Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 52
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POLEN
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I. POLITIK, GESELLSCHAFT, VERFASSUNG
[1] Frühe Piastenzeit:
Die Anfänge der westslavischen Staaten durch die
Vereinigung von Stammesterritorien, unter der zunächst nur zeitweiligen
Herrschaft von Fürsten, darf man wohl auf das 8. und 9. Jh. datieren.
Für die Gebiete an Weichsel und Oder gibt der Geographus Bavarus eine
Liste der Stämme des 9. Jh. an. Die Organisationsform eines Kleinstammes
hatten damals die Wislanen um Krakau bereits überwunden. In einer
zweiten Entwicklungsphase festigte sich die nunmehr erbliche fürstliche
Gewalt, gestützt auf eine aristokratische Gruppe, und es bildeten
sich eine militärische Organisation (Druzina) und ein Fiskalsystem
aus, das der Elite Abgaben in Form von Naturalien und Diensten sicherte.
Die Fürstenmacht strebte nach Thesaurierung der Einkünfte und
Ausdehnung des Territoriums. Der Kernraum Polens ist das Gebiet der Polanen.
Ihr Name und der des Landes (Poloni, Polonia, Polska) gehen auf pole ('Feld',
d. h. ständiger Ackerbau in Waldlichtungen) zurück. Unter der
Herrschaft Mieszkos I., Boleslaws
I. Chrobry und zu Beginn der Regierung Mieszkos
II. umfaßte der polnische Staat ein weites Territorium,
zu dem auch Grenzländer gehörten, wie etwa Mähren, die Lausitz
und das spätere Ruthenien am oberen Bug und San. Diese Gebiete gingen
um 1032-34 verloren, und von da an bildeten fünf Länder die Grundlage
Polens:
Großpolen,
Masowien,
Schlesien,
Kleinpolen
und das östliche Pommern (wovon Pommerellen letztl.
bei Polen verblieb).
Im 11. Jh. wurden drei polniische Fürsten zu Königen
gekrönt: 1025 Boleslaw I. und
auch sein Sohn Mieszko II., 1076
Boleslaw II. Die Krönungen, die auch als politische Demonstration
gegen das deutsche Reich gerichtet waren, dienten der Sakralisierung der
fürstlichen Macht. Die Grundlage für das politisch-rechtliche
Verhältnis Polens zum Reich war zunächst die Tributpflicht (bis
zur Warthe bzw. Netze). Ein Lehensverhältnis bezog sich zu Beginn
des 11. Jh. auf die Marken Lausitz und Milsener Land (Mark, -grafschaft,
II), 1135 auf Pommern und Rügen. Solche Beziehungen endeten zu Beginn
des 13. Jh. In Oberschlesien expandierte Polen zunächst nach N (1109
Ratibor). Zur Kiever Rus' (Kiev, A) stabilisierten sich die Grenzen am
Ende des 11. Jh. an den Flüssen Wislok, Tysmienica, Liwiec und Nurzec;
die Waldgrenze zu Preußen verschob sich zu dieser Zeit im Kulmer
Land (Kulm) leicht zugunsten Polens.
Höchster Ausdruck des Staates (»salus Poloniae«,
Gallus Anonymus) war der Fürst (dux), und die Mitglieder der Piasten-Dynastie
(Piasten) wurden als domini naturales
betrachtet. Der Staat war das Patrimonium des Herrschers und der Dynastie.
Bis 1138 befürwortete die Mehrheit der herrschenden Adelsschicht die
fürstliche Alleinherrschaft. Der Landesherr blieb stets der größte
Grundeigentümer; im 12. Jh. war mehr als die Hälfte der Bauernschaft
direkt von ihm abhängig. Er wurde vom consilium (Magnaten und Bischöfe)
beraten. Daneben versammelte sich mit den Rittern (milites gregarii)
der totus populus der einzelnen Provinzen. Die Zentralverwaltung
und die wichtigsten Territorialämter waren für den Hochadel (im
10.-12. Jh. meliores, nobiliores; im 12. Jh. principes terrae,
comites,
barones)
reserviert, der z. T. dem alten Stammesadel, z. T. fremden Familien entstammte.
