaben
Ekbert
Hermann II. v. Schwaben
Bruno v. Braunschweig ∞ Gisela
Gottschalk ∞ Gertrud ∞ Ludolf v. Braunschweig
Ida v. Elsdorf
Bruno
Ekbert I.
Nachdem Graf Kuno 1980
aufgrund einer Eintragung im Verbrüderungsbuch des Klosters
Reichenau - bei der ein Sohn Ekbert
fehlt - mit dem späteren
Herzog Konrad I. von Schwaben identifiziert wurde, wird
heutzutage meist folgende Konstruktion vertreten:
Kuno v. Öhningen = Hzg. Konrad v. Schwaben
Herzog Hermann II. v. Schwaben
Bruno v. Braunschweig
∞ Gisela v. Schwaben
Ludolf v. Braunschweig ∞ Gertrud v. Egisheim
Ida v.
Elsdorf
Bruno
Ekbert I.
1981 entwickelte Faußner eine an Dobbertin angelehnte Theorie zur
Herkunft der Ida von Elsdorf.
Kuno v. Öhningen/Konrad I. v. Schwaben ∞ Ida v. Schwaben
Ezzo ∞
Richenza
Hermann II. v. Schwaben
Bruno v. Braunschweig ∞ Gisela v.
Schwaben
Ekbert (?) ∞ Gertrud v. Egisheim ∞ Ludolf v.
Braunschweig
Ida v.
Elsdorf
Bruno Ekbert I.
Eine Auseinandersetzung mit den Theorien über die Herkunft der Ida von Elsdorf ist hier nicht
notwendig.
Gegen die eingangs referierte These Kimpens, daß Ida von Elsdorf eine Tochter des EZZONEN Herzog Otto II. von
Schwaben sei, ist eingewandt worden, daß dieser
unverheiratet war und keine Kinder gehabt habe. Außerdem war er
kein (Halb)-Bruder Kaiser HEINRICHS III., so
daß Kimpens Ansicht nicht mit den Angaben bei Albert von Stade zu
vereinbaren war.
Richenza von Northeim
Daß damit auch die Herkunft der Richenza
wieder offen ist, wurde bisher übersehen.
Trotz der gegenteiligen Auffassung der EZZONEN-Kennerin
Lewald wird weiterhin überwiegend vertreten, daß Richenza, die Frau Ottos von Northeim, eine EZZONIN und die Tochter des lothringischen Pfalzgrafen
und späteren Herzogs Otto II.
von Schwaben sei. Da Herzog
Otto II. über seine Mutter von den LIUDOLFINGERN
abstamme, habe er im Raum Stade Erbgut gehabt, welches über seine Tochter Richenza an die NORTHEIMER gelangt sei.
Über Richenza selbst gibt es nur wenige Quellen.
Lambert von Hersfeld erwähnt zu 1070, daß König HEINRICH IV. im Feldzug
gegen Otto von Northeim nach
der Übergabe der Burg Desenberg
bei Warburg sein Heer gegen die reichen Besitzungen von Ottos Frau führte.
Zu 1082 meldet der Annalista Saxo den Tod von Markgraf Udo von Stade. Er
erwähnt des Markgrafen Frau Oda
und deren Herkunft als Tochter von
Hermann (III.) von Werl und der Richenza. Er berichtet weiter,
daß Richenza nach dem
Tode des WERLERS Otto von Northeim
heiratete und diesen die drei
Söhne Heinrich der Dicke, Siegfried
von Boyneburg und Kuno von
Beichlingen gebar. Auch werden drei Töchter erwähnt,
von denen aber nur Ethelinde namentlich
benannt wird, welche Herzog Welf von
Bayern verstieß und anschließend Hermann von Kavelage, der Stammvater der RAVENSBERGER,
heiratete. Die jüngste Tochter heiratete Graf Konrad von Werl-Arnsberg.
Soweit der Name dieser Tochter mit Mechthilde
oder Mathilde vermutet wird, handelt es sich um eine
Verwechslung mit der Gattin eines
Grafen Konrad von Arnsberg-Rietberg aus dem 13. Jahrhundert.
Über die mittlere Tochter fehlt eine Nachricht beim Annalista Saxo.
Die Jahrbücher von Magdeburg melden zu 1110 den Tod der Markgräfin Oda, Tochter der Richenza. Sie
ergänzen den Annalista Saxo um den Namen der zweiten Halb-Schwester Ida und die
Nachricht, daß diese Thiemo von
Wettin heiratete.
Die vermutlich erst um 1649/71 durch den letzten Erzabt Bandex
geschriebene Chronica Ecclesiae Rosenfeldensis seu Hassefeldensis
beginnt vor der eigentlichen Geschichte des Klosters Harsefeld mit
Nachrichten über Erzbischof
Liemar von Hamburg-Bremen und Otto
von Northeim. Letzterer habe die Mutter der Markgräfin Oda geheiratet
und mit ihr die drei Söhne
Heinrich der Dicke, Kuno von
Beichlingen und Siegfried von
Boyneburg. Von den Töchtern werden keine Namen, aber als
deren Abkömmlingen die WETTINER,
die ARNSBERGER bzw. OLDENBURGER und die RAVENSBERGER erwähnt. Eine
erstmalig erwähnte vierte
Tochter Ottos von Northeim soll sich mit einem Unfreien
eingelassen haben. Obwohl bei den Kindern an einer Identität kein
Zweifel bestehen kann, nennt die Chronik die Frau Ottos von Northeim nicht Richenza,
sondern Ida. Hucke sah in
dieser Verwechslung ein Indiz für die angebliche Schwesternschaft zwischen Richenza
und Ida von Elsdorf. Dabei
läßt er unberücksichtigt, daß die Harsefelder
Chronik auch behauptet, Graf Ekbert,
der Sohn der Ida von Elsdorf,
sei mit einer Stief-Tochter des
Herzogs Otto von Northeim verheiratet gewesen. Dann
müßte seine Frau eine weitere bisher unbekannte Tochter der Richenza sein, und Graf Ekbert hätte bei einer
Schwesternschaft zwischen Richenza
und Ida von Elsdorf eine
Tochter seiner Tante mütterlicherseits geheiratet, was
ausgeschlossen wäre. Damit können die genealogischen
Irrtümer des Klosterchronisten aus dem 17. Jahrhundert nicht
zugunsten der These von Kimpen, Hucke und Lange herangezogen werden.
Entgegen der Auffassung von Hucke hat dem Harsefelder Chronisten keine
alte Chronik vorgelegen, die eine bessere Quelle als Albert von Stade
gewesen wäre. Erzabt Bandex als mutmaßlichem Verfasser war
ebensowenig wie Albert von Stade die Chronik des Thietmar von Merseburg
bekannt. Thietmars Mutter war
eine UDONIN gewesen und hatte
ihn 994 nach Harsefeld geschickt, damit er den Wikingern als Geisel zur
Auslösung ihres Bruders Graf
Siegfried II. gestellt werden könnte. Die Flucht seines
Oheims bewahrte ihn vor diesem Schicksal.
Lange vermutete aufgrund der Eintragung
Otto puer ducis Ottonis et Rixa für
den Monat Februar im Nekrolog von St. Blasien in Braunschweig wohl
zutreffend, daß Otto von
Northeim und Richenza
noch einen weiteren Sohn namens Otto
hatten, der als Kind verstarb.
Die Lebensdaten der Richenza
sind unbekannt. In dem Nekrolog von St. Blasien in Braunschweig ist nur
der Todesmonat zu finden: In Martio: Rikce ducissa ob. uxor
ducis. Von ihren Familienangehörigen ist bekannt, daß
ihr zweiter Mann Otto von Northeim
1083 und ihre Tochter aus erster Ehe Oda 1110 starben. 1101
wurde ihr Sohn Heinrich und
1103 ihr Sohn Kuno erschlagen,
während ihr Sohn Siegfried 1107
starb. Anhand dieser Daten wird vermutet, daß sie um 1040 jung Hermann von Werl und nach dessen Tod
um 1050 Otto von Northeim
heiratete. Da sie bei Verfügungen ihres zweiten Ehemannes und
ihrer Kinder über ihr mutmaßliches Erbgut nicht erwähnt
wird, ist wahrscheinlich, daß sie vor 1082
verstarb.
Bei Albert von Stade und in der Harsefelder Chronik wird berichtet,
daß die drei Söhne Ottos
von Northeim und der Richenza
jeweils einen Haupthof in der Umgebung von Stade hatten, und zwar
- Heinrich der Fette in
Ahlerstedt (s. Harsefeld)
- Kuno von Beichlingen den
Königshof in Harsefeld
- Siegfried von Boyneburg in
Hittfeld (s. Harburg).
Königshof Harsefeld
Am meisten ist über den Königshof in Harsefeld bekannt. Folgt
man den beiden Chroniken, gründete Graf Kuno das Kloster Katlenburg und
stattete es mit dem Königshof aus. Nach der - verfälschten -
Gründungsurkunde wurde das Kloster jedoch 1105 durch Dietrich III. von Katlenburg und seine Frau Adela von Beichlingen,
die Tochter Kunos von Beichlingen,
gegründet. Letztere gab dem Kloster aus ihrem Erbgut den Haupthof
Harsefeld und 53 Hufen, die zu den Pertinenzen des Haupthofes
gehören dürften:
Adiga
Adiek (ö.
Zeven)
2
Aldenthorp
Grundoldendorf (ö.
Harsefeld)
3
? Oldendorf (nö. Hollenstedt)
Athelwordesburstel Wohlesbostel (nw.
Hollenstedt) 3
Cacamannesthorp Kakenstorf (sö.
Hollenstedt)
2
Dolnere
Dollern (n.
Harsefeld)
3
Glusinge
Todtglüsingen (s.
Hollenstedt)
Vorwerk
Growine
Wüstung ö.
Harsefeld
6
? Grauen (nö. Hollenstedt)
Hersuelde
Harsefeld
Hof mit Viehhaus etc.
Holdenstide
Hollenstedt (s.
Moisburg)
2
Keccinthorp
Ketzendorf (nö.
Hollenstedt)
1
Oddenebutli
Ohlenbüttel (nö.
Hollenstedt)
1
Ordesen
Ohrensen (nw.
Harsefeld)
5
Ozstide
Tostedt
1
Ristede
Rüstje (n. Harsefeld
)
3
Spoccincla
Sprötze (sö.
Hollenstedt)
2
Stenbice
Steinbach (ö.
Harsefeld)
1
? Steinbeck (ö. Hollenstedt)
Stenne
Stemmen (sw.
Tostedt)
1
Suwensic
Sauensiek (w.
Hollenstedt)
2
Thorne
Dohren (n.
Tostedt)
1
Tintine
Wüstung Inten (nö.
Harsefeld)
5
Toteshorne
Todtshorn (sö.
Tostedt)
2
Trintla
Trelde (sö.
Hollenstedt)
2
Volcerecampe Kampen (sö.
Tostedt)
2
Wagersen
Wangersen (sw.
Harsefeld)
2
Wintla
Fintel (s.
Tostedt)
1
Der Verbleib der Güter ist entgegen früher
geäußerter Ansichten bekannt. Beide Chroniken berichten,
daß der aus der Ministerialität der UDONEN aufgestiegene Graf Friedrich von Stade den
Haupthof Harsefeld erst vom Kloster Katlenburg anpfändete und ihn
dann kaufte, um ihn schließlich dem Kloster Harsefeld zu
übertragen.
Fraglich ist allerdings, in welchem Umfang das Kloster Harsefeld diesen
Güterbesitz halten konnte. Ein erheblicher Anteil gruppierte sich
in einem Radius von ca. 10 km um Hollenstedt und gehörte
höchstwahrscheinlich zu dem Gogericht Hollenstedt, mit dem neben
dem Go Hittfeld und den Inseln Gorieswerder und Finkenwerder 1236 Herzog Otto von Braunschweig durch Erzbischof Gerhard II. von Bremen
als Abfindung von Lehnsansprüchen belehnt wurde.
Haupthof Hittfeld
Der Haupthof Hittfeld wurde von Siegried
von Boyneburg auf seinen
gleichnamigen Sohn vererbt, in dessen Güterverzeichnis der
Hof als curia in Heitfelde cum
attinentys aufgeführt wurde. Nach Albert von Stade und der
Harsefelder Chronik schenkte Siegfried
IV. von Northeim-Boyneburg den Hof dem von ihm gegründeten
Kloster Amelungsborn (bei Holzminden). Nach den Chroniken verkaufte der
Abt den Hof ohne Zustimmung des Konvents an Herzog Heinrich den Löwen. Als
der halbe Kaufpreis gezahlt war, kam die Sache auf und der Abt floh,
doch der Herzog nahm den Haupthof mit seinen Gütern an sich.
Abweichend von dieser Überlieferung ist eine Urkunde des Löwen vom 25. Juli 1156
bekannt, nach der sein Verwandter
Siegfried den Haupthof Hittfeld dem Kloster Amelungsborn
für sein Seelenheil überlassen habe. Der Herzog habe das
Erbgut für 375 Mark Silber zurückgekauft und dabei für
40 Mark dem Kloster statt Silber sieben Hufen in Erzhausen gegeben. Die
Urkunde kann die - ggf. erzwungene - Einigung des Klosters mit dem
Herzog beinhalten. Vermutlich verschwand der Abt mit einem Teil des
Kaufpreises, aber das Kloster mußte sich dessen Veruntreuung
zurechnen lassen.
Der Umfang des Haupthofes Hittfeld kann nur geschätzt werden. Wenn
beim Tausch eine Hufe ca. mit 5 2/3 Mark bewertet wurde,
entspräche der Kaufpreis ca. 65 Hufen. Geht man davon aus,
daß der Haupthof im Gegensatz zu den Hufen bebaut war, zumindest
die wertvolleren Gebäude (Kapelle, Bergfried, Wälle
u.ä.) hatte, werden zum Haupthof Hittfeld ähnlich viel Hufen
(53) wie zum Haupthof Harsefeld gehört haben.
In den späteren Registern des Klosters Amelungsborn wurde der Hof
Hittfeld noch aufgelistet. Es dürften nur noch Ansprüche
gewesen sein, die nicht mehr durchsetzbar waren, nachdem sich Herzog
Otto von Braunschweig 1236 mit dem Gogericht Hittfeld belehnen
ließ.
Die Welfen scheinen mit den Gütern dieses Haupthofes insbesondere
die Familien Estorf und Grote belehnt zu haben, die nördlich von
Hittfeld in Emmelndorf, Sinstorf, Marmstorf, Wilstorf und Moorburg
begütert waren.
Auch das Kloster St. Blasien in Northeim hatte Besitz bei Hittfeld
sowie bei Harsefeld, welcher nach der Überlieferung auf den letzten NORTHEIMER Siegried IV., den Sohn Siegfrieds von Boyneburg,
zurückging.
Haupthof Ahlerstedt
Über den Haupthof Ahlerstedt, den der älteste Sohn Heinrich der Fette
besaß, ist nichts bekannt. Ahlerstedt liegt ca. 6 km
südwestlich von Harsefeld, so daß höchstwahrscheinlich
ein Gemengelage mit dessen Hufen bestand.
Nach dem Vörder Register, welches um 1500 entstand, gehörten
zu der Börde Ahlerstedt die Dörfer und Höfe Ahlerstedt,
Klethen, Ottendorf, Bokel, Ahrenswohlde, Wangersen, und
Hohenhausen (alle s. Ahlerstedt). Mit der unmittelbar
anschließenden Börde Bargstedt, zu der Oersdorf, Wohlerst,
Kakerbeck, Hollenbeck, Brest, Bargstedt, Ohrensen, Deinste, Helmste,
Rüstje und Dollern (von Süden nach Norden) zählten,
bestand zu dieser Zeit ein gemeinsames Gericht, welches der in Brest
wohnende Gogreve des Erzstifts Bremen verwaltete.
Erbin des Haupthofes Ahlerstedt wird Graf
Heinrichs Tochter Richenza,
die Frau des späteren Kaisers LOTHARS VON SUPPLINGENBURG,
gewesen sein. LOTHAR
VON SUPPLIMGENBURG unterstützte ab 1112 den aus der
Ministerialität aufgestiegenen Grafen
Friedrich von Stade gegen die UDONEN
und ließ vermutlich von ihm das Erbgut seiner Frau verwalten. Das
erklärt vielleicht, warum der Kaiser ein Jahr nach dem Tode Friedrichs 1136 dessen auf dem Altar
des Klosters Harsefeld hinterlegte Vermögen von 600 Mark an sich
nahm.
Vielleicht sind die Güter des Haupthofes Ahlerstedt unter der
Ausstattung der Burg (Bremer)vörde zu suchen, welche nach Albert
von Stade durch
LOTHAR VON SUPPLINGENBURG im Zusammenhang mit der
Unterstützung des Grafen
Friedrich gegen die UDONEN
erbaut wurde. Dafür spricht, daß nach dem Vörder
Register fast die gesamte Börde Ahlerstedt - bis auf einen
Einzelhof Kohlenhausen des Klosters Harsefeld und einige Zehnten des
Kapitels in Ramesloh - zu den Gerechtigkeiten des Erzstifts bzw. der Burg Vörde zählte,
während das bei der Börde Bargstedt keinesfalls so umfassend
der Fall war.
Oda von Werl
Die schon erwähnte Chronik des Klosters Harsefeld bzw. Rosenfeld
wurde höchstwahrscheinlich um 1649/71 nach heute nicht mehr
erhaltenen Urkunden und anderen Unterlagen zusammengestellt.
Merkwürdig erscheint auf den ersten Blick, daß die Chronik
mit Nachrichten über Erzbischof
Liemar und dessen Sippe, über Otto von Northeim und dessen
Familie, Ottos Absetzung als
Herzog von Bayern und die Nachfolge in diesem Amt durch seinen ehemaligen Schwieger-Sohn Welf
sowie die Beziehungen der NORTHEIMER
zur Kirche in Harsefeld beginnt. Erst dann folgt, zeitlich wieder auf
die Jahrtausendwende zurückgehend, die Genealogie der UDONEN von Graf Heinrich dem Kahlen bis zu Erzbischof Hartwig I. von Bremen.
Der mutmaßliche Verfasser, der letzte Erzabt Bandex, wird
bei seiner Vertreibung oder Flucht aus dem Kloster dessen Archiv
mitgenommen haben. Höchstwahrscheinlich waren die ältesten
und damit aus seiner Sicht wertvollsten Stücke des Archivs
Urkunden, die Otto von Northeim der
Kirche in Harsefeld über seine Zuwendungen ausgestellt hatte.
Damals existierte in Harsefeld noch kein Kloster, sondern eine
Propstei. Deshalb stellte der Verfasser seiner Klosterchronik den
Inhalt dieser Urkunden voran. Im Anschluß daran dürfte er
sich an der Chronik Alberts von Stade orientiert haben, die er anhand
weiteren Urkundenmaterials inhaltlich ergänzte.
Nach der Klosterchronik erbaute Adelheid
ihrem angeblich 1060 verstorbenen Gatten
Graf Luder(-Udo I.) als
Begräbnisstätte in Harsefeld eine Nikolaikapelle, die sie
reich ausstattete. Sie selbst wurde jedoch in dem unbekannten Ort
Mallesleve begraben. Sie soll die Kapelle mit 12 Hufen ausgestattet
haben, mit denen der Priester Wichmann,
der die Kapelle betreute, belehnt war. Nach dem Tode des Priesters
legten die Markgräfin Oda
- Schwieger-Tochter der Adelheid
- und ihr Sohn Markgraf Heinrich der
Lange folgende Hufen zur Kirche in Harsefeld:
Asala
? Assel (n. Stade)
? Harselah (Wald s. Harsefeld)
Dodenroche
?
Herveshude
? Harvestehude (Hamburg)
Holdenstede
Hollenstedt (s. Buxtehude)
Rosenfelde
Harsefeld (s. Stade)
Schedene iuxta Niumborch ?
Vervvedele
Wedel (nw. Harsefeld)
Villa
? Villah (w. Stade)
? Willah (zw. Stade u. Bremervörde)
Waterval in pago Thitmarsico Wetternwall
(ö. Marne)
Wenneremestorpe
Wennerstorf (ö. Hollenstedt)
Die Darstellung in der Harsefelder Chronik läßt vermuten,
daß dem Autor eine Urkunde vorlag, mit der die Markgräfin Oda und ihr Sohn Markgraf Heinrich der Lange die
benannten Hufen nach dem Tode des Priesters
Wichmann der Harsefelder Kirche übertrugen. Vermutlich
waren der Urkunde weitere Angaben zu entnehmen, die der Chronist im
obigen Sinne interpretierte.
Es handelt sich um Oda von Werl,
die Tochter von Richenza und Hermann III. von Werl und die Stief-Tochter von Otto von Northeim.
Ihr Ehemann Markgraf Udo II. verstarb
1082, ihr erstgeborener Sohn Markgraf
Heinrich der Lange 1087, so daß die verschollene Urkunde
zwischen 1082 und 1087 zu datieren ist.
