Einzige Tochter des westfränkischen
Pfalzgrafen Adalhard
Gerd Treffer: Seite 53-55
**********
"Sie französischen Königinnen"
Adelheid - die Abwartende
Gemahlin Ludwigs II. des Stammlers ( König 877-879)
Geboren: um 853 - Heirat: Ende 868 - + November 901, Laon
Adelheid ist ganze 15 Jahre alt,
als sie 868 Ludwig, den ältesten
Sohn KARLS DES KAHLEN und
Irmintruds heiratet. Sie ist Tochter des Markgrafen von Friaul
- zwar nicht von königlicher Herkunft, zählt aber namhafte Adelige
zu ihren Vorfahren, darunter einflußreiche Grafen von Paris und Troyes.
Diese mächtigen lokalne Verwurzelungen haben KARLS
Aufmerksamkeit erregt.
Die vom Kaiser gewünschte Verbindung erwies sich nicht als eifach.
Der eigenwillige Ludwig hatte sich
nämlich 16-jährig gegen Vorbehalte seines Vaters, mit Ansgard,
der Tochter des Grafen Hardouin - die 20 Jahre älter als er ist -,
vermählt. Und Ansgard hatte zwei
Söhne - Ludwig (863) und Karlmann
(866), beide künftige Könige und eine Tochter Hildegard zur Welt
gebracht. Auf Wunsch des kaisers löst Papst Johannes VIII. die Ehe,
und Adelheid wird die Frau des Thronfolgers.
Adelheid steht eine schwere Zeit bevor.
Sie muß mit ihrer Schwiegermutter Richhilde,
der 2. Gemahlin des Kaisers, rechnen, die verbittert über den frühen
Tod ihrer eigenen Kinder ihrem Gemahl Ludwig
alles andere als freundlich gesinnt ist. 878 jedoch unterstützt sie
ihn. Ludwig erklimmt den Thron. DerPapst
allerdings weigert sich trotz der Vorstellung ihres Mannes, Adelheid
zu krönen Eine Reihe von Adeligen und Geistlichen hält
nämlich diese Verbindung nach wie vor für ungültig ud mithin
Ansgard für die rechtmäßige Königin. Und
da Ansgard noch lebt, erwägen
sie, dem Papst die Annullierung dieser Ehe mit Adelheid
vorzuschlagen.
Ludwig ist keine lange Regierungszeit
beschieden: zwei Jahre. Und es ist keine ruhige Zeit. Die Vorherrschaft
im karolingischen Reich verlagert sich
von Westen nach Osten. Die Folgen von KARLS DES
KAHLEN Zugeständnissen an die großen Lehensherren,
die Ludwig bei seiner Thronbesteigung
erweitert, schwächen die Königsmacht. Als hätte Ludwig
damit nicht genügend Probleme, ruft ihn Papst Johannes VIII.
in seinen Auseinandersetzungen mit den Muselmanen und den italienischen
Prinzen zu Hilfe. Johannes VIII. sieht sich gezwungen, aus Rom vor den
immer heftigeren Attacken des italienischen Adels zufliehen, der von den
Langobarden unterstützt wird, die immer noch nicht darauf verzichtet
haben, sich die päpstlichne Gebiete einzuverleiben. Der Papst ist
schließlich an den fränkischen Hof gekommen, er hilft Ludwig
mit Rat, weigert sich aber, in den inneren Angelegenheiten Position zu
beziehen aus Furcht, er könne sich damit die immer mächtiger
werdenden fränkischen Herren entfremden. 878 fallen auch die Normannen
wieder ein. In England haben sie ein unabhängiges Königreich
gebildet und können von dort aus ihre Übergriffe auf die reichen
Küstengebiete starten.
Die Frage der Gültigkeit von Ludwigs
Ehe ist imer noch nicht entschieden. Der Papst erklärt im vornherein
etwaige Kinder zu Bastarden. Ein probates Druckmittel auf den König.
Der König kann seinen Willen nicht durchsetzen. Die Großen des
Reiches - so groß ist nun schon ihre Macht - entscheiden: der Papst
bleibe bei seiner Meinung, sollte es Kinder geben, werde man weitersehen.
Geschickt: die Großen als Königsmacher.
Am 12. April 879 stirbt Ludwig II., der Stammler.
Adelheid, schwanger, wird wenig später einen Sohn zur Welt
bringen, Karl.
Ansgards Kinder, Ludwig
und Karlmann, erkennen die Gefahr.
Sie wollen verhindern, daß ihnen der Stiefbruder den Rang abläuft.
