Wenzel III.                                       König von Böhmen (1305-1306)
--------------                                      König von Ungarn (1300-1303)
6.10.12894.8.1306                       König von Polen  (1305-1306)
                  Olmütz

Einziger Sohn des Königs Wenzel II. von Böhmen aus dem Hause der PREMYSLIDEN aus seiner 1. Ehe mit der Jutta von Habsburg, Tochter von König RUDOLF I.
 

Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 2190
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Wenzel III.,  König von Böhmen und Polen 1305-1306
--------------- König von Ungarn 1301-1305
* 6. Oktober 1289, 4. August 1306 (ermordet)

Einziger Sohn von König Wenzel II. und Guta, Tochter König RUDOLFS

  oo 5. Okt. 1305 Viola, Tochter des schlesischen Fürsten von Teschen

Nach dem Aussterben der ARPADEN wurde Wenzel III. 1301 in Ungarn zum König gewählt und gekrönt, doch infolge der unruhigen Verhältnisse blieb sein Einfluß auf den nordwestlichen Teil des Landes beschränkt. Im Streit mit Karl Robert von Neapel aus dem Geschlecht der ANJOU mußten die PREMYSLIDEN in Ungarn schon 1305 das Feld räumen. Nach dem Tod seines Vaters (21. Juni 1305) wurde Wenzel III. König von Böhmen und Polen, und der noch junge, leichtfertige und verschwenderische Wenzel III. begann eine zurückhaltende Regierung unter Einfluß der Ratgeber seines Vaters. Um die in Polen bedrohte premyslidische Herrschaft zu retten, schloß er Frieden mit König ALBRECHT VON HABSBURG und heiratete die Tochter des schlesischen Fürsten von Teschen. Zugleich verzichtete Wenzel III. zugunsten Herzog Ottos von (Nieder-)Bayern auf die ungarische Krone. Als Wenzel III. im Sommer 1306, nach dem Fall der Stadt Krakau, einen Feldzug gegen Wladyslaw Lokietek und seine Anhänger unternahm, wurde er auf der Burg in Olmütz aus dem Hinterhalt ermordet. Obwohl der Anstifter der Tat nicht ermittelt werden konnte, darf man annehmen, dass eine Gruppe unzufriedener böhmischer Adliger für sie verantwortlich war. Mit Wenzel III. erlosch die uralte Dynastie der böhmischen Herrscher. Die Nachfolge im Königreich Böhmen wurde danach aufgrund des freien Wahlrechts des Adels und durch Heiraten mit Wenzel III. Schwestern (Heinrich VI. Herzog von Kärnten; Johann von Luxemburg) geregelt.


Wegener, Wilhelm Dr. jur.: Seite 6 Tafel 1
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"
Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte"

WENZEL III.
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* 6.10.1289
4.8.1306

1305-1306 König

  oo 1305
       VIOLA VON TESCHEN
             


Tochter des Herzogs Miseko I. von Teschen

  oo 2. oo Peter von Rosenberg
                    
21.9.1317

Thiele, Andreas: Tafel 83
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

WENZEL III.
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* 1289
1306 ermordet

1301 König von Ungarn
1305 König von Böhmen/Mähren

Nach der Eroberung Ungarns wurde Wenzel von der Mehrheit der ungarischen Stände gewählt und am 27.8.1301 in Stuhlweißenburg zum ungarischen König gekrönt. Er scheiterte gegen die päpstliche ANJOU-Partei und trat alle Ansprüche an Otto III. von Nieder-Bayern ab. Bei Rüstungen zu einem Krieg gegen Polen wurde er in Olmütz vom thüringischen Ritter Konrad von Bodenstein ermordet.
Mit Wenzel III. erlosch das Herrscher-Geschlecht der PRZEMYSLIDEN im Mannesstamm.

 verlobt oo
                 ELISABETH DIE SELIGE VON UNGARN

  oo 1305
        VIOLA VON OBER-SCHLESIEN
            
1317

Tochter des Herzogs Mesko I. von Teschen

Hoensch, Jörg K.: Seite 260,262
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"Premysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König."

