Nachdem das Gebiet zwischen Elbe und Oder im 4./5.
Jh.
im Zuge der Völkerwanderung weitgehend von germanischen
Stämmen
geräumt worden war, rückten im 6./7. Jh. aus dem heutigen
Polen
und aus dem böhmischen Raum Slawen nach. Sie wurden damit Nachbarn
des germanischen Stammes der Sachsen, die Karl
der Große um 800 gewaltsam unter fränkische
Herrschaft
gebracht hatte. Die Franken – ebenfalls Germanen – saßen
ursprünglich
südwestlich der Rheinmündung und hatten um 500 die Reste
römischer
Herrschaft in Gallien (dem späteren Frankreich) beseitigt. Die
Sachsen
hingegen besiedelten etwa das heutige Niedersachsen, Westfalen,
Holstein,
die Altmark und die Gegend um den Harz. Bei ihnen entwickelte sich in
der
zweiten Hälfte des 9. Jh. unter ostfränkischer Oberhoheit –
das
Franken-Reich war 843 in drei Teile zerbrochen - ein Stammes-Herzogtum,
in
das sie auch die germanischen Thüringer einbezogen. 919 wurde der
Sachsen-Herzog
Heinrich I. König des Ostfranken-Reiches. Dies
umfaßte
etwa das Gebiet zwischen Elbe/Saale, Böhmerwald, Alpen und Rhein.
Wahrscheinlich im Winter 928/29 griff
Heinrich den Stamm der Heveller (Havelslawen) an und nahm
ihre
Fürstenresidenz ein, die Brandenburg. Von der großen, durch
breite Gräben und mächtige Wälle aus Holz und Erde
geschützten
Burganlage auf der heutigen Brandenburger Dominsel gibt es keine
oberirdischen
Reste mehr. Heinrich I. begnügte
sich anschließend mit einer lockeren Oberhoheit über
die
Slawen.
Sein Sohn Otto I. (936-973),
seit 962 auch Inhaber der 476 erloschenen, aber 800 für Karl
den Großen erneuerten (west-)römischen
Kaiserwürde,
wollte sie stärker ins Reich integrieren. Dazu ernannte er
Markgrafen
(Grenzgrafen), die im Auftrag des Königs die Slawenlande
verwalten,
Rebellionen verhüten bzw. niederwerfen und Einfällen von
außen
entgegentreten sollten. Der bedeutendste Markgraf war damals Gero,
der vermutlich in dem großen Raum zwischen Saale, Elbe, Elde,
Peene,
Oder, Neiße und Erzgebirge amtierte. Nach Geros Tod (965)
bildete der Kaiser kleinere Marken, für unser Gebiet die Nordmark,
die im Süden nun ungefähr vom Fläming begrenzt wurde.
Für
diesen Bereich entstanden wahrscheinlich auch 965 zur Christianisierung
der Slawen die Bistümer Havelberg und Brandenburg, deren
Gründung
man bisher ins Jahr 948 gesetzt hat. Sie wurden dem 968 eingerichteten
Erzbistum (Oberbistum) Magdeburg unterstellt.
983 beseitigte ein großer Slawenaufstand die
Herrschaft
des sich langsam zum deutschen Staat wandelnden Ostfranken-Reichs.
Dabei
wurden die Bischofssitze Havelberg und Brandenburg zerstört. Im
Zusammenhang
mit den um 1000 aufgegebenen Rückeroberungsversuchen werden 993
Potsdam
und 997 wahrscheinlich Beelitz (oder Belzig?) erstmals erwähnt. Am
Anspruch auf das Gebiet zwischen Elbe und Oder hielt das deutsche
Königreich
jedoch fest, was u. a. durch die Weiterbesetzung der entsprechenden
Markgrafen-
und Bischofsämter dokumentiert wurde. Während des gesamten
11.
Jh. waren die in dem Raum sitzenden Slawen jedoch im wesentlichen
wieder
selbständig.
