Lexikon des Mittelalters:
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Masowien
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ursprglich ein Stammesterritorium, das den Landstrich
am rechten Weichselufer in der Umgebung von Plock umfaßte. Die Herkunft
des Namens ist ungeklärt. Seit dem 10. Jh. gehörte es zum Staat
der Piasten und bildete eine der Provinzen
mit dem Zentrum in Plock (seit 1075 Bischofssitz). Infolge des Testaments
von Boleslaw III. Krzywousty (1138)
wurde Masowien mit Kujawien und dem Land von Sieradz-Leczyca zu einem Fürstentum
vereinigt. Nach 1234 war Masowien selbständig, und es teilte sich
nach 1313 in drei Teilfürstentümer mit den Zentren Plock, Czersk-Warszawa
und Rawa Mazowiecka. Die masowischen Herrscher wurden zu Vasallen der polnischen
Krone. Nach dem Aussterben ihrer - zur Piasten-Dynastie
zählenden - Nebenlinien fielen die Territorien an das Königreich
Polen heim. Ein wesentliches Merkmal der masowischen Landesherrschaft war,
daß die Tradition der patrimonialen Monarchie weiterlebte, während
sich die ständische Verfassung langsamer als im Königreich Polen
entwickelte.
Die im allgemeinen niedrige Ertragsfähigkeit der
Böden sowie die starke Bewaldung engten die erste Besiedlung auf die
Flußtäler ein. Die ungünstigen Ertragsverhältnisse
zwangen die Bewohner sogar zur Abwanderung in die angrenzenden Gebiete.
Die geringe Erschließung des Landes, die Lage Masowiens an der Peripherie
Polens und die besonders im 13. und 14. Jh. zahlreichen Überfälle
der Prußen, Jadwinger (Sudoven) und Litauer wirkten auf die gesellschaftlichen
Verhältnisse ein. Verspätet bildeten sich in Masowien größeres
Grundeigentum und ritterliche Privilegien aus. Beträchtlich aber war
im 14.-16. Jh. die Verarmung des Adels in Masowien (ehemalige Grenzwächter;
ca. 25% der Bevölkerung). Auch die Lage der Bauern unterschied sich
von anderen Teilen Polens. Die Kolonisation zu deutschem Recht (ius
Theutonicum) spielte hier eine geringe Rolle. Die lokale Form der Zinswirtschaft
basierte auf dem sogenannten »ordo terrae«, einem individuellen
Abkommen mit dem Siedler (kmetho), wodurch dieser auf unbegrenzte Zeit
Pächter des Bodens wurde, dem weitgesteckte persönliche Freiheiten
zustanden und der den Landgerichten, nicht aber der Dominialgerichtsbarkeit
unterstellt war. Die ersten Städtegründungen zu deutschem Recht
fanden in Masowien schon im 13. Jh. (u. a. in Plock) statt. Für die
wirtschaftliche Entwicklung Masowiens spielten die nach N und SO führenden
Handelswege eine gewisse Rolle. Von größerer Bedeutung waren
jedoch die Kontakte mit den pommerschen Städten Danzig, Elbing und
Thorn.
S. Russocki