Sein Hauptaugenmerk mußte Wenzel II. jetzt aber nach Ungarn lenken. Bereits im Februar 1298 hatte er bei einer festlich gestalteten Zusammenkunft in Wien seinen neunjährigen Sohn Wenzel mit Elisabeth, der Tochter des letzten ARPADEN, verlobt. Als Andreas III. am 14. Janaur 1301 starb, meldete Wenzel II. sofort Erbansprüche an, verzichtete dann aber auf die ihm von einer ungarischen Magnatenpartei angebotene Krone zugunsten seines kleinen Sohnes. Wenzel III. wurde als Ladislaus (Laszlo) V. in Stuhlweißenburg auch gekrönt und konnte die Residenz in Ofen einnehmen, mußte sich aber sofort der Angriffe Karl Roberts von Anjou erwehren, der mit Unterstützung von Papst Bonifaz VIII. die St.-Stephans-Krone ebenfalls für sich reklamierte. Sollte die angestrebte dauerhafte Herrschaftsübernahme tatsächlich gelingen, dann hatten die PREMYSLIDEN mit Polen und Ungarn einen immensen Machtzuwachs gesichert.
Sein Sohn Wenzel III. (Vaclav, 1305/06), der als Sechzehnjähriger die Nachfolge antrat, konzentrierte sich in der realistischen Einsicht, daß sein Anspruch auf die St.-Stephans-Krone gegen Karl Robert von Anjou nicht durchzusetzen war, auf die Verteidigung der gefährdeten Herrschaft über Polen. Deshalb löste er auch seine Verlobung mit der ungarischen Elisabeth und vermählte sich mit Viola, Tochter Herzog Mieszkos I. von Teschen. Da Wladyslaw Lokietek bereits seit 1303 mit Unterstützung der ungarischen ANJOU-Partei seine militärischen Aktivitäten intensiviert und nach Sandomierz auch Teile Kleinpolens zurückgewonnen hatte, sah sich Wenzel III. zu raschem Handeln gezwungen. Um sich den Rücken freizuhalten, schloß Wenzel am 18. August 1305 unter erneutem Verzicht auf das Egerland und Meißen ebenfalls Frieden mit seinem Onkel, König ALBRECHT I., und trat seine Ansprüche auf das ungarische Königreich an Herzog Otto von Nieder-Bayern ab, dem er auch die magyarischen Kroninsignien überließ. Während der Vorbereitungen eines Feldzugs gegen Wladyslaw Lokietek wurde Wenzel III. aber bereits am 4. August 1306 im Haus des Olmützer Domdekans ermordet. Da die Motive für die Bluttat nicht einwandfrei geklärt werden konnten, schoben die Zeitgenossen unzufriedenen Adligen, König ALBRECHT, aber auch ungarischen und polnischen Parteigängern die Verantwortung für den Mord zu. Mit Wenzel III. starben die PREMYSLIDEN im legitimen Agnatenstamm aus, obgleich die auf eine außereheliche Verbindung Premysl Otakars II. zurückgehende Troppauer Nebenlinie fortbestand.

Rhode Gotthold: Seite 62
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"Kleine Geschichte Polens."

Nach seinem frühen Tod folgte (Juni 1305) sein 16-jähriger Sohn Wenzel III., der die Ansprüche auf Ungarn aufgab, um Polen zu halten, wo sein Statthalter Ulrich von Boskowitz dem seit 1304 mit ungarischer Hilfe vordringen Wladyslaw Lokietek nur mit Mühe Widerstand leisten konnte. Er war deshalb bereit, die Hilfe des Deutschen Ordens anzunehmen. Als Wladyslaw im Mai 1306 zu Sandomir und Sieradz auch Krakau gewann, rüstete Wenzel III. zu einem Heereszug nach Polen, wurde aber gleich nach dem Aufbruch im August 1306 in Olmütz ermordet. Da mit ihm das Haus der PREMYSLIDEN im Mannesstamm ausstarb und sofort der Kampf um die Nachfolge einsetzte, endete mit seinem Tod die böhmische Herrschaft in Polen.

