Balduin von Luxemburg                Erzbischof von Trier (1307-1354)
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1285-21.1.1354
         Trier

Begraben: Trier, Dom Westchor
 

Jüngerer Sohn des Grafen Heinrich VI. von Luxemburg und der Beatrix von Avesnes, Tochter von Graf Balduin zu Beaumont
 

Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1372
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Balduin von Luxemburg, Erzbischof von Trier seit 1307
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* 1285 oder 1286), + 21. Januar 1354

Begraben: Trier, Dom Westchor

Sohn Heinrichs III., Graf von Luxemburg und Laroche und Markgraf von Arlon, und der Beatrix (+ 1320), Tochter des Grafen Balduin von Avesnes; Bruder des deutschen Königs HEINRICH VII.

Nach dem Tod des Vaters in der Schlacht von Worringen am 5. Juni 1288 führte die Mutter Beatrix die Regentschaft für die unmündigen Kinder, die zeitweise am französischen Hof erzogen wurden und an der Universität Paris studierten (Balduin 1299-1307 mit zweijähriger Unterbrechung, besonders Theologie und kanonisches Recht). Schon früh erwarb Balduin Kanonikate an den Hochstiften Metz und Trier und wurde noch vor 1304 zum Dompropst von Trier gewählt (ein für die traditionelle Rivalität zu Trier stehenden Grafen von Luxemburg bemerkenswerter Durchbruch). Der Versuch, 1305/06 das Erzbistum Mainz zu erlangen, scheiterte (Peter von Aspelt). Am 7. Dezember 1307 wurde Balduin dann aber mehrheitlich zum Erzbischof von Trier gewählt; päpstliche Bestätigung 12. Februar 1308, Empfang der Bischofsweihe durch Papst Clemens V. selbst am 11. März 1308 in Poitiers.
Balduin hat als Erzbischof und Kurfürst den Ausbau des Kurstaates Trier zu einem Territorium im wesentlichen vollendet und als die dominierende Kraft der LUXEMBURGER die Reichspolitik mitgestaltet: Die Wahl des Bruders HEINRICH zum deutschen König am 27. November 1308 ist aber noch primär eine Leistung Peters von Aspelt, der auch die für das Haus LUXEMBURG entscheidende Ehe zwischen HEINRICHSSohn Johann von Luxemburg, König von Böhmen, und der Erbin Böhmens, Elisabeth, vermittelte. Balduin beteiligte sich am Romzug HEINRICHS seit Oktober 1310, kehrte aber im März 1313 nach Deutschland zurück. Zur Erinnerung an die gemeinsamen Jahre mit dem Bruder ließ Balduin um 1340 eine Bilderchronik in 73 Miniaturen auf 37 Tafeln herstellen, eine der bedeutendsten Bilderhandschriften der Zeit (original im Landeshauptarchiv Koblenz). - Nach HEIRICHS plötzlichem Tod in Italien (24. August 1313) stand Balduin auf der Seite LUDWIGS DES BAYERN, bemühte sich aber gegenüber dessen revolutionärer Politik zunächst um einen neutralen Standort. Er widmete sich primär der finanziellen und territorialen Konsolidierung des Kurstaates, wobei folgendes besonders hervorzuheben ist: Erwerb der arrondierten Krongutbezirke Boppard-Oberwesel-Galgenscheider Gericht mit Städten, Burgen, Nebenrechten und Nutzungen als Reichspfandschaften; breiter Ausbau eines Lehenssystems zur Einbindung des kleinere und mittleren Adels – zum Teil gegen dessen heftigen Widerstand (1331-1337 sogenannte Eltzer Fehde, Juni-Juli 1338 Gefangenschaft durch Gräfin Loretta von Sponheim auf der Starkenburg, nur geringe Erfolge gegenüber den Grafen und den Herrschaften im Westerwald), - diesen wußte er auch durch Einbeziehung in die innere Verwaltung (Amtmänner) an sich zu binden (vollendet gegen Ende der Regierung durch die Gewinnung Reinhards von Westerburg und Johanns von Sponheim als „Oberste Amtmänner“ am Mittelrhein bzw. an der Mosel); Neuordnung der Verwaltung durch Gliederung in das Ober- und Niederstift und Einteilung in Ämter und Kellereien, kombiniert mit einem Burgen- und der (nur zum Teil