Ab etwa 1100 begannen die Magdeburger Erzbischöfe
und ostsächsische Fürsten erneut, in die slawischen Gebiete
einzudringen.
Auch Graf Otto der Reiche von Ballenstedt, dessen Besitz vor
allem
zwischen dem Ostharz und der Muldemündung lag, wurde in diesem
Sinne
aktiv. Er entstammte dem mit seinem Großvater Esico 1036
erstmals
erwähnten Geschlecht, das wahrscheinlich nach der alten Burg
Askanien
bei
Aschersleben „Askanier“, nach der 1140 zuerst erwähnten
Burg
Anhalt im Harz auch „Anhaltiner“
genannt wird. Otto schob
seinen Einfluß
um 1110 wohl über die Elbe in Richtung auf die Heveller-Grenze bei
Görzke vor.
Nach dessen Tod (1123) setzte der um 1100 geborene Sohn
Adalbert
diese Politik fort. Nach seinem ihm schon von Zeitgenossen gegebenen
Beinamen
ist er als „Albrecht der Bär“ in die Geschichte
eingegangen.
Um 1123/25 brachte er Pribislaw-Heinrich,
einen getauften Angehörigen
der Heveller-Dynastie dazu, ihm die Nachfolge im Brandenburger
Slawen-Fürstentum
zuzusichern und Otto, dem ältesten Sohn des Askaniers,
als Taufpate mit der Zauche den südlich der Havel zwischen
Brandenburg
und Potsdam gelegenen Landstrich zu schenken. Aber erst 1127 oder noch
später konnte Pribislaw-Heinrich
– wohl von
Albrecht unterstützt
– die Herrschaft auf der Brandenburg übernehmen.
In diesen Jahren zeigte der Askanier darüber
hinaus Interesse an dem ganzen Gebiet bis zur Odermündung. Aber
erst
1134 wurde Albrecht der Bär von Kaiser
Lothar III. mit der Nordmark belehnt. Der Askanier
übernahm
die Vogtei (Schutzherrschaft) über die 1139 bzw. 1144
gegründeten
Prämonstratenserklöster Leitzkau (östlich von Magdeburg)
und Jerichow (östlich von Tangermünde). Rückhalt
für
die Ausübung der Jerichower Vogtei boten askanische
Besitzungen
in der späteren Altmark. Der Markgraf war auch Vogt des
Mutterklosters
der beiden neuen Konvente, des Stifts Unser Lieben Frauen in Magdeburg.
Ein maßgeblich von Albrecht dem Bären geführtes
sächsisches Heer zog im Wenden-Kreuzzug von 1147 von Magdeburg
über
Havelberg sowie Malchow bis Demmin und Stettin. Wahrscheinlich konnte
der
Bischof von Havelberg dabei seinen Sitz wieder dauerhaft einnehmen und
begann um 1150 mit dem Dombau.
1150 starb Fürst
Pribislaw-Heinrich,
und Albrecht
der Bär besetzte gemäß der alten Abmachung aus der
Mitte der zwanziger Jahre das von der Brandenburg aus beherrschte
Slawen-Gebiet
– verglichen mit den Kämpfen Heinrichs
des Löwen gegen die Slawen
im späteren Mecklenburg eine bemerkenswert friedliche
Machtübernahme.
Trotzdem legte er sich den für ihn schon seit etwa 1140 manchmal
in
der königlichen Kanzlei benutzten Titel „Brandenburgischer
Markgraf“
auch jetzt nicht zu, denn damit wollte der Herrscher offensichtlich
ausdrücken,
daß Albrecht auch das Brandenburger „Erbe“ nur im Auftrag
der Krone zu verwalten habe. Der Askanier strebte aber im
Slawen-Land
östlich der Elbe offenbar zunächst die Errichtung einer vom
Reiche
unabhängigen Herrschaft an. Möglicherweise deshalb unterblieb
ab 1152 in den Urkunden des neuen Königs
Friedrich Barbarossa auch jede Bezeichnung
Albrechts
nach der Brandenburg. Dort wird er wieder „Markgraf von Sachsen“ oder
einfach
„Markgraf Adalbert“ genannt.