Die gemeinsame Übertragung von Grundeigen durch Mutter und Sohn
war rechtlich notwendig, wenn es sich um Güter handelte, die der
Mutter gehörten. Hierfür kamen entweder das Leibgedinge oder
Erbgüter der Mutter nach ihren Eltern in Betracht. Nach dem Tode
seines Vaters wurde der älteste volljährige und
ebenbürtige Sohn zum Vormund seiner Mutter, soweit diese nicht
wieder neu heiratete.
Es ist kaum vorstellbar, daß Markgraf
Udo II. seiner Gattin Oda Hufen, die seine Mutter Adelheid zur
Ausstattung der Grabkapelle seines
Vaters Luder-Udo I. bestimmt haben soll, als Leibgedinge
überließ. Damit dürfte es sich um Erbgut der Oda handeln. Hierfür spricht,
daß die 12 Hufen nicht direkt zur Ausstattung der Kapelle
gehörten, sondern der Kaplan
Wichmann damit gesondert belehnt war. Nur so läßt
sich auch erklären, daß Oda
und ihr Sohn die Hufen nach dem Tode des Priesters - dem Heimfall - von
der Nikolaikapelle an die Harsefelder Kirche übertragen konnten.
Odas Vater war Hermann III. von Werl. Es ist eher
unwahrscheinlich, daß er Hufen im Stader Raum besaß. Damit
wird es sich um Erbgut handeln, welches Oda von ihrer Mutter Richenza erbte. Dazu
paßt das Gemengelage zu den Hufen des Königshofes ihres Halb-Bruders Kuno von Beichlingen im Raum Harsefeld und im
Raum Hollenstedt.
Otto von Northeim
Otto von Northeim stiftete nach
der Harsefelder Chronik für die Kirche in Harsefeld - damals noch
eine Propstei - einen Turm und einen runden steinernen Altar mit vielen
Reliquien, der St. Ulrich geweiht war. Zur Unterhaltung des Turms gab
er 13 Hufen in Westerso und für die Kirche das Dorf
Arensflücht. Westersode (sö. der Wingst) und Ahrensflucht
(ö. der Wingst) gehörten noch 1716 dem Kloster.
Da nach der obigen Überlegung nicht nur Ottos drei leibliche Söhne,
sondern auch seine Stief-Tochter Oda
von ihrer Mutter Richenza die
Güter im Stader Raum erbten, wird Otto
von Northeim nicht über eigenes Gut in der Nähe der
Wingst, sondern als gesetzlicher Vormund über Erbgut seiner Frau Richenza oder ggf.
seiner noch minderjährigen Söhne verfügt haben.
Ein Turm diente noch 1545 als Zuflucht für die Mönche. Hucke
meinte ihn mit einem Mauerrest nordwestlich der heutigen Kirche
identifizieren zu können. 1858 wurde westlich des Kirchenschiffs
ein angeblich 12 m im Quadrat großer Anbau mit ca. 1,15 m dicken
Mauern abgetragen, um 1860 den heutigen Kirchturm zu errichten. Der
Anbau war bis 1740 ca. 17,40 m hoch. In einer Ecke befand sich eine
Wendeltreppe. Um 1740/41 wurde er auf ca. 11,60 m verkürzt und mit
einem Walmdach an das Kirchenschiff angeschlossen.
Hucke übersah, daß der Mauerrest in einiger Entfernung zur
Kirche nicht zu dem Anbau unmittelbar westlich des Kirchschiffs
paßte. Die ab 1981 an diesem Mauerrest beginnenden Ausgrabungen
ergaben, daß es sich um die Nordmauer einer
spätmittelalterlichen Kapelle handelte, die auf den Fundamenten
eines früheren Gebäudes errichtet worden war.
Bei den Ausgrabungen 1992/93 konnte die unmittelbare Umgebung des
heutigen Turms aus statischen Gründen nicht genau untersucht
werden. Es ergaben sich jedoch Anhaltspunkte dafür, daß der
1858 abgerissene Anbau vermutlich auf den Fundamenten einer etwa 10 x
15 m großen ersten Steinkirche stand. Direkt westlich daran
schloß sich die ca. 8 x 8 m große Grablege der Udonen an,
Teil einer Erweiterung der ersten Kirche um ca. 27 m auf ca. 40 m.
Fundamente des von Otto von Northeim
gestifteten Turms sind bisher nicht gefunden worden. Die
Überlieferung von einem runden St.-Ulrich-Altar eröffnet die
Möglichkeit, daß es sich ursprünglich um einen runden
Wohn- und Wehrturm handelte, wie er in der ersten Hälfte des 11.
Jahrhunderts für Hamburg, Bad Sachsa und Plesse überliefert
ist.
Das Kirchenlagerbuch von 1792 behauptete, daß der Turm "1006 von Ottone Duce
erbaut worden." Das Jahr könnte allenfalls im Hinblick auf die
erste steinerne Stiftskirche richtig sein, da Otto von Northeim erst um 1050 Richenza heiratete. Die Harsefelder
Chronik datiert seine Stiftung nicht. Lange hat ohne Begründung
das Jahr 1082 vermutet. Der von Lambert von Hersfeld zum Jahr 1070
berichtete Feldzug HEINRICHS IV. gegen
das Erbgut der Richenza
läßt eher vermuten, daß der Wehrturm neben der
Harsefelder Kirche in diesem Jahr oder bald darauf errichtet wurde.
Wahrscheinlich zog sich Otto von
Northeim nach dem Verlust seiner Lehen und seiner Allode durch
die gegen ihn 1070 verhängte Reichsacht auf das Erbgut seiner Frau
im Harsefelder Raum - mindestens die drei Haupthöfe - und in den
Schutz des Markgrafen Udo II.,
den Mann seiner Stief-Tochter,
zurück. Ein Wehrturm bei der dortigen Kirche bot faktisch sowie
rechtlich einfacheren Schutz als eine neue Burg, zumal die Wälle
und Gräben der alten Grafenburg.
Richenza eine Ezzonin?
Der umfangreiche Besitz der drei
NORTHEIMER Brüder im Stader Raum hatte früher zu der
Vermutung geführt, daß die NORTHEIMER
eine Seitenlinie der UDONEN
seien. Hiergegen spricht, daß es sich höchstwahrscheinlich
um Erbgut ihrer Mutter Richenza
handelte.
Für die von Kimpen begründete Auffassung, daß es sich
um liudolfisches
Erbgut handele, welches an Richenza
über ihren Vater Herzog Otto II.
von Schwaben und dessen Mutter Mathilde, eine Tochter des sächsischen Kaisers OTTO II., gelangt sei,
soll das Erbgut der OTTONEN bei
Bremervörde und Buxtehude in der näheren Umgebung von Richenzas Erbgut ein Indiz zu sein.
Dagegen, daß der Pfalzgraf und
spätere Herzog Otto II. von Schwaben der Vater der Richenza war, spricht,
daß weder ihr erster Mann
Hermann III. von Werl noch ihr
zweiter Mann Otto von Northeim mit der lothringischen
Pfalzgrafschaft oder dem Herzogtum Schwaben belehnt wurden, wie es zu
erwarten gewesen wäre, wenn Richenza
seine Erb-Tochter war. Auch ist
es fraglich, inwieweit Richenza
über ihre vermutete liudolfische Groß-Mutter
Güter in Sachsen hätte erben können. Ihr Vater war als EZZONE sowohl von der Geburt her
sowie als Herzog des Stammes ein Schwabe, so daß seine Tochter
ebenfalls Schwäbin wäre. Der Sachsenspiegel weist mehrfach
darauf hin, daß (nord)schwäbische Frauen nicht erbberechtigt
sind, zumindest nicht in Sachsen. Das betraf sicherlich nicht nur den
Nordschwabengau, sondern es handelte sich höchstwahrscheinlich um
eine allgemeine Regelung, durch die verhindert werden sollte, daß
der jeweiligen sächsischen Sippe durch die Verheiratung von
Erb-Töchtern nach Süd-Deutschland ihr Erbgut entzogen wurde
und dieses in stammesfremde - schwäbische - Hände geriet.
Zusätzlich ist im Sachsenspiegel geregelt, daß für
zugewanderte Männer anderer Stämme nur sächsisches
Erbrecht gilt.
Es kann davon ausgegangen werden, daß für die
sächsischen edelfreien Familien auch schon im 11. Jahrhundert die
Regeln des 1224/27 codifizierten Sachsenspiegels galten, welcher -
vermutlich seit Jahrhunderten - geltendes Recht bewahren sollte. Im
Sachsenspiegel selbst wird behauptet, daß das Erbrecht noch aus
vorkarolingischer
Zeit stamme. 1002 und 1024 ließen sich die Sachsen durch
den neuen König ihr Recht bestätigen, bevor sie ihm
huldigten. Die Beeinträchtigung ihrer Rechte war Ursache der
sächsischen Aufstände ab 1073. 1085 bot Kaiser HEINRICH IV. den
aufständischen Sachsen an, ihr Stammesrecht zu respektieren.
Richenza könnte daher im
Raum Stade nicht über 150 Hufen geerbt haben, falls sie die Tochter des EZZONEN Herzog Otto II. von
Schwaben wäre. Auch das spricht gegen die eingangs
dargestellte These von Kimpen, Hucke und Lange, die in diesem Erbgut
ein wichtiges Indiz für eine liudolfingische
Herkunft der Richenza sehen.
Kloster Kemnade
Der 936 zum sächsischen Heerführer ernannte Hermann Billung hatte einen älteren Bruder Wichmann I.
Dieser besaß eine umfangreiche Grafschaft im Elbe-Weser-Dreieck
und war mutmaßlich der Amtsvorgänger der UDONEN in der späteren
Grafschaft Stade.
Umfangreiches Erbgut der Wichmann-Linie
der BILLUNGER im Stader Raum ist durch das Kloster Kemnade
bekannt. Graf Wichmann I.
hinterließ bei seinem Tod 944 höchstwahrscheinlich die Söhne Wichmann II. und Ekbert, die vermutlich jung waren,
so daß sie ihre Erbansprüche gegen ihren Onkel Herzog Hermann Billung
und gegen Graf Heinrich der Kahle von
Harsefeld - eventuell ebenfalls ein Verwandter -, nicht
durchsetzen konnten. Wichmann II.
und wohl auch Ekbert sollen
elternlos am Hof ihres Verwandten
Kaiser OTTOS I.
erzogen worden sein, was sie nicht hinderte, sich später
vielfältig im Kampf um ihr Erbe gegen ihren Onkel und den ihn
unterstützenden Kaiser aufzulehnen. Während Ekbert sich unterwarf und auf die
Erbgüter seiner Frau zurückzog, fiel Wichmann II. 967 als Geächteter.
Der Annalista Saxo berichtet zum Jahr 967, daß Kaiser OTTO
I. nach dem Tode Wichmanns
seine Güter zwischen den Klöstern Kemnade und St. Michael in
Lüneburg aufteilte. Die Aufteilung könnte vielleicht
früher erfolgt sein, als Wichmann
II. friedlos wurde, denn eine Urkunde OTTOS I. von 959 bezeugt, daß dem
Kloster St. Michael die Erbgüter eines Wulfhard, Sohn des Wulfhard, übergeben
wurden, der unter anderem eine Reichskirche niedergebrannt habe.
Wedekind hat vermutet, daß es sich hierbei um einen Schreibfehler
gehandelt haben könne und Wichmann
II. gemeint sei. Zumindest bestätigt die Urkunde die
Nachricht, daß die Allode eines Geächteten nicht seiner
Familie zustanden, sondern vom Kaiser einen Kloster zugewiesen werden
konnten.
Der Anteil seines Erbes, der an das Kloster Kemnade ging, findet sich
in einer Urkunde Kaiser HEINRICHS von 1004
über die Klostergründung wieder, die der Äbtissin Frederuna und ihrer Schwester, der Gräfin Imma, mit
Unterstützung eines Grafen Gero zugeschrieben
wird. Ob die Gründung 958 oder zwischen 959 bis 965 erfolgte und
ob die Gründerinnen Schwestern
oder Töchter Wichmanns II. waren, sei hier dahingestellt.
Kemnade selbst lag in einer Grafschaft des BILLUNGERS Herzogs Bernhard I.
Interessant sind hier von der Ausstattung des Klosters die Orte
Aun
in Hotrunga ?Nordahn (n. Lamstedt)
Bennedesthorp in
Mosidi Bendestorf (s.
Hittfeld)
Hepstidi
Hepstedt (w. Zeven)
Holana
in Hotrunga Hollen (Hollenseth, s. Lamstedt)
Kokerbiki
in Heilanga Kakerbeck (sw. Harsefeld)
Setila
in Hotrunga ?Seth (Hollenseth, s. Lamstedt)
Waldersidi
in Heilanga Wohlerst (sw. Harsefeld)
Widila
in Heilanga Wedel (nw. Harsefeld)
Wigmannesburstel in Mosidi +Wichmannsborstel
(nw. Hollenstedt)
Die meisten Güter liegen in unmittelbarer Nähe der
Erbgüter der Richenza um
Hollenstedt, Hittfeld und Harsefeld. Das Gut um Lamstedt liegt
südlich des Dorfes Westersode, über das Richenzas Ehemann Otto von Northeim
zugunsten des Turms der Kirche in Harsefeld verfügte.
1139 ist eine Judith oder Jutta als Äbtissin des Klosters Kemnade
bezeugt. Sie war eine Schwester oder
zumindest eine Halb-Schwester des
letzten NORTHEIMERS Siegfried IV. von
Boyneburg. Ein weiterer Bruder
war Heinrich, der Abt von Corvey. Jutta wurde 1146 aus dem
Nonnenkloster Kemnade vertrieben, das 1147 durch den Kaiser
aufgelöst und seine Güter dem Kloster Corvey geschenkt
wurden. Der neue Corveyer Abt Wibald
konnte sich aber zunächst nicht gegen die angeblichen Liebhaber
der Äbtissin in den Diözesen Bremen und Verden durchsetzen,
die diese mit den dortigen Klostergütern für ihre Dienste
belohnt hatte. Aus den Briefen des Abtes an den Papst und dessen
Schreiben an die Diözesane ergibt sich, daß 1147 zum
Haupthof Nordahn zumindest eine Hufe in Cadenberge, also in
unmittelbarer Nähe zu dem NORTHEIMER
Gut in Ahrensflucht, gehörte. Zu den Haupthöfen Wedel,
Hepstedt und insbesondere Kakerbeck gehörten zahlreiche Hufen und
Hörige, so daß zu vermuten ist, daß der Besitz des
Klosters Kemnade im Stader Raum an Umfang dem Erbgut der Richenza gleichkam.
Anfang des 13. Jahrhunderts ist das ehemalige Erbgut Wichmanns II. wieder faßbar.
Im Corveyer Buch des Lebens sind Güter verzeichnet, mit denen der
Graf von Hoya belehnt war. Diese Güter lassen sich auch im Hoyaer
Lehensregister nachweisen: Dit is
dat gud dat ictiswenne was hern Wedekindes von bocberge dat greve
hinrik von der hoye kofte van dem abbete von korbeye. Die
Güter waren also von Corvey erst an Wedekind von Bocberg und dann an
einen Grafen von Hoya verlehnt, später jedoch an letzteren
verkauft. Wedekind von Bocberg kommt
nur einmal 1207 vor. Sein Vater dürfte
Friedrich von Bocberg gewesen
sein, der um Ottersberg begütert war. Eine Zuordnung zu einer
bekannten Familie ist bisher nicht möglich gewesen. Es fällt
auf, daß Wedekind von Bocberg
denselben Vornamen wie Graf Wedekind
von Stumpenhausen (ca. 1160-1180) hat. Graf Heinrich I. von Hoya war
mütterlicherseits ein Neffe des
Grafen Wedekind von Stumpenhausen und nannte einen seiner
Söhne ebenfalls Wedekind.
Vielleicht war Friedrich von Bocberg
mit einer Schwester oder einer Tochter des Grafen Wedekind von Stumpenhausen verheiratet, so
daß ihr gemeinsamer Sohn
Wedekind ohne eigene Kinder durch Graf Heinrich I. oder durch seinen Sohn Heinrich II. von Hoya
beerbt wurden. Beide nannten sich nach ihren Siegeln "von
Stumpenhausen".
Corvey
Hoya
An
dito
? Nordahn (n. Lamstedt)
Arnesvlete
dito
Ahrensflucht (n. Lamstedt)
Asvlete
dito
?
Badenstede
Bathenstede Badenstedt (w. Zeven)
Bekethorp
Bekestorpe Beckedorf (n.
Hittfeld)
Bilverstede
Bylverstede Bülstedt (n.
Ottersberg)
Bocholte
dito
? Buchholz (nw. Ottersberg)
Bretthorp
Brettorpe
Breddorf (w. Zeven)
Dodenhusen
Godenhusen ?
Dolnere
dito
Dollern (n. Harsefeld)
Dorstat
dito
? Drestedt (sö. Hollenstedt)
Geverstorpe
dito
Geversdorf (n. Cadenberge)
Glindensete
Glinsete
Glinstedt (nw. Zeven)
Hepstede
Heppenstede Hepstedt (w. Zeven) oder
Hipstedt (w. Bremervörde)
Hollehovede
Hollenhovet ? bei Zeven
Holne
dito
Hollen (s. Lamstedt)
Hope
dito
? Höperhöfen (nö. Ottersberg)
Kakemannestorpe Kakemannestorpe Kakenstorf (sö.
Hollenstedt)
Kokerbeke
dito
Kakerbeck (sw. Harsefeld)
Kronescampe
Cronescampe Kampe (w. Ottersberg)
Lamstene
Lamesten Lamstedt
Lunt
Lume
Luhne (ö. Ottersberg)
Mikelenstede
Mekelenstede Meckelstedt (ö. Bederkesa)
Minttenstede
Muntenstede Minstedt (s. Bremervörde)
Nortowe
dito
Narthauen (n. Ottersberg)
Odenebutle
Oldenbutle Ohlenbüttel
(nö. Hollenstedt)
Oldenthorp
Oldendorpe Oldendorf
(nö. Hollenstedt)
iuxta Hollenstede by Holdenste
Oldendorp
Olendorpe Oldendorf (w.
Stade)
Oldenwerdere
dito
Altenwerder (n. Harburg)
Os(t)eretorp
(Oster)dorpe Ostendorf (s. Lamstedt)
Otterstede
Otherstede Otterstedt (n.
Ottersberg)
Polenthorpe
Palendorpe Podendorf (n.
Hollenstedt)
Ratwerdingheburstol Rathfordinge Regesbostel (w. Hollenstedt)
Borstolt
Sibrandiswerdere Sybrandeswerdere ?
Stadhe
Stade
Stade
Stapelle
Stapele
Stapel (n. Ottersberg)
Stederthorpe
Stederdorpe Steddorf (nö.
Zeven)
Stutenburstol Stuken
to
Stuckenborstel
Borstolt
(ö. Ottersberg)
Suthrem
Sutherem
Sottrum (ö. Ottersberg)
Symkenwerdere
?
Tothenhusen
Tohtenhusen ? Tötensen (n. Hittfeld)
Tunsteden
Tunistede
Tinste (ö. Bremervörde)
Vesede
Vesethe
Wiste (sw. Zeven)
Wedele
dito
Wedel (nw. Harsefeld)
Widdigeshude
Widdesghuden ? Fischerhude (w. Ottersberg)
Widerstorp
Wyderstorpe Wiersdorf (ö.
Zeven)
Willestede
Willenstede Wilstedt (nw.
Ottersberg)
Witinammecht
Witammet ?
Ykenhus
dito
?
Von diesen Gütern lassen sich nachfolgende vermutlich der
ursprünglichen Ausstattung des Klosters Kemnade und damit dem
Erbgut Wichmanns II. zuordnen.
Nördlich von Lamstedt besaß das Kloster den Haupthof An
(wohl Nordahn), dessen Hufen bis nach Cadenberge reichten. Südlich
davon lagen die Höfe Seth und Hollen.
An
Nordahn (n. Lamstedt)
Arnesvlete
Ahrensflucht (n. Lamstedt)
Asvlete
? identisch mit A(rne)svlete
Geverstorpe Geversdorf (n.
Cadenberge)
Holne
Hollen (s. Lamstedt)
Lamstene
Lamstedt
Os(t)eretorp Ostendorf (s.
Lamstedt)
Von Hodenberg hat vermutet, daß Arnesvlete mit Ahrenswohlde (s.
