Deutsche Verschwägerungen aber blieben eher selten,
und so wie die meisten PIASTEN war
auch der Herzog Wladyslaw Lokietek
mit den deutschen Nachbarn (und besonders deren kreuzfahrenden Ordensrittern
im Norden) entschieden über Kreuz. Dem kleinen Herrn - der Beiname
Lokietek bedeutet "Ellenlang" - gelang durch beharrlichen
Gebrauch der Ellenbogen im frühen 14. Jahrhundert die Überwindung
der herkömmlichen Zersplitterung und die Begründung des polnischen
Königreichs: Die Krönung des "Kurzen" Wladyslaw
- ja "des Zwerges", so manche Quellen - im Januar 1320 in der Kathedralkirche
auf dem Wawel, der Krakauer Königsburg, zum Rex Poloniae prägte
bis 1764 die Traditionn der polnischen Krönungszeremonie an diesem
ort.
Wladyslaw Ellenlang
setzte auch folgenreiche heiratspolitische Akzente: Noch im Krönungsjahr
vermählte er seine Tochter Elisabeth
nachbarlich mit Karl Robert von Anjou,
der seit 1308 die Krone Ungarns trug - ein wahrlich internationaldes Herrscherhaus,
dieses ANJOU-PLANTAGENET! [Richtig
ist: Karl Robert gehörte der
Linie Anjou des Hauses der KAPETINGER an
und hatte nichts mit den PLANTAGENET
zu tun!]-, und 1325 verheiratete er zur Bekräftigung eines Bündnisvertrags
seinen Sohn und Thronerben Kasimir
mit Aldona Anna, der Tochter des litauischen Großfürsten
Gedimin. Hier wurde schon die spätere historische Verbindung mit
Litauen, dem ausgreifenden Riesenreich der GEDIMINIDEN, antizipiert,
das sich zwischen der Memel im Norden und dem Schwarzen Meer im Süden,
dem Bug im Westen und Smolensk im Osten ungefähr über die heutigen
Staaten Litauen, Weißrußland und Ukraine erstreckte.
Als einziges Land Europas war Litauen damals, trotz aller
Kreuzzüge des Deutschen Ordens, noch immer nicht christianisiert,
doch brachte Aldona Anna keinen heidnischen
Götzenkult mit auf den Wawel des heiligen Krakau; sie hatte sich als
erste GEDIMINIDIN römisch taufen lassen. Ihr Gemahl gelangte
als König Kasimir III. 1333 auf
Polens Thron.
Kasimir unnd sein Revier
Ein von König Kasimir bevorzugt
gehegtes Revier war seine verschlungene Familien- und Heiratspolitik. Sie
blickte außenpolitisch in alle Himmelsrichtungen unnd verband das
PIASTEN-Polen sowohl mit rivalisierneden
als auch befreundeten und eng verwandten Nachbargeschlechtern.
Auf denn, wir folgen den Polenhistorikern Gotthold Rhode
und Jörg K. Hoensch:
Kasimir verheiratete
seine älteste Tochter Elisabeth,
die zunächst zweimal mit dem Haus WITTELSBACH
verlobt worden war, 1343 strategisch mit dem Herzog Boguslaw
V. von Pommmern-Wolgast-Stolp, dem starken Nachbarn des feindlichen
Deutschordensstaats.
Die zweite Tochter Kunigunde wurde 1345 mit dem WITTELSBACHER
Kaisersohn Ludwig dem Römer, Markgraf
und Kurfürst von Brandenburg, vermählt. Seinen pommerschen
Enkel und Adoptivsohn Kasimir verband der Polen-König östlich,
erst mit einer Litauerin, dann mit einer masowischen Fürstentochter,
und Kasimirs des Großen jüngste
Tochter Anna wurde 1369 mit dem römisch-deutschen
König WENZEL aus dem Hause
LUXEMBURG versprochen, KARLS IV. Sohn.
Die Ehe freilich, die des Polen-Königs pommersche
Enkelin Elisabeth 1363 mit dem siebenundvierzigjährigen
Kaiser KARL IV. einging, ist weniger
kasimirisch Krakauer Eheplanung. Die stramme Pommerin machte in
ihrer kaiserlichen Ehe Kasimir zum
Urgroßvater Kaiser SIGISMUNDS
und zum Ururgroßvater des römisch-deutschen Königs ALBRECHT
II. aus dem Hause HABSBURG.
In Kasimirs Revier
gediehen also nachwirkende Partnerschaften, doch blieb ihm selbst traurigerweise
ein männlicher Thronerbe versagt. Als er, letzter polnischer
PIASTEN-Herrscher, 1370 starb, beanspruchte
sein Neffe König Ludwig I. von Ungarn,
der Sohn König Karl Roberts und
der Kasimir-Schwester Elisabeth,
den polnischen Thron. Er eilte sogleich nach Krakau, wurde trotz manchen
Widerstands im polnischen Adel schon 1370 auf dem Wawel gekrönt, übertrug
dann aber seiner piastischen Mutter
Elisabeth die polnische Statthalterschaft.