Spindler Max: Seite
219,301
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"Handbuch der bayerischen
Geschichte.
Erster Band Das alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des
12.
Jahrhunderts."
Während seiner Abwesenheit hatte Heinrich den Pfalzgrafen Arnulf [2 Pius
Wittmann, Die Pfalzgrafen von Bayern 1877; Martin Lintzl, Der Ursprung
der deutschen Pfalzgrafschaften (ZRG 59) 1929, 233 bis 263, besonders
239.], den Sohn des alten Herzogs Arnulf mit seiner Stellvertretung in
Bayern beauftragt. Arnulf verständigte
sich jetzt mit Liudolf,
und es
ist nicht ganz klar, von wem dabei die Initiative ausging. Jedenfalls
mußten beide Männer in Herzog
Heinrich ihren
Hauptgegner sehen, der den
einen aus der Gunst beim Vater, den anderen aus dem Besitz des
bayerischen Herzogtums verdrängt hatte. Die bayerischen Truppen
vor
Mainz verließen das königliche Heer; Liudolf konnte
an ihrer Spitze
nach Bayern ziehen, wo sich Arnulf ihm
jedenfalls als dem künftigen
deutschen König unterwarf. Dem Aufstand hatten sich fast alle
Mitglieder der luitpoldingischen
Familie angeschlossen, außer Arnulf
werden noch seine Brüder Hermann
[3 Genannt in Gerhards Vita
Udalrici c. 10, hg. von GeorgWaitz (MGH SS 4) 1851, 399.] und Heinrich [4
Genannt in der Urkunde OTTOS I. vom
10. Dezember 953 nr. 171, hg, von
Theodor Sickel (MGH Dipl. I) 1879/84, 252f., Reindel nr. 105, Seite
215f.] sowie Bertholds Witwe Biletrud
(siehe unten 224) genannt. Auch
der bayerische Adel scheint sich überwiegend dem einheimischen
Geschlecht angeschlossen zu haben, das zeigt der Abfall des Heeres vor
Mainz und ebenso die Tatsache, daß in Bayern fast alle festen
Plätze in
den Händen der Empörer waren, und daß OTTO Ende 953
Regensburg mehrere
Monate vergeblich belagerte. Lediglich Bischof
Ulrich von Augsburg trat
tatkräftig für die Sache des Königs ein. Doch
während er den größten
Teil seiner Ritter zur Verstärkung des königlichen Herres
nach
Regensburg führte, konnte Pfalzgraf
Arnulf inzwischen Augsburg erobern
und plündern. Im Winter 953/54 verschanzte Ulrich sich daher in seinem
Kastell Schwabmünchen [5 Das
ist die allgemeine Annahme (Reg. Augsb. I 1, nr 120) gegen Riezler I 1,
537 Deutung auf Merching in der oberen Paar.], und in den Kämpfen,
die
sich hier abspielten, fiel ein Bruder
Arnulfs, Hermann, in seine Hand.
Noch während des Kampfes um Schwabmünchen erschienen die
Ungarn im
Land, das nun, durch keine vertraglichen Bindungen mehr geschützt,
von
ihnen geplündert wurde. "Durch inneren und äußeren
Krieg erschöpft"
mußten die Bayern den König bis zum 15. Juni 954 um
Waffenstillstand
bitten [6 Widukind, Res gestae
Saxonicae (siehe oben 203 Anm. 7) III 31, Seite 118.]. Bei dem am 16.
Juni in Langenzell bei Fürth beginnenden Reichstag machten sich
beide
Parteien gegenseitig den Vorwurf, den auswärtigen Feind ins Land
gerufen und mit ihm paktiert zu haben. Allerdings lichtete der Tag von
Langenzell die Königsgegner, nur Liudolf und
die LUIPOLDINGER blieben
unversöhnlich und zogen sich wieder nach Regensburg zurück. König OTTO
versuchte vergeblich, die ebenfalls von den Aufständischen
besetzte
Festung Roßtal bei Kadolzburg südwestlich Nürnberg zu
erstürmen, und
machte sich dann wieder an die Belagerung der bayerischen Hauptstadt.
Als die Lebensmittel in der belagerten Hauptstadt knapp wurden,
versuchte man mehrere Ausfälle. Bei einer solchen Gelegenheit ist
das
Haupt des luitpoldingischen Aufstandes, Pfalzgraf Arnulf, vor dem
Osttor gegen eine vom Markgrafen Gero
von Sachsen befehligte
Heeresabteilung gefallen, vermutlich am 22. Juli 954 [1 Zum 22. Juli meldet jedenfalls ein
Freisinger Nekrolg (MGH Necrologia 3, 80) den Tod eines "Arnolt comes".].
Die Aufständischen gaben dennoch ihren Widerstand nicht auf, auch
nicht, als ein Teil des Stadt von den Belagerern erobert wurde und ein
anderer, vermutlich am 15. August, niederbranne. Selbst als Liudolf
sich seinem Vater unterworfen und Vergebung gefunden hatte, war
die
Empörung der Bayern noch nicht beendet; es bedurfte einer erneuten
Belagerung im Frühjahr 955, um Regensburg endlich zu bezwingen,
und
weiterer Widerstand mußte dann noch durch eine Schlacht nahe
Mühldorf,
vermutlich am 1. Mai 955, gebrochen werden. Dabei fiel der wohl mit den
LUITPOLDINGERN verwandte Erzbischof
Herold von Salzburg [2
Mitterauer 238.], der sich nach anfänglichem Schwanken den
Aufständischen angeschlossen hatte, in die Hände Herzog Heinrichs,
der
ihn geblendet in die Verbannung nach Säben schickte [3 Ann. Iuv. max. (zu 955) 754,
Klebel, Salzburgische Geschichtsquellen (siehe oben 155 Anm. 7)
(Probleme 139).].
Mit Niederlage und Tod des
luitpoldingischen Pfalzgrafen Arnulf während desselben
Aufstandes ging eine weitere der noch verbliebenen Machtpositionen des
Herzogshauses verloren.