Wahrscheinlich im Frühjahr 1157 konnte ein
gewisser,
angeblich mit Pribislaw-Heinrich
verwandter Jaxa
die Brandenburg Albrecht
dem Bären durch Bestechung der aus Sachsen und Slawen
zusammengesetzten
Besatzung, die der Askanier 1150 dort stationiert hatte,
entreißen.
Er war vermutlich ein polnischer Magnat und soll mit einem Polenheer
gekommen
sein, obwohl der Markgraf den ältesten und den jüngsten
seiner
sieben Söhne mit Prinzessinnen aus dem polnischen Herzogs-Haus verheiratet
hatte. Da Jaxas
Operationsbasis bei diesem Husarenstreich vielleicht Köpenick,
die Fürsten-Burg der Spreewanen (Spreeslawen) war, ist er als Jaxa
von Köpenick in die Geschichte eingegangen. Der Markgraf
sammelte
mit Erzbischof Wichmann von Magdeburg
ein Heer und belagerte die Brandenburg.
Am 11. Juni 1157 zog Albrecht der Bär in die
kapitulierende
alte Heveller-Feste ein und ließ dort als Siegeszeichen sein
Banner
aufpflanzen. Dieses Datum gilt deshalb als Geburtstag der Mark
Brandenburg
und jährt sich 2007 zum 850. Male. Als Gegenleistung für die
Hilfe mußte Albrecht dem Magdeburger Erzstift wohl unter
anderem die
alten Slawen-Burgen Spandau und Potsdam überlassen. Nachdem der Askanier
auf
diese Weise gezwungen worden war, die Brandenburg mit dem Schwert
zurückzuerobern,
begann er selbst, seinen Titel auf sie zu beziehen. Am 3. Oktober 1157
ist die erste überlieferte Urkunde Albrechts des Bären
ausgestellt, in der er sich „Markgraf in Brandenburg“ nennt. Der
Nordmarkgrafentitel
verschwand.
Kaiser Barbarossa
stellte dem Askanier daraufhin – vermutlich Anfang 1158 – einen
Burggrafen von Brandenburg zur Wahrung der Reichsrechte zur Seite. Der
entstammte einem mittelelbischen Adels-Geschlecht, das inzwischen mit
der
Errichtung einer eigenen Herrschaft um die vormals slawische Burg
Belzig
begonnen hatte.
Albrecht der Bär rief nun Siedler in die
neue Mark Brandenburg. Sie kamen aus der Altmark, den askanischen Stammbesitzungen
am Harz, aber auch aus Flandern und vom Rhein. Holländer kehrten
ihrer
damals von schweren Sturmfluten (zum Beispiel 1164) geplagten Heimat
den Rücken
und begannen ihre neuen Wohnsitze (unter anderem im Havelberger Raum)
durch Deiche
an der Elbe zu schützen. Als Albrecht der Bär um
1160 in Stendal mit der Einrichtung eines Marktes die städtische
Entwicklung
einleitete, bezeichnete er Brandenburg, Havelberg, Werben, Arneburg,
Tangermünde,
Osterburg und Salzwedel als Hauptburgen seiner Mark.
1161 erhob Bischof
Wilmar von Brandenburg mit Unterstützung
Erzbischof Wichmanns von Magdeburg den
Prämonstratenserkonvent, den
noch der christliche Heveller-Fürst
Pribislaw-Heinrich –
vermutlich
zur Verhütung des Wenden-Kreuzzuges von 1147 – aus dem Kloster
Leitzkau
an die Gotthardtkirche in der späteren Brandenburger Altstadt
geholt
hatte, zum Domkapitel. Das zog dann am 8. September 1165 mit
Unterstützung
Albrechts
des Bären und seines ältesten Sohnes Otto in
feierlicher
Prozession auf die Brandenburg um. Am 11. Oktober dieses Jahres legte Bischof
Wilmar dort an dem seinen Vorgängern im 10. Jh. von Kaiser
Otto I. zugewiesenen Sitz den Grundstein des Brandenburger
Domes.