Dieser Personenkreis gehörte zur Umgebung des Fürsten, und er
bestand im 11. Jh. und zu Beginn des 12. Jh. aus einer ganzen Reihe von
Geschlechtern. Die von der heutigen Geschichtsschreibung benutzten Namen
dieser Geschlechter (wie Awdaniec, Labedz, Topór u. a.) stammen
aus der Zeit ihrer Nachkommen (14. und 15. Jh.). Früher und umfangreicher
(vor allem in der 2. Hälfte des 11. Jh.) als die weltlichen Grundherren,
die höchstens über 20 bis 30 Dörfer verfügten, erlangte
die Kirche Schenkungen von Land. Die Stellung der weltlichen Elite erwuchs
aus ihren leitenden Funktionen im Staat, aus Leistungen und Diensten der
Bevölkerung, aus Markt- und Zollrechten sowie Gerichtsbußen.
Grundlage für das Besitzrecht am Land war die dem Fürsten erwiesene
Treue, nicht aber ein persönliches Vasallitäts- oder am Land
haftendes Lehnsverhältnis. Gleiches galt auch für die Hofämter
(Pfalzgraf, Kämmerer, Mundschenk u. a.) und die örtliche Verwaltung
(comites castri, seit Ende des 12. Jh. Kastellane). Die fürstlichen
Burgen bildeten die Zentren der polizeilichen Gewalt, der militärischen
Verteidigung, der Gerichtsbarkeit und des Fiskalwesens; es gab 8 bis 10
Provinzen. Seit der Taufe Mieszkos I. 966
erfuhren weltliche Macht und Staat die Unterstützung der lateinischen
Kirche. Die erste Diözese umfaßte das ganze Herrschaftsgebiet.
Im Jahre 1000 wurden ein Erzbistum in Gnesen und Bistümer in Breslau,
Kolberg und Krakau errichtet, der damalige Missionsbischof für Polen
wurde zum Diözesan in Posen. Die durch fremde Interventionen und innere
Aufstände in den 30er Jahren des 11. Jh. ausgelöste Krise der
Monarchie war auch eine der Kirche. Nach dem Neuanfang unter
Kasimir I. und der Konsolidierung unter Boleslaw
II. wies die polnische Kirche unter Boleslaw
III. insgesamt acht dem Erzbistum Gnesen unterstellte Bistümer
sowie mehrere Abteien auf. Sie blieb bis zum Anfang des 13. Jh. eine eng
mit der fürstlichen Macht verbundene Reichskirche. Die Kirchsprengel,
anfangs am Kastellaneisystem (Kastellanei, II) orientiert, entwickelten
sich im 12. und 13. Jh. zu einem Netz von Pfarreien mit zahlreichen Dörfern.
Die Abteien der Benediktiner, seit dem 11. und 12. Jh. der Prämonstratenser,
Augustiner-Chorherren und Zisterzienser waren meistens fürstliche
Stiftungen.
