Einziger Sohn des Königs
Boso von Vienne und der Ermengard,
Tochter von Kaiser LUDWIG II.
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2177
********************
LUDWIG DER BLINDE, Kaiser
--------------------------------
* um 880, + wohl 928
Sohn Bosos von Vienne und der Ermengard, der Tochter Kaiser LUDWIGS II.
LUDWIG DER BLINDE zählt in spät-karolingischer Zeit zu jenen fränkischen Herrschern, die, gestützt auf die Herrschaft über Italien und die Kaiserwürde, den Versuch unternommen haben, ein fränkisches Großreich beiderseits der Alpen zu behaupten, Voraussetzung seines Aufstieges war die legitimistische Politik seiner Mutter, die nach dem Tode seines von den legitimen KAROLINGERN nie anerkannten Vaters Kaiser KARL III. auch als Herrscher der Rhoneländer huldigte (887), wofür jener die Legitimität und königliche Würde LUDWIGS anerkannte. Daß KARL III., der wenige Monate später selbst gestürzt wurde, LUDWIG damals sogar als Gesamterben vorgesehen hatte, ist nicht wahrscheinlich [Siehe dagegen Hlawitschka, Lotharingien und das Reich, Seite 35]. Kaiser ARNULF übernahm als Rechtsnachfolger KARLS III. 889 den Schutz des jungen LUDWIG und stimmte als Oberlehnsherr auch seiner Königswahl durch die provencalischen Großen im August 890 in Valence ausdrücklich zu. Im Herbst 900 zog LUDWIG DER BLINDE auf Einladung der mit BERENGAR I. unzufriedenen italienischen Großen nach Oberitalien, wo er aus dem Erbe seiner Großmutter, der Kaiserin Angilberga, wohl immer noch reichen Familienbesitz besaß. Im Februar 901 weihte ihn Benedikt IV. in Rom zum Kaiser. Etwa zu dieser Zeit muß LUDWIG eine erste Ehe mit Anna, der Tochter Kaiser Leons VI. von Byzanz, eingegangen sein. Der Name des wohl aus dieser Ehe hervorgegangenen Sohnes Karl Konstantin belegt den weit überzogenen Rahmen der damaligen Pläne, die schon ein Jahr später, als es BERENGAR gelang, LUDWIG wieder aus Italien zu vertreieben, scheiterte. 905 noch einmal für kurze Zeit nach Oberitalien zurückgekehrt, wurde LUDWIG von BERENGAR in Verona gestellt und geblendet, so daß er in der Folgezeit als praktisch regierungsunfähiger Herrscher in Nieder-Burgund nur noch ein Schattendasein geführt hat. Faktischer Regent war dort jetzt Markgraf Hugo von Arles und Vienne. Im größeren Zusammenhang steht LUDWIG DER BLINDE am Anfang jener Entwicklung, die im 11. Jh. zur Angliederung Burgunds an das ostfränkisch-deutsche Reich geführt hat.
Literatur:
-----------
NDB XV, 331-334 - E. Hlawitschka, Von der großfrk.
zur dt. Gesch. ...1988 - C. Brühl, Dtl. - Frankreich. Die Geburt zweier
Völker, 1990, 371,516ff. -
VI. Generation
11
----
Lebensdaten LUDWIGS III.
G. de manteyer, La Provence du premier au XII siecle, 504f. und 508.
Die Verleihung der Titular-Königswürde an den
präsumptiven Nachfolger durch KARL III.
wird im Akt über LUDWIGS Erhebung
zum König der Provence 890 erwähnt: cui praestantissimus
KAROLUS
imperator iam regiam concesserat digitatem, aber nicht über
Provence, denn dort war Kaiser KARL III.
als Herrscher anerkannt, ebd.:
post gloriosissimi
KAROLI
imperatoris obitum aliquamdiu sine rege et princioe existens
(sc.
regnum Provinciae), vgl. diese Belege schon bei Dümmler 3, 277. Es
handelt sich um den Akt von Mantaille (ed. Boretius-Krause, MG Capit. 2,
376f., nr. 289).
Zu den Plänen KARLS III.
mit dem jungen Kaiserenkel LUDWIG siehe
Ewig (oben Anm. IV, 5 und IV,23). Brandenburg weiß noch nichts von
der ersten Ehe LUDWIGS III. mit einer
byzantinischen Prinzessin, einer Verbindung, aus der der Sohn Karl
Konstantin hervorgegangen ist, vgl. Ohnesorge 299ff. (der die
Forschungsgeschichte referiert; C.W. Previte-Orton, ein englischer Historiker,
hat 1914 als erster den Nachweis geführt) und jetzt umfassend Hiestand
92-96, mit näheren Angaben zur Gemahlin Anna
und zum politischen Hintergrund der Verbindung. Die zweite Gemahlin LUDWIGS
(ihre urkundliche Erwähnung gehört zu 914 I 18 und nicht 915,
wie Brandenburg schreibt) namens Adelheid
ist Tochter des WELFEN-KönigsRudolf I.
In Anmerkung Brandenburg VI, 6 wird der Versuch unternommen, diese Herkunft
als unbewiesen (wenn auch, wegen des Namens, der dem Sohn aus dieser Ehe
gegeben wurde, Rudolf, als nicht unwahrscheinlich)
hinzustellen. Beide Argumente von Brandenburg beruhen auf Irrtümern.
Er spricht von zu naher Verwandtschaft und fertigt eigens eine kleine Tafel
an, um sie nachzuweisen. Dabei unterläuft es ihm, jedoch, eine ganze
Generation zwischen Irmgard, der Gattin
LOTHARS
I. und Irmgard, der Gattin
König
Bosos (so, statt verdruckt Boß) auszulassen, nämlich
Kaiser
LUDWIG II., und ebenso auf der anderen Seite der Verwandtschaftstafel
die dritte Adelheid und damit auch hier eine Generation wegzulassen. Von
Adelheid
über
ihren Vater Rudolf I., den Bruder der
von Brandenburg aufgeführten Adelheid, Gattin Richards von Burgund,
weiter über Rudolfs Vater Konrad
zu dessen Mutter Adelheid und deren Vater Hugo von Tours, dem gemeinsamen
Ahnherrn der beiden Eheleute, zