Begraben: Montecassino
Sohn des N.N.
eigentlich Desiderius, Fürst von Benevent
Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 1665
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Viktor III., Papst seit 24. Mai 1086 (Wahl) bzw. 9. Mai
1086 (Weihe)
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* um 1027, + 16. September 1087
Montecassino
eigentlich Dauferius/Daufari
Begraben: Montecassino
Aus beneventanischen Adel und mit dem langobardischen
Herzogshaus verwandt, erlebte in seiner Jugend den Aufstieg der normannischen
Macht in seiner Heimat. Nach anfänglichem Eremitenleben 1048/49 Eintritt
ins Kloster S. Sofia in Benevent (Mönchsname fortan: Desiderius),
mit Billigung Papst Viktors II.
1055
Wechsel nach Montecassino, wo er 1058 in Nachfolge Papst
Stephans IX. zum Abt aufstieg. Seine fast 30-jährige
Amtszeit verhalf dem Kloster zu einem großzügigen Umbau, vermehrtem
Besitz und zu einer kulturellen Blüte, die sich auf Bibliothek, Künste
und Literatur auswirkte; der Abt selbst schrieb u.a. 1076/79 ein Werk über
die Wunder des heiligen Benedikt. In engem Kontakt mit dem Reformpapsttum
(seit 1059 Kardinalpriester von S. Cecilia) vermittelte vermutlich
er das 1059 in Melfi geschlossene Bündnis mit den Normannenführern
und wirkte als päpstlicher Vikar in Unteritalien. Häufige
Begegnungen mit Nikolaus II.,
Alexander II. und Gregor
VII. lassen ihn als wichtige Stütze von deren Kirchenpolitik
erscheinen. Nachdem er 1080 Robert Guiscard mit dem Papst ausgesöhnt
hatte, traf ihn 1082 Gregors Unwillen (aber doch wohl nicht die
Exkommunikation) wegen eines Treffens mit dem gebannten König
HEINRICH IV. Dennoch nahm er den Papst 1084 nach seiner
Flucht aus Rom in Montecassino auf und erlebte dessen letzte Tage in Salerno
mit.
Wegen der Dominanz des Gegen-Papstes
Clemens III.
(Wibert) gelang erst ein Jahr später in
Rom einem kleinen Kreis die Wahl seines Nachfolgers, die auf Desiderius
fiel, obgleich Gregor ihn nicht unter den wünschenswerten Kandidaten
benannt hatte. Er mußte schon nach vier Tagen aus Rom weichen, zog
sich nach Montecassino zurück und amtierte, angefeindet von einem
Teil der Gregorianer um Hugo von Die, weiter als Abt, bis er sich im März
1087 in Capua doch zur Annahme bereit fand und im Schutz normannischer
Truppenn nach Rom geleitet wurde, um geweiht zu werden. Auch die Monate
seines Pontifikats verbrachte Viktor III. meist
in Montecassino. Im August 1087 hielt er eine Synode in Benevent ab, die
sowohl Wibert
als auch Hugo von Die verurteilte, aber nicht den
Bann über HEINRICH IV. erneuerte;
ein Investiturverbot scheint nicht verfügt worden zu sein. Ob Viktor
III.
einen vermittelnden Kurs (wie ihn auch die Wahl des Namens
nach
Victor II. andeutet) hätte durchsetzen können, steht
dahin; immerhin gelang es ihm, die Kontinuität des Reformpapsttums
zu wahren.
Urban II. wurde
nach seiner Empfehlung gewählt.
Quellen:
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Dialogi de miraculis S. Benedicti auct. Deisderio abb.
Casinensi (MGH SS XXX/2), 1111-1151 - LP II, 292 - Jaffe I, 655f.; II,
713 - Chronica mon. Casinensis, B. III (MGH SS XXXIV), 358-457
Literatur:
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Bibl. SS XII, 1286-1289 - R. Hüls, Kard.e, Klerus
und Kirchen Roms 1049-1130, 1977, 154ff. - H. Dormeier, Montecassino und
die Laien im 11. und 12. Jh., 1979 - St. Beulertz, Das Verbot der Laieninvestitur
im Investiturstreit, 1991 - M. Gude, Die "fideles sancti Petri" im Streit
um die Nachfolge Papst Gregors VII., FMASt 27, 1993, 290-316.
Der gewandte, nicht immer charakterstarke, doch versöhnliche
Diplomat, der als Abt von Monte Cassino durch persönliches
Ansehen wie durch die beherrschende Lage der Metropole des Benediktinerordens
zwischen den Machtbereichen der Normannen, des Kirchenstaates und des Kaisers
zum klugen Vermittler geeignet war, hat sich ein Jahr lang drängen
lassen, die Tiara anzunehmen, weil er sich zum Papst für ungeeignet
hielt.
Die im verwüsteten Rom tobenden Kämpfe zwischen
der normannischen Besatzung und Anhängern Gregors VII. auf
der einen - Truppen des bald zurückgekehrten Gegen-Papstes Klemens
III., der den Vatikan besetzt hielt, auf der anderen Seite, ließen
den Papst die Papstwürde kaum begehrenswert erscheinen. Den gesteigerten
Aufruhr nach seiner Wahl nahm er zum willkommenen Anlaß, nach vier
Tagen wieder abzudanken und nach Monte Cassino zurückzukehren. Man
brauchte fast ein Jahr, um ihn zur Rückkehr nach Rom zu bewegen. Eine
Woche nach der Weihe entfloh er erneut nach Monte Cassino, worauf ihn die
Großgräfin
Mathilde von Tuszien, die Teile Roms mit ihren Truppen besetzt
hatte, erneut zurückzukehren nötigte. Vor den immer furchtbarer
werdenden Zuständen und Kämpfen floh der Papst zum dritten Male.
Er hielt noch eine Synode in Benevent ab, wo der Gegen-Papst wieder einmal
gebannt wurde und Erlasse Gregors VII. bestätigt wurden, ehe
er in Monte Cassino starb.
Die einzige außenpolitische Regierungshandlung
des Papstes bestand in einem Aufruf an die Seemächte Italiens zu einem
Kreuzzug gegen die Sarazenen N-Afrikas. Ob die Normannen unter Graf
Roger I. von Sizilien an dem bescheidenen Erfolg beteiligt waren,
ist sehr zweifelhaft, denn Robert Guiscard hatte Rom nicht nur durch Normannen,
sondern auch durch sarazenische Soldtruppen verwüsten lassen.
Literatur:
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Cawthorne Nigel: Das Sexleben der Päpste.
Die Skandalchronik des Vatikans. Benedikt Taschen Verlag 1999 Seite 58,91,102
- Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis
und Winkler Düsseldorf 1998 Seite 243-245 -