Palacky Franz: Band II Seite 400-407/Band III Seite 15
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"Geschichte von Böhmen"

Als nach König Wenzels II. Tode sein einziger Sohn Wenzel III. den Thron seiner Ahnen bestieg, und sich jetzt "von Gottes Gnaden König von Böhmen, Ungarn und Polen" schrieb, ahnte wohl noch kein Mensch die Gefahr, die dem uralten Hause der PREMYSLIDEN drohte, und den tiefen Abgrund, der in seiner Nähe für Staat und Volk sich eröffnete. Schon seit einem halben Jahrhundert war dieses Haus fast beständig, wie man sagt, auf zwei Augen gestanden; eine im Volke verbreitete alte Prophezeiung [473 Chron. Claustroneoburg ap. Pez I, 478.] sicherte ihm eine ewige Dauer, sowohl dies als jenes, erfüllte Könige und Volk mit einer Zuversicht und Sorglosigkeit, die am Ende beide ins Verderben führte.
Der junge, erst sechzehnjährige Wenzel gab bei seinem Antritt die besten Hoffnungen für eine lange und glückliche Regierung. Sein gesunder Körperbau, seine schöne Gestalt, ein gutes Herz und ausgezeichnete Geistesgaben schienen dies zu verbürgen; er sprach vier Sprachen, böhmisch, deutsch, ungarisch und latein mit gleicher Fertigkeit, und wenn das Urteil eines seiner Zeitgenossen gültig ist, sogar mit besonderer Eleganz und Beredsamkeit. Die Ermahnungen seines sterbenden Vaters hatte er sich anfangs sehr zu Herzen genommen, und dessen Beispiel in allem zu befolgen sich bestrebt. Die höchsten Ämter des Staates blieben wie zuvor besetzt, und auch in den politischen Verhältnissen sollte vorerst nichts geändert werden.
Die in diesem Jahre fortgesetzten Rüstungen gegen König ALBRECHT führten zu keinem Kriege, da Letzterer nicht im Stande war, den Angriff zu erneuern. König Wenzel II. aber schon durch seine Krankheit gehindert wurde, die ungewohnte Offensive zu ergreifen. Nach des Letzteren Tode aber beeilte sich ALBRECHT, Gesandte zur Unterhandlung des Friedens nach Prag zu schicken. Da man über das an den gemeinschaftlichen Vetter, Johann Parricida abzutretende Meißen sich auf Kosten der polnischen Krone einigte, und ALBRECHT von allen übrigen Forderungen, die er vor zwei Jahren gestellt hatte, abstand, so wurde der Friede schon am 5. August des Jahres in Prag abgeschlossen, und von ALBRECHT zu Nürnberg am 18. August ratifiziert. Der junge böhmische König machte sich nämlich anheischig, den Markgrafen von Brandenburg anstatt der ihnen von seinem Vater verpfändeten meißnischen Städte das Land Pomerellen zu Pfand abzutreten, damit sein Vetter Johann Graf von Habsburg in den Besitz von Meißen gelangen könne. So kam das Markgrafentum Meißen (bloß Pirna und das Pleißnerland ausgenommen) von Böhmen wieder ab, und auch Johann von Habsburg besaß es nur kurze Zeit, da er sich gegen die alten Besitzer dieses Landes nicht zu halten vermochte.
Die übrigen Artikel des am 5. August geschlossenen Friedens waren:
    + die Aufhebung der über König Wenzel II. und seine Nachkommen ausgesprochene Reichsacht
    + König ALBRECHTS unbedingte Verzichtleistung, in seinem und des Römischen Reiches Namen, auf alle Reiche, Länder und Besitzungen in
      Böhmen, Polen und sonst anderswo, welche König Wenzel II. durch Erbrecht oder wie immer erlangte [475 Man sieht, daß hier Ungarn
      angedeutet ist, welches König ALBRECHT weder seinem Alliierten Karl Robert absprechen, noch auch König Wenzels Ansprüche darauf
      leugnen wollte.]

