POLEN
 

Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 52
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POLEN
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I. POLITIK, GESELLSCHAFT, VERFASSUNG

[1] Frühe Piastenzeit:

Die Anfänge der westslavischen Staaten durch die Vereinigung von Stammesterritorien, unter der zunächst nur zeitweiligen Herrschaft von Fürsten, darf man wohl auf das 8. und 9. Jh. datieren. Für die Gebiete an Weichsel und Oder gibt der Geographus Bavarus eine Liste der Stämme des 9. Jh. an. Die Organisationsform eines Kleinstammes hatten damals die Wislanen um Krakau bereits überwunden. In einer zweiten Entwicklungsphase festigte sich die nunmehr erbliche fürstliche Gewalt, gestützt auf eine aristokratische Gruppe, und es bildeten sich eine militärische Organisation (Druzina) und ein Fiskalsystem aus, das der Elite Abgaben in Form von Naturalien und Diensten sicherte. Die Fürstenmacht strebte nach Thesaurierung der Einkünfte und Ausdehnung des Territoriums. Der Kernraum Polens ist das Gebiet der Polanen. Ihr Name und der des Landes (Poloni, Polonia, Polska) gehen auf pole ('Feld', d. h. ständiger Ackerbau in Waldlichtungen) zurück. Unter der Herrschaft Mieszkos I., Boleslaws I. Chrobry und zu Beginn der Regierung Mieszkos II. umfaßte der polnische Staat ein weites Territorium, zu dem auch Grenzländer gehörten, wie etwa Mähren, die Lausitz und das spätere Ruthenien am oberen Bug und San. Diese Gebiete gingen um 1032-34 verloren, und von da an bildeten fünf Länder die Grundlage Polens:
Großpolen,
Masowien,
Schlesien,
Kleinpolen
und das östliche Pommern (wovon Pommerellen letztl. bei Polen verblieb).
Im 11. Jh. wurden drei polniische Fürsten zu Königen gekrönt: 1025 Boleslaw I. und auch sein Sohn Mieszko II., 1076 Boleslaw II. Die Krönungen, die auch als politische Demonstration gegen das deutsche Reich gerichtet waren, dienten der Sakralisierung der fürstlichen Macht. Die Grundlage für das politisch-rechtliche Verhältnis Polens zum Reich war zunächst die Tributpflicht (bis zur Warthe bzw. Netze). Ein Lehensverhältnis bezog sich zu Beginn des 11. Jh. auf die Marken Lausitz und Milsener  Land (Mark, -grafschaft, II), 1135 auf Pommern und Rügen. Solche Beziehungen endeten zu Beginn des 13. Jh. In Oberschlesien expandierte Polen zunächst nach N (1109 Ratibor). Zur Kiever Rus' (Kiev, A) stabilisierten sich die Grenzen am Ende des 11. Jh. an den Flüssen Wislok, Tysmienica, Liwiec und Nurzec; die Waldgrenze zu Preußen verschob sich zu dieser Zeit im Kulmer Land (Kulm) leicht zugunsten Polens.
Höchster Ausdruck des Staates (»salus Poloniae«, Gallus Anonymus) war der Fürst (dux), und die Mitglieder der Piasten-Dynastie (Piasten) wurden als domini naturales betrachtet. Der Staat war das Patrimonium des Herrschers und der Dynastie. Bis 1138 befürwortete die Mehrheit der herrschenden Adelsschicht die fürstliche Alleinherrschaft. Der Landesherr blieb stets der größte Grundeigentümer; im 12. Jh. war mehr als die Hälfte der Bauernschaft direkt von ihm abhängig. Er wurde vom consilium (Magnaten und Bischöfe) beraten. Daneben versammelte sich mit den Rittern (milites gregarii) der totus populus der einzelnen Provinzen. Die Zentralverwaltung und die wichtigsten Territorialämter waren für den Hochadel (im 10.-12. Jh. meliores, nobiliores; im 12. Jh. principes terrae, comites, barones) reserviert, der z. T. dem alten Stammesadel, z. T. fremden Familien entstammte. Dieser Personenkreis gehörte zur Umgebung des Fürsten, und er bestand im 11. Jh. und zu Beginn des 12. Jh. aus einer ganzen Reihe von Geschlechtern. Die von der heutigen Geschichtsschreibung benutzten Namen dieser Geschlechter (wie Awdaniec, Labedz, Topór u. a.) stammen aus der Zeit ihrer Nachkommen (14. und 15. Jh.). Früher und umfangreicher (vor allem in der 2. Hälfte des 11. Jh.) als die weltlichen Grundherren, die höchstens über 20 bis 30 Dörfer verfügten, erlangte die Kirche Schenkungen von Land. Die Stellung der weltlichen Elite erwuchs aus ihren leitenden Funktionen im Staat, aus Leistungen und Diensten der Bevölkerung, aus Markt- und Zollrechten sowie Gerichtsbußen. Grundlage für das Besitzrecht am Land war die dem Fürsten erwiesene Treue, nicht aber ein persönliches Vasallitäts- oder am Land haftendes Lehnsverhältnis. Gleiches galt auch für die Hofämter (Pfalzgraf, Kämmerer, Mundschenk u. a.) und die örtliche Verwaltung (comites castri, seit Ende des 12. Jh. Kastellane). Die fürstlichen Burgen bildeten die Zentren der polizeilichen Gewalt, der militärischen Verteidigung, der Gerichtsbarkeit und des Fiskalwesens; es gab 8 bis 10 Provinzen. Seit der Taufe Mieszkos I. 966 erfuhren weltliche Macht und Staat die Unterstützung der lateinischen Kirche. Die erste Diözese umfaßte das ganze Herrschaftsgebiet. Im Jahre 1000 wurden ein Erzbistum in Gnesen und Bistümer in Breslau, Kolberg und Krakau errichtet, der damalige Missionsbischof für Polen wurde zum Diözesan in Posen. Die durch fremde Interventionen und innere Aufstände in den 30er Jahren des 11. Jh. ausgelöste Krise der Monarchie war auch eine der Kirche. Nach dem Neuanfang unter Kasimir I. und der Konsolidierung unter Boleslaw II. wies die polnische Kirche unter Boleslaw III. insgesamt acht dem Erzbistum Gnesen unterstellte Bistümer sowie mehrere Abteien auf. Sie blieb bis zum Anfang des 13. Jh. eine eng mit der fürstlichen Macht verbundene Reichskirche. Die Kirchsprengel, anfangs am Kastellaneisystem (Kastellanei, II) orientiert, entwickelten sich im 12. und 13. Jh. zu einem Netz von Pfarreien mit zahlreichen Dörfern. Die Abteien der Benediktiner, seit dem 11. und 12. Jh. der Prämonstratenser, Augustiner-Chorherren und Zisterzienser waren meistens fürstliche Stiftungen.