[2] Zeit der Teilfürstentümer:
Seit 1138 kam es zu einer Zersplitterung des polnischen Staates in Herzogtümer, an deren Spitze zunächst noch der senior (princeps) der Dynastie stand. Im Besitz der sich immer weiter auffächernden Dynastiezweige (Mitte des 13. Jh. etwa 12 Hzm.er) wurden sie allmählich selbständig und unabhängig. Die alte Monarchie hatte sich als Hemmnis neuer sozialer Kräfte erwiesen. In den verschiedenen Herzogtümern bildeten nun die Landgüter die Machtbasis des Hochadels. Neben ihm entwickelte sich mit den »Rittern«, die teilweise aus der alten Schicht der milites gregarii, militelli (poln.wlodyki), teilweise auch aus der fürstlichen Bauernschaft stammten, eine Schicht des niederen Adels. Zugleich entstand ein »ius militare«; die Ritter bekamen für ihren militärischen Dienst gewisse, jedoch nicht umfassende Immunitäten. Eine relativ freie Stellung im Dorf hatten die rustici ducis, possessores und haeredes, die dem Fürsten Abgaben und Dienste leisten mußten. Die Unfreien (decimi, servi, ministeriales und ascripticii der kirchlichen Güter) und die seltener werdenden Sklaven schlossen die Gesellschaftsstruktur im 12. und 13. Jh. nach unten ab, als aber auch eine wachsende räumliche und soziale Mobilität die Bevölkerung ergriff. Eine Besiedlungswelle nach dem polnischen Gewohnheitsrecht (»more liberorum hospitum«; hospites) erfaßte Schlesien, Kleinpolen und Großpolen Naturalleistungen und Geldzins ersetzten hier die ursprünglichen Abgaben (Dienste). Die Suburbien der Burgen und die Marktflecken gaben schon zu Beginn des 12. Jh. den Anstoß zur Entwicklung städtischen Lebens. Mit den ersten Jahrzehnten des 13. Jh. nahm die Zahl fremder (hauptsächlich deutscher) Siedler und Stadtbürger vor allem in Niederschlesien und Pommern zu, mit dem Deutschen Orden erreichte die Einwanderungswelle Preußen. Das führte zur Verdrängung der einheimischen Sprachen bis zu ihrer teilweisen Eliminierung im SpätMA. In anderen Gebieten siedelten deutsche Einwanderer vorwiegend in den Städten, während sie auf dem Land nur verstreut seßhaft wurden. Sie brachten das von den Landesherren bestätigte ius Teutonicum mit, das als ius Sredense bzw. ius Novi Fori (Sroda in Schlesien/Neumarkt) und ius Culmense (Kulmer Recht) erscheint; auch gibt es einige Beispiele des ius Lubecense (Lübecker Recht). Dieses Recht breitete sich im 13. Jh. aus und wurde zunächst nur deutschen Siedlern verliehen, seit dem 14. Jh. aber auch nichtdeutschen Siedlern bei Stadt- und Dorf-Lokationen (Lokator).
[3] Monarchie der späten Piasten:
Das Territorium des alten, im geschichtlich-politischen
Bewußtsein weiter existierenden Regnum Poloniae erlitt seit den 80-er
Jahren des 12. Jh. Verluste: Pommern wurde seit 1181 unabhängiges
Herzogtum, das Lebuser Land kam 1249 zu Brandenburg (Neumark), das Kulmer
Land wurde von Herzog Konrad I. voon Masowien
dem Deutschen Orden übertragen (Kruschwitzer Vertrag, 1230). Innere
Konflikte zwischen den Teilfürsten schwächten die militärische
Abwehrkraft, vor allem gegen die Einfälle der Mongolen (1241 Schlacht
bei Liegnitz; 1259 und 1287 nach Kleinpolen). Nach Einigungsversuchen
piastischer
Herzgöge in der 1. Hälfte des 13. Jh. (zum Beispiel Heinrichs
I. des Bärtigen
von Schlesien) kam der entscheidende Anstoß vom Adel und
vom hohen Klerus. Großpolen entwickelte sich zum Zentrum der Einigung:
Przemysl II. von Großpolen (und Pommerellen)
wurde 1295 in Gnesen zum König von Polen
gekrönt. Im Anschluß
an die Herrschaft Wenzels II. von Böhmen
und von dessen Sohn Wenzel III. (1300-06)
nahm Wladyslaw II. (Lokietek)
von Kujavien, Leczyca und Sieradz in Mittelpolen die Erneuerung
des Königreiches in Angriff. In Krakau, das er zu seiner Hauptstadt
machte, wurde er 1320 gekrönt. Bald erhielt das Königreich, das
aus Großpolen, Kleinpolen und einigen mittelpolniischen Ländern
bestand, den Namen »Corona Regni Poloniae« (corona, VII) als
transpersonalen Staatsbegriff, der die Zusammengehörigkeit der polnischen
Länder und der lehnsabhängigen Fürsten dokumentiert. Die
innere Gliederung und die Festigung der Grenzen des Königreiches waren
das Werk Kasimirs III. des Großen (1333-70),
Wladyslaws
Sohn.