Von 1166 bis 1170 kämpfte Albrecht der
Bär
meist
gegen Heinrich den Löwen
aus dem Hause der Welfen,
der sich 1142 als Herzog von Sachsen gegen den Askanier – dem
diese
Würde 1138 von Barbarossas
Vorgänger
verliehen worden war - hatte durchsetzen können. Die letzte von Albrecht
überlieferte
Handlung vollzog sich aber wieder in der von ihm begründeten Mark
Brandenburg. Im Kreise seiner Söhne nahm er am 16. August 1170 an
der von Erzbischof Wichmann von
Magdeburg vorgenommenen Weihe des Havelberger
Domes teil. Am 18. November 1170 starb der erste Markgraf von
Brandenburg.
Sein Todes- sowie der Geburtsort sind unbekannt. Beigesetzt wurde Albrecht
der Bär wahrscheinlich im erhaltenen Westbau der heute
verschwundenen
Klosterkirche auf dem Schloßberg zu Ballenstedt am Harz. Dort
ruht
er neben seiner 1160 gestorbenen Gemahlin
Sophia, die vermutlich
dem Winzenburger Grafen-Haus
entstammte.
Während der zweite Sohn Hermann mit der
Grafschaft
Weimar-Orlamünde die Albrecht dem Bären nach 1140
zugefallenen
thüringischen Güter der Askanier erhielt, gelangten
die
Stammlande zwischen Harz und Mulde an Bernhard, der 1180 nach
dem
Sturz Heinrichs des Löwen
auf Befehl Barbarossas
doch
noch die sächsische Herzogswürde an die Dynastie der Askanier
bringen
konnte.
Albrechts ältester Sohn Otto I. (1170-1184)
übernahm
die Mark Brandenburg, die sich nun deutlich aus dem Konglomerat aller
vom
Vater beherrschten askanischen Güter
herauskristallisierte.
Ab 1172 bezeichnete ihn auch die königliche Kanzlei, und nun
stets,
als „Brandenburgischen Markgrafen“. Die Mark war als neues
Fürstentum
innerhalb des deutschen Königtums anerkannt, doch Otto und
seine Nachfolger ließen einen Einfluß der Krone in ihrem
Herrschaftsgebiet
kaum zu. Otto I. gründete 1180 in Lehnin in der Zauche das
erste märkische Kloster, das ihm und späteren Markgrafen auch
als Grablege diente.
Erzbischof Wichmann
von Magdeburg hatte inzwischen bei
der von ihm wohl zwischen 1154 und 1161 besetzten slawischen Burg
Jüterbog
1170/71 das Kloster Zinna gegründet und Jüterbog selbst 1174
zur Stadt erhoben. Der Ort blieb auch magdeburgisch, als die Markgrafen
von Brandenburg das Erzstift um 1200 aus dem Raum Spandau-Potsdam
– von wo aus es inzwischen vermutlich die Keimzelle Berlins gelegt
hatte
– verdrängten. Jüterbog kam 1635 an Kursachsen und erst 1815
an Brandenburg-Preußen.
Die Askanier erweiterten die Mark Brandenburg
im 13. Jh. zu einer der größten Landesherrschaften im
deutschen
Königreich. Sie schalteten den königlichen Burggrafen
und
kleinere selbständige Adelsgeschlechter aus, drängten die
konkurrierenden
Mecklenburger, Pommern, Magdeburger sowie die wettinischen Markgrafen
von
der Lausitz zurück und machten die Bischöfe von Brandenburg
von
sich abhängig. Als die Markgrafen von Brandenburg um 1250 die Oder
überschritten und mit der Errichtung der Neumark begannen,
respektierten
sie selbst die im 10 Jh. gezogene Ostgrenze der alten Nordmark nicht
mehr.
Dr. Lutz Partenheimer, Universität Potsdam