realiserten) Konzeption eines Stadt- und Marktfleckensystems (sogenannte Sammelprivilegien von 1332 und 1346); Reform der Kanzlei und der Schriftgutführung (dabei unter anderem Anlage von Urkudenkopiaren, den sogenannten „Balduineen“, um 1340) sowie der Finanzverwaltung. Territorialpolitisch gelang Balduin einerseits die von den Vorgängern vorbereitete Sicherung des Gebietes an Mittelrhein und Untermosel für Kurtrier (gegen die Mitinteressenten Kurpfalz, Kurköln und den Grafen von Katzenelnbogen) und der Ausbau der Mosel-Eifel-Achse zwischen Trier und Koblenz (mit der Folge einer allmählichen Verlagerung des Kurtrierer Zentrums an den Rhein) sowie anderseits die Abgrenzung der Kurtrierer Interessensphäre im Westen (namentlich gegenüber Luxemburg), in der Eifel (1347 befristete Inkorporation der Abtei Prüm, 1352 Erwerb von Hillesheim, Daun erst 1356) und Im Hunsrück-Nahe-Raum (aber Niederlage gegenüber Sponheim im Bereich Birkenfeld). Über das Erzstift hinausgreifend, hat Balduin in verschiedenen Landfrieden eine umfassendere Raumkonzeption für den Mittelrhein entwickelt, die aber nur in den 30-er Jahren Bestand hatte (unter anderem 1331 Befriedungsverträge für die Straßenzüge im Westerwald und im Hunsrück, 1333 Kaiserslauterner Landfriede von Saarwerden der Saar und Mosel folgend bis Koblenz, dann den Rhein aufwärts bis Lauterbach und von dort wieder zum Ausgang). - In der Reichspolitik wandte sich Balduin nach den römischen Ereignissen vom Januar 1328 wieder stärker König LUDWIG zu, vielleicht um mäßigend zu wirken. Seit 1328 übte er (gegen den im Oktober zum Erzbischof von Mainz ernannten Heinrich III. von Virneburg) die Verweserschaft des Erzstiftes Mainz aus und seit 1331 auch die Pflegschaften der Bistümer Speyerund (mit Unterbrechung) Worms, gab diese drei Positionen aber 1337 wieder auf. Zielbewußt trat er ein für eine Stärkung des Wahlrechtes der Kurfürsten gegenüber päpstlichen Ansprüchen. Kurverein und Reichsweistum von Rhens mit der Feststellung, dass der von der Mehrheit der Kurfürsten gewählte König nicht der Approbation des Papstes bedürfe, sind im wesentlichen das Werk Balduins und seiner Diplomatie. Charakteristisch für die immer vermittelnde Haltung Balduins ist aber auch, dass er der weitergehenden Frankfurter Erklärung in Licet Iuris, wonach die Königswahl auch Recht und Titel des Königs übergebe, nur zögernd zugestimmt hat. - Die Motive für die schließliche Entfremdung zwischen Balduinund LUDWIG DEM BAYERN liegen nur äußerlich m Ehehandel mit Margarethe Maultasch 1341/42. Entscheidender war, dass Balduin wie in den letzten Auseinandersetzungen zwischen Regnum und Sacerdotium so auch in anderen außen- und innenpolitischen Fragen des Reiches undoktinär nach Kompromissen und pragmatischen Lösungen suchte und inzwischen auch in seinem Großneffen KARL ein ihm geeigneter erscheinender Träger des Königtums herangewachsen war. So hat Balduin am 11. Juli 1346 in Rhens die Absetzung LUDWIGS und die Wahl KARLS IV. zum deutschen König durchgesetzt. Insbesondere nach dem Tod von KARLS Vater Johann von Luxemburg hat Balduin den jungen König als Verweser der Grafschaft Luxemburg (trotz der berechtigten Erbansprüche von KARLS Halbbruder Wenzel) und zeitweise als Statthalter im Reich in persönlichem Einsatz und finanziell aktiv unterstützt. Die Führung im Haus LUXEMBURG und damit weitgehend auch im Reich konnte so beim Tod des fast 70-jährigen im Jahre 1354 ungebrochen an den Balduin in vielem gleichgearteten KARLübergehen. - Zu erwähnen bliebe noch, das Balduin auch ein frommer Mann und untadeliger Priester war, der sich nachdrücklich um die Kirchenzucht in seine Bistum bemüht hat (Abhaltung von mehreren Synoden, Förderung der Kartäuser).