[2] Zeit der Teilfürstentümer:

Seit 1138 kam es zu einer Zersplitterung des polnischen Staates in Herzogtümer, an deren Spitze zunächst noch der senior (princeps) der Dynastie stand. Im Besitz der sich immer weiter auffächernden Dynastiezweige (Mitte des 13. Jh. etwa 12 Hzm.er) wurden sie allmählich selbständig und unabhängig. Die alte Monarchie hatte sich als Hemmnis neuer sozialer Kräfte erwiesen. In den verschiedenen Herzogtümern bildeten nun die Landgüter die Machtbasis des Hochadels. Neben ihm entwickelte sich mit den »Rittern«, die teilweise aus der alten Schicht der milites gregarii, militelli (poln.wlodyki), teilweise auch aus der fürstlichen Bauernschaft stammten, eine Schicht des niederen Adels. Zugleich entstand ein »ius militare«; die Ritter bekamen für ihren militärischen Dienst gewisse, jedoch nicht umfassende Immunitäten. Eine relativ freie Stellung im Dorf hatten die rustici ducis, possessores und haeredes, die dem Fürsten Abgaben und Dienste leisten mußten. Die Unfreien (decimi, servi, ministeriales und ascripticii der kirchlichen Güter) und die seltener werdenden Sklaven schlossen die Gesellschaftsstruktur im 12. und 13. Jh. nach unten ab, als aber auch eine wachsende räumliche und soziale Mobilität die Bevölkerung ergriff. Eine Besiedlungswelle nach dem polnischen Gewohnheitsrecht (»more liberorum hospitum«; hospites) erfaßte Schlesien, Kleinpolen und Großpolen Naturalleistungen und Geldzins ersetzten hier die ursprünglichen Abgaben (Dienste). Die Suburbien der Burgen und die Marktflecken gaben schon zu Beginn des 12. Jh. den Anstoß zur Entwicklung städtischen Lebens. Mit den ersten Jahrzehnten des 13. Jh. nahm die Zahl fremder (hauptsächlich deutscher) Siedler und Stadtbürger vor allem in Niederschlesien und Pommern zu, mit dem Deutschen Orden erreichte die Einwanderungswelle Preußen. Das führte zur Verdrängung der einheimischen Sprachen bis zu ihrer teilweisen Eliminierung im SpätMA. In anderen Gebieten siedelten deutsche Einwanderer vorwiegend in den Städten, während sie auf dem Land nur verstreut seßhaft wurden. Sie brachten das von den Landesherren bestätigte ius Teutonicum mit, das als ius Sredense bzw. ius Novi Fori (Sroda in Schlesien/Neumarkt) und ius Culmense (Kulmer Recht) erscheint; auch gibt es einige Beispiele des ius Lubecense (Lübecker Recht). Dieses Recht breitete sich im 13. Jh. aus und wurde zunächst nur deutschen Siedlern verliehen, seit dem 14. Jh. aber auch nichtdeutschen Siedlern bei Stadt- und Dorf-Lokationen (Lokator).

