Lexikon des Mittelalters:
********************
Oppeln
---------
Stadt, Herzogtum.
Das an einem zentralen, durch Inselbildung begünstigten
Oderübergang gelegene Oppeln, der historische Vorort des späteren
Ober-Schlesien, war bereits Hauptburg der beim Geographus Bavarus (Mitte
9. Jh.) bezeugten Opolanen, dann seit Ausgang des 10. Jh. piastische
Kastellanei,
zu der die Adalbertkirche als Pfarre gehörte. Neben der Burg auf der
Oderinsel Pascheka befand sich eine mit einem Holz-Erde-Wall umgebene,
ca. 100 einräumige Blockhäuser (3x5 m) zählende slavische
Stadtsiedlung (10./11.-13. Jh.). Ihr gegenüber auf dem rechten Oderufer
wurden 1217 von Herzog Kasimir in einer ersten deutschrechtlichen
Lokation (Lokator) Hospites mit städtischem Markt- und Freiheitsrechten
ausgestattet. Als neue Pfarrkirche diente ihnen die 1223 belegte, 1239
zum Kollegiatstift erhobene Hl. Kreuz-Kirche (heutige dreischiffige Hallenkirche
aus dem 15. Jh.), an der seit 1230 ein für das gesamte Herzogtum
Oppeln zuständiger Archidiakon des Biistums Breslau residierte.
Nach der Zerstörung im Mongolensturm (1241) erfolgte um 1250 eine
zweite großzügige Neugründung der Stadt in regelmäßigem
Schachbrettgrundriß um den rechteckigen Marktplatz (78 x 114 m) mit
Kauf- und Rathaus in der Mitte. Die 1250-1300 errichtete fünftorige
Stadtmauer mit 14 Türmen umschloß eine Fläche von 16ha
mit rund 250 Bürgerhäusern. Franziskanerkirche und -kloster,
im SW der Stadt räuml. von vornherein eingeplant, sind 1248 belegt.
Die Dominikaner übernahmen 1295 die funktionslos gewordene Adalbert-(Bergel-)Kirche,
bei der sie ihr Kloster erbauten. Über der niedergegangenen polnischen
Stadt auf der Oderinsel begann der Herzog bereits vor 1228 mit dem Bau
einer weitläufigen Burg (Rundturm erhalten). Nach der herrschaftl.
Zweiteilung Oppelns 1382 errichtete Herzog Wladyslaw II. ein neues
(Berg-)Schloß auf dem höchsten Punkt des rechtsodrigen Stadtgebietes.
1327 erhielt Oppeln Neumarkter Recht und wurde Oberhof für weite Teile
Ober-Schlesiens. Das Alexius-Hospital mit Kapelle beim Odertor stammt von
1421. Ein Bernhardiner-Minoriten-Kloster in der Beuthener Vorstadt bestand
1473-1516. Nach der Peterspfennigliste von 1447 zählte Oppeln ca.
4.000 Bürger, von denen 3.000 von dem für die Deutschen zuständigen
Archidiakon und 1.000 von dem für die Polen zuständigen Dekan
des Kreuzstiftes kirchlich betreut wurden. Wirtschaftlich lebte die Stadt
vom Durchgangshandel sowie vom Handwerk, insbesondere der Tuchmacherei.
Das Herzogtum Oppeln entstand durch Teilung des
Herzogtums Schlesien nach der Rückkehr der schlesischen Piasten
aus dem Exil in Deutschland (1163). Der Stammvater der Oppelner Piasten,
Mieszko
I. (4. M.), erhielt die oderaufwärts gelegenen Gebiete Ratibor
und Teschen, gewann 1178 jedoch jene von Beuthen und Auschwitz hinzu sowie
1202 das Gebiet von Oppeln. Nur dessen Nordstreifen um Pitschen und Kreuzburg
blieb beim Herzogtum Breslau, das sich fortan allein Herzogtum Schlesien
nannte. Zugleich wurde das gegenseitige Erbrecht zwischen der Breslauer
und der Oppelner Herzogs-Linie aufgehoben, und mit der poln.
Senioratsverfassung erlosch die staatsrechtliche Verbindung mit Polen.
Damit gewann das Herzogtum Oppeln, wie es von jetzt an nach dem
neuen Hauptort hieß, Selbständigkeit und Dauer. Eine Landesteilung
unter vier Brüdern 1281 führte zur Aufspaltung in die sich dauerhaft
verselbständigenden Oppelner Teilherzogtümer Teschen (mit
Auschwitz), Ratibor (mit Rybnik, Sorau, Pleß), Beuthen
(mit Cosel, Tost, Gleiwitz) und Oppeln (mit Oberglogau, Falkenberg,
Groß-Strehlitz). Alle Teilherzöge nannten sich gleichwohl weiterhin
Herzöge von Oppeln. Die einzelnen Teillinien erloschen in Ratibor
1336, in Beuthen 1355, in Oppeln 1532, in Teschen 1625. 1289 unterstellte
sich Herzog Kasimir von Beuthen als erster der Oppelner Herzöge
der Lehnshoheit des Königs von Böhmen, alle übrigen folgten
ihm 1327. Die inneren Landesteilungen gingen indes weiter; es gab zeitweise
fast ein Dutzend Oppelner Teilgebiete, deren Zahl sich durch Erbfälle,
Tausch, Kauf und Verkauf veränderte. Nach dem Aussterben des Ratiborer
Piasten-Zweiges
vereinigte König Johann von Böhmen
1337 das premyslidische
Herzogtum Troppau
mit dem heimgefallenen benachbarten piastische
Herzogtum Ratibor in Personalunion. Dadurch wurden das Hineinwachsen
Troppaus, das seinerseits bald ebenfalls Teilungen erfuhr, in den Oppelner
Territorialverband und das Aufkommen des zusammenfassenden Begriffs Oberschlesien
um die Mitte des 15. Jh. für die Oppelner und Troppauer Territorien
gefördert. Aus diesem erweiterten Territorialbestand Oberschlesiens
schieden andererseits die an Polen gefallenen Teilgebiete Sewerien (1443),
Zator (1447) und Auschwitz (1457) aus. Von 1474-90 stand ganz Ober-Schlesien
unter der Herrschaft von Matthias Corvinus.
Das 1281 auf ein Viertel seines Umfangs verkleinerte
Rest-Herzogtum Oppeln zerfiel 1313 in die drei Teile Oppeln,
Falkenberg und Groß-Strehlitz. Schließlich konnte
der letzte Opplelner Herzog Johann zwischen 1493 und 1521 Gleiwitz,
Tost, Beuthen, Cosel und den größten Teil von Ratibor für
sein Oppelnerr Herzogtum erwerben. Er starb 1532 kinderlos. Sein heimgefallenes
Erbe traten die Habsburger an. Fast
gleichzeitig setzten sich mit Markgraf Georg von Ansbach die Hohenzollern
als Konkurrenten der Habsburger in
Ober-Schlesien fest.
J.J. Menzel