Quellen:
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Gesta Baldewini (Gesta Trevirorum II, hg. J.H. Wyttenbach-M. F. Müller, 1838, 179-271; Die Taten der Trier V, hg. E. Zenz, 1961 [Übers.])

Literatur:
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A. Dominicus, Baldewin v. Lützelburg, 1862 - E.E. Stengel, Avignon und Rhens, Forsch. zur Gesch. des Kampfes um das Recht am Reich in der ersten Hälfte des 14. Jh., 1930 - Ders., Baldewin von Luxemburg, Jb. der Arbeitsgemeinschaft Rhein. Geschichtsvereine 2, 1936, 19-39 [Neudr. mit Anm.: Abh. und Unters. zur ma. Gesch., 1960, 180-215] - H. Disselnkötner, Gfn. Loretta v. Sponheim geb. v. Salm, Rhein. Archiv 37, 1940 - H. Gensicke, Rheinhard Herr v. Westerburg, HJL, I, 1951, 128-170 - H. Tribout de Motrembeert, Baudion de Luxembourg (Biogr. Nationale du pays de Luxembourg 4, 1952), 405-416 - J. Heyden, s. Heinrichs Romfahrt. Die Bilderchronik von Ks. Heinrich VII. und Kurfürst Balduin v. Luxemburg, 1965, [Neudr. 1978] - Ders., B. v. Luxemburg (Rheinische Lebensbilder 4, 1970), 23-36 [Lit.] - E. Lawrenz, Die Reichspolitik des Ebf.s B. v. Trier aus dem Hause Luxemburg [Diss. Königsberg 1943; erweiterte Fassung: Selbstverlag Rüthen 1974] - A. Haverkamp, Stud. Zu den Beziehungen zw. Ebf. Balduin v. Trier und Kg. Karl I., BDLG 114, 1978, 463-503 - Ks. Karl IV. Staatsmann und Mäzen, hg. F. Seibt [Ausstellungskat. 1978], passim - J. Mötsch, Die Balduinen. Entstehung, Inhalt und Ausbau der Urkundensammlungen Ebf. B.s v. Trier [Diss. Bonn 1979] - W.-R. Berns, Burgenpolitik und Herrschaft des Ebf.s B. v. Trier (1307-1354) [Diss. Gießen 1979].