Die internen Querelen mit dem Machtgerangel der Clans und ihrem unvermeidlichen
Chor von übler Nachrede und Verleumdung haben Konjunktur: es bleibt
nicht aus, daß das Kind Karl als
Frucht ehebrecherischer Liebe der Königin bezeichnet wird. Adelheid
zieht daraus ihre Lehre. Sie wird ihren Sohn schützen und ganz wie
einen legitimen Thronfolger erziehen. Die Zeit wird ihr Recht geben. Karl
wird König, wird Kaiser. Adelheid
wird bei seiner Krönung in Reims am 23. Januar 893 an seiner Seite
stehen. Sie wird die fünf Jahre seines Kampfes und den Tod seines
Rivalen Odo und seine Kaiserkrönung
898erleben. Sie hat den selbsterfüllten Auftrag erfüllt.
Vorerst aber steht sie mit einem Neugeborenen da und zwei Stiefsöhnen
aus Ludwigs Ehe mit Ansgard, Ludwig
und Karlmann. Ihr kranker Mann hatte
Ludwig (III.) die Macht vermacht. Die
Brüder aber beschließen, das Reich nicht zu teilen, sondern
gemeinsam zu regieren. Die Großen dieses Reiches werden die beiden
aber nicht mehr herrschen lassen als ihren Vater. Das Reich ist inzwischen
eine Föderation von Herzogtümern, und die Normannen, die sich
der Auflösung der Herrschaft wohl bewußt sind, werden immer
wagemutiger. Mit Tausenden von Mannen fallen sie ein. Sie errichten in
Noirmoutiers ein Nachschublager, starten Expeditionen längs der Loire.
881 verwüsten sie Aachen. Auch Boson,
Richhildes Bruder, der sich zum König
der Provence hat wählen lassen, ist eie Gefahr. Richhilde
hätte als König gern ihn statt Ludwig
den Stammler gesehen. Boson hat sich im Süden ein wahres
Königreich gezimmert udn träumt vielelicht davon (statt der entgangenen
Königswürde im Westreich) Lotharingien wieder aufzurichten. Ludwig
und Karlmann sind nicht
stark genug, sich ihm zu widersetzen und rufen ihren östlichen Vetter,
KARL DEN DICKEN, zu Hilfe, versprechen
ihm Gebietsgewinn. KARL schickt Truppen.
Ein Desaster. Die Großen Frankreichs, statt ihren Königen zu
helfen, unterstützen lieber Boson,
einen der Ihren, einen, der ihnen erlaubt, ihre Güter zu behalten.
KARL DER DICKE fordert Schadensersatz,
und da Ludwig III. und Karlmann
ihm nichts geben können, kommt man überein, daß bei ihrem
Tod das Königreich - ungeachtet ihres dritten Bruders, Adelheids
Sohn - KARL zufallen solle.
881 marschiert Ludwig III. gegen
die Normannen, die so bedrohlich geworden sind, daß selbst die Großen
Angst haben und ihrem König Gefolgschaft leisten. Am 3. August trägt
der König in Saucourt einen Sieg davon. Ein Jahr später stirbt
Ludwig III. und überläßt
seinen Thron seinem Bruder Karlmann.
Doch auch er stirbt bereits zwei Jahre später.
Theoretisch müßte nun der posthume Sohn Ludwigs
II., des Stammlers, Adelheids Kind, nachfolgen. Aber er ist
erst 4 Jahre alt. Und das Frankenreich braucht jetzt einen energischen
Herrn. Der einzige KAROLINGER, der
die Macht ergreifen kann, ist KARL DER DICKE.
Er hofft, das Reich neu zu errichten. Dabei hat er aber schon die Rechte
eines Kindes übergangen, mit Gold gewisse Barone korrumpiert, der
Eitelkeit anderer geschmeichelt. Man hat ihn als König anerkannt,
andere verachteten ihn, darunter Odo,
der Graf von Paris, ein wackerer und aufrechter Kämpfer, der bald
Zeugnis seines Mutes und seiner Entschlossenheit geben wird.
Adelheid selbst aber wird nichts
unversucht lassen, die Rechte ihres Sohnes auf den Thron zu wahren. Sie
stirbt am 10. November 901 in Laon.
875
oo Ludwig II. der Stammler König von Frankreich
846-10.4.879
Kinder:
Karl III. der Einfältige
17.9.879-7.10.929
Ermentrud
-
oo ? Reginar I. Langhals
- 915
Literatur:
----------
Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen.
Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10.
und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 166,168 - Pierre Riche:
Die Karolinger, Deutscher Taschenbuch Verlag GmH & Co. KG, München
1991, Seite 249 - Rudolf Schieffer: Die Karolinger, Verlag W. Kohlhammer
Stuttgart-Berlin-Köln Band 411, 1992, Seite 169,171-174,183 - Karl
Ferdinand Werner: Die Nachkommen Karls des Großen, Seite 429-441
-