Die alten Ämter der Palatine und Kastellane blieben erhalten; mit
verringerten Kompetenzen nahmen sie an den Versammlungen des Adels teil.
Für die direkte königliche Verwaltung bediente man sich der Starosten
(capitanei), die umfangreiche Ordnungs- und Gerichtsbefugnisse hatten.
An die Stelle des alten, infolge von Immunitätsverleihungen aufgelösten
Abgabensystems trat die Hakenpflugsteuer (poradlne, collecta generalis)
als neue Geldabgabe. Die Einkünfte aus Zöllen, Salz- und anderen
Bergwerken sowie aus den königlichen Gütern erhöhten sich.
Die Finanzverwaltung lag in der Hand des königlichen Schatzmeisters
(Finanzwesen, B.VII), und es kam zu einer Zentralisierung des Kanzleiwesens
(Kanzlei, A. V). Der König ließ gegen Mitte des 14. Jh. das
Gewohnheitsrecht (ius terrestre) getrennt für Klein- und Großpolen
aufzeichnen. Die Versammlungen der Magnaten wurden im Verlauf des 14. Jh.
selten einberufen. Der königliche Rat, dem meist hohe Würdenträger
aus Kleinpolen angehörten und der vom König einberufen wurde,
beriet diesen in inneren und äußeren Angelegenheiten. Die Politik
Kasimirs
III. war auf Ausgleich und Frieden ausgerichtet, bei wechselnden
Bündnissen mit den in den Nachbarländern regierenden ungarischen
Anjou, Luxemburgern,
Wittelsbachern
und dem Deutschen Orden. Wie seinem Vater gelang auch Kasimir
nicht
die Rückgewinnung des vom Deutschen Orden eroberten Pommerellen (1308).
Er erlangte 1343 Wschowa-Fraustadt an der schlesischen und 1368 Czaplinek-Tempelburg
mit Drawsko-Dramburg an der pommerschen Grenze. 1348 verzichtete er auf
Schlesien, das endgültig an Böhmen fiel.
Gegen Mitte des 14. Jh. begann die polnische Expansion
nach O durch die Einverleibung des Fürstentums Halic (mit Vladimir,
Ruthenien), dessen Handelsstraßen Vladimir und Lemberg mit den genuesischen
Kolonien am Schwarzen Meer verbanden. Kirche, Städte und Adel unterstützten
diese Expansion, durch die der Staat sein Territorium um etwa 25% der Fläche
und 30% der Bevölkerung vergrößerte. Den Juden in Polen
sicherten bereits im 13. Jh. Privilegien (1264 Privileg von Kalisch) persönliche
Sicherheit und Kult- und Handelsfreiheit zu. Ihre Zahl vergrößerte
sich am Ende des 14. Jh. infolge des Zustroms der aus Deutschland geflüchteten
Juden.