Schwennicke Detlev: Tafel 82
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"Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

BALDUIN
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* Herbst 1285, + 21.I.1354
                           Trier

Bregraben: Trier Dom

1299/1302 und 1304/08 imm Paris
1308 Domherr zu Metz
vor 1304 Dompropst zu Trier
1305/06 Postulat von Mainz
1307 Elekt
1308/54 Erzbischof von Trier und KURFÜRST
1309/10 und 1336/37 Adminstrator von Worms
1328/36 Elekt, dann Administrator von Mainz
1331/37 Administrator von Speyer



Balduin wurde nach 10-jährigem Studium in Paris schon 1307 zum Erzbischof von Trier erhoben. Entgegen französischen Wünschen setzte er die Wahl seines Bruders HEINRICH VII. zum König durch und betrieb nach dessen Tode die Erhebung LUDWIGS VON BAYERN. Während des Kampfes dieses Königs mit der Kurie verfolgte Balduin eine selbständige Politik. Er erkannte weder Absetzung noch Bannung LUDWIGS an, noch unterstützte er den WITTELSBACHER nachhaltig. Gegen den Willen der Kurie verwaltete Balduin von 1328 bis 1337 auch das Mainzer Erzstift und zeitweise noch die Bistümer Worms und Speyer. Im Weistum von Rhens (1338), in dem die päpstlichen Ansprüche auf Approbation (Prüfung und Anerkennung) eines gewählten Königs grundsätzlich zurückgewiesen wurden, ohne LUDWIG VON BAYERN zu erwähnen, kam die Konzeption des Erzbischofs besonders deutlich zum Ausdruck. Der Bruch mit den böhmischen LUXEMBURGERN trieb schließlich auch Balduin ganz auf die Seite der Gegner. Er war an der Wahl KARLS IV., seines Großneffen, zum König führend beteiligt (1346), sorgte freilich dafür, dass dieser die entscheidenden kurialen Forderungen umging. Damit prägte Balduin, der für Kurtrier die Erzkanzlerwürde für Burgund und das Erststimmrecht bei der Königswahl erwarb, weitgehend den Inhalt der "Goldenen Bulle" vor. Balduin vergrößerte das Trierer Territorium besonders längs der Mosel und um Koblenz in langwierigen Fehden, schuf ein dichtes Netz von Burgen und verschaffte 55 Burgen, Städten und Dörfern das Frankfurter Stadtrecht. Die Finanzverwaltung seines Landes, das durchgängig in Ämter gegliedert wurde, ließ er jahrzehntelang von Juden führen. Balduin, einer der mächtigsten deutschen Fürsten seiner Zeit, trug wesentlich durch sein reichspolitisches Wirken zur Ausgestaltung des Kurfürstenkollegs bei.
 
 
 
 

Literatur:
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DEUTSCHE FÜRSTEN DES MITTELALTERS. Fünfundzwanzig Lebensbilder. Edition Leipzig 1995 Seite 31,36,42,315-325 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 211 - Fischer Otto: Karl IV. Deutscher Kaiser König von Böhmen, Angelsachsen-Verlag Bremen 1941 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 27,29,40,48,51,54-58,61,67,71,80,82,88, 91,95-100,104,108-111,114,117,126,134,136 - Kaiser Karl IV. und die Kultur und Kunst seiner Zeit. Artia Verlag Prag 1978 Seite 10,98,144,233 - Krieger, Karl-Friedrich: Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1994, Seite 109,115 - Pfitzner Josef: Kaiser Karl IV. Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion Potsdam 1938 Seite 13,14, 20,32,33,39,40,50,53,59,60,76-78,92,102,116 - Pfitzner Josef: Kaiser Karl IV. Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion Potsdam 1938 Seite 13,14,20,32,33,39,40,50,53,59,60,76-78,92,102, 116 - Schneider Friedrich: Kaiser Heinrich VII. Dantes Kaiser. W. Kohlhammer Verlag Stuttgart-Berlin 1943 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 82 - Seibt Ferdinand: Karl IV. Ein Kaiser in Europa 1346 bis 1378 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH&Co. KG München 1994 - Stoob Heinz: Kaiser Karl IV. und seine Zeit. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 2,8,14,19,22,25,28,30-36,39, 42,46,49,54,59,64-67,72,78,88-91,94,96,201,269,384,386,401,402 - Sütterlin, Klaus: König Johann. Ritter auf dem Schauplatz Europa. Verlag Markus Knecht 2003 -