[3] Monarchie der späten Piasten:

Das Territorium des alten, im geschichtlich-politischen Bewußtsein weiter existierenden Regnum Poloniae erlitt seit den 80-er Jahren des 12. Jh. Verluste: Pommern wurde seit 1181 unabhängiges Herzogtum, das Lebuser Land kam 1249 zu Brandenburg (Neumark), das Kulmer Land wurde von Herzog Konrad I. voon Masowien dem Deutschen Orden übertragen (Kruschwitzer Vertrag, 1230). Innere Konflikte zwischen den Teilfürsten schwächten die militärische Abwehrkraft, vor allem gegen die Einfälle der Mongolen (1241 Schlacht bei Liegnitz; 1259 und 1287 nach Kleinpolen). Nach Einigungsversuchen piastischer Herzgöge in der 1. Hälfte des 13. Jh. (zum Beispiel Heinrichs I. des Bärtigen von Schlesien) kam der entscheidende Anstoß vom Adel und vom hohen Klerus. Großpolen entwickelte sich zum Zentrum der Einigung: Przemysl II. von Großpolen (und Pommerellen) wurde 1295 in Gnesen zum König von Polen gekrönt. Im Anschluß an die Herrschaft Wenzels II. von Böhmen und von dessen Sohn Wenzel III. (1300-06) nahm Wladyslaw II. (Lokietek) von Kujavien, Leczyca und Sieradz in Mittelpolen die Erneuerung des Königreiches in Angriff. In Krakau, das er zu seiner Hauptstadt machte, wurde er 1320 gekrönt. Bald erhielt das Königreich, das aus Großpolen, Kleinpolen und einigen mittelpolniischen Ländern bestand, den Namen »Corona Regni Poloniae« (corona, VII) als transpersonalen Staatsbegriff, der die Zusammengehörigkeit der polnischen Länder und der lehnsabhängigen Fürsten dokumentiert. Die innere Gliederung und die Festigung der Grenzen des Königreiches waren das Werk Kasimirs III. des Großen (1333-70), Wladyslaws Sohn. Die alten Ämter der Palatine und Kastellane blieben erhalten; mit verringerten Kompetenzen nahmen sie an den Versammlungen des Adels teil. Für die direkte königliche Verwaltung bediente man sich der Starosten (capitanei), die umfangreiche Ordnungs- und Gerichtsbefugnisse hatten. An die Stelle des alten, infolge von Immunitätsverleihungen aufgelösten Abgabensystems trat die Hakenpflugsteuer (poradlne, collecta generalis) als neue Geldabgabe. Die Einkünfte aus Zöllen, Salz- und anderen Bergwerken sowie aus den königlichen Gütern erhöhten sich. Die Finanzverwaltung lag in der Hand des königlichen Schatzmeisters (Finanzwesen, B.VII), und es kam zu einer Zentralisierung des Kanzleiwesens (Kanzlei, A. V). Der König ließ gegen Mitte des 14. Jh. das Gewohnheitsrecht (ius terrestre) getrennt für Klein- und Großpolen aufzeichnen. Die Versammlungen der Magnaten wurden im Verlauf des 14. Jh. selten einberufen. Der königliche Rat, dem meist hohe Würdenträger aus Kleinpolen angehörten und der vom König einberufen wurde, beriet diesen in inneren und äußeren Angelegenheiten. Die Politik Kasimirs III. war auf Ausgleich und Frieden ausgerichtet, bei wechselnden Bündnissen mit den in den Nachbarländern regierenden ungarischen Anjou, Luxemburgern, Wittelsbachern und dem Deutschen Orden. Wie seinem Vater gelang auch Kasimir nicht die Rückgewinnung des vom Deutschen Orden eroberten Pommerellen (1308). Er erlangte 1343 Wschowa-Fraustadt an der schlesischen und 1368 Czaplinek-Tempelburg mit Drawsko-Dramburg an der pommerschen Grenze. 1348 verzichtete er auf Schlesien, das endgültig an Böhmen fiel.
Gegen Mitte des 14. Jh. begann die polnische Expansion nach O durch die Einverleibung des Fürstentums Halic (mit Vladimir, Ruthenien), dessen Handelsstraßen Vladimir und Lemberg mit den genuesischen Kolonien am Schwarzen Meer verbanden. Kirche, Städte und Adel unterstützten diese Expansion, durch die der Staat sein Territorium um etwa 25% der Fläche und 30% der Bevölkerung vergrößerte. Den Juden in Polen sicherten bereits im 13. Jh. Privilegien (1264 Privileg von Kalisch) persönliche Sicherheit und Kult- und Handelsfreiheit zu. Ihre Zahl vergrößerte sich am Ende des 14. Jh. infolge des Zustroms der aus Deutschland geflüchteten Juden.