[4] Die Zeit der Union mit Litauen:
Nach dem Aussterben der königlichen Linie der
Piasten-Dynastie
erhielt
Ludwig
I., König von Ungarn, der Neffe von Kasimir
III., 1370 den polnischen Thron. Um die Erbfolge seiner Töchter
durchzusetzen, erließ er das Ständeprivileg von Kaschau (1374),
das den Adligen eine radikale Herabsetzung der Besitzsteuer zugestand;
seitdem war die Erhebung außerordentlicher Steuern von der Zustimmung
des Adels abhängig. Nach dem Tode Ludwigs
(1382) wurde seine Tochter Hedwig Königin
(rex) von Polen (1384). Die regierenden Magnaten erwirkten ihre
Heirat mit dem Litauer-Fürsten Jagiello (nach seiner Taufe
Wladyslaw),
der 1386 zum König von Polen gekrönt wurde. Die so entstandene
polnisch-litauische Union ermöglichte den Sieg über den Deutschen
Orden (Schlacht bei Tannenberg [Grunwald] 1410) sowie eine aktive Politik
Polens in Mitteleuropa und Litauens gegenüber Moskau. Nach dem Tode
Wladyslaws
(1434), der die Erbfolge für seine Söhne in Polen durch Privilegierung
aller Adligen (u. a. »Neminem captivabimus nisi iure victum«,
1425) gesichert hatte, erbte sein Sohn Wladyslaw
III. den polnischen Thron, doch herrschte der Regent Zbigniew
Olesnicki,
Bischof von Krakau. Wladyslaw
III. wurde 1443 auch König von Ungarn, doch fiel
er ein Jahr darauf bei Varna gegen die Türken. Sein Bruder
Kasimir IV., der schon selbständig in Litauen regierte,
empfing 1447 auch die polnische Krone. Er wahrte die Gleichberechtigung
seiner beiden Staaten. In Polen achtete er die Vorrechte des Adels und
öffnete 1454 mit den »Statuten« (von Nieszawa), die den
Provinziallandtagen u. a. die Zustimmung bei neuen Gesetzen zugestanden,
den Weg zum Parlamentarismus. In dem 13jährigen Krieg besiegte er
den Deutschen Orden (2. Thorner Frieden 1466) und fügte Pommerellen,
das Kulmer Land und die Gebiete um Elbing und Marienburg der polnischen
Krone wieder ein. In großen Allianzplänen suchte er die Kronen
von Böhmen, Ungarn sowie Polen und Litauen für seine Söhne
zu gewinnen. Ihre kurzen Regierungszeiten (Johann
Albrecht: 1492 1501, Alexander:
1501-06) in Polen vollendeten die Grundlagen der polnischen Ständemonarchie
mit einem vom Adel (aus der Jagiellonen-Dynastie)
gewählten König, der aufgrund seines Erbrechts auch Großfürst
von Litauen war. Neben dem König stand der königliche Rat, zu
dem Bischöfe, Palatine und Kastellane gehörten, also Vertreter
der adligen Oberschicht, die seit 1493 mit der Abgeordnetenkammer den Reichstag
(Sejm) bildete.
II. WIRTSCHAFT
Der Anbau von Getreide (Roggen, Weizen, Hirse, Gerste,
Hafer) wurde in den westslavischen Ländern offenbar im 8.-10. Jh.
intensiviert. Der Hakenpflug mit Eisenschar ermöglichte zunächst
aber nur eine Bodennutzung in der Nähe der Siedlungen; mit Hilfe von
Brandrodung drang die Siedlung in die Urwaldgebiete vor. Im 10.-11. Jh.
entstanden Dörfer auf höheren Terrassen, und im 13. Jh. erreichte
die Rodung die Höhen der Bergkämme. In Zusammenhang mit der deutschen
Ostsiedlung verbreiteten sich Pflug und Dreifelderwirtschaft. Andere Anbausysteme
(Zweifelderwirtschaft, schachbrettförmige Felder in modo scaccorum)
existierten parallel bis ins 15. Jh. Mit den Dorf-Lokationen zu deutschen
Recht entstanden neue Dorf-, Hof- und Flurformen. Der Gebrauch von Ackergeräten
mit Pflugvordergestell erhöhte die Vielfalt der Bodennutzung bis nach
Masowien und Ruthenien hin und sicherte den Bauern (sowohl auf der Basis
des ius Teutonicum als auch des polnischen Landrechts) im SpätMA die
Beteiligung an der Geldwirtschaft und einen gewissen Wohlstand. Der Wald
mit seinen vielfachen Nutzungsformen unterlag schon im 10.-11. Jh. dem
Regalienrecht; trotz Schenkungen an weltliche und geistliche Grundherren
blieb die Jagd immer den Fürsten vorbehalten, insbesondere auf Großwild.