Harsefeld) identisch sei. Schon sprachlich ist aber -vlete eher mit
-flucht gleichzusetzen. Nach dem Corveyer Register waren Arnold Scerebart und seine
Brüder - höchstwahrscheinlich eine Seitenlinie der von Stade
- unter anderem mit II mansos
Hollandrienses et decimam Arnesvlete belehnt. Heinrich von der Lieth und die Brüder de Bachtenbroke -
letztere nach ihrem Siegel auch eine Seitenlinie
der von Stade - besaßen unter anderem als Lehen avocatiam An et Lamestene et II mansos
Hollandrienses Asvlete. Ahrensflucht liegt in einem
Kolonisationsgebiet zwischen der Wingst und der Oste entlang eines
großen Entwässerungsgrabens, der Wettern. Die
Quergräben werden heute noch Fleth (Oberndorfer Mühlenfleth)
oder Fleet (Herrenfleet) genannt. Da zwei Zweige der Familie von Stade
dort jeweils zwei Holländerhufen besaßen, wird Asvlete
vermutlich eine Verstümmelung aus Arnesvlete und beides mit
Ahrensflucht nördlich des Haupthofes Nordahn identisch sein. Damit
gehörten zum Erbgut Wichmanns II.
Hufen aus demselben Dorf, mit dem Otto
von Northeim - höchstwahrscheinlich als Vormund seiner Frau Richenza - den
Turm in Harsefeld finanzierte.
Die Frage, ob der Haupthof Hepstede in Hepstedt westlich von Zeven oder
in Hipstedt westlich von Bremervörde zu suchen ist, dürfte
durch die weiteren Güter bei Zeven zugunsten von Hepstedt
geklärt sein.
Badenstede
Badenstedt (w. Zeven)
Bretthorp
Breddorf (w. Zeven)
Glindensete Glinstedt
(nw. Zeven)
Hepstede
Hepstedt (w. Zeven)
Hollehovede ? bei Zeven
Vesede
Wiste (sw. Zeven)
Widerstorp
Wiersdorf (ö. Zeven)
Stederthorpe Steddorf
(nö. Zeven)
Ein Zusammenhang mit den Erbgütern der Richenza ist bisher nicht erkennbar.
Die Haupthöfe Kakerbeck und Wedel sind als wichmannisches Erbgut
gesichert.
Dolnere
Dollern (n. Harsefeld)
Kokerbeke
Kakerbeck (sw. Harsefeld)
Wedele
Wedel (nw. Harsefeld)
Das Gemengelage mit den Erbgütern der Richenza beweist sich direkt an
Dollern, wo drei Hufen lagen, die zum Königshof in Harsefeld
gehörten. Wedel liegt ca. 10 km von Harsefeld und jeweils ca. 7 km
von Rüstje und Ohrensen, die ebenfalls zum Königshof
gehörten, entfernt. Kakerbeck liegt keine 2 km nordwestlich des
Haupthofes Ahlerstedt, den Richenza
ihrem Sohn Heinrich dem Fetten vermachte.
Die starke Gruppierung der Güter im Corveyer Lehensregister um
Hollenstedt könnte sich daraus erklären, daß der
später wüste Haupthof Wichmannborstel, der nach dem Leitnamen
der billungischen Wichmann-Linie
benannt war, besonders bedeutend war.
Dorstat
? Drestedt (sö. Hollenstedt)
Kakemannestorpe Kakenstorf (sö.
Hollenstedt)
Odenebutle
Ohlenbüttel (nö. Hollenstedt)
Oldenthorp
Oldendorf (nö. Hollenstedt)
Polenthorpe
Podendorf (n. Hollenstedt)
Ratwerdingheburstol Regesbostel (w. Hollenstedt)
Zwei Hufen in Kakenstorf und eine Hufe in Ohlenbüttel
gehörten auch zum Northeimer Königshof
in Harsefeld. Der spätere Go Hollenstedt war geradezu ein
Zentrum des Erbgutes der Richenza,
wie oben gezeigt wurde.
In der Nähe des Northeimer
Haupthofes Hittfeld sind im Corveyer Lehensregister immerhin noch drei
Orte zu finden.
Bekethorp
Beckedorf (n. Hittfeld)
Oldenwerdere Altenwerder (n.
Harburg)
Tothenhusen ?
Tötensen (n. Hittfeld)
Das zur Gründungsausstattung von Kemnade gehörende
Bendestorf (ca. 6 km s. Hittfeld) wird nicht mehr erwähnt.
Falls Tothenhusen als Tötensen gedeutet werden kann, lag es ca. 2
km nordwestlich von Hittfeld.
Udonen in Harsefeld
Obwohl Hucke der Meinung war, daß Graf Heinrich der Kahle die
Grafschaft von dem BILLUNGER Wichmann
I. übernahm, hielten er und andere Harsefeld für den
ursprünglichen Stammsitz der
UDONEN, bis die Familie um 1000 ihren Wohnsitz nach Stade
verlegte. Dafür stützte man sich auf die Nachricht Thietmars von Merseburg - dessen Mutter Kunigunde eine UDONIN war - zum Jahr 994, daß
sein Oheim Graf Siegfried aus
der Gefangenschaft der Wikinger in Stade zu seiner Burg Harsefeld floh, wo seine Gemahlin Adela und sein Bruder Graf Heinrich sich
aufhielten. Nach dem Annalista Saxo hatte ihr Vater Graf Heinrich der Kahle 969
die Burg Harsefeld erbaut.
Nachdem sich herausgestellt hat, daß der Königshof in
Harsefeld und weitere Haupthöfe in der Umgebung von Harsefeld zu
dem Erbgut der billungischen
Wichmann-Linie zu rechnen sind, stellt sich die Frage nach den
Rechten der UDONEN in Harsefeld
neu.
Wichmann II. und Ekbert der Einäugige wurden
nach 944 als junge Vettern Kaiser OTTOS I. an dessen Hof
erzogen. Für den UDONEN Graf
Heinrich, später "der Kahle" genannt, dürften
einige Jahre früher ähnliche Verhältnisse anzunehmen
sein. Sein Vater, Graf Liutheri, fiel am 5.9.929 in
der Schlacht um Lenzen. Seine Mutter
hieß Swanhild. Vielleicht war sie eine Verwandte König HEINRICHS I., da sie ihren Sohn Heinrich nannte und Thietmar von Merseburg die Verwandtschaft zwischen Graf Heinrich -
seinem Großvater mütterlicherseits - und Kaiser
OTTO I. bezeugt.
In einer von der UDONEN-Forschung
bisher unbeachteten Gedenkbucheintragung im Verbrüderungsbuch von
St. Gallen, die Althoff auf vor 930 datiert, stehen im Gefolge des Königs-Paars HEINRICH I. und Mathilde an
19. Stelle Liutker F. und an
20. Stelle Suanehilt F.
Höchstwahrscheinlich handelt es sich um die Stammeltern der UDONEN. Graf Heinrich könnte beim Tode
seines Vaters 929 jung gewesen sein - seine
Tochter Hathui wurde erst 961 geboren - und zusammen mit dem späteren Kaiser OTTO I. am Hof von König HEINRICH I. erzogen
worden sein. Hierfür spräche seine Loyalität
gegenüber dem Kaiser, als Herzog
Hermann Billung sich 972 in Magdeburg königsgleiche Rechte
anmaßte, sowie die Tatsache, daß OTTO I. der Pate seiner Tochter Hedwig war,
deren Erhebung zur Äbtissin von Heeslingen am 30. April 973 im
Alter von zwölf Jahren der Kaiser unmittelbar vor seinem Tode bei Erzbischof Adaldag von Bremen
durchsetzte.
Preses Heinrich und sein Bruder Siegfried kämpften
955 für Hermann Billung gegen
dessen Neffen Wichmann II. und Ekbert den Einäugigen. Zu
dieser Zeit scheint Heinrich der Kahle
die Grafschaft deren Vaters Wichmann
I. kommissarisch verwaltet zu haben. Als OTTO I. 959
der Kirche in Magdeburg sein Erbgut in Buxtehude und Rinchurst
schenkte, lagen die Orte in comitatu
et legatione Heinrici comitis. Die sonst nicht übliche
Erwähnung eines Legats neben der Grafschaft soll vermutlich nicht
auf einen größeren Verwaltungsbezirk, sondern darauf
hinweisen, daß die Grafschaft nicht wie sonst auf Lebenszeit
verliehen, sonst aufgrund eines besonderen königlichen Auftrags
befristet verwaltet wurde. Falls Rinkhorst der ehemalige Königshof
in Stade war, wie Schröder behauptet, wäre die Urkunde der
erste Beleg, daß Graf Heinrich
schon damals der Schutz der Elbmündung anvertraut war. Für
eine besondere Legation könnte noch die Nachricht der Hildesheimer
Annalen sprechen, daß 994 Graf
Heinrichs Söhne Heinrich (der
Gute), (Luder-)Udo und Siegfried die Piraten bzw. Normannen
auf der Elbe auf kaiserlichen Befehl bekämpften.
Das Bündnis des Grafen Heinrich
dem Kahlen mit Hermann Billung
gegen dessen beiden Neffen könnte nicht nur durch das
Bestreben Heinrichs motiviert
worden sein, die Grafschaft ihres
Vaters Wichmann I. beiderseits der Elbe dauerhaft zu erwerben.
Die bisherige Forschung geht von einer Versippung
des BILLUNGERS und des UDONEN dergestalt aus, daß Hermanns Sohn Bernhard I. Heinrichs Tochter
Hildegard heiratete. Einen diplomatischen Beweis gibt es
hierfür nicht. Bisher ist unberücksichtigt geblieben,
daß Hermann Billung seinen
zweiten Sohn Liudger und eine Tochter
Schwanhild nannte. Nach dem Diptychon der BILLUNGER könnte er zweimal
verheiratet gewesen sein. Die Namen dieser beiden Kinder lassen
vermuten, daß Hermann Billung
(in zweiter Ehe?) eine Tochter des
Grafen Lothar/Luder und seiner Frau Schwanhild und damit wie
sein Bruder Wichmann I. in die
Königssippe einheiratete. Dann wären Heinrich der Kahle und dessen Bruder Graf Siegfried seine Schwager, was sowohl die
Verwaltung der Grafschaft beiderseits der Elbe durch Graf Heinrich als auch das
Bündnis beider Brüder gegen die beiden Neffen Hermann Billungs
zusätzlich erklären würde.
Als Wichmann II. 967 als
Geächteter fiel, weilte Kaiser OTTO I. von 966 bis 972
in Italien. Die Regentschaft in Sachsen hatte Herzog Hermann Billung, der Onkel Wichmanns. Auch wenn nach dem
Annalista Saxo die Aufteilung des Erbguts Wichmanns auf die Klöster St.
Michel in Lüneburg und Kemnade 967 oder 970 durch den Kaiser
erfolgt sein soll, wird Herzog Hermann
im Namen und Stellvertretung des Kaisers gehandelt haben. Das gleiche
dürfte für die Burg in Harsefeld gelten. Zu deren Errichtung
zwei Jahre nach dem Tod Wichmanns II.
benötigte Graf Heinrich die
Erlaubnis des Kaisers bzw. seines Stellvertreters. In Harsefeld werden Wichmann II. und Ekbert der Einäuige 944 das
Erbe ihres Vaters Wichmann I.
unter sich aufgeteilt haben. Während Ekberts Anteil - der Königshof
- sich auf Richenza vererbte,
fiel Wichmanns Anteil
spätestens 967 an die Krone und wurde 969 Graf Heinrich zur Errichtung einer
Burg durch Herzog Hermann
überlassen.
Seine Stellung in der späteren Grafschaft Stade konnte Heinrich der Kahle mit Hilfe des
Kaisers nach dessen Rückkehr aus Italien festigen. Das Kloster
Heeslingen - der Vorläufer des Klosters Zeven - wurde um 961 durch
einen Grafen Hed unbekannter
Herkunft gegründet, weil er keine direkten Nachkommen hatte. Erste
Äbtissin war seine Tochter
Wendelgart, der eine gleichnamige Äbtissin - wohl auch aus
der Stifterfamilie - folgte. Nach dem Aussterben der Familie stand die
Wahl der Äbtissin dem Bremer Erzbischof zu. Wie Thietmar von Merseburg berichtet,
setzte sein Groß-Vater Graf
Heinrich mit Hilfe OTTOS I. die
Erhebung seiner
zwölfjährigen Tochter Hedwig durch, wodurch er
sicherlich Klostervogt wurde. Heeslingen wurde zur Grablege von Graf Heinrich und seiner Frau Judith, was ein weiteres
Indiz für das Fehlen einer eigenen Familientradition im Stader
Raum ist.
Vielleicht sind Graf Heinrich der
Kahle und sein Bruder Siegfried
identisch mit den beiden Grafen
Siegfried und Heinrich,
die 934 HEINRICH
I. mit dilecto ac fideli
comiti nostri bezeichnete, als er seinem Stellvertreter Graf Siegfried
in dessen Grafschaft nördlich von Quedlinburg die Haupthöfe
Gröningen, Kroppenstedt und Emmundorp schenkte. Falls ihre Mutter Schwanhild sogar eine Tochter König HEINRICHS aus
dessen erster Ehe mit Hatheburg von Merseburg war,
wären sie nicht nur Enkel des Königs, sondern auch nahe Verwandte des Grafen Siegfried, der seinerseits
ein Vetter der Hatheburg war.
Ekbertiner, Cobbonen und Liudolfinger
Das Kloster Corvey besaß an der Niederelbe nicht nur Teile des
Erbguts Wichmann II. durch die
Übernahme des Klosters Kemnade, sondern hatte schon früh in
diesem Raum auch eigene Schenkungen erhalten. Beckedorf nördlich
des Northeimer Haupthofes Hittfeld gehörte nicht zur Ausstattung
des Klosters Kemnade, sondern gelangte nach 872 direkt an Corvey.
Im Buch des Lebens des Klosters Corvey aus dem 12. Jahrhundert sind
unter den Wohltätern verzeichnet: Amulung comes Bikethorp;
Hathuwig mater
eius Amulungessen.
Graf Amelung und seine Sippe
kommen im 9. Jahrhundert in mehreren Traditionen zugunsten des Klosters
Corvey vor. Sein Vater
hieß ebenfalls Amelung,
da ca. 849 Haduwy mit
Zustimmung eines Grafen Bardo zum
Seelenheil ihres verstorbenen Mannes
Amelung und ihrer Söhne
Bennid und Amelung dem Kloster Corvey ihre
Güter in Weredun (Wehrden, südlich Corvey), Upweredun
(vermtlich das genau gegenüber Wehrden auf der anderen Seite der
Weser liegende spätere Amelunxen) und Beuerungun (Beverungen,
südlich Amelunxen) übertrug. Nach dem
Wohltäterverzeichnis scheint sie mit Amelunxen (südlich
Corvey, Upweredun ?) den Stammsitz ihres Mannes dem Kloster
überlassen zu haben. Graf Amelung,
der Mann der Hedwig,
übertrug dem Kloster Corvey um 837 oder früher seinen Besitz
in Rimbeck (zwischen Paderborn und Warburg). Eine Haduwy übertrug ebenfalls in
Rimbeck zwischen 856 bis 876 drei Hufen an das Kloster. Nach dem
Wohltäterverzeichnis stammte das Klostergut in Rimbeck von Hathuwig und einem Diethard.
Ein Cobbo übertrug dem
Kloster Corvey das, was sein
verstorbener Neffe Amelung in
pago Mosweddi et in aquilonari parte fluvii qui vocatur Albia
besaß. Erster Zeuge war wieder ein Graf Bardo.
Ein Graf Bardo übertrug
dem Kloster auf Wunsch der Witwe
eines Liudolfs dessen Gut im Bardengau, wobei er Liudolfs Bruder Cobbo und dessen Verwandten Fresgar deren
Rechte vorbehielt.
Diese Traditionsnotizen zugunsten des Klosters Corvey wurden bisher
unterschiedlich interpretiert und mit anderen Nachrichten kombiniert.
Nach alter Auffassung waren Cobbo,
Liudolf und Hedwig Geschwister, die noch einen weiteren Bruder namens Warin hatten,
welcher von 826 bis 856 der zweite
Abt von Corvey war. Ihr
gemeinsamer Vater war der sächsische Graf Ekbert, den KARLS DER GROSSE
zum dux der Sachsen zwischen Rhein und Weser ernannte, nachdem er eine fränkisch-karolingische Erb-Tochter,
die später heilig gesprochene Ida,
geheiratet hatte. Ekbert und
die heilige Ida waren in
Herzfeld begraben. Ihr Sohn Liudolf sei
der Stammvater der LIUDOLFINGER bzw. OTTONEN.
Ekbert dux ∞ Ida sanctus
Warin abbas Cobbo comes Liudolf comes Hathuwig ∞
Amelung comes
Bennid Amelung comes
890 beklagte sich Bischof Egilmar von
Osnabrück nach der Querimonia Egilmari darüber,
daß der sehr reiche und mächtige Graf Cobbo die Zehnten des Bistums
an seinen Bruder Warin, Abt zu Corvey, und seine Schwester, die Äbtissin zu Herford,
übertragen habe. Hedwig
könnte nach dem Tod ihres Gatten
Amelung ins Kloster gegangen sein, wenn sie mit der Schwester von Abt Warin und Graf Cobbo gleichzusetzen wäre.
Hömburg meinte, daß die 858 und 887 erwähnte Herforder Äbtissin Hedwig
ebenso wie ein Graf Cobbo der
Jüngere der nächsten Generation angehörten. Er
hielt den 866 verstorbenen sächsischen
Herzog Liudolf nicht für einen Sohn, sondern für einen
Enkel des Herzogs Ekbert, wobei
er vermutete, daß Liudolfs
Vater Otto hieß.
Hlawitschka wies auf die Fälschung der Querimonia Egilmari im 11.
Jahrhundert hin und griff den Gedanken Hömbergs auf, den er mit
einem Reichenauer Gedenkeintrag: choppo, eila, egpret, luitolt, prun, ita,
heil..., hadamuat kombinierte.
Ekbert ∞ Ida
Cobbo d.Ä. Ekbert (?)
Warin Schwester ∞ NN
Amelung ∞ Hedwig Liudolf († ca.
844) Cobbo d.J. ∞ Eila
Amelung
Bennid
Ekbert Liudolf Brun Ida Heilwig Hadamuat
Herzog Liudolf († 866) hielt Hlawitschka für keinen Nachkommen Herzogs Ekbert und
der heiligen Ida, sondern
für einen Neffen des unbekannten
Schwagers von Abt Warin und seinem
Bruder Cobbo dem Älteren, welcher sich die Grablege von
deren Eltern in Herzfeld anzueignen versuchte. Die Legende, daß
die heilige Ida den
minderjährigen Sohn Herzog
Liudolfs nicht neben sich im Grab geduldet habe, beweise die
fehlenden Erbansprüche.
An der Konstruktion Hlawitschkas erscheint zweifelhaft, daß das
sächsische Dukat nicht bei den Nachkommen Ekberts geblieben, sondern an einen Neffen seines Schwieger-Sohns
gefallen sein soll. Auch berücksichtigt er nicht, daß
derartige Legenden meist nicht auf historischen Ereignissen beruhten,
sondern ein beliebtes Mittel waren, diejenigen, die die jeweilige
Kirche zur Zeit der Verfassung der Vita zu bedrücken drohten,
unter Hinweis auf angebliche Frevel der Ahnen vor Übergriffen zu
warnen. Die Vita der ca. 825 verstorbenen heiligen Ida wurde um 980
verfaßt. Deren Verfasser Uffing war Mönch in dem
Benediktinerkloster in Werden. Das Kloster Werden hatte Herzfeld um 900
vom sächsischen Herzog Otto dem Erlauchten erworben.
Abt Ludolf von Werden,
vielleicht ein LIUDOLFINGER
und gegebenenfalls als solcher Nachkomme
der heiligen Ida, hatte 980 die Erhebung ihrer Gebeine und
vermutlich bald darauf auch die Niederschrift ihrer Vita
veranlaßt. 983/984 kämpften zwei Zweige seiner
mutmaßlichen Familie um die Macht, nämlich die
Angehörigen des 983 dreijährig zum König gekrönten OTTOS III.
einerseits und dessen Onkel zweiten
Grades (Cousin seines Vaters
Kaiser OTTO II.) Herzog Heinrich
der Zänker andererseits. Vielleicht sollten die
Kontrahenten gewarnt werden, daß Herzfeld unter dem Schutz der heiligen Ida stehe.
Der von Hlawitschka herangezogene Eintrag im Reichenauer
Verbrüderungsbuch könnte für die Ahnen der LIUDOLFINGER anders zu
interpretieren sein, insbesondere falls er mit zwei weiteren
Eintragungen im Zusammenhang stünde. Vielleicht dasselbe Ehepaar Choppo, Eila steht schon 56 Seiten zuvor.
Unter den Wohltätern des Klosters Reichenau fallen die
untereinander stehenden Grafen Warinus
und Scoppo auf.
Da der Corveyer Abt Warin erst
später geistlich geworden sein soll und einer seiner Brüder
gesichert Cobbo hieß,
könnte es sich bei letzterer Eintragung um die beiden Söhne Ekberts und der heiligen Ida handeln. Falls Graf Cobbo sich kurz nach seiner
Vermählung mit seiner Frau Eila
und Jahre später mit ihr und ihren
sechs Kindern Ekbert, Liudolf,
Brun, Ida, Heilwig und Hadamuat in das Reichenauer
Verbrüderungsbuch eintragen ließ, könnte es
möglich sein, daß diese Eintragungen sich doch auf Cobbo den Älteren, den Bruder Warins, beziehen. Er
hätte dann seinen ältesten Sohn nach seinem Vater und seine
älteste Tochter nach seiner Mutter genannt. Sein Sohn Liudolf könnte sich
gegenüber seinen Brüdern durchgesetzt oder diese
überlebt und die Herzogswürde seines Großvaters
erworben haben.