[4] Die Zeit der Union mit Litauen:

Nach dem Aussterben der königlichen Linie der Piasten-Dynastie erhielt Ludwig I., König von Ungarn, der Neffe von Kasimir III., 1370 den polnischen Thron. Um die Erbfolge seiner Töchter durchzusetzen, erließ er das Ständeprivileg von Kaschau (1374), das den Adligen eine radikale Herabsetzung der Besitzsteuer zugestand; seitdem war die Erhebung außerordentlicher Steuern von der Zustimmung des Adels abhängig. Nach dem Tode Ludwigs (1382) wurde seine Tochter Hedwig Königin (rex) von Polen (1384). Die regierenden Magnaten erwirkten ihre Heirat mit dem Litauer-Fürsten Jagiello (nach seiner Taufe Wladyslaw), der 1386 zum König von Polen gekrönt wurde. Die so entstandene polnisch-litauische Union ermöglichte den Sieg über den Deutschen Orden (Schlacht bei Tannenberg [Grunwald] 1410) sowie eine aktive Politik Polens in Mitteleuropa und Litauens gegenüber Moskau. Nach dem Tode Wladyslaws (1434), der die Erbfolge für seine Söhne in Polen durch Privilegierung aller Adligen (u. a. »Neminem captivabimus nisi iure victum«, 1425) gesichert hatte, erbte sein Sohn Wladyslaw III. den polnischen Thron, doch herrschte der Regent Zbigniew Olesnicki, Bischof von Krakau. Wladyslaw III. wurde 1443 auch König von Ungarn, doch fiel er ein Jahr darauf bei Varna gegen die Türken. Sein Bruder Kasimir IV., der schon selbständig in Litauen regierte, empfing 1447 auch die polnische Krone. Er wahrte die Gleichberechtigung seiner beiden Staaten. In Polen achtete er die Vorrechte des Adels und öffnete 1454 mit den »Statuten« (von Nieszawa), die den Provinziallandtagen u. a. die Zustimmung bei neuen Gesetzen zugestanden, den Weg zum Parlamentarismus. In dem 13jährigen Krieg besiegte er den Deutschen Orden (2. Thorner Frieden 1466) und fügte Pommerellen, das Kulmer Land und die Gebiete um Elbing und Marienburg der polnischen Krone wieder ein. In großen Allianzplänen suchte er die Kronen von Böhmen, Ungarn sowie Polen und Litauen für seine Söhne zu gewinnen. Ihre kurzen Regierungszeiten (Johann Albrecht: 1492 1501, Alexander: 1501-06) in Polen vollendeten die Grundlagen der polnischen Ständemonarchie mit einem vom Adel (aus der Jagiellonen-Dynastie) gewählten König, der aufgrund seines Erbrechts auch Großfürst von Litauen war. Neben dem König stand der königliche Rat, zu dem Bischöfe, Palatine und Kastellane gehörten, also Vertreter der adligen Oberschicht, die seit 1493 mit der Abgeordnetenkammer den Reichstag (Sejm) bildete.
 

II. WIRTSCHAFT
 

Der Anbau von Getreide (Roggen, Weizen, Hirse, Gerste, Hafer) wurde in den westslavischen Ländern offenbar im 8.-10. Jh. intensiviert. Der Hakenpflug mit Eisenschar ermöglichte zunächst aber nur eine Bodennutzung in der Nähe der Siedlungen; mit Hilfe von Brandrodung drang die Siedlung in die Urwaldgebiete vor. Im 10.-11. Jh. entstanden Dörfer auf höheren Terrassen, und im 13. Jh. erreichte die Rodung die Höhen der Bergkämme. In Zusammenhang mit der deutschen Ostsiedlung verbreiteten sich Pflug und Dreifelderwirtschaft. Andere Anbausysteme (Zweifelderwirtschaft, schachbrettförmige Felder in modo scaccorum) existierten parallel bis ins 15. Jh. Mit den Dorf-Lokationen zu deutschen Recht entstanden neue Dorf-, Hof- und Flurformen. Der Gebrauch von Ackergeräten mit Pflugvordergestell erhöhte die Vielfalt der Bodennutzung bis nach Masowien und Ruthenien hin und sicherte den Bauern (sowohl auf der Basis des ius Teutonicum als auch des polnischen Landrechts) im SpätMA die Beteiligung an der Geldwirtschaft und einen gewissen Wohlstand. Der Wald mit seinen vielfachen Nutzungsformen unterlag schon im 10.-11. Jh. dem Regalienrecht; trotz Schenkungen an weltliche und geistliche Grundherren blieb die Jagd immer den Fürsten vorbehalten, insbesondere auf Großwild. Die umfangreichen Waldgebiete waren bis zur NZ Eigentum des Herrschers. Im frühmittelalterlichen Handel spielten Pelze, Honig, Wachs und Sklaven als Exportgüter eine große Rolle. Im Austausch gelangten Luxusgüter, Waffen, Tuche, Goldschmiedearbeiten sowie Silber (Münzen, Bruch, Schmuck) arabicher Herkunft nach Polen; schon im 10. Jh. setzte der Zufluß von Münzen aus dem Westen ein. Wichtige Impulse erhielten Nah- und Fernhandel durch die Ausbildung eines Städtenetzes und durch die Produktionssteigerung in der Landwirtschaft und im städtiischen Handwerk. Die Stadtentwicklung in Polen erreichte schon im 14. Jh. mitteleuropäische Maßstäbe; größere Städte wie Krakau, Posen und Sandomir hatten Handelsbeziehungen zu Prag und Brünn, zu Thorn, Danzig, Elbing und zu den Hansestädten, und sie waren über Lemberg mit dem Schwarzmeerraum verbunden. Mittlere und kleinere Städte, wie z. B. schon Warschau (um 1300 gegründet) oder Neusandez-Nowy Sacz (wichtig für die Kupfereinfuhr aus Ungarn), ergänzten das Städtenetz. Der Staat verlieh Privilegien u. a. für Jahrmärkte und Messen, Zollfreiheiten und Stapelzwang. Exportgüter aus Litauen (Pelze, Wachs und Ochsen) wurden seit der 1. Hälfte des 15. Jh. über Lublin, Warschau und Posen ausgeführt. Das städtische Handwerk zeigte im 13.-15. Jh. eine ausgeprägte Spezialisierung, seine Produkte erreichten über den Handel auch entfernte Abnehmer. Zahlreiche Meister arbeiteten in Krakau, Lemberg, Posen und in den Städten an der unteren Weichsel. Lokale, regionale und überregionale Handelszonen überlagerten sich. Seit Mitte des 13. Jh. stieg die wirtschaftliche Bedeutung der Ostsee und Anfang des 14. Jh. die der an der Weichsel gelegenen Städte: Danzig, Kulm, Wloclawek-Leslau, Plock, Warschau, Sandomir, Krakau. Holz für den Schiffbau, Schindeln, Dauben, Pech, Pottasche und Kohle wurden auf Flößen nach Danzig und Elbing transportiert. Polen war Durchgangsland für den Transit zwischen NW- und SO-Europa. Seit dem 14. Jh. floß auch ausländisches Handels- und Bergbaukapital aus Deutschland, aber auch aus N-Italien nach Polen. Die Förderung von Bodenschätzen nahm im SpätMA zu, besonders in Kleinpolen: Kupfer, Blei, Silber, Zinn, Schwefel, Steinsalz, auch Eisen. Bergbautechnik und -organisation erreichten in den Gruben von Olkusz, Wieliczka und Bochnia ein hohes Niveau.
Die Grundlage des polnichen Münzwesens (Münze, B. III, 8) bildete seit dem 11. Jh. die grzywna-marca. Die geprägten Denare erfuhren im Laufe des 13. Jh. eine immer stärkere Entwertung. Seit dem beginnenden 14. Jh. gelangten böhmischen Groschen (Prager Groschen) nach Polen. Durch eine Münzreform Kasimirs III. wurde die Krakauer marca zur Grundlage des polnischen Geldsystems (197 g Silber entsprachen 48 Prager Groschen), doch verlor sie ebenfalls bald an Wert. Auch eine gesetzliche Regelung der Münzprägung im Jahre 1398 konnte den Geldmarkt nicht stabilisieren. Seit 1422 wurden Münzen nur noch mit Einverständnis des königlichen Rates geprägt, und 1501 verzichtete König Alexander auf die Einnahmen aus der Münzprägung. Eine hohe Konzentration von Geld gab es weder bei Kaufleuten noch bei Grundherren; im Kreditwesen dominierten kurzfristige Anleihen mit weder bei Kaufleuten noch bei Grundherren; im Kreditwesen dominierten kurzfristige Anleihen mit sehr hoher Verzinsung. Wie gering die finanziellen Möglichkeiten der königlichen Schatzkammer waren, zeigte sich besonders bei der Finanzierung von Kriegszügen, so im 15. Jh., als das Ritteraufgebot immer häufiger durch Söldner ergänzt oder ersetzt werden mußte.