Die umfangreichen Waldgebiete waren bis zur NZ Eigentum des Herrschers.
Im frühmittelalterlichen Handel spielten Pelze, Honig, Wachs und Sklaven
als Exportgüter eine große Rolle. Im Austausch gelangten Luxusgüter,
Waffen, Tuche, Goldschmiedearbeiten sowie Silber (Münzen, Bruch, Schmuck)
arabicher Herkunft nach Polen; schon im 10. Jh. setzte der Zufluß
von Münzen aus dem Westen ein. Wichtige Impulse erhielten Nah- und
Fernhandel durch die Ausbildung eines Städtenetzes und durch die Produktionssteigerung
in der Landwirtschaft und im städtiischen Handwerk. Die Stadtentwicklung
in Polen erreichte schon im 14. Jh. mitteleuropäische Maßstäbe;
größere Städte wie Krakau, Posen und Sandomir hatten Handelsbeziehungen
zu Prag und Brünn, zu Thorn, Danzig, Elbing und zu den Hansestädten,
und sie waren über Lemberg mit dem Schwarzmeerraum verbunden. Mittlere
und kleinere Städte, wie z. B. schon Warschau (um 1300 gegründet)
oder Neusandez-Nowy Sacz (wichtig für die Kupfereinfuhr aus Ungarn),
ergänzten das Städtenetz. Der Staat verlieh Privilegien u. a.
für Jahrmärkte und Messen, Zollfreiheiten und Stapelzwang. Exportgüter
aus Litauen (Pelze, Wachs und Ochsen) wurden seit der 1. Hälfte des
15. Jh. über Lublin, Warschau und Posen ausgeführt. Das städtische
Handwerk zeigte im 13.-15. Jh. eine ausgeprägte Spezialisierung, seine
Produkte erreichten über den Handel auch entfernte Abnehmer. Zahlreiche
Meister arbeiteten in Krakau, Lemberg, Posen und in den Städten an
der unteren Weichsel. Lokale, regionale und überregionale Handelszonen
überlagerten sich. Seit Mitte des 13. Jh. stieg die wirtschaftliche
Bedeutung der Ostsee und Anfang des 14. Jh. die der an der Weichsel gelegenen
Städte: Danzig, Kulm, Wloclawek-Leslau, Plock, Warschau, Sandomir,
Krakau. Holz für den Schiffbau, Schindeln, Dauben, Pech, Pottasche
und Kohle wurden auf Flößen nach Danzig und Elbing transportiert.
Polen war Durchgangsland für den Transit zwischen NW- und SO-Europa.
Seit dem 14. Jh. floß auch ausländisches Handels- und Bergbaukapital
aus Deutschland, aber auch aus N-Italien nach Polen. Die Förderung
von Bodenschätzen nahm im SpätMA zu, besonders in Kleinpolen:
Kupfer, Blei, Silber, Zinn, Schwefel, Steinsalz, auch Eisen. Bergbautechnik
und -organisation erreichten in den Gruben von Olkusz, Wieliczka und Bochnia
ein hohes Niveau.
Die Grundlage des polnichen Münzwesens (Münze,
B. III, 8) bildete seit dem 11. Jh. die grzywna-marca. Die geprägten
Denare erfuhren im Laufe des 13. Jh. eine immer stärkere Entwertung.