Ekbert ∞ Ida
Warin Cobbo ∞ Eila Liudolf († ca.
844)
Schwester ∞ NN
Ekbert Liudolf Brun Ida Heilwig Hadamuat Amelung ∞
Hedwig Cobbo
(†
866)
Amelung Bennid
Auch dieser Stammbaum ist nur hypothetisch. Gesichert ist durch die
Translatio St. Pusinnae aus dem 9. Jahrhundert, daß Warin, der Sohn Herzog Ekberts, Abt von Corvey war und Brüder
hatte, von denen Graf Cobbo der
Ältere mit Namen erwähnt wird. Weiterhin hatten die
Brüder nach dieser Quelle eine
Schwester, welche einen Sohn
ebenfalls Cobbo nannte und
eine Tochter namens Haduwy
hatte, die Äbtissin von Herford wurde.
Abt Warin (826-856) folgte in Corvey etwas
später in diesem Amt Bevo I.
(879-890). Bevo, dessen Name mit dem
oberdeutschen Poppo gleichzusetzen ist, war ein nepos Warins. Seine Mutter könnte eine Schwester des Abtes Warin gewesen
sein, so daß er ein Bruder oder
Vetter der Herforder
Äbtissin Hedwig wäre.
Die Nachricht der Querimonia Egilmari, daß Graf Cobbo die Zehnten des Bistums
Osnabrück seinem Bruder Warin
für Corvey und seiner Schwester für Herford
überließ, hatte Hlawitschka unter Berufung auf die
Untersuchungen von Jäschke verworfen. Der 890/891 zu datierende
Brief Bischofs Egilmar von
Osnabrück an Papst
Stephan VI. und das Fragment von dessen Antwort wurden nach
Jäschke kurz vor 1079 durch Bischof
Benno II. von Osnabrück gefälscht. In der Querimonia
Egilmari berichtet Bischof Egilmar
dem Papst, seine Vorgänger hätten gegen die Entfremdung der
Kirchenzehnten nichts unternommen bzw. seien ungehört geblieben.
Als er selbst bei seinem Amtsantritt dagegen tätig wurde, sei er
durch die Klöster Corvey und Herford vor König ARNOLF verklagt worden,
welcher ihm verboten habe, an den überkommenden
Zehntverhältnissen etwas zu ändern. Jäschke hält
die Nachrichten über die Vergabe der Zehnten durch den Grafen Cobbo ebenso wie die
über den Prozeß vor dem Königsgericht für frei
erfunden. Dabei vernachläßigt er aber, daß nach der
Querimonia Egilmari König ARNOLF den Klöstern Corvey und
Herford Besitzschutz gegenüber den Forderungen des Bischofs Egilmar auf Herausgabe der
Kirchenzehnten gewährt hatte. Es wäre aus der Sicht eines
Fälschers des 11. Jahrhunderts völlig widersinnig, ein
für das Bistum ungünstiges Königsurteil zu erfinden, um
dieses durch kirchenrechtliche Argumente und die ebenfalls erfundene
Antwort des Papstes mühsam wieder zu entkräften.
Wahrscheinlicher dürfte sein, daß die Klöster Corvey
und Herford sich tatsächlich auf ein dementsprechendes Urteil König ARNOLFS berufen konnten,
welches der damaligen Spruchpraxis und selbst noch dem heute geltenden
Recht entsprach: Wer eine Sache oder ein Recht langjährig und
redlich nutzt, kann gerichtlich den Schutz seines ungestörten
Besitzes verlangen, bis der Gegner den vollen Beweis für sein
behauptetes Eigentum geführt hat. Die Autorität dieses
Königsurteils, welches inhaltlich dem Landrecht entsprach, konnte
nur durch eine päpstliche Autorität mit einer Entscheidung,
daß ein derartiges Urteil gegen das Kirchenrecht verstieß,
erschüttert werden. Dafür waren ein gefälschter Brief an
den Papst und dessen fragmentarische Antwort notwendig. Beider Inhalt
wird aber bezüglich der Entscheidung des Königs den im 11.
Jahrhundert bekannten Fakten entsprochen haben. Auch die Nachrichten
über die Entfremdung der Zehnten durch den Grafen Cobbo zugunsten seiner
Geschwister bzw. deren Klöster können nicht pauschal der
Phantasie des Fälschers zugewiesen werden. Bischof Benno II. von Osnabrück
gewann seinen Prozeß vor dem Königsgericht HEINRICHS IV. und
ließ sich von diesem 1078 das Urteil bestätigen. In der
Urkunde wird die Prozeßgeschichte wiederholt, wobei der
Prozeßstoff, über den die Reichsfürsten entschieden,
sicherlich wie heute durch den Vortrag beider Parteien bestimmt wurde.
Auch wird dort die Schwester des
Grafen Cobbo, die Herforder
Äbtissin, mit Adele
namentlich benannt.
Ein Indiz für eine diesbezügliche Tätigkeit des Grafen Cobbo und seiner Geschwister
könnte noch sein, daß der Vorgänger des Bischofs Egilmar, Bischof Ekbert, zumindest im
Ergebnis gegen die Entfremdung der Zehnten nichts unternahm. Sein Name
läßt vermuten, daß er zu der Verwandtschaft des Grafen Cobbos des
Älteren gehörte, vielleicht sogar dessen Sohn nach
obigen hypothetischen Stammbaum oder aber ein Enkel war.
Die in den Stammbaum eingereihte Ida
die Jüngere könnte mit der Ida identisch sein, die im
Wohltäterverzeichnis des Klosters Corvey als zweite Gattin des Grafen Asig/Esico bezeichnet wird und vermutlich
vor dieser Ehe und vor 850 Gut an Corvey tradierte, wobei zweiter Zeuge
nach einem Volkwerk (vielleicht ihr erster Mann?) ein Ekbert war. Eine weitere Schenkung
einer Ida bezeugte als erster
Zeuge wieder ein Graf Bardo.
Krüger und andere hielten die Corveyer
Wohltäterin Ida nicht für eine Enkelin, sondern
für eine Tochter des Herzogs
Ekbert. Eckhardt und Wenskus nahmen an, daß Ekberts Tochter Ida die Mutter von Cobbo dem Jüngeren
und seiner Geschwister war. Hierzu sind nur Vermutungen möglich.
Bei der edlen - wenn auch ungeklärten - Herkunft der heiligen Ida dürfte ihr Name in
jeder Generation ihrer Nachkommen zu finden sein.
Ingesamt ist wahrscheinlich, daß Herzog
Ekbert und die heilige Ida
entgegen einer auf die Vita S. Idae gestützten älteren
Ansicht nicht kinderlos waren, sondern sowohl Söhne, insbesondere Abt Warin und Graf Cobbo den Älteren, als
auch zumindest eine Tochter
hatten. Es kommen auch mehrere Töchter in Betracht. So wird wegen
des vermuteten Alters der diesbezüglichen Traditionen teilweise
vertreten, daß Hedwig,
die Frau Graf Amelungs, eine Schwester von Abt Warin und Graf Cobbo dem Älteren war,
während die gleichnamige Herforder Äbtissin als ihre Tochter
oder Nichte der nächsten Generation angehörte. Dann wäre
der hypothetische Stammbaum zu ändern:
Ekbert ∞ Ida
Warin Cobbo ∞ Eila Liudolf
Adele
Ida ∞
Asig
Haduwy ∞ Amelung
Ekbert Liudolf Brun Ida Heilwig Hadamuat Cobbo
Haduwy Amelung Bennid
Liudolfinger/Ottonen
?
Die bei den Traditionen dieser Sippe oft genannten Grafen Bardo können nicht genau
zugeordnet werden. Der Name ist zwar außerhalb Sachsens, nicht
aber im sächsischen Hochadel des 9. Jahrhundert selten, da 880
gegen die Wikinger gleich drei Grafen
namens Bardo fielen. Einer von ihnen dürfte der Edelvogt von Corvey gewesen sein,
welcher als solcher erwähnt wird.
Es läßt sich vermuten, daß ein älterer Graf Bardo - der
vielleicht am 23. Januar 856 gegen die Sorben fiel - nicht als Vogt von
Corvey, sondern als Vertreter der Sippe tätig wurde, wie das beim
Tod des Liudolfs um 844
bezeugt ist. Die Witwe dieses Liudolfs
könnte eine Schwester des Grafen
Bardos des Älteren gewesen sein, was seine Tätigkeit
als ihr Vormund erklären würde. Da wechselseitige
Versippungen nicht selten waren, könnte Graf Bardo der Ältere seinerseits
mit einer Tochter des Herzogs Ekbert
und der hl. Ida verheiratet
gewesen sein.
Ekbert ∞ Ida
Warin Cobbo Liudolf ∞
NN
Bardo d.Ä. ∞ Tochter NN
(Geschwister?)
Herkunft der Billunger
Auch wenn ein genauer Stammbaum der Nachkommen des Herzogs Ekbert und der hl. Ida nicht möglich ist,
lassen die Traditionen der Sippe zugunsten Corveys vermuten, daß
die Güter im Gau Mosidi ebenso wie die im Bardengau aus der Familie Ekberts stammten und von
seiner Tochter oder Enkelin Hedwig in
die Ehe mit dem Grafen Amelung dem
Älteren gebracht wurden, der selbst um Corvey
begütert war. Im Gau Mosidi lagen die Haupthöfe Hollenstedt
und Hittfeld sowie der nicht genau bestimmbare Hof Wichmannsborstel.
Der Bardengau gehörte ab dem 10. Jahrhundert den BILLUNGERN. Deren Herkunft ist
ähnlich wie bei den LIUDOLFINGERN
bis heute ungeklärt. Gesichert sind als Brüder Graf Wichmann der Ältere († 944?), Bischof Amelung von Verden († 962) und Hermann Billung, der 936 den
Oberbefehl über das sächsische Aufgebot erhielt und 973
starb. Wichmanns Söhne
waren höchstwahrscheinlich Graf
Wichmann der Jüngere und Graf
Ekbert der Einäugige sowie
vermutlich Bischof Bruno von Verden
(† 976). Herzog Hermann hatte die Söhne Herzog Bernhard I. und Graf Liudger. Die vermutlich auf den
Ahnenstolz des Erzbischofs Adalbert
von Hamburg-Bremen († 1073) und seines Chronisten Adam von
Bremen zurückgehende Sage, der neue Heerführer Hermann Billung sei ein Bauern-Sohn
gewesen, wird schon dadurch widerlegt, daß in den 288
überlieferten Traditionsnotizen zugunsten des Klosters Corvey von
ca. 822 bis 877 nur folgende Namen als Grafen gekennzeichnet sind:
01.) Amelung
02.) Bardo
03.) Bernhard/Bernher
04.) Bevo
05.) Buto
06.) Enno
07.) Esic
08.) Gerold
09.) Hermann
10.) Hoger
11.) Immed
12.) Landward
13.) Liudolf
14.) Markbodo
15.) Reimann
16.) Rikbert
17.) Theobald
18.) Tiodger
19.) Thietmar
20.) Thuring
21.) Wichmann
22.) Wihrik
Die vier Namen Amelung, Bernhard, Hermann und Wichmann gehören zu den Leitnamen der BILLUNGER. Thietmar hieß der
zweitgeborene Sohn von Herzog
Bernhard I.
Im frühen 13. Jahrhundert wurde überliefert, daß Herzog Hermann der Sohn eines Grafen Billing sei.
Deshalb wurde trotz zeitlicher Schwierigkeiten vermutet, daß ein
bis 967/8 in Thüringen bezeugter Graf
Billing der Vater der drei
Brüder sei. Die Vermutung schien durch zwei Urkunden aus
dem 9. Jahrhundert für das Kloster Kaufungen gestützt zu
werden.
Spätestens seit die beiden Urkunden durch Dieterich als
Fälschungen des 17. Jahrhunderts erkannt wurden, ist die Frage
nach dem Vater der drei BILLUNGER
Wichmann, Amelung und Hermann wieder offen.
Nach dem derzeitigen Stand könnten die drei Brüder
hypothetisch folgende Ahnen und Verwandten gehabt haben:
Amelung
Ekbert ∞ hl. Ida
Bernhard
(811)
(811)
Cobbo Haduwy ∞ Amelung
(II.)
Wichmann (811)
Liudolfinger Amelung
(III.) Bennid NN ∞ Hermann
Wichmann (†
880)
Ekbert
Hermann
Bernhard Wichmann
d.Ä. Amelung Hermann
Billung
Wichmann d.J. Ekbert d.
Einäugige
Bernhard Liudger
Grafen von 811
Die späteren BILLUNGER
scheinen von sächsischen Grafen abzustammen, die um 800 vornehme
Fränkinnen geheiratet hatten. Nach den Reichsannalen zu 811
beschworen den Frieden an der Eider zwölf Dänen und
zwölf Franken, wobei letztere waren:
Walach comes filius Bernhardi
Burchardus comes
Unrocus comes
Uodo comes
Meginhardus comes
Bernhardus comes
Egbertus comes
Theotheri comes
Abo comes
Osdag comes
Wigman comes
Inwieweit die gegen die Dänen aufgebotenen Grafen tatsächlich
Franken waren, erscheint prüfenswert.
Graf Wala hatte zu dieser Zeit
höchstwahrscheinlich den
Oberbefehl in Sachsen. Schon sein
Vater Bernhard hatte für KARL DEN GROSSEN
773 Truppen nach Italien geführt. Nach den Untersuchungen von
Weinrich ist Bernhard
ein Sohn von Karl Martell und ein Halb-Bruder von König Pippin gewesen. Sein Sohn Wala stammte aus einer
Verbindung Bernhards
mit einer Sächsin. Damit
war Graf Wala ein Vetter KARLS
DES GROSSEN, wobei er jedoch erheblich jünger als
der Kaiser gewesen sein dürfte, da er noch 812 den Auftrag
erhielt, KARLS
Enkel Bernhard mit Truppen
nach Italien zu geleiten. Als 811 KARL DER GROSSE
sein Testament machte, war Graf Wala der erste weltliche Zeuge.
Nach dem Tode Kaiser KARLS fürchtete dessen Sohn LUDWIG DER FROMME,
daß Wala
ihm nicht huldigen werde, was jedoch geschah, woraufhin die
fränkischen Großen ihm folgten. Wala wurde
mit drei anderen Grafen nach Aachen geschickt, um des Königs
Schwestern und ihre Liebhaber in Gewahrsam zu nehmen.
Graf Walas Bruder - wohl Halb-Bruder - war Adalhard, Abt von Corbie, ebenfalls ein enger
Berater KARLS
DES GROSSEN. Die Brüder wurden vermutlich schon 814 durch
den neuen Kaiser LUDWIG DEN FROMMEN
verbannt, aber 821 begnadigt. Zum letzteren Jahr wird berichtet,
daß Adelhard
wieder die Abtei Corbie erhielt und ihm sein Bruder Bernhard zur Seite
gesetzt wurde, der auf kaiserlichen Befehl hin Mönch in St. Gallen
hatte werden müssen. Graf Wala war vermutlich wie
des Kaisers Brüder 814 gezwungen wurden, sich die Tonsur scheren
zu lassen. 822 sandte Kaiser LUDWIG seinen Sohn LOTHAR mit seinem Verwandten, dem Mönch Wala, nach Italien, um
dort die Verhältnisse zu ordnen.
Graf Bernhard in der Liste
von 811 dürfte mit dem Grafen
Bennit identisch sein, dem KARL DER GROSSE
ebenfalls 811 die Güter seines
Vaters Amelung (I.)
bestätigte. Aus der Urkunde ergibt sich, daß dieser Amelung von seinen sächsischen
Verwandten wegen seiner Frankenfreundlichkeit vertrieben worden war. Da
Amelung (I.) seinen
Sohn Bernhard nannte, könnte er eine Verwandte KARLS DES GROSSEN
geheiratet haben. Wie oben schon erwähnt, war Graf Walas
Mutter eine Sächsin.
Sie könnte wiederum eine Verwandte,
gegebenenfalls Schwester, des Grafen Amelung gewesen sein.
Für eine wechselseitige Versippung des sächsischen Grafen Amelung (I.) und des fränkischen Grafen Bernhard - Vetter des Kaisers - spricht,
daß Kaiser LUDWIG DER FROMME 822 von
einem Grafen Bernhard Land bei
Höxter erwarb, um das Kloster Corvey zu gründen, dessen erster Abt Adalhard, der Abt von Alt Corbie, wurde. Graf Bernhard
von 811 könnte mit dem gleichnamigen Grafen, auf
dessen Grund Corvey gegründet wurde, identisch sein. Nach der
Überlieferung überredete der Mönch
Wala seinen familiaris Graf Bernhard zur Hergabe des
benötigten Landes.
In einer frühen Tradition für Corvey übergibt ein Bernhard -
allerdings ohne Grafen-Titel - Gut im nordthüringischen Gau. Erste
Zeugen sind ein Graf Enno
sowie ein Amal.
fi. Vermutlich
bedeutet das Amalungus
filius und bezieht sich auf den Sohn des Tradenten, dessen Vater
gegebenenfalls ja auch Amelung
hieß. Graf Enno
dürfte der Schwager des
Tradenten Bernhard
sein, da er zeitgleich das Kloster für die Seele seiner Schwester Kunhilde bedachte,
wobei ein Bernhard
nach einem Enno Zeuge war.
Dieser Amelung, Sohn des Bernhard, könnte der
spätere Graf Amelung (II.) sein, der zu den Wohltätern Corveys zählte
und zusammen mit Haduwy -
einer Tochter oder Enkelin des
Herzogs Ekbert und der heiligen
Ida - die früh verstorbenen Söhne Amelung (III.) und Bernhard hatte. Zeitlich wäre
vorzuziehen, daß Hedwig
keine Enkelin, sondern eine Tochter
Herzog Ekberts war, die in die Familie des Grafen Bernhard
einheiratete, der seinen Grund und Boden für die
Klostergründung zur Verfügung gestellt hatte. Das könnte
mit erklären, warum nach dem Tode des Gründer-Abtes Adelhard 826 nicht dessen
Bruder Wala der neue Abt wurde,
sondern Warin, obwohl er nach
der ersten Mönchliste der jüngste Mönch war. Graf Amelung (II.) könnte -
gegebenenfalls auf Bitten seiner Frau
Hedwig - als Sohn des
Kloster-Mitbegründers Graf Bernhard
die Wahl seines Schwagers Warin
durchgesetzt haben.
Graf Ekbert in der Liste von
811 dürfte derjenige sein, der als Sachse die fränkische Grafen-Tochter Ida
heiratete und in Nachfolge von Graf Wala den Oberbefehl in
Sachsen erhielt. Seine Tochter Hedwig
heiratete nach obigen Überlegungen Graf Amelung (II.), den Sohn seines Waffengefährten Graf Bernhard.
Graf Theotheri von 811
könnte mit dem Grafen Tiodger
im Zusammenhang stehen, der von ca. 822 bis ca 850 häufig Zeuge in
Corveyer Traditionen ist, welche insbesondere mit der Sippe Herzog Ekberts in Zusammenhang
stehen.
Ein Osdag - wenn auch ohne
Grafen-Titel - gehörte um 830 zu den Corveyer Zeugen, unter
anderem auch bei Traditionen, an denen ein Graf Liudolf - vermutlich ein Enkel Herzog Ekberts und der spätere sächsische Herzog
- beteiligt war.
Bei diesem Befund hielt Hömberg auch den 811 letztgenannten Grafen Wichmann für einen
Sachsen und den Spitzenahn
väterlicherseits der späteren
BILLUNGER. Er könnte mit dem Grafen Wichmann identisch sein, der
in einer der ersten Traditionen dem Kloster Corvey zehn Hufen in Dungen
10 km nordwestlich von Höxter überließ. Spitzenzeuge
dieser Tradition ist ein Hermann,
was die Vermutung von Hömberg zusätzlich stützt. Offen
muß bleiben, ob und gegebenenfalls wie dieser erste Graf Wichmann von 811 mit den AMELUNGEN bzw. Graf Bernhard
versippt ist. Er ist – da am Ende der Grafenreihe stehend – sicherlich
jünger als Graf Bernhard,
so daß er dessen Schwieger-Sohn sein könnte. Vielleicht
erfolgte eine Versippung – für welche die billungischen Namen Wichmann, Bernhard und Amelung sprechen – erst in der
nächsten Generation.
Billunger von 860 bis 935
Wohl eine Generation weiter kommt in den 860/65 verfaßten Wundern
des St. Willehard ein Graf Hermann
vor, dessen Magd von seinem Hof Lesum stammte. Drögereit wies
darauf hin, daß der Hof Lesum, zu dem 700 Hufen entlang der Weser
bis hoch nach Altenwalde gehörten, Reichgut war, mit dem zu Beginn
des 11. Jahrhunderts Graf Liudger,
der zweite Sohn von Hermann Billung,
belehnt war. Es ist daher mehr als wahrscheinlich, daß Graf Hermann ein früher BILLUNGER ist.
Graf Hermann - begütert
in Wigmodien – könnte die Erb-Tochter
des Grafen Amelung (II.)
und seiner Frau Hedwig
geheiratet haben, deren beide Brüder verstorben waren. Als Hedwig in Gedenken an ihren Mann Graf Amelung (II.) und an ihre Söhne Amelung (III.) und Bernhard Corvey Güter in der
Nähe des Klosters überließ, waren Spitzenzeugen die drei Grafen Bardo, Thiadger und Marcbodo. Die in TrCorv Nr. 190
genannte Ida wird für
eine Tochter - eher wohl eine Enkelin - des Herzogs Ekbert gehalten, die in zweiter Ehe mit Graf Esic verheiratet war. Dort sind
vier Grafen Spitzenzeugen: Bardo,
Hermann, Thiadger, Marcbodo. Graf Hermann vertrat wohl die
Interessen seiner Frau als
mutmaßliche Enkelin Herzog
Ekberts. Graf Marcbodo
war vermutlich ein Bruder von Graf
Esic.
Die Generationen zwischen dem Grafen
Hermann von 860/65 und den drei
billungischen Brüdern Wichmann dem Älteren, Bischof Amelung und Hermann Billung sind bisher
ungeklärt.
880 fiel gegen die Normannen als vornehmster Graf nach dem Herzog Brun - dem Enkel des Herzogs Ekbert - ein Graf Wichmann. Er wird aufgrund
seines Namens und seiner Stellung ebenfalls für einen frühen BILLUNGER, und zwar
für einen Bruder oder Vetter des
Grafen Hermann von 860/65, gehalten. Wenskus nimmt an, daß
Graf Wichmann - und nicht Graf Hermann - mit einer Erb-Tochter des Grafen Amelung (II.) und der Hedwig verheiratet war.
Demensprechend hält er einen Grafen
Ekbert, der 890 von König
ARNULF 66
Königshufen geschenkt bekam und den schon Hömberg als BILLUNGER identifizierte, für
den Sohn des 880 gefallenen Grafen Wichmann.
Auch wenn Wenskus selbst auf die zeitliche Nähe des Grafen Ekbert zu den drei
billungischen Brüdern hinweist, möchte er der
Überlieferung von St. Michel zu Lüneburg folgen und zwischen
sie einen Grafen Billing
schieben.
Althoff hält ebenfalls Graf
Ekbert für einen Vorfahren
der BILLUNGER, ohne ihn genau einzuordnen.
Weiterhin hat Althoff auf einen Grafen
Bernhard hingewiesen, dessen
Witwe Berta das Kloster Borghorst gründete, in dem der BILLUNGER gedacht wurde, welche mit Wichmann III. den Vogt stellten.
Erste Äbtissin wurde ihre 926 geborene Tochter Hatewyga, die wie die Frau des Grafen Amelung (II.) hieß. Berta war in - eventuell erster -
Ehe mit einem Liutbert
verheiratet gewesen. Aus dieser Ehe stammte eine Tochter Bertheida, die dem Kloster deren
Zuwendungen aus dem Erbgut ihrer beiden Ehegatten streitig machte. Bertheida wurde 989 das Erbe ihres
Vaters zugesprochen, während sie das Erbe des Grafen Bernhard dem Kloster
zurückgeben mußte. Graf
Bernhard starb nach der Klosterüberlieferung im Dezember
935. Es wird vermutet, daß er mit dem gleichnamigen Sieger der Schlacht
von Lenzen im Jahr 929, dem die slavischen Redarier unterstellt wurden,
identisch ist, so daß Hermann
Billung 936 eine Stellung übernahm, die schon in der Hand
seiner Familie war. Da Hermann seinen
ältesten Sohn Bernhard nannte, erwägt Althoff, ob Graf Bernhard nicht der Vater der drei billungischen Brüder
gewesen sein könnte. Ein Indiz sieht er darin, daß Erzbischof Adalbert von Magdeburg Herzog
Hermann Billung 972 in Magdeburg königsgleich empfing. Da Erzbischof Adalbert nach den
Untersuchungen Althoffs der Bruder
der Berta war, hätte er dann einem Verwandten, nämlich
den Sohn seiner Schwester,
hofiert.
Gegen die Vermutung Althoffs, daß Graf Bernhard der Vater der drei
billungischen Brüder war, spricht, daß in der
Überlieferung und den Urkunden keine Unterstützung der Äbtissin Hedwig gegen ihre Halb-Schwester Bertheida durch
die BILLUNGER erkennbar ist,
obwohl sie als ihre Voll-Brüder dazu berufen gewesen wären,
zumal es dann um das Erbe ihres Vaters gegangen wäre. Abgesehen
davon ist Althoff darin zu folgen, daß Graf Bernhard von Borghorst ein naher Verwandter der drei BILLUNGER
gewesen sein muß.
Versuch einer billungischen Stammtafel
Amelung
Ekbert ∞ hl. Ida
Bernhard
(811)
(811)
Cobbo Haduwy ∞ Amelung
(II.)
Wichmann (811)
LIUDOLFINGER Amelung (III.)
Bennid NN ∞ Hermann
Wichmann (†
880)
Ekbert
Hermann
Bernhard Wichmann
d.Ä. Amelung Hermann
Billung
WERLER?
Wichmann d.J. Ekbert d.
Einäugige
Bernhard
Liudger ? Hermann
Der hypothetische Stammbaum der BILLUNGER
geht von folgenen Überlegungen aus:
Der Doppel-Name Hermann Billung
ist zeitgenössisch nicht belegt. Falls er historisch ist,
könnte es sein, daß er im 13. Jahrhundert irrtümlich
als Hermann, Sohn des Billung, interpretiert
wurde, da im Spätmittelalter Doppelnamen aus dem Rufnamen und dem
angehängten Namen des Vaters gebildet wurden. Bei
Fürsten-Geschlechtern des Hochmittelalters kam es jedoch
gelegentlich vor, daß die Namen beider Großväter
gegeben wurden. Gerade für die nächste Umgebung Hermann Billungs ist diese Sitte
für einen nachgeborenen Sohn belegt. Graf Heinrich der Kahle -
Amtsnachfolger Wichmanns I. im
Stader Raum und Verbündeter des Herzogs gegen dessen Neffen Wichmann II. und Ekbert der Einäugige -
gab seinem zweiten Sohn nach seinem eigenen Vater und seinem Schwiegervater den Doppel-Namen Liutheri Udo.
Daher wäre es denkbar, daß die drei BILLUNGER - soweit sie nicht
Halb-Brüder waren - einen Großvater
väterlicherseits namens Hermann und einen Großvater mütterlicherseits
namens Billung hatten.
Für den Großvater väterlicherseits kämen
einerseits der Graf Hermann
von 860/65 in Lesum in Betracht sowie andererseits ein Graf Hermann, der 889 zusammen mit
einem Ekbert und einem Reithard die Grafschaft im Wetigau
innehatte. Der jüngere Graf
Hermann dürfte eher ein Bruder
des Grafen Ekbert sein, welcher 890 durch König ARNULF mit 66 Hufen in
den Gauen Tilihi, Marstem, Loingau und Bardengau beschenkt wurde. Er
könnte mit dem Grafen Hermann
identisch sein, der 906 Meschede stiftete und als Ahnherr der WERLER gilt. Auch die WERLER bevorzugten zunächst die
Leitnamen Hermann und Bernhard. Ihre Güter lagen im
Gemengelage mit den BILLUNGERN,
wie sich auch vorliegend zeigt. Eine andere
Erklärungsmöglichkeit wäre, daß der Stifter von
Meschede zwar zur Sippe gehörte, aber kinderlos starb, so
daß seine Neffen sein Erbe antraten. Immerhin fällt auf,
daß vor den als solchen nachweisbaren WERLERN Hermann Billungs Sohn Liudger
Graf im Gau Westfalen war. Im Diptychon der BILLUNGER gibt es einen bisher
nicht sicher zuordenbaren zweiten
Grafen Hermann. Er könnte ein nachgeborener Sohn Hermann Billungs gewesen
sein, der nach dem Tod seines (Halb)-Bruders
Liudger 1011 die Grafschaft Westfalen übernahm und Stamm-Vater der WERLER wurde.
Falls Graf Hermann von Lesum/Wigmodien der Großvater väterlicherseits der
drei BILLUNGER sein sollte und er eine Erb-Tochter des Grafen Amelung (II.) und der Hedwig - Tochter des Herzogs Ekbert -
geheiratet hatte, könnten Wichmann,
Ekbert und Hermann seine Söhne gewesen
sein. Der älteste Sohn Wichmann
erhielt den Leitnamen der Sippe
und fiel 880. Der zweite Sohn Ekbert
erhielt den Namen des berühmten GroßVaters
der Mutter. Der nachgeborene Sohn wurde einer auch später
bei den BILLUNGERN zu
beobachtenden Familientradition folgend Hermann genannt und könnte der
Spitzenahn der WERLER sein, die
in Westfalen eine herzogähnliche Stellung einnahmen.
Bei der Suche nach einem Großvater
mütterlicherseits namens Billung gibt ebenfalls die Urkunde
von 889 einen Hinweis, nach der den Wetigau die Grafen Ekbert, Hermann und Reithard beherrschten. Schon
Wenskus nahm für Reithard
eine Verschwägerung an. Etwa um 846 tradierte ein Redhard dem Kloster Corvey Land
für die Seele seines Bruders
Billing. Ob der Reithard
von 889 mit dem Tradenten identisch ist, erscheint fraglich. Eine
Verwandtschaft dürfte jedoch wahrscheinlich sein.
Es läßt sich daher aus dem Doppel-Namen Hermann Billung vermuten, daß
ein Sohn des Grafen Hermann von Lesum/Wigmodien eine Tochter dieses Billing heiratete.
Hierfür käme am ehesten Graf
Ekbert in Betracht, der 890 unter anderem durch König ARNULF im Bardengau reich
beschenkt wurde. Er hätte dann seinem
ältestem Sohn wieder den Leitnamen
der Familie - gegebenenfalls auch in Gedenken an den 880
gefallenen Bruder - gegeben. Den zweiten Sohn weihte er Gott und nannte
ihn nach dem Vater und dem Bruder seiner Mutter. Bei dem dritten Sohn
wählte er den Leitnamen Hermann
für nachgeborene Söhne. Aus der Familie seiner Frau erhielt
dieser Sohn zusätzlich den Namen
Billing. Für die Hypothese spricht, daß Wichmann der Ältere, der der Haupt-Erbe seines von uns gesuchten
Vaters gewesen sein dürfte,
seinen zweiten Sohn Ekbert nannte.
Graf Bernhard von Borghorst ist
schwer einzuordnen. Nach seinem Namen könnte er ein weiterer Sohn des Grafen Hermann mit
der Erb-Tochter von Graf Amelung
(II.) und Hedwig sein. Die Spanne zwischen dem
880 gefallenen Wichmann und
dem 935 gestorbenen Bernhard
erscheint für Geschwister jedoch als zu groß. Nach seiner
mutmaßlichen Stellung im Slaven-Gebiet und chronologisch
könnte Graf Bernhard von
Borghorst ein Sohn Wichmanns
sein, ohne daß es hierfür einen direkten Anhaltspunkt
gäbe. Nach seinem söhnelosen Tod hätte dann sein jüngerer Vetter Hermann Billung
936 seine militärische Stellung geerbt.
Selbst wenn es sehr gewagt erscheint, nur auf den im 13. Jahrhundert
überlieferten Doppel-Namen Hermann
Billung gestützt die Vorfahren
der drei billungischen
Brüder genau bestimmen zu wollen, zeigen die obigen
Überlegungen, daß die BILLUNGER
über eine namentlich nicht bekannte Tochter des Grafen Amelung (II.) bzw. eine Enkelin des Herzogs Ekbert nicht
nur die Leitnamen Amelung und
Bernhard, sondern
höchstwahrscheinlich auch umfangreiche Güter ererbten.
Das Erbgut der Richenza und
ihrer Kinder im Stader Raum mag daher durchaus auf liudolfingisch-/ekbertinisches Erbgut
zurückgehen, aber höchstwahrscheinlich nicht über die EZZONEN, sondern über die BILLUNGER.
Erbgut in Westfalen
Richenza hinterließ ihren
Kindern nicht nur gemeinsames Erbe an der Elbe, sondern auch im Raum
Arnsberg. Vermutlich 1102 erwarb das Erzstift Köln von der Stader Markgräfin Oda ein
Drittel des Lüerwaldes (nordwestlich Arnsberg zwischen Menden und
Neheim) sowie ein Drittel von Odingender und Vrithengeresbeche. Hierzu
kamen die Ministerialen Walbert von
Huchelbeche, Adolf von
Basthusun und Lubrand von
Rutenberg. Zumindest Odas Anteil am Lüerwald kann
nicht auf das Erbgut ihres Vaters
Hermann IV. von Werl zurückzuführen sein, da Köln
auch von der Witwe des Grafen
Heinrich des Fetten den Haupthof Wicheln (westlich Arnsberg) mit
einem weiteren Drittel des Waldes und von Heinrichs Bruder Graf Kuno von Beichlingen
die Burg Hachen (westlich
Arnsberg) mit dem letzten Drittel erwarb. Da Oda und ihre Stief-Brüder
gemeinsam am Lüerwald begütert waren, wird es sich auch hier
um das Erbe ihrer gemeinsamen Mutter Richenza
handeln. Das gilt umsomehr, als auch andere Kinder der Richenza bzw. deren Nachkommen Erbgut um Arnsberg
hatten. Falls die Ministerialen in die Übertragung der Markgräfin Oda nicht
nachträglich interpoliert wurden, gehörte zum Erbe der Richenza auch der
Rüdenberg nördlich der Ruhr bei Arnsberg. Die dortige "Alte
Burg" wird nicht Bernhard von Werl
als Gegenpol zu der NORTHEIMER Burg
Hachen, sondern sein Sohn
Konrad von Werl-Arnsberg auf dem Erbgut seiner Frau errichtet haben.
Diese war eine Tochter Ottos von
Northeim und seiner Frau
Richenza. Entgegen der Angabe bei Lange ist ihr Name unbekannt, weil die aus dem
Nekrolog von Wedinghausen übernommene Mathilde die Frau eines Grafen Konrad von
Arnsberg-Rietberg aus dem 13. Jahrhundert war.
Auch bei den Gütern der Richenza
um Arnsberg gibt es Hinweise auf billungisches
Gut. Falls Odingender mit Oedingen (nordöstlich Lennestadt)
gleichzusetzen ist, liegt es ca. 2 km südlich von Cobbenrode,
welches auf den Grafen Cobbo
hindeutet. Interessanter erscheint, daß die Söhne Hermann Billungs, Herzog Bernhard I. und Graf Liudger, Grafschaften im
Großgau Westfalen innehatten.
Zwischenergebnis
Richenza ist
höchstwahrscheinlich eine billungische
Erb-Tochter, und zwar der wichmannschen
Linie, die ursprünglich die Güter entlang des linken
Elbufers von dem Herzog Ekbert
über dessen Tochter Hedwig
geerbt hatte.
Als Graf Wichmann I. 944 nach
seiner Frau starb, wurden seine minderjährigen Kinder Wichmann II. und Ekbert der Einäugige -
vielleicht auch Friderun und Emma - durch die Schwester ihrer Mutter und deren Sohn König OTTO I. aufgezogen. Während
dieser Zeit scheinen ihr Onkel Herzog
Hermann und Graf Heinrich der
Kahle das Erbgut ihres Vaters an der Nieder-Elbe unter sich
aufgeteilt zu haben. Graf Heinrich,
der erste UDONE, errichtete
969 die Burg Harsefeld,
während Herzog Hermann die
Lüneburg und den Bardengau übernahm. Im Rahmen der Fehden um
sein Erbe brannte Wichmann II.
eine Reichskirche nieder und wurde dafür geächtet, wie sich
aus einer Urkunde Kaiser OTTOS von 959
für das Kloster St. Michael in Lüneburg ergeben könnte.
Vielleicht wurden schon damals seine Allode und Lehen eingezogen und
vom Kaiser zwischen dem Lüneburger Kloster St. Michael und dem von
seinen Schwestern gegründeten Kloster Kemnade aufgeteilt.
Hierfür spricht die Nachricht zum Jahr 958, daß Wichmann II. durch die Vermittlung
des Markgrafen Gero, dessen Sohn Siegfried vermutlich mit
einer Schwester Wichmanns II.
verheiratet war, auf das Erbgut
seiner Frau zurückkehren durfte. 963 begann er mit neuen
Aufständen gegen seinen Onkel, bis er 967 in Polen fiel. Entweder
hatte Wichmann II. keine
Kinder oder er konnte ihnen als Friedloser seinen Anteil am Erbe Wichmann I. nicht weitergeben, da
dieser zugunsten der Krone eingezogen war.
Da das Erbe der Richenza mit
den Gütern des Klosters Kemnade in Gemengelage lag, wird es sich
hierbei auch um einen Anteil am
Erbgut des Grafen Wichmann I.,
und zwar um den Ekberts des
Einäugigen, handeln. Die Nachkommen
Herzogs Hermann Billung sind insbesondere aus einem von Wedekind
auf vor 1085 datierten Diptychon bekannt. Bei anderen Personen, die
nach Namen und Besitz BILLUNGER
zu sein scheinen, könnte es sich um Nachkommen Ekberts des Einäugigen
handeln.
Ekbert der Jüngere
Um 1013 besaß ein Graf Ekbert eine Präfektur im Derlingau
zwischen Schöppenstedt und Hornburg. Freytag hielt ihn mit
Wedekind für einen Sohn Ekberts
des Einäugigen, während Bork daran zweifelte.
Ein Argument dafür könnte sein, daß Ekbert der Einäugige 984 in der
Auseinandersetzung zwischen den Anhängern OTTOS III.
und Heinrich
des Zänkers die Burg Ala verlor, in der er OTTOS
Schwester Adelheid
erzog. Sie wird meist bei Goslar vermutet. Vielleicht war sie mit der
späteren Asseburg am nördlichen Rand der Präfektur Ekberts des Jüngeren identisch.
Brunonen
Eine weitere Grafschaft im Derlingau verwaltete bis 1038 ein Graf Ludolf, Sohn des Grafen Bruno, letzterer Stamm-Vater der Grafen von Braunschweig.
Hieraus wurde geschlossen, daß der erste bekannte Brunone ein Bruder des benachbarten Grafen Ekberts des
Jüngeren und wie dieser ein Sohn Ekberts des Einäugigen
sei. Bork hielt das für möglich, aber nicht beweisbar. Gegen
die Theorie spricht, daß Herzog
Bernhard II. nach dem Tode Wichmanns III., der am gesichersten
als Sohn Ekberts des Einäugigen
anzusehen ist, die Vormundschaft für dessen unmündigen Sohn
übernahm, worauf unten noch eingegangen wird. Graf Ludolf hätte, falls sein Vater Bruno ein Bruder Wichmanns III. gewesen
wäre, diese Aufgabe übernehmen müssen. Außerdem
läßt die Gründungssage von Braunschweig vermuten,
daß es sich bei den BRUNONEN
eher um eine Seitenlinie der LIUDOLFINGER als der BILLUNGER handelt.
Brun von Querfurt
991 gründeten der Edle Brun und
seine Frau Adibert mit
Zustimmung ihrer Erben Amelung,
Adalger und Hermann das Kloster Vitzenburg
(südlich Querfurt), dessen Vogt
Amelung wurde. Brun
wird für den Ahnherrn derer von
Querfurt gehalten. OTTO III. bestätigte
die Stiftung auf Bitten von Herzog
Bernhard I. und Graf Ekbert.
Dies und die Namen der Erben zeigen einen bisher ungeklärten
Zusammenhang zu den BILLUNGERN,
bei denen der Name Brun mit
dem gleichnamigen Bischof Brun I. von
Verden (962-976), der seinem Verwandten Bischof Amelung von Verden
(933-962) folgte, ebenfalls
vorkam.
Ein Zusammenhang mit Richenza
ist jedoch nicht erkennbar.
Vogt und Graf Amelung von Paderborn
Ein Nachkomme Ekberts des
Einäugigen könnte weiterhin der Graf Amelung sein, welcher ab 1015
als Vogt der Paderborner Kirche
auftritt und 1031 ihr oberster Vogt genannt wird. 1015 scheint Amelung noch jung gewesen zu sein.
Obwohl er als Vogt für Paderborn handelt, ist er noch kein Graf
und erst dritter Zeuge: Graf Dodica,
Brun, Amulung, Ecbehrt, ... Der hinter ihm genannte Ekbert ist sein Bruder, wie sich
aus zwei weiteren Urkunden zweifelsfrei ergibt. Die Namen der Brüder Amelung und Ekbert lassen vermuten, daß
sie billungische Ahnen haben.
Bei den Schenkungen des Grafen Dodico
und seines Bruders Graf Segebodo
an Paderborn, die Erhard auf
1018 datiert, wird Amelung ebenfalls
als Vogt Bischof Meinwerks
tätig, ist aber erst sechster bzw. vierter Zeuge. Erst 1024 kommt Amelung gesichert als Graf vor.
Seine Grafschaft lag im Padergau.
König HEINRICH II. ernannte
1009 seinen Kaplan Meinwerk
zum Bischof von Paderborn. Meinwerk
war ein Sohn des Grafen Immed und
der Adela, Erb-Tochter des Grafen Wichmann von Hamaland.
Mittelalterliche Bischöfe pflegten mit der Vogtei ihrer Kirche
nahe Verwandte zu belehnen. Ein Immed,
der in drei Fragmenten einmal als Edler, einmal als Graf und einmal als
Vogt für Paderborn auftritt, kann zeitlich nur vor 1020 und
familiär nicht näher eingeordnet werden. Da Bischof Meinwerk einen Bruder Dietrich hatte, kommt auch
dieser als Vogt in Betracht, obwohl ein Zeugnis hierfür fehlt. Graf Dietrich wurde 1014 -
angeblich auf Betreiben seiner Mutter
Adela und seines Stief-Vaters
Graf Balderich - durch seine Ministerialen ermordet. Bischof Meinwerk könnte
nunmehr einen jungen Neffen,
nämlich den späteren Grafen
Amelung, mit der freigewordenen Hochvogtei belehnt haben. Die
Verwandschaft kann aber nur vermutet werden.
Bischof Meinwerks Schwester Emma
war mit dem 1011 verstorbenen BILLUNGER
Graf Liudger verheiratet gewesen, der im Gau Westfalen
Grafenrechte ausübte. Amelung
und Ekbert könnten deren Söhne gewesen sei,
wogegen jedoch spricht, daß das Reichs-Lehen Lesum nach dem Tode
der Emma wegen einer
Verfehlung ihrer Tochter eingezogen wurde. Auch sonst ist von
Söhnen der Emma nichts
bekannt.
Da Bischof Meinwerks Schwester
einen BILLUNGER heiratete,
könnte auch sein Bruder Dietrich
eine BILLUNGERIN geheiratet
haben. Wechselseitige Versippungen waren üblich. Vielleicht sah
das Paar diesen Sohn ursprünglich für eine geistliche
Laufbahn vor und nannte ihn deshalb Amelung
nach dem billungischen Bischof
Amelung von Verden. Erzogen wurde er vielleicht bei seinem Onkel Meinwerk in der
Paderborner Domschule. Nach der Ermordung seines Vaters wurde er von
seinem Onkel zum Nachfolger seines Vaters bestimmt und mit der
Hochvogtei belehnt. Sein Bruder Ekbert
könnte nach seinem
Großvater mütterlicherseits Graf Ekbert dem Einäugigen
benannt worden sein. Ein Indiz für diese Hypothese scheint ein Dietrich zu sein, der einmal ohne
und dann mehrfach mit Grafen-Titel Zeuge hinter Graf Amelung ist. Da er anderen
Sippen nicht zugeordnet werden kann, könnte er ein jüngerer Bruder, Sohn oder Neffe des Vogtes Graf Amelung
sein, der nach dessen Vater Graf
Dietrich benannt wurde. Diese Hypothese ergäbe
nachfolgenden Stammbaum:
Ekbert d. Einäugige G Immed ∞ Adela
Tochter NN
∞ G Dietrich B Meinwerk
G
Amelung
Ekbert
G Dietrich
Wichmann III.
1001 schenkte Kaiser OTTO III. dem Bistum
Hildesheim die Burg Dahlum
(Königs-Dahlum, südlich Hildesheim) in pago Hastfala sive Ambargau in
comitatu filiorum Ekbrahti comitis et nepotis nostri. Sein Vater OTTO II. hatte 979 seiner Frau Theophano in pago Ambraga in comitatu Wichmanni
den Ort Pateleke (Bilderlahe, östlich Bad Gandersheim) geschenkt.
Der 1001 erwähnte Graf Ekbert wird
aufgrund der angegebenen Verwandtschaft
zu den OTTONEN
der 994 verstorbene Ekbert der
Einäugige sein, so daß er mindestens zwei Söhne
hatte. Da sein Bruder Wichmann II.
967 fiel, müßte der 979 erwähnte Graf Wichmann schon ein Sohn des Grafen Ekbert sein, falls
die Urkunde richtig datiert ist. Jedenfalls war Graf Wichmann III. 1009 im Besitz
von Königs-Dahlum.
Am 6. Oktober 1016 wurde durch Adela,
die Mutter Bischofs Meinwerk von
Paderborn, und ihren zweiten
Mann Graf Balderich ein Graf
Wichmann in der Nähe von Balderichs
Burg Uflach (bei Elten) ermordet, der ein BILLUNGER gewesen sein muß, da
nach seinem Tode Herzog Bernhard II.
die Interessen seines unmündigen Sohnes wahrnahm.
Höchstwahrscheinlich ist er der Sohn
Graf Ekberts des Einäugigen gewesen. Das Kloster Meteln
wurde 889 durch eine Edle Friduwi gegründet,
die dessen erste Äbtissin wurde. Sie muß eine gemeinsame Ahne von Herzog Bernhard I. und seinem Vetter Graf Ekbert dem
Einäugigen gewesen sein, da auf deren Bitten Kaiser OTTO III.
993 Godesti zur Äbtissin
und Wichmann zum Vogt des Klosters bestimmte. Godesti war eine Tochter Herzog Bernhards I. Da ihre
Geschwister bekannt sind, kann Wichmann
nur ein Sohn Ekberts sein,
denn die Äbtissinwürde blieb ebenso wie die Vogtei in aller
Regel der Stifter-Familie vorbehalten. Die Zuordnung Wichmanns III. als Sohn Ekberts des Einäugigen
ergab sich zudem schon oben aus seiner Grafschaft im Gau Ostfalen.
Wichmann III. war auch 989 Vogt des Klosters Borghorst, welches
um 968 ebenfalls von einer BILLUNGERIN
gegründet worden war.
1014 verhinderte er im Königsgericht zu Allstedt, daß Kaiser HEINRICH
II. eine Elbinsel aus dem Erbe des Markgrafen Werner dessen Feind und
Nachfolger Markgraf Bernhard
zusprach.
Anfang 1016 nahm er noch an der Sühne des Grafen Balderich und seiner Frau Adela für die
Ermordung von deren Sohn Graf Dietrich
teil. Er selbst war mit einer
Schwester des Grafen Balderich verheiratet. Graf Wichmann III. wurde nach Thietmar von Merseburg in Fretheni
civitatem bei seinen Vätern begraben. Allgemein wird wegen der
Nähe zu Uflach darunter Vreden (westlich Münster an der
holländischen Grenze) verstanden. Da nichts davon bekannt ist,
daß hier BILLUNGER
begraben wurden, verstand man unter
ad patres suos die widukindsch-immedische
Sippe seiner Groß-Mutter,
der Frau Wichmanns I. Die
Rechte im Gau Ostfalen lassen aber eventuell auch an Freden zwischen
Hildesheim und Einbeck denken.
Wichmann IV.
Die Tatsache, daß Herzog
Bernhard II. nach der Ermordung Graf
Wichmanns III. die Interessen seines unmündigen Sohnes
wahrnahm, stützt obige Vermutung, daß der Paderborner Vogt Amelung nicht ein
agnatischer, sondern nur ein cognatischer
Nachkomme Ekberts des Einäugigen war. Als mutmaßlicher Sohn einer Schwester des
Grafen Wichmann III. wäre er zwar ein Vetter von dessen
Sohn, aber kein Schwertvetter, so daß er auch nicht die
Vormundschaft übernehmen konnte - falls er sowieso nicht 1016
selbst noch zu jung dazu gewesen war.
Der Name des Sohnes des ermordeten
Grafen Wichmann III. ist nicht überliefert. Er wird mit Wichmann IV. vermutet, da im
Nekrolog des Klosters St. Michael in Lüneburg vier Grafen Wichmann zu finden sind.
Bei einer Sühne des BILLUNGERS
Graf Dietmars des Älteren - dem Bruder Herzogs Bernhard II. -
zugunsten Bischof Meinwerks
zwischen 1018 und 1024 ist ein Wichmann
fünfter Zeuge des Bischofs, der mit Wichmann IV. identisch sein
könnte.
Über den letzten BILLUNGER der
Wichmann-Linie ist nichts weiter bekannt. Das Gut der Richenza läßt vermuten,
daß sie die Erb-Tochter dieser
Linie war. Zeitlich könnte sie eine Tochter von Wichmann IV. sein.
Richenzas Tochter Oda hatte,
wie oben herausgearbeitet, mit ihrem mütterlichen Erbgut einen Priester Wichmann belehnt, der die
Grablege ihres Schwieger-Vaters
Luder-Udo I. von Stade betreute. Diese Kombination
läßt es möglich erscheinen, daß dieser Priester
ein Verwandter der Oda war,
der mit ihr nach Stade gekommen war. Denkbar wäre zum Beispiel ein
unebenbürtiger Bruder der Richenza,
der wie üblich Geistlicher geworden war und seiner Nichte bei
ihrer Heirat als Beichtvater mitgegeben wurde.
Wenn Richenza die Erb-Tocher der Wichmann-Linie war,
würde das zwangloser als bisher erklären, warum Otto von Northeim den letzten BILLUNGER der Hermann-Linie,
Herzog Magnus, seinen proquinus
nannte.
Die hier aufgestellte Hypothese von der Herkunft der Richenza wird kritisch zu
überprüfen sein. Da neue Quellen kaum zu erwarten sind, kann
das nur anhand einer Neubewertung der Nachrichten über die
Nachkommen der Richenza
versucht werden.
Kloster Corvey
Otto von Northeim ist 1078 als Edelvogt des Corveyer Abtes Werner/Warin II. bezeugt. Es wird vermutet,
daß er schon 1065/66 der Corveyer Edelvogt war, als er die
Schenkung der Reichsabtei an Erzbischof
Adalbert von Bremen faktisch verhinderte. Sein Vogteilehen,
zumindest einen Teil davon, hatte er an Graf Otto von Zütphen weiter
verlehnt.
Die Herkunft seiner Vogtei ist ungeklärt. Aufgrund von
Verfälschungen der Corveyer Traditionen, Register und Annalen
durch Falke wurde früher angenommen, daß die NORTHEIMER die Vogtei von den LIUDOLFINGERN
und BRUNONEN geerbt
hätten. Klohn vermutete, König
HEINRICH II. habe
die Vogtei dem Grafen Siegfried II.
von Northeim 1002 als Dank für die Ermordung des Markgrafen Ekhard I. von Meißen
verliehen. Derzeit wird ohne Belege hierfür angenommen, daß
die NORTHEIMER vielleicht
schon seit Siegfried I. die
Edelvogtei erblich besaßen.
Die Urkunden des 10. Jahrhunderts, nach denen der Abt von Corvey die
freie Vogtwahl besaß, sollen sich zur Rechtfertigung dieses
Ergebnisses nur auf die Teilvögte beziehen. Das erscheint
fraglich, da der Abt als Reichsfürst vermutlich dieses Privileg
genauso wie die Reichsbischöfe - insbesondere die
Erzbischöfe - in Anspruch nahm. Einschränkungen werden sich
jedoch wie überall aus folgenden Grundsätzen ergeben haben:
Die Hochvogtei war prinzipiell ein Lehen auf Lebenszeit, so daß
ein neuer Abt sein Wahlrecht erst beim Tode des alten Vogtes oder
dessen Absetzung durch den König (= Verlust des Reichslehen durch
Fürstenspruch im Königsgericht) ausüben konnte. Der
jeweilige Hochvogt bemühte sich um die Wahl eines ihm verwandten
Abtes und der Abt um die Wahl eines ihm verwandten Hochvogtes. Dadurch
blieben Abt- und Vogtwürde in der Regel über Jahrhunderte
innerhalb miteinander versippter Familien, wie Hucker kürzlich
für das Stift Bassum aufgezeigt hat. Gegebenenfalls waren sogar
nur Nachkommen einer Stifter-Famile wählbar.
Die Reihenfolge der Äbte ist bis zur Zeit Ottos von Northeim bekannt:
Adalhard |
822 - 826 |
Warin
|
826 - 856 |
Adalger |
856 - 877 |
Thankmar |
877 - 877 |
Avo |
877 - 879 |
Bovo I. |
879 - 890 |
Gottschalk |
890 - 900 |
Bovo II. |
900 - 916 |
Folkmar
|
916 - 942 |
Bovo III. |
942 - 948 |
Gerbern |
948 - 965 |
Liudolf
|
965 - 983 |
Thietmar
|
983 - 1001 |
Hosed |
1001 - 1010 |
Wal
|
1010 - 1014 |
Druthmar |
1015 - 1046 |
Rothard |
1046 - 1050 |
Arnold
|
1050 - 1055 |
Saracho |
1055 - 1071 |
Werner/Warin |
1071 - 1079 |
Oben war vermutet worden, daß Abt
Warin (826-856) dem KAROLINGER
Abt Adalhard
folgte, weil seine Schwester Hedwig
mit dem Grafen Amelung einen Nachkommen Karl Martells geheiratet
hatte.
Abt Adalger (856-877) scheint einer Sippe
anzugehören, die bevorzugt Namen mit der Endsilbe -ger führte
und im Raum der unteren Elbe ansässig war. Sein gleichnamiger Bruder Adalger war
auch Mönch in Corvey und
wurde dann Erzbischof von
Hamburg-Bremen (888-999).
Vielleicht war er der Aldger,
der Corvey sein Gut im Bardengau übertrug. Nachfolger Erzbischofs Adalger wurde der Corveyer Mönch Hoger (909-917), der auch zu dieser Sippe
gehört haben könnte. 950 setzte OTTO I. einen
Adalger als Propst des von seiner Mutter Mathilde gegründeten
Stifts Engern ein. Da Mathilde eine
Tante der BILLUNGER Wichmann der
Jüngere und Ekbert der
Einäugige war, könnte auch Adalger zu diesem Verwandtenkreis
gehören. Fünfzig Jahre später hatte sich der Name Adalger in Ethelger gewandelt, wie die Angaben
von Thietmar von Merseburg zeigen,
daß 994 mit den UDONEN
ein Graf dieses Namens bei der Verteidigung der Elbmündung in die
Hände der Wikinger fiel. Der dritte
Ehemann der Ida von Elsdorf hieß ebenfalls Etheler und besaß nach der
Überlieferung die Grafschaft Dithmarschen, deren Bewohner ihn um
1064 erschlugen. Um 1149 fiel ein Etheler
aus Dithmarschen, der für den dänischen König Sven die Holsten gegen Herzog Heinrich den Löwen und
dessen Grafen Adolf von Schauenburg
geführt hatte.
Ältester bekannter Vertreter der Sippe ist vermutlich der um
750/760 geborene Sachse Theotaker,
der seinen Sohn Buni als
Geisel stellen mußte. Wenskus erkannte nicht, daß sein Name
mit Thiodger gleichzusetzen
ist. Richtig dürfte seine Überlegung sein, daß Buni mit Bunico gleichzusetzen ist und dieser
den Grafen Ricdag zum Bruder
hatte. Thiodger hatte
vielleicht eine Frau aus einer Sippe, die die Endsilbe -dag bevorzugte,
geheiratet. Schon Wenskus wies aufgrund einiger Corveyer Traditionen
auf eine Verbindung der -ger und -dag -Namen mit den LIUDOLFINGERN
bzw. EKBERTINERN hin. Als Graf Amelung (II.), der Mann der Hedwig, dem Kloster Corvey
Gut in Rimbeck überließ, waren seine Zeugen Hager (Hoger), Pumi (Buni?), Wulfger, Osger, Uffo (Kurzform von Liudolf) und Odo. Als Graf Bardo die Güter des
verstorbenen Liudolf im
Bardengau dem Kloster übertrug, behielt er dessen Bruder Cobbo und dessen Verwandten Fresgar ihre
Rechte vor. Egal, ob Cobbo der
Bruder oder Neffe des Abtes Warin
war, war dieser auch mit Fresger
verwandt. Schon in einer der ersten Traditionen für Corvey war ein
Fresger Zeuge nach Graf Enno, welcher oben als Schwager des Klostergrund-Stifters Graf
Bernhard vermutet wurde. Kurz darauf war Fresger Erstzeuge für Graf Enno.
Im Bardengau war auch ein Switger
begütert.
Als ein Graf Liudolf seinen Sohn
Thankmar in das Kloster gab, waren Zeugen Adalger, Bunico, Osdag und Ricdag. Kurz zuvor waren Graf Liudolf, Adalger, Ricdag, Osdag und Wicger Zeugen für eine
Tradition des Bunico. Ob es
sich bei dem Grafen Liudolf um
einen Bruder oder einen Neffen des Abtes Warin handelt, kann
hier dahingestellt bleiben. Die beiden Traditionen belegen jedenfalls
eine Versippung der aufeinander folgenden Äbte Warin (826-856), Adalger (856-877) und Thankmar (877).
Der fünfte Abt Avo (877-879) ist familiär nicht
einzuordnen, falls nicht sein Name mit Uffo
und/oder Ovo gleichzusetzen
sein sollte. Um 850 wird ein Uffo
qui et Liudolf als Tradent für Corvey
genannt. Etwas später findet sich die Corveyer Zeugenreihe: Wulfger, Ouo, Aldger, Liudmann. Wenskus hat für die
Träger dieses Namens eine Nähe zu den EKBERTINERN bzw. LIUDOLFINGERN
festgestellt.
Für seinen Nachfolger Abt Bovo I.
(879-890) ist durch Widukind
gesichert, daß er ein nepos
des Abtes Warin war, was
Honselmann sicherlich zutreffend mit Neffe interpretiert. Da er nach
derselben Quelle der Großvater
des Abtes Bovo II. (900-916)
war, muß er vor seinem Eintritt in das Kloster nach 856
verheiratet gewesen sein. Als Graf
Beuo wird er ein Rechtsgeschäft seines Onkels Warin bezeugt haben.
Vermutlich ist er auch mit dem Tradenten
Graf Beuo identisch, dessen Erstzeuge ein Thiadger war. Vielleicht erfolgte
diese Tradition anläßlich seines Eintritts in das Kloster.
Abt Bovo II. (900-916) und Abt Bovo III. (942-948) sind nach Widukind wieder Groß-Vater und Enkel, so
daß alle drei Äbte dieses Namens mit dem Abt Warin versippt waren.
Die Herkunft des zwischen Bovo I.
und Bovo II. amtierenden Abt Gottschalk (890-900) ist unbekannt.
Erwägenswert erscheint, daß siebzig Jahre später Bischof Liudolf von Osnabrück (968-978) einen Bruder namens Gottschalk hatte. Die
Brüder sind als Verwandte der
Kaiser OTTO I. und OTTO II.
bezeugt und sollen aus einer Seitenlinie
der LIUDOLFINGER
stammen. Damit kann auch schon Abt
Gottschalk zu dieser Sippe gehört haben.
Der Abt Bovo II. folgende Abt Folkmar (916-942) kann ebensowenig genau
zugeordnet werden. Vielleicht war er ein Nachkomme des Tradenten Folcmer,
dessen Erstzeuge um 840 ein Graf
Hoger war. Dazu paßt, daß zu Zeiten des Abtes
Folkmar der Klostervogt 936 ebenfalls Hoger
hieß.
Für die späteren Äbte sind Vermutungen noch weniger
möglich, zumal Traditionen aus dieser Zeit fehlen.
Abt Gerbern (948-965) ist keiner Familie
zuzuordnen.
Abt Liudolf (965-983) könnte wegens seines
Namens zur gleichnamigen Sippe gehört haben, zumal Thietmar von Merseburg ihn 968 beim
Tode Erzbischofs Wilhelm von Mainz - ein Sohn Kaiser OTTOS DES GROSSEN -
erwähnt. Angeblich veranlaßte
Abt Liudolf 965 zusammen mit Bruno, dem Bruder des Kaisers, daß dieser
dem Kloster Corvey den Hof Bökendorf schenkte. Die Urkunde gilt
jedoch als durch Falke gefälscht.
Abt Thietmar (983-1001) könnte ein früher BILLUNGER gewesen sein,
ohne daß dieser Schluß zwingend wäre, da sein Name im
sächsischen Hochadel verbreitet war.
Abt Hoseds (1001-1010) Name läßt
keine Vermutung zu.
Der Name des Abtes Wal (1011-1015) erinnert an den Grafen und Mönch Wala, den Bruder des Gründer-Abtes Adalhard.
Abt Druthmar (1015-1046) wird in keinem
Sippenzusammenhang zu seinen Vorgängern gestanden haben, da er auf
Vorschlag des Bischofs Meinwerk von Paderborn aus dem
Kloster Lorsch kam und gegen den Willen der Corveyer Mönche durch
den Kaiser zum Abt bestellt wurde.
Für Abt Rothard (1046-1050) ist auch die Namensform
Trotmann überliefert. Wie bei seinem Vorgänger war an seiner
Einsetzung der Paderborner Bischof
Rotho als Vertreter des Königs maßgeblich beteiligt.
Sein Name erinnert an den Grafen
Redhard, dessen Bruder Billing
vielleicht der Groß-Vater
mütterlicherseits von Herzog Hermann Billung war, wie oben
erwogen.
Die Äbte Arnold (1050-1055) und Saracho (1055-1071) sind keiner Familie
zuordenbar.
Abt Werner (1071-1079) nannte sich in Urkunden Warin, was jedoch keinen
Sippenzusammenhang bedeuten muß, sondern vielleicht auch mit
bloßem Traditionsbewußtsein dieses Abtes erklärt
werden kann.
Im Gegensatz zur Abtreihe ist über die Edel- bzw. Hochvögte
von Corvey kaum etwas bekannt. Wedekind behauptete 1835 folgende
Vögte:
Graf
Ekbert
825 - 838
Graf
Bardo
838 - 864
Herzog
Liudolf
864 - 866
...
Graf Ekbert d.
Einäugige
984
Graf Bruno v.
Braunschweig 1009
Hiddi
1028
Graf Bruno d.J. v. Braunschweig 1043 - 1057
Einen Nachweis brachte Wedekind nur für Hiddi, den er jedoch nicht
einordnen konnte. Für die jüngeren
Vögte Ekbert, Bruno
und Bruno stützte er sich
auf das Chronicon Corbeiense, wobei er annahm, daß die BRUNONEN Nachkommen des BILLUNGERS Ekbert der
Einäugige waren. Das Chronicon Corbeiense ist jedoch eine
gelehrte Fälschung des 18. Jahrhunderts, vermutlich durch
Paullini, so daß seine Nachrichten über die Corveyer
Vögte wertlos sind.
In einer Erweiterung der Corveyer Annalen, den sogenannten Fasti
Corbeienses, findet sich zu 875 die Nachricht, daß Liudolf, Herzog von Ostfalen und Corveyer Vogt,
gestorben sei. Ihm sei ein Hiddi
gefolgt. Eckhardt hielt die Fasti für echt und damit die Nachricht
über die Vogtei bis auf das falsche Todesdatum von Herzog Liudolf für richtig. Im
Gegensatz dazu hat Hlawitschka zutreffend darauf hingewiesen, daß
das falsche Datum 875 auf eine diesbezügliche Auffassung von
Harenberg zurückgeht, der ebenfalls im 18. Jahrhundert
höchstwahrscheinlich die Fasti fälschte.
Für die Frage nach der Vogtei können daher nur die wenigen
Angaben in den Traditionen und die geringen restlichen Quellen
herangezogen werden.
Als Graf Bevo I. vor 856 ein
Rechtsgeschäft seines Onkels,
des Abtes Warin, bezeugte,
wurde er höchstwahrscheinlich als Kloster-Vogt
tätig.
Ausdrücklich wird in der Mitte des 9. Jahrhunderts als
Kloster-Vogt ein jüngerer Graf
Bardo für eine Schenkung im Marstemgau bezeugt. Es scheint
sich um das Erbgut eines Beui
zu handeln, was vermutlich mit Bevo
gleichgesetzt werden darf. Als nämlich ein Bevo um 850 tradiert, ist ein Graf Bardo wieder Erstzeuge. Wenn
obige Vermutung stimmt, daß Graf
Bardo der Ältere mit einer
Tochter des Herzogs Ekbert und der heiligen Ida verheiratet war, könnte Graf Bovo I. ihr Sohn gewesen sein.
Als er in das Kloster eintrat, folgte ihm vielleicht in der Vogtei sein Sohn Graf Bardo der Jüngere, der 880 mit
zwei weiteren Bardos gegen die
Wikinger fiel.
936 wird ein Vogt Hoger genannt.
Er war höchstwahrscheinlich ein Verwandter
des Abtes Folkmar (916-942)
und gehörte vermutlich zu der Sippe, die Namen mit der Endsilbe
-ger bevorzugte und schon den Abt
Adalger (856-877), dessen gleichnamigen Bruder, den Erzbischof Adalger von Hamburg-Bremen
(888-909), sowie dessen
Nachfolger Erzbischof Hoger (909-916) stellte.
In einer wohl von Falke gefälschten Urkunde OTTOS DES GROSSEN
von 965 erscheint als Corveyer Vogt ein Graf Luidolf. 980 findet sich ein
Vogt dieses Namens in einer echten Urkunde OTTOS II.
Die Behauptung in der gefälschten Corveyer Chronik, 984 sei der BILLUNGER Ekbert der Einäugige Vogt
gewesen, geht sicherlich auf den Bericht Thietmars von Merseburg zu diesem
Jahr zurück, daß Herzog Heinrich dem Zänker
und Graf Ekbert den
minderjährigen König OTTO III. in ihre Gewalt
und nach Corvey gebracht hatten, wo der Herzog dem sächsischen Pfalzgrafen Dietrich
und seinem Bruder die Begnadigung verweigerte. Es erscheint
möglich, daß Graf Ekbert
dem bayrischen Herzog den Aufenthalt in Corvey als der dortige Vogt
ermöglichte. Seit 983 war Thietmar
Abt in Corvey. Hedwig,
die Schwester des Grafen Ekbert,
hatte Siegfried, den Sohn des Markgrafen Gero und Enkel Thietmars, geheiratet und war
nach Siegfrieds frühen
Tod Äbtissin von Gernrode geworden. Nach Widukind interventierte Markgraf Gero um 958 und 963
zugunsten Wichmanns des Jüngeren,
dem Bruder Ekberts des Einäugigen.
Vielleicht tat er das nicht nur seiner Schwieger-Tochter zuliebe,
sondern Wichmann war
seinerseits mit einer Tochter Geros
verheiratet, zumal Widukind in diesem Zusammenhang zweimal Wichmanns Gattin erwähnt, ohne
allerdings ihren Namen zu nennen. Abt
Thietmar könnte daher ein
Sohn Wichmanns, ebensogut aber auch ein Sohn Siegfrieds und der Hedwig gewesen sein. In beiden
Fällen wäre Graf Ekbert
sein Onkel und käme als sein Vogt in Betracht.
1028 ist als Corveyer Vogt ein Hiddi
belegt. Er könnte mit dem Hiddi
identisch sein, der ca. 1016/20 zusammen mit seinem Bruder Amelung für ihren Vater Barding und ihre Mutter Hildburg dem Kloster Gut
in Ludulfinhus(un) bzw. Ludulfinghus(en) übergab. Ob es sich um
Ludolfshausen südlich von Göttingen handelt, mag
dahingestellt bleiben. Jedenfalls läßt der Ortsname eine
Verbindung zu den LIUDOLFINGERN
vermuten. Barding könnte
mit dem Namen Bardo identisch
sein. Schon für das 9. Jahrhundert war oben eine Verwandtschaft
zwischen Graf Amelung und Graf Bardo erwogen worden. Hiddi hieß zu Beginn des 9.
Jahrhunderts ein Graf, der ebenso wie Graf
Amelung als frankenfreundlich aus Sachsen vertrieben wurde. Sein Sohn war vermutlich Graf Asig, der in zweiter Ehe Ida, die Tochter oder Enkelin Graf Ekberts und der heiligen Ida, heiratete. Die Namen
der Tradition des mutmaßlichen Vogtes
Hiddi weisen daher auf Nachkommen - vermutlich jedoch in
Seitenlinie - der Familien hin, die seit der Gründung die
Äbte und Vögte von Corvey stellten.
Wenn daher Otto von Northeim
gut eine Generation später Vogt von Corvey wurde, verdankte er
diese Stellung vermutlich nicht seiner eigenen Familie, sondern eher
der seiner Frau Richenza,
insbesondere falls diese als BILLUNGERIN
eine Nachfahrin von Hedwig und
Graf Amelung war.
Lothar von Supplingenburg
Richenzas Sohn Heinrich der Fette
erbte von ihr im Stader Raum den Haupthof Ahlerstedt (südlich
Harsefeld). Von Heinrichs beiden
Töchtern Richenza und Gertrud scheint dieses Gut an Richenza
gekommen zu sein, welches ihr Ehemann, der spätere Kaiser LOTHAR VON SUPPLINGENBURG,
als ihr Vormund für sie verwaltete. Oben war erwogen worden,
daß LOTHAR hiermit die nach der
Überlieferung von ihm errichtete oder wohl eher neu befestigte Burg Bremervörde ausstattete.
Es gibt einen Anhaltspunkt dafür, daß auch der Vörder
Burgplatz billungisches Erbgut
war. Nach Adam von Bremen sollen Herzog
Bernhard I. und ein (Mark)graf Siegfried - wohl einer der Söhne Heinrichs des Kahlen -
die Normannen um 994 bei Chlindesmor vernichtend geschlagen haben.
Vermutlich handelte es sich um Glindmoor bzw. Glinde wenige Kilometer
westlich von Bremervörde. Hätten die Normannen dort die Oste
überquert, hätte ihnen der Landweg nach Harsefeld oder
wahlweise nach Stade offengestanden.
Weiterhin könnte sich durch die hier vermutete Abstammung seiner
Frau erklären, warum LOTHAR als Herzog sowie
später als König und Kaiser den aus der udonischen Ministerialität
aufgestiegenen Grafen Friedrich
gegen die UDONEN
unterstützte und nach 1135 600 Mark aus dessen Erbe vom Altar des
Harsefelder Klosters nahm.
LOTHAR VON
SUPPLINGENBURG heiratete Richenza von
Northeim um 1100. War sie eine Enkelin
der letzten BILLUNGERIN der Wichmann-Linie, spräche das
zusätzlich zu den bisherigen Argumenten dafür, daß LOTHAR 1106
nach dem Tode von Magnus, dem letzten BILLUNGER der Hermann-Linie,
Herzog von Sachsen wurde.
Adela von Beichlingen
Bei der Gründung des Klosters Katlenburg (südöstlich
Northeim) um 1105 stiftete die Tochter
Kunos von Beichlingen Adela dessen Haupthof Harsefeld mit seinen
Pertinenzen aus dem Erbe ihrer
Groß-Mutter Richenza. Ihr
Gemahl Dietrich III. von Katlenburg errichtete zu dieser Zeit
vermutlich die Stauffenburg bei Gittelde (südöstlich Bad
Gandersheim) als neuen Mittelpunkt seiner Herrschaft. Die Stauffenburg
liegt nur ca. 10 km südlich von Bilderlahe und ca. 20 km
südlich von Königs-Dahlum. Beide Orte gehörten zur
Grafschaft der Söhne Ekberts des
Einäugigen. Dietrich III.
könnte daher seinen Herrschaftsbereich in dasjenige Erbgut seiner
Frau verlagert haben, welches seinem eigenen Erbe nördlich
benachbart war.
Hucke hat 1956 zu beweisen versucht, daß die Grafen von
Katlenburg eine Seitenlinie der UDONEN
waren, die von dem 994 gegen die Normannen gefallenen Luder-Udo, einem Sohn Heinrichs des Kahlen,
abstammten. Die Brüder Heinrich
und Udo von Katlenburg, welche
1002 an der Ermordung des Markgrafen
Ekkehard I. von Meißen beteiligt waren, seien die Söhne Luder-Udos gewesen. Zur
Sühne für ihre Tat hätten sie die Burg Harsefeld in ein Stift
umgewandelt. Ein Argument war für Hucke der Güterbesitz des
Klosters Katlenburg im Stader Raum. Seine Meinung ist seitdem für
die Harsefelder Klostergeschichte nicht mehr in Zweifel gezogen worden.
Es erscheint aber unlogisch, daß
Adela dem Kloster ihr Erbgut um Harsefeld stiftet, während
ihr Ehemann - obwohl angeblicher
Nachkomme der frühen UDONEN und der Stifter von Harsefeld -
mit keiner Hufe im Stader Raum dazu beiträgt. Damit werden die
Anfänge des Klosters Harsefeld neu zu überdenken sein.
Siegfried IV. von Boyneburg
Dieser Enkel der Richenza
besaß neben dem Haupthof Hittfeld (südlich Harburg) auch
Güter in Westfalen, die dem Erbe
der Richenza zugeordnet werden können, insbesondere einen
Haupthof in Odingen (wohl Oedingen, nordöstlich Lennestadt) und
einen Haupthof in Werle (Werl) mit ihren Pertinzen.
Das von ihm gegründete Kloster St. Blasien in Northeim erhielt
Güter im Raum der Goe Hollenstedt und Hittfeld.
Ravensberger
Richenzas Tochter Ethelinde,
welche Welf IV. verstieß,
um nach seinem bisherigen
Schwieger-Vater Otto von Northeim Herzog von Bayern werden zu
können, heiratete in zweiter Ehe
Hermann von Calverla. Nach den meisten Quellen hieß ihr Sohn ebenfalls Hermann. Albert von Stade und die
ihm folgende Harsefelder Chronik nennen als ihre Söhne jedoch Otto und Heinrich, Grafen von Ravensberg.
Calverla - Calvelage genannt - ist bisher nicht eindeutig
identifiziert, wird aber meist 5 km nördlich oder 10 km
südwestlich von Vechta vermutet. Engel konstruierte aus der
zweifellos falschen Angabe bei Albert von Stade entgegen der bis dahin
bestehenden allgemeinen Auffassung, daß die RAVENSBERGER Brüder keine
Agnaten des Hermann von Calvelage
sein könnten. Er erwog eine Abstammung von einer Tochter Konrads von Arnsberg und seiner Frau, einer Tochter der Richenza.
Für Engels - von ihm selbst in Frage gestellte - Hypothese besteht
kein Grund. Er nahm an, daß Albert von Stade eine Generation
übersprungen habe, so daß Otto
und Heinrich von Ravensberg
nicht von einer Tochter, sondern von einer Enkelin Ottos von Northeim und seiner Frau Richenza abstammten (fila tertiae filiae). Der Fehler
Alberts von Stade läßt sich aber mit Nieberding viel
einfacher damit erklären, daß Albert von Stade den Grafen Hermann den Jüngeren von
Calvelage mit seinem
gleichnamigen Vater verwechselte. Nieberding vermutete,
daß Hermann der Ältere
von Calvelage die Güter in
und bei Ravensberg über seine
Frau Ethelinda von Northeim erwarb. Hiergegen wurde eingewandt,
daß keine Northeimer
Güter in Ravensberg bekannt seien. Soweit die RAVENSBERGER ehemals billungisches Gut besaßen, sei
kein Zusammenhang erkennbar.
Gerade die Nachfolge in billungischen
Rechten spricht dafür, daß Otto
und Heinrich von Ravensberg
die Söhne Hermanns des
Jüngeren von Calvelage waren, welcher seinerseits ein Enkel der Richenza war.
Der BILLUNGER Wichmann III.
ist der Vogt des Klosters Borghorst gewesen. Nachdem er 1016 ermordet
wurde, nahm Herzog Bernhard II.
die Interessen seines unmündigen Sohnes wahr. Althoff hat erwogen,
daß der Herzog die Vogteien Wichmanns
III. seinem Bruder Thietmar überließ. Graf Thietmar wurde 1048 des
Hochverrats angeklagt und im gerichtlichen Zweikampf durch seinen
Ankläger besiegt. Sein
mutmaßlicher Sohn Thiemo wurde geächtet und verbannt,
weil er den Sieger fangen und schmachvoll ermorden ließ. Da seit Thietmar der billungischen Sippe im Borghorster
Necrolog nicht mehr gedacht wird, vermutet Althoff, daß auch die
dortige Vogtei zugunsten des Kaisers eingezogen wurde.
Später könnten jedoch die RAVENSBERGER
die Vogtei über Wichmanns III.
Enkelin Richenza geerbt haben. 1226 teilten die Grafen Otto II. und Ludwig von Ravensberg ihr
väterliches Erbe, wobei Ludwig
unter anderem die Vogtei über Borghorst allein übernahm.
Kloster Rastede
Konrad von Werl-Arnsberg hatte
eine Tochter der Richenza und Ottos von Northeim geheiratet, deren Namen unbekannt ist. Mit seinem Bruder Luipold, der sein Erbe
nicht seinem Bruder, sondern dem Erzstift Köln
überließ, verstand er sich nicht.
Wegen des oben dargestellten Gemengelages insbesondere am
Lüer-Wald bei Arnsberg ist es möglich, daß Konrad von Werl auf dem Erbgut
seiner Frau eine Burg bei Arnsberg errichtete und seinem Bruder den
Stammsitz Werl überließ.
Nachdem Graf Konrad und sein Sohn Hermann 1092 gegen die
Friesen gefallen waren - auch hier könnten sie billungische Erbansprüche ihrer
Frau bzw. Mutter durchzusetzen versucht haben -, soll ihr Sohn bzw. Bruder Friedrich von Werl-Arnsberg 1096
zu ihrer Memorie das Kloster Rastede (nördlich Oldenburg i.O.)
gegründet haben. Diese Hypothese von Prinz kann hier nicht
untersucht werden. Interessant ist jedoch, daß Basis der
Klostergründung - sei diese nun 1091 oder 1096 erfolgt - eine St.
Ulrich Kirche war, die angeblich 1059 durch einen (Grafen) Huno und dessen Frau Willa gegründet
wurde. Ein Hun com
kommt zum 11. April im Nekrolog des Michelsklosters in Lüneburg
vor. Auch wenn er mit dem am 2. November verstorbenen Kloster-Gründer Huno nicht
identisch sein wird, scheint eine Nähe zu den BILLUNGERN zu bestehen. Gerrit Aust
hat als erster bemerkt, daß der in der Rikquur-Urkunde von 1059
bisher unbeachtete Zeuge Graf ...un vermutlich ein Graf Hun ist, der neben anderen
Grafen auftritt, die zum billungischen
Sippenverband gehören. Eine Ulrichskirche zeigt auch eine
Verbindung zu Richenza, deren Ehemann und Vormund Otto von Northeim
um 1083 in Harsefeld einen Altar stiftete, der ebenfalls St. Ulrich
geweiht war.
Selbst wenn Friedrich von
Werl-Arnsberg mit dem Kloster Rastede nichts zu tun hatte, wurde
dieses durch seine Nichte Eilika von
Werl-Rietberg mit dem Erbgut ihres Vaters Heinrich von Werl-Rietberg
- eines Enkels der Richenza -
ausgestattet. Ihr Ehemann Egilmar II.
von Oldenburg wird so die Vogtei erlangt haben, die die OLDENBURGER jahrhundertelang
behielten. Der reiche Güterbesitz des Klosters Rastede in
Westfalen um Soest herum kann schon Erbgut der Richenza sein. Bisher gab es keine
Erklärung für den Klosterbesitz im Bardengau. War Eilikas Ur-Groß-Mutter Richenza
eine BILLUNGERIN, könnte
es sich um das Erbgut Wichmanns des
Älteren im Bardengau handeln, welches über seinen Sohn Ekbert den Einäugigen
weitervererbt wurde.
Wildeshausen
Nicht nur die Rasteder Vogtei, sondern auch die Vogtei über das
Stift Wildeshausen könnte Egilmar
II. von Oldenburg über seine
Frau Eilika von Werl-Rietberg als Erbin der Richenza erlangt und
seinen Nachkommen vererbt haben.
1135 ließen sich die Ministerialen von Wildeshausen mit
Zustimmung des Vogtes Egilmar
von dem in Buxtehude sich aufhaltenden Kaiser
LOTHAR VON SUPPLINGENBURG ihr
Recht bestätigen, wie sie es schon zu Zeiten Herzogs Magnus besaßen. Der
Kaiser bezeichnete sie als die Ministerialen ecclesiae nostrae in Wildeshusen.
St. Alexander in Wildeshausen war aber keine Reichskirche, sondern eine
Eigenkirche des Stifters Graf Walbert,
Enkel des Engern-Führers Widukind,
die er wie üblich seinen Nachkommen vorbehalten hatte. LOTHAR VON
SUPPLINGENBURG wird daher nicht als Kaiser, sondern als Rektor
des Stifts gehandelt haben. Da bei ihm selbst keine Abstammung von der Widukind-Sippe bekannt ist,
dürfte er das Rektorat über seine
Frau Richenza
erlangt oder es als deren Vormund ausgeübt haben. Dafür
spricht schon, daß die Urkunde auf Bitten der Kaiserin
ausgestellt wurde. Die Kaiserin Richenza gehörte zu
den Nachkommen Widukinds,
falls ihre gleichnamige
Groß-Mutter Richenza eine bzw. die billungische Erbtochter der Wichmann-Linie
war, wie zu vermuten ist. Wichmann
der Ältere war höchstwahrscheinlich mit einer Schwester der Königin Mathilde, der Mutter OTTOS
I., verheiratet, für die die Herkunft aus der Sippe Widukinds belegt ist. Damit
gehörte auch die Wichmann-Linie
der BILLUNGER zu den Nachkommen, die das Rektorat über das
Alexanderstift beanspruchen konnten. Allerdings ist unklar, ob der
Hinweis auf die Zeiten Herzogs Magnus
als reine Zeitbestimmung zu verstehen ist oder bedeutet,
daß auch dieser das Rektorat besessen hatte. Die Hermann-Linie der BILLUNGER
dürfte nicht zu den Widukind-Nachkommen
zu zählen sein. Es wäre jedoch auch hier möglich,
daß die herzogliche Linie die Rechte der Wichmann-Linie an sich zog, als Herzog Bernhard II. nach der
Ermordung Wichmanns III. 1016
die Vormundschaft über dessen Sohn übernahm.