A. Gieysztor



PIASTEN
 
Mieszko I.  um 960- 992
Boleslaw I. der Tapfere   992-1025
Miesko II. 1025-1034
Kasimir I. der Erneuerer  1034-1058
Boleslaw II. der Freigiebige 1058-1079
Wladyslaw I. Hermann  1079-1102
Zbigniew 1102-1107
Boleslaw III. Schiefmund  1102-1138
Wladyslaw II. der Vertriebene 1138-1146
Boleslaw IV. Kraushaar 1146-1173
Mieszko III. der Alte 1173-1177
Kasimir II. der Gerechte  1177-1194
Mieszko III. der Alte  1194-1202
Wladyslaw III. Steifbein     1202
Leszek I. der Weiße 1202-1210
Mieszko IV. Schlenkerbein 1210-1211
Leszek I. der Weiße 1211-1227
Wladyslaw III. Steifbein  1227-1229
Konrad I.  1229-1232
Heinrich I. der Bärtige  1232-1238
Heinrich II. der Fromme  1238-1241
Konrad I.  1241-1243
Boleslaw V. der Keusche  1243-1279
Leszek II. der Schwarze 1279-1288
Heinrich III. Probus  1288-1290
Przemyslaw (II.)  1290-1296

PRZEMYSLIDEN
 
Wenzel (II.)  1291-1305
Wenzel (III.)  1305-1306

PIASTEN
 
Wladyslaw I. Ellenlang 1296/1306-1333
Kasimir III. der Große  1333-1370

ANJOU
 
Ludwig I. der Große von Ungarn 1370-1382
Hedwig (Jadwiga) von Ungarn  1384-1399

JAGIELLONEN
 
Wladyslaw II. Jagiello 1386-1434
Wladyslaw III.  1434-1444
Kasimir IV. Andreas 1444-1492
Johann I. Albrecht 1492-1501
Alexander  1501-1506
Sigismund I.  1507-1548
Sigismund II. August I.  1548-1572

WAHLKÖNIGE
 
Heinrich von Valois  1573-1574
Stephan Bathory  1574-1586
Sigismund III. Wasa  1586-1632
Wladyslaw IV. Wasa  1632-1648
Johann II. Kasimir Wasa  1648-1668
Michael Korybut Wisniowiecki  1669-1673
Johann III. Sobieski  1673-1696
August II. der Starke  1697-1706
Stanislaus Leszczynski 1704-1709
August II. der Starke  1710-1733
Stanislaus Leszczynski  1733-1736
August III.  1733-1763
Stanislaus Poniatowski 1764-1795