   + daher Anerkennung seiner vollen oberherrlichen Gewalt und seines ausschließlichen Rechtes auf alle Titel, Ehren und Würden in denselben,
      sowie auf den Gebrauch alles dessen, was sich daselbst auf oder unter der Erde befindet [476 So umschrieb man den Satz, daß König
     ALBRECHT
kein Recht hatte, von König Wenzel den Bergwerkszehnten von Kuttenberg zu verlangen.], ferner wurden die Herzoge Otto
     und Stephan von Bayern, die Markgrafen Otto, Hermann, Johann und Waldemar in Brandenburg, und alle anderen Anhänger des
     böhmischen Königs im letzten Kriege in diesen Vertrag eingeschlossen, und alle gegen sie erlassenen Sprüche König ALBRECHTS
     aufgehoben

    + den (uns unbekannten) Streit über das Land Breslau sollten Berthold Graf von Henneberg und Burkhard Burggraf von Magdeburg als
      beiderseits erwählte Schiedsrichter schlichten;

    + endlich sollte über diejenigen Schlösser im Egerlande, welche die Könige von Böhmen mit barem Gelde erkauft hatten, der Rechtsweg
      beiden Parteien frei stehen, während König Wenzel III. alles dasjenige an ALBRECHT zurückgab, was sein Vater einst von König ADOLF
     darin erhalten [477 Das Original dieser Urkunde befindet sich noch im böhmischen Kronarchiv; fehlerhaft gedruckt steht sie in Balbins
     Miscellan. VII, 27.].