Der Kaiser und seine Frau waren nach der Urkunde am 15. Juli 1135 in
Buxtehude. Am 13. April desselben Jahres war Graf Friedrich von Stade gestorben,
der seinen Aufstieg vom Ministerialen der Udonen zum Lehensinhaber der
Grafschaft Stade dem Kaiser LOTHAR verdankte. Da LOTHAR VON
SUPPLINGENBURG nach dem Tode Friedrichs
dessen Barvermögen in Höhe von 600 Mark vom Altar des
Klosters Harsefeld nahm, wird er nach dem Tode seines Günstlings
in die Grafschaft Stade geeilt sein, um dort die Verhältnisse neu
zu regeln und die Interessen bezüglich des Erbgutes seiner Frau zu
wahren. Es ist möglich, daß er in diesem Zusammenhang Graf Egilmar II. von Oldenburg mit
der Vogtei des Alexanderstifts in Wildeshausen belehnte, weil dieser
mit einer Nachfahrin der Richenza und
damit einer Verwandten der Kaiserin verheiratet
war. Denkbar wäre auch, daß LOTHAR VON
SUPPLINGENBURG schon zu einem früheren Zeitpunkt Egilmar mit der Vogtei des
Alexanderstifts belehnt hatte - zum Beispiel 1124 nach dem Tode des Onkels seiner Frau, Graf Friedrich von Werl-Arnsberg -
und jetzt nach dem Tode des Grafen
Friedrich von Stade nur Eigenmächtigkeiten des Vogtes
vorbeugen wollte.
LOTHAR VON
SUPPLINGENBURG könnte hier nicht als Kaiser, sondern als Vormund seiner Frau Richenza - Enkelin der BILLUNGERIN Richenza - über billungische Rechte an dem
Alexanderstift in Wildeshausen verfügt haben, mit deren Vogtei er Graf Egilmar II. als Ehemann einer Ur-Enkelin der Richenza
belehnte. Dafür spricht, daß die OLDENBURGER später mit der
Vogtei von den
WELFEN, den Erben LOTHARS und seiner Frau Richenza, belehnt waren.
Tecklenburger und Zutphener
Zu 1141 berichtet die Kölner Königschronik von einer Fehde des Oldenburger Grafen Egilmar II. -
der hier Elimar von Rietberg genannt
wird - einerseits und den Grafen Otto
I. von Ravensberg sowie Ekbert
von Tecklenburg andererseits. Graf
Egilmar II. verlor zunächst eine Schlacht, nahm seine
Gegner aber dann durch einen Hinterhalt gefangen. Die Fehde scheint mit
der Ehe zwischen einer Tochter
Egilmars namens Eilika und
Graf Heinrich von Tecklenburg,
dem Sohn Ekberts, beendet
worden zu sein. Beider Sohn hieß Simon.
Da Egilmar in der Kölner
Königschronik nach der Burg seines
Schwieger-Vaters Heinrich von Rietberg genannt wird, der ein Enkel der Richenza war, könnte
die Fehde um das Erbe der Richenza
in Westfalen geführt worden sein. Otto
I. von Ravensberg hatte ebenfalls Erbansprüche, wie oben
wahrscheinlich gemacht.
Otto v. Northeim ∞ Richenza
Hermann v. Cavelage ∞ Ethelinde
Konrad v. Arnsberg ∞ NN
Hermann v. Cavelage
d.J.
Heinrich v. Rietberg
Otto I. v.
Ravensberg Egilmar II. v.
Oldenburg ∞ Eilika
Heinrich v. Tecklenburg ∞ Eilika
Simon v. Tecklenburg
Unklar ist, warum Ekbert von
Tecklenburg an der Fehde beteiligt war. Es ist von Hömberg
vermutet worden, daß seine Frau
Adelheit ebenso wie Judith,
die Mutter Ottos I. von Ravensberg,
Töchter des Grafen Otto von
Zutphen (1093/95-1113)
waren.
Graf Otto von Zutphen hatte
einen Sohn Graf Heinrich, der
1107 mit einer Grafschaft in Friesland belehnt wurde. Als seine Tochter ist Irmgard, die in
erster Ehe mit Gerhard von
Wassenberg-Geldern und nach dessen Tod 1131 mit Conrad von Luxemburg verheiratet
war, nachweisbar. Deren Sohn aus erster Ehe Graf Heinrich von Geldern nannte
sich gelegentlich auch Erbe der Stadt
Zutphen.
Richtig ist, daß sich die Grafen von Tecklenburg und Ravensberg
die nord-westfälischen Grafschaften teilten, so daß ein
gemeinsames Erbe höchstwahrscheinlich ist. Judith hatte die Söhne Otto und Heinrich, während Adelheids Söhne Heinrich, Otto, Dietrich und Gerhard hießen. Diese Namen
kamen ebenso wie Judith und Adelheid selbst bei den Grafen von
Zutphen vor, so daß es sicherlich um Erb-Töchter dieses
Geschlechts handelt. Allerdings überzeugt nicht, daß sie Töchter des Grafen Otto und Schwestern von Graf Heinrich sowie seiner Schwester Irmgard gewesen
sein sollen. Graf Otto ist
1113 gestorben. Seine Tochter Irmgard
gedenkt 1134 ihres Vaters Otto, ihrer Mutter Judith und ihrer Brüder Bischof Dietrich, Heinrich und Gerhard. 1118 tritt Graf Heinrich letztmalig mit seiner Mutter Judith auf. Wenn Judith ihren Mann überlebt hat,
kann Graf Otto bei seinem Tode
schlecht mit Jutta von Geldern verheiratet
gewesen sein und mit ihr Adelheit
gezeugt haben, wie Hömberg behauptet. Auch eine frühere
Heirat kommt nicht in Betracht, da Adelheit
bedeutend jünger als ihr
angeblicher Bruder Graf Heinrich
von Zutphen sein muß. Graf
Heinrich kommt von 1107 bis 1118 vor. Vermutlich ist er schon zu
Zeiten des Bischofs Dietrich von
Münster (1118-1127)
- sei dieser nun sein Bruder oder nicht - zumindest aber vor 1134
gestorben. Graf Ekbert von Tecklenburg,
der Ehemann der Adelheit, ist
von 1129-1141, vielleicht von 1127-1144, nachweisbar. Sie selbst wird
um 1110 geboren sein, also zu einer Zeit, als Graf Heinrich schon zu Lebzeiten
seines Vaters mit einer friesischen Grafschaft belehnt worden war.
Da Graf Heinrich von Zutphen seinerseits
verheiratet war, ist es wahrscheinlicher, daß es sich bei Judith und Adelheit nicht um seine Schwestern,
sondern um seine eigenen Töchter handelte, die nach ihrer
Groß-Mutter und ihrer Ur-Groß-Mutter benannt wurden. Es ist
umstritten, wer die Frau des Grafen
Heinrich von Zutphen war. Während Hömberg Jutta von Geldern erwog, vermutete
Sloot einerseits eine Schwester des
Konrads von Luxemburg und andererseits eine Tochter Kunos von Beichlingen, also
eine Enkelin der Richenza.
Letztere Überlegung würde bedeuten, daß Graf Ekbert von Tecklenburg ebenso
wie sein Gegner Graf Egilmar II. von
Oldenburg eine Ur-Enkelin der
Richenza zur Frau hatte.
EH Gottschalk v. Zutphen ∞ Adelheid
EH
Gebhard
Graf Otto ∞ Judith
(?) Dietrich G Heinrich
Irmgard
Gerhard
B v. Münster ∞ NN
1.∞ Gerhard v. Geldern
2.∞ Conrad v. Luxemburg
Adelheit
Judith
G Heinrich v. Zutphen u. Geldern
∞
Ekbert
∞ Hermann II.
v. Tecklenburg v. Kalvelage-Ravensberg
Osnabrücker Hochvogtei
Die Hochvogtei des Bistums Osnabrück bietet ebenfalls
Anhaltspunkte für billungisches
Erbgut. Der Osnabrücker Bischof scheint nicht wie andere das
Privileg besessen zu haben, seinen Vogt frei zu wählen, sondern
die Vogtei dürfte schon früh erblich gewesen sein.
Hierfür sprechen die heftigen Auseinandersetzungen mit dem
Stiftvogt Graf Simon von Tecklenburg,
die erst damit endeten, daß der Bischof 1236 dem Grafen Otto von Tecklenburg die
Vogtei abkaufte.
Wie schon oben erwähnt, beklagte sich Bischof Egilmar um 890 darüber,
daß die meisten Zehnten in seinem Bistum durch den mächtigen
Grafen Cobbo an die
Klöster Corvey und Herford übertragen worden waren. Es
muß Graf Cobbo I., der Sohn des Herzogs Egbert und der heiligen Ida, gemeint sein. Sein Bruder Warin war von 826 bis
856 Abt von Corvey, seine Schwester
und/oder Nichte Hedwig Äbtissin
von Herford. Wenn Cobbo
dem Bistum Osnabrück die Zehnten entfremden konnte, wird er dessen
Hochvogt gewesen sein. Sein Bruder
Liudolf war nach obigen Überlegungen Stamm-Vater der sächsischen Kaiser und
sein Schwager Amelung
höchstwahrscheinlich Ahnherr der
BILLUNGER, die den LIUDOLFINGERN
in der sächsischen Herzogswürde folgten. Graf Cobbo I. hatte vermutlich die Söhne Cobbo II. und Ekbert. Es ist wahrscheinlich,
daß Bischof Ekbert von
Osnbrück (866-885)
zu derselben Familie gehörte. Bischof
Egilmar (886-918), der
offensichtlich nicht der Sippe nahestand, bemühte sich um eine
Restitution. 968 war der Bischofssitz mit Liudolf, der von Kaiser OTTO
I. als sein Verwandter
bezeichnet wird, wieder in der Hand der Sippe.
Die Osnabrücker Hochvogtei wird indirekt erstmalig zur Zeit des Bischofs Gosmar (1027-1037) erwähnt. Erster
Zeuge im Gericht des Bischofs war ein Amelung,
der allerdings mit dem Paderborner Vogt identisch sein könnte, da
es um eine Schenkung zugunsten der Paderborner Kirche ging. Zu Zeiten
des Bischofs Alberich (1037-1052) hieß der Vogt Wal. Mit Bischof Benno II. (1068-1088) tritt bis 1091 ein Edelherr Eberhard als Hochvogt auf,
dessen Brüder Liudolf und
Warin hießen. Diese Namen
lassen den Vogt und seine Brüder der Sippe der COBBONEN zuordnen, zumal
ihm von 1095 bis 1097 ein Edelherr
Amelung als Vogt folgte. Auch wenn zwischenzeitlich Nachrichten
über die Hochvogtei fehlen, dürfte sie bei dieser Familie
geblieben sein, da ab 1142 wieder ein Edelherr
Amelung Stiftsvogt ist. 1146 bestätigen eine Urkunde des Bischofs Philipp von Osnabrück für
das Kloster Gertudenberg nach dem Vogt
Amelung ein Zeuge mit dem Namen
Rikenzo bzw. Rikenso
sowie ein Wichmann.
Nach dem Tode des Vogtes Amelung II.
scheint Herzog Heinrich der Löwe
die Vogtei an sich gebracht und durch Arnold von Dorstat verwaltet zu
haben. Hierzu fühlte er sich vielleicht durch seine Mutter, ebenfalls eine Ur-Enkelin der Richenza, legitimiert.
Nach dem Sturz des Löwen
wurde Graf Simon von Tecklenburg
ab 1184 Hochvogt, und zwar eventuell gegen den Willen des Bischofs Arnold, mit dem es heftige
Auseinandersetzungen gab, die 1186 beigelegt wurden. Simons Erbansprüche auf die
Vogtei könnten doppelt begründet sein. Seine Mutter Eilika von Oldenburg gehörte
zu den Nachkommen der Richenza,
wie schon ausgeführt.
Der Name seines Groß-Vaters
Ekbert eröffnet die Möglichkeit, daß dieser
selbst mit den bisherigen Hochvögten aus der edelfreien Seitenlinie der COBBONEN
verwandt war. Die Herkunft der TECKLENBURGER
ist bisher ungeklärt. 1184 überließ Simon von Tecklenburg auf Bitten seiner Mutter Eilika dem Kloster
Ösede ebendort die Bardenburg mit dem Hof Bardenhausen. Sein Vater Graf Heinrich von Tecklenburg
besaß die Burg mit ihren Pertinezen als Allod, übertrug sie
der Osnabrücker Kirche und erhielt sie als Lehen zurück.
Falls Graf Heinrich hier nicht
über das Erbe seiner Frau verfügte, könnte die
Bardenburg früher die Stammburg
der TECKLENBURGER gewesen sein, worauf die Urkunde hindeutet.
Der Name von Burg und dazugehörigen Wirtschaftshof erinnern an den
billungischen Bardengau. Sie werden auf den Namen Bardo zurückgehen, wie
die Form Bardonhusen im 9. Jahrhundert zeigt. Ein Graf Bardo war, wie oben gezeigt, Verwandter der Kinder des Herzogs Ekbert und seiner Frau, der heiligen Ida. 880 fielen gegen die
Normannen neben Herzog Brun,
dem Enkel oder Ur-Enkel Herzogs
Ekberts, ein Graf Wichmann
sowie drei Grafen namens Bardo.
Die unbekannten Ahnen der TECKLENBURGER könnten
daher entfernte Verwandte der BILLUNGER gewesen sein, die kein
Grafenamt, aber die Osnabrücker Hochvogtei bewahren konnten.
Ebensogut ist es jedoch möglich, daß auch diese Vogtei zum Erbgut der Richenza gehörte und
Graf Simon sie über seine Mutter Eilika von Oldenburg
erwarb.
Eilika von Oldenburg
Die Ehe von Ekberts Sohn Heinrich
mit Eilika von Oldenburg
brachte dem Haus TECKLENBURG
den mit der Fehde von 1141 erstrebten Zuwachs. Wie die gemeinsamen
Verfügungen der Eilika von
Oldenburg und ihres Sohnes Simon von Tecklenburg beweisen,
erhielt sie eine umfangreiche Mitgift und/oder mütterliches Erbe
insbesondere im Osnabrücker Raum. Hierbei dürfte es sich um
das Erbgut der Richenza
handeln, welches auf die Sippe
Widukinds zurückzugehen scheint.
Nördlich von Osnabrück lag die Wittekindsburg, deren Name ein
Indiz für diesen Zusammenhang ist. Zu ihr gehörten mehrere
Höfe in der Umgebung, deren Zentrum der Haupthof in Rulle (ca. 2
km nordwestlich der Burg) war. In Rulle existierte eine Eigenkirche der
TECKLENBURGER, deren
Gründung Schmidt in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts
und Lorenz um 1180 vermutet. Da es sich um die einzige Ulrichskirche
der Diözese Osnabrück handelt, dürfte die Vermutung von
Lorenz zutreffen, daß Graf
Simon von Tecklenburg ihr Stifter war. Vermutlich wird auch seine Mutter Eilika von Oldenburg an
der Kirchengründung mitgewirkt haben, die diesen Heiligen aus dem
Kloster Rastede kannte, wo sie wahrscheinlich vor ihrer Heirat mit Heinrich von Tecklenburg erzogen
wurde. Da nach obigen Überlegungen Otto von Northeim aus dem Erbgut seiner Frau Richenza der
Kirche in Harsefeld zusammen mit dem Turm eine Ulrichskapelle stiftete,
scheint dieser Heilige für Richenza
und ihre Nachkommen eine besondere Bedeutung gehabt zu haben.
Der gesamte Komplex der TECKLENBURGER
um die Wittekindsburg, den Schmidt für die Zeit um 1200
herausgearbeitet hat, könnte Erbgut
der Eilika von Oldenburg von ihrer
Ur-Groß-Mutter Richenza her gewesen sein. 1233 wurde der
Haupthof Rulle mit der Eigenkirche an das benachbarte Kloster Haste
verkauft, und um 1245 das Kloster nach Rulle verlegt.
Besser belegt ist das gemeinsame Handeln von Eilika von Oldenburg und ihrem Sohn Simon von Tecklenburg bei
der Gründung des Klosters Essen (nördlich Quakenbrück).
1175 stifteten sie auf ihrem dortigen Erbgut ein Nonnenkloster und
schenken dem Kloster die schon vorhandene Eigenkirche. Hier ist widukindisches Erbgut eindeutig, da
die Pankratiuskirche in Essen zwischen 968 und 978 durch die Edle Aldburg sowie ihre Söhne Bischof Liudolf von
Osnabrück sowie den Präfekten
Gottschalk gestiftet wurde. Bischof
Liudolf hatte seinem
Verwandten Kaiser OTTO II. das Alexanderstift in
Wildeshausen eintauschen können, so daß an seiner
Zugehörigkeit zu den Nachkommen
Widukinds kein Zweifel bestehen kann. Nachdem das Kloster 1194
in Essen abbrannte, wurde es durch Simon
von Tecklenburg nach Malgarten (nordöstlich Bramsche)
verlegt.
1184 überließen Simon von
Tecklenburg und seine Mutter
Eilika dem Kloster Oelinghausen ihr dortiges Erbgut. Das Kloster
liegt westlich von Arnsberg und südlich vom Luerwald und damit
mitten in dem Gebiet, in dem die Kinder der Richenza von ihr
umfangreichen Besitz geerbt hatten.
Als billungisches Erbe
käme noch die Vogtei über das Kloster Metelen (westlich
Steinfurt), welche 993 Wichmann III.
auf Bitten seines mutmaßlichen Vaters Graf Ekbert des Einäuigen
und seines Onkels Herzog Bernhard I.
bekommen hatte. 1173 ließ sich Eilikas
Sohn Simon (†
1202) mit der Vogtei von
Metelen als Abfindung für die Stiftsvogtei von Münster
belehnen und diese vom Kaiser bestätigen. Die Äbtissin Oda (1193-1212) hieß wie seine Frau
und war mit ihm verwandt, vielleicht
seine Tochter. 1337 kaufte das Kloster dem Grafen Nikolaus von Tecklenburg die
Vogtei ab. Auch wenn Simon von
Tecklenburg die Lehen eines Wigbold
von Metelen übernahm, könnte seine Berechtigung dazu
sich aus dem Erbe seiner Mutter ergeben, da bei praktisch allen
hochadligen Eigenklöstern die Regel galt, daß die
Äbtissinnen und gegebenenfalls auch die Vögte mit den
Stifter-Familien zumindest weitläufig verwandt waren.
Zusammenfassung
Die Untersuchungen haben ergeben, daß Richenza, die Gattin von Hermann III. von Werl und
Otto von Northeim, ihren
Kindern aus beiden Ehen Güter im
Stader Raum vererbte, die im Gemenge mit Gütern lagen, die
nach dem Tode des BILLUNGERS Wichmanns
des Jüngeren dem Kloster Kemnade überlassen wurden.
Es handelt sich vermutlich um den Anteil seines Bruders Ekbert des Einäugigen
und dessen Nachkommen, so
daß Richenza keine EZZONIN,
sondern eine billungische Erb-Tochter
der Wichmann-Linie sein dürfte.
Diese Hypothese hat sich durch eine Neubewertung der Herkunft von
Gütern und Rechten insbesondere der RAVENSBERGER, OLDENBURGER und TECKLENBURGER weiter bestätigen
lassen. Für andere ihrer Nachkommen werden Berufenere prüfen
müssen, ob die hier vertretene Herkunft der Richenza möglich
ist und bisher ungeklärte Fragen lösen kann.
Ein Wermutstropfen ist, daß der Richenza
entgegen der Behauptung von Lange nicht in St. Michael in
Lüneburg gedacht wurde und sie auch sonst im billungischen Totengedenken nicht
auffindbar zu sein scheint. Die von ihm zitierte Eintragung Rikce ducissa ob. uxor
ducis steht für März im Memorienbuch von St. Blasius
in Braunschweig. Immerhin ist der Name im billungischen Hauskloster nicht
fremd. Zum 12. Januar findet sich eine bisher nicht identifizierte Riquez comitissa.
Im ebenfalls billungischen Kloster
Borghorst gedachte man am 10. April eines Mädchens Rikece und am 28. Juli
einer Rikeze. Auch hier sind
die Spezialisten gefragt.