Seit dem beginnenden 14. Jh. gelangten böhmischen Groschen (Prager
Groschen) nach Polen. Durch eine Münzreform Kasimirs
III. wurde die Krakauer marca zur Grundlage des polnischen Geldsystems
(197 g Silber entsprachen 48 Prager Groschen), doch verlor sie ebenfalls
bald an Wert. Auch eine gesetzliche Regelung der Münzprägung
im Jahre 1398 konnte den Geldmarkt nicht stabilisieren. Seit 1422 wurden
Münzen nur noch mit Einverständnis des königlichen Rates
geprägt, und 1501 verzichtete König
Alexander auf die Einnahmen aus der Münzprägung. Eine
hohe Konzentration von Geld gab es weder bei Kaufleuten noch bei Grundherren;
im Kreditwesen dominierten kurzfristige Anleihen mit weder bei Kaufleuten
noch bei Grundherren; im Kreditwesen dominierten kurzfristige Anleihen
mit sehr hoher Verzinsung. Wie gering die finanziellen Möglichkeiten
der königlichen Schatzkammer waren, zeigte sich besonders bei der
Finanzierung von Kriegszügen, so im 15. Jh., als das Ritteraufgebot
immer häufiger durch Söldner ergänzt oder ersetzt werden
mußte.
A. Gieysztor
Mieszko I. | um 960- 992 |
Boleslaw I. der Tapfere | 992-1025 |
Miesko II. | 1025-1034 |
Kasimir I. der Erneuerer | 1034-1058 |
Boleslaw II. der Freigiebige | 1058-1079 |
Wladyslaw I. Hermann | 1079-1102 |
Zbigniew | 1102-1107 |
Boleslaw III. Schiefmund | 1102-1138 |
Wladyslaw II. der Vertriebene | 1138-1146 |
Boleslaw IV. Kraushaar | 1146-1173 |
Mieszko III. der Alte | 1173-1177 |
Kasimir II. der Gerechte | 1177-1194 |
Mieszko III. der Alte | 1194-1202 |
Wladyslaw III. Steifbein | 1202 |
Leszek I. der Weiße | 1202-1210 |
Mieszko IV. Schlenkerbein | 1210-1211 |
Leszek I. der Weiße | 1211-1227 |
Wladyslaw III. Steifbein | 1227-1229 |
Konrad I. | 1229-1232 |
Heinrich I. der Bärtige | 1232-1238 |
Heinrich II. der Fromme | 1238-1241 |
Konrad I. | 1241-1243 |
Boleslaw V. der Keusche | 1243-1279 |
Leszek II. der Schwarze | 1279-1288 |
Heinrich III. Probus | 1288-1290 |
Przemyslaw (II.) | 1290-1296 |
PRZEMYSLIDEN
Wenzel (II.) | 1291-1305 |
Wenzel (III.) | 1305-1306 |
PIASTEN
Wladyslaw I. Ellenlang | 1296/1306-1333 |
Kasimir III. der Große | 1333-1370 |
ANJOU
Ludwig I. der Große von Ungarn | 1370-1382 |
Hedwig (Jadwiga) von Ungarn | 1384-1399 |
JAGIELLONEN
Wladyslaw II. Jagiello | 1386-1434 |
Wladyslaw III. | 1434-1444 |
Kasimir IV. Andreas | 1444-1492 |
Johann I. Albrecht | 1492-1501 |
Alexander | 1501-1506 |
Sigismund I. | 1507-1548 |
Sigismund II. August I. | 1548-1572 |
WAHLKÖNIGE
Heinrich von Valois | 1573-1574 |
Stephan Bathory | 1574-1586 |
Sigismund III. Wasa | 1586-1632 |
Wladyslaw IV. Wasa | 1632-1648 |
Johann II. Kasimir Wasa | 1648-1668 |
Michael Korybut Wisniowiecki | 1669-1673 |
Johann III. Sobieski | 1673-1696 |
August II. der Starke | 1697-1706 |
Stanislaus Leszczynski | 1704-1709 |
August II. der Starke | 1710-1733 |
Stanislaus Leszczynski | 1733-1736 |
August III. | 1733-1763 |
Stanislaus Poniatowski | 1764-1795 |