Wenn schon in diesen Artikeln die Leichtigkeit nicht zu verkennen war, mit welcher der junge König den Ländern Meißen und Eger entsagte, so trat sie bald noch stärker hervor bei der freiwilligen Schenkung der ungarischen Krone und Reichsinsignien an Herzog Otto von Bayern. Die Übergabe derselben, und damit gleichzeitig die feierliche Verzichtleistung auf Ungarn, ging in Brünn vor sich; ohne Zweifel in Gegenwart mehrerer Abgeordneter derjenigen Partei in Ungarn, welche noch immer an Wenzel hing, und jetzt an Otto gewiesen wurde. In Verbindung mit diesem, in aller Geschichte seltenen Akte, stand auch die Auflösung des Ehegelöbnisses, das den jungen König seit 1298 an die ungarische Prinzessin Elisabeth gebunden hatte. Er vermählte sich dagegen am 5. Oktober des Jahres mit der Prinzessin Viola, Tochter des Herzogs Messek von Teschen, einer der ersten Schönheiten ihrer Zeit.
Es fiel allgemein auf, daß ein so reicher und mächtiger Monarch sich mit der Tochter eines so armen Fürsten-Hauses verband, wie das von Teschen war, und häufig wurde die Ansicht geäußert, seine ungetreuen Räte hätten solches dem arglosen König eingeredet, damit er nicht durch eine entsprechendere Verbindung noch mehr in Stand gesetzt werde, seine Macht einst gegen sie geltend zu machen. Als wenn ein junger Herrscher von seinem Geist und Charakter sich in solchen Angelegenheiten jemals etwas aufdringen und den eigenen Willen, den freien Entschluß nehmen ließe! Darum hat die Meinung anderwer viel mehr Gewicht, die da behaupten, die einflußreichen Barone hätten des Königs Neigung zu der reizenden Prinzessin aus dem Grunde begünstigt, weil ihnen dieses das beste Mittel schien, denselben von den Irrwegen zurückzuführen, auf die ihn sein Leichtsinn und böse Gesellschaft geleitet hatten.
Denn leider hafteten die guten Entschlüsse, die er beim Tode seines Vaters gefaßt, nicht tief und lange in seiner Seele. Er fühlte sich am liebsten in der Gesellschaft seiner Altersgenossen, und zog solche Söhne der Landesbarone an sich, mit denen er allerlei jugendlichen Mutwillen treiben konnte. Würfelspiele, Trinkgelage, zuchtlose Gelüste und selbst nächtliches Herumschwärmen der liederlichsten Art in den Straßen von Prag wurden mehr und mehr sein Zeitvertreib, und drohten den einst hoffnungsvollen Prinzen zum verächtlichen Wüstling umzustalten. Oft wenn er, nach langem Zechen, in später Nacht von Wein erhitzt, kaum seiner Sinne mächtig blieb, preßten seine unsauberen Kameraden ihm das Versprechen ansehnlicher Güterschenkungen ab, um dessen Bestätigung unter Brief und Siegel sie besonnen genug waren, den Kanzler M. Peter sogleich anzugehen; und wenn dieser, wie natürlich, den unvernünftigen und verfassungswidrigen Befehlen des trunkenen Königs zu gehorchen sich weigerte, so reizten sie dessen Zorn gegen ihn so lange, bis er um seiner eigenen Ruhe und Sicherheit willen nachgab. Freilich ärgerte sich dann der junge Wenzel oft, wenn er zu nüchterner Überlegung kam, über den Mißbrauch seines Leichtsinns, und belobte gar den mutigen Widerstand seines Kanzlers und seiner übrigen Räte: aber die Rückfälle des Übels kamen zu häufig, und Violas Macht auf das Gemüt ihres Gemahlös war nicht hinreichend, ihn davor zu schützen.
Am 13. Februar 1306 vermählte König Wenzel III. seine älteste Schwester Anna mit großem Gepränge, wie damals gewöhnlich, dem Herzog Heinrich von Kärnten in Prag; die zweite, Elisabeth, hatte er den Jungfrauen im Kloster bei St. Georg zur Erziehung übergeben, und die dritte, Margareth, erst 10 Jahre alt, war schon im vorigen Jahre mit ihrem Verlobten, Herzog Boleslaw von Breslau, nach Schlesien abgeführt worden.
Als am ersten Jahrestage seines Regierungsantrittes, dem Sterbetag seines Vaters, der junge König ins Kloster Königsaal kam, seine Andacht an dessen Grabe zu verrichten, faßte der dortige Abt Konrad, der vertrauteste Freund des verstorbene Königs den Entschluß, seine ernste Stimmung zu benützen, und ihm das Unwürdige seines bisherigen Benehmens lebhaft und eindringlich vor die Augen zu stellen. Er machte ihn aufmerksam, wie sehr er sich vom Beispiel seines guten Vaters, vom Geiste seiner großen Ahnen entferne, mit welcher Schmach er seinen Ruf bei den Zeitgenossen, sein Andenken bei der Nachwelt bedecke, wie sehr des Staates Macht und Ansehen durch ihn schon gesunken sei, und wie das Volk in seinen Landen nicht immer geneigt bleiben werde, diese Entartung seiner bloßen Unerfahrenheit und Jugend beizumessen. Wenzel fühlte das Gewicht dieser freien Rede, und nahm sich dem hochgeachteten Freunde seines Vaters nicht übel; er erschien seitdem oft ernst und nachdenkend, und vermied die früheren Ausschweifungen immer mehr. Es war kein Zweifel, daß seine bessere Natur noch nicht alle Kraft verloren hatte, und man durfte hoffen, daß sie ind er Folge selbst noch über die böse Angewöhnung den Sieg davontragen werde.
Wladislaw Lokieteks wachsende Fortschritte in Polen rissen den König endlich aus seiner langen wüsten Untätigkeit. Seine Statthalter in jenen Ländern, Herzog Nikolaus von Troppau im Krakau'schen, Heinrich von Lipa in Groß-Polen, erklärten, sich nicht halten zu können, wenn ihnen keine bewaffnete Hilfe aus Böhmen komme. Daher bewilligte der böhmische Landtag ein allgemeines  Aufgebot zur Befreiung und Erhaltung Polens, gleich als hätte er dieses schon für eine Bestandteil des böhmischen Staates angesehen; denn nur zur Verteidigung des eigenen Landes konnte ein solches Aufgebot verlangt und verwendet werden. Der Sammelplatz des Heeres war Olmütz; dahin begab sich zu Anfang August auch der König, der sich selbst an die Spitze seines ersten Feldzugs stellen wollte, und nahm seine Wohnung im Hause des dortigen Domdechants. Die große Mittagshitze am 4. August lud ihn zu einer Siesta ein: und als er darauf, im bloßen Hemd und Schlafrock, aus seinem Zimmer in einen offenen Gang trat, um sich abzukühlen, wurde er von einem Meuchelmörder, der sich bis dahin im Hause versteckt hatte, plötzlich überfallen, und mit drei Dolchstichen tot zu Boden gestreckt. Bei dem Lärm, der sich darob erhob, bemerkten die im Hause ausgestellten Wachen einen Krieger, der mit blutgetränktem Dolche in den Hof herabeilte. Sie ergriffen ihn und hieben ihn in der ersten Wut auf der Stelle in Stücke. Es wurde später ermittelt, daß er ein Thüringer von Geburt war und Konrad von Botenstein hieß. Ob aber er und kein anderer der eigentliche Mörder gewesen, blieb unerwiesen, und kann, gleichwie der eigentliche Grund, Anlaß und Hergang dieser entsetzlichen Tat, nimmermehr sichergestellt werden.
Das verhängnisvolle Ereignis traf das Volk von Böhmen und Mähren ganz unerwartet, wie ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel, der Haus, Hof und Habe des sicheren Landmanns augenblicklich verzehrt. An Klagen, Vorwürfen undVermutungen jeder Art [478 Dalimil behauptet (Seite 318) bestimmt, König ALBRECHT hätte gegen Wenzel drei Mörder gedungen gehabt: aber seine Stimme ist, wo von Deutschen die Rede ist, ebenso ungültig, wie die des Horneck, wenn dieser von Böhmen spricht. Der gewöhnlich am besten unterrichtete Chronist von Königsaal (Seite 171) aufrichtig: Miramur omnes, quiod tam immensi flagitii perpetrator adhuc usque hodie (erschreibt dies 1316), quis pro certo fuerit, ignoratur. - Sive ille, sive alius reus sit, nescio, Deus scit.] ließ man es nicht fehlen.
Als König Wenzel III. jenen Zug nach Polen antrat, von dem er nicht wiederkehren sollte, übergab er die Verwaltung Böhmens an seiner Statt seinem Schwager, dem Herzog Heinrich von Kärnten.

Jäschke Kurt-Ulrich: Seite 40,90,91
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"Europa und das römisch-deutsche Reich um 1300."

Doch die Stunde der ANJOUS schlug, als Andreas III. schon 1301 starb und nur eine Tochter von seiner ersten Gattin Fennena von Kujawien hinterließ. Die verfassungsgeschichtliche Feststellung, Ungarn sei jetzt Wahl-Monarchie mit starker dynastischer Bindung geworden, kann sich gleich an dem ungarischen Kurzkönigtum des PREMYSLIDEN Wenzel III. von Böhmen orientiren. Denn er wurde gewählt und geweiht, weil er Enkel einer Bela-Enkelin und mit jener Fennena-Tochter Elisabeth verlobt war, und zwar als Ladislaus V. Doch spätestens nach Wenzels II. Tod vom 21. Juni 1205 kehrte er sich von der Ungarnpolitik ab, heiratete Viola von Teschen schon am 5. Oktober 1305 und wandte sich nach Polen. Doch auf dem Zug nach Krakau wurde er in Olmütz von eigenen Leuten ermordet.
Doch als der päpstliche ANJOU-Kandidat Karl Robert - seine Mutter war König RUDOLFS I. Tochter Clementia - trotz seiner Weihe durch den Elekten von Gran in Agram von 1301 durch eine Stuhlweißenburger Erhebung Wenzels III. von ebenfalls 1301 gefährdet schien, änderte sich die Haltung König ALBRECHTS I. Die premyslidische Expansion lediglich nach Polen hin hatte er unterstützt, und zwar bis hin zu deren Legtimierung durch König Wenzels Gnesener Weihe und dessen großpolnische Ehe von 1300; aber Wenzels III. eventueller Erbanspruch in Ungarn gründete sich immerhin darauf, daß er Enkel von König Belas IV. Enklein Kunginde von Tschernigov und Halitsch war.
Wahrscheinlich für die HABSBURGER überraschend, hatten sich die PREMYSLIDEN 1301 auch in Ungarn als königsfähig und sogar kirchlich legitimierbar erwiesen. König ALBRECHT I. befürchtete nunmehr eine Umfassung der HABSBURGER-Herrschaft durch die PREMYSLIDEN und forderte deshalb im Einvernehmen mit Bonifaz VIII. den Rückzug aus Ungarn, zur Vorbereitung eines einträglichen Kompromisses aber darüber hinaus noch den Abzug der PREMYSLIDEN aus Meißen, dem Pleißenland und Egerland sowie 80.000 Mark in bar oder eine entsprechende Direktbelieferung aus den Kuttenberger Silbergruben.
Militärisch fuhr sich die Auseinandersetzung eben vor Kuttenberg fest und kostete den HABSBURGER sogar seine Verbündeten aus Nieder-Bayern und Württemberg, so daß erst das Ableben des höchstens 34-jährigen Wenzel II. am 21. Juni 1305 einen Ausgleich zugunsten des rönmischen Königs ermöglichte, und als jahrs darauf Wenzel III. zu Olmütz überraschend ermordet wurde, konnte König ALBRECHT I. Böhmen sogar als erledigtes Reichslehen für seinen ältesten Sohn Rudolf einzuziehen versuchen.
 
 
 
 

5.10.1305
   oo Viola von Ober-Schlesien, Tochter Mieszkos von Teschen
   x    um 129021.9.1317
 
 
 
 

Literatur:
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Benker Gertrud: Ludwig der Bayer. Ein Wittelsbacher auf dem Kaiserthron. Eugen Diederichs Verlag München 1997 Seite 43,51,54 - Engels, Odilo: Die Staufer. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1972, Seite 141 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 32,37,53 - Hoensch, Jörg K.: Premysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König. Verlag Styria Graz Wien Köln 1989 Seite 260,262 - Homan Balint: Geschichte des Ungarischen Mittelalters. Walter de Gruyter & CO Berlin 1943 Band II Seite 276-280 - Jäschke Kurt-Ulrich: Europa und das römisch-deutsche Reich um 1300. Verlag W. Kohlhammmer Stuttgart Berlin Köln 1999 Seite 40,53,55,90,91 - Krieger, Karl-Friedrich: Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Karl I. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart/Berlin/Köln 1994 Seite 101,103,106 - Kuthan, Jiri: Premysl Ottokar II. König, Bauherr und Mäzen. Höfische Kunst im 13. Jahrhundert, Böhlau Verlag Weimar 1996 Seite 106,113,116,118,141,143,145 - Lazar Istvan: Kleine Geschichte Ungarns. Österreichischer Bundesverlag Wien 1990 Seite 83 - Palacky Franz: Geschichte von Böhmen 1842 Band II Seite 400-407/Band III Seite 15 - Rhode Gotthold: Kleine Geschichte Polens. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1965 Seite 61-63 - Stoob Heinz: Kaiser Karl IV. und seine Zeit. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 18 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 83 - Wegener, Wilhelm Dr. jur.: Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte, Heinz Reise-Verlag Göttingen 1962-1969 Seite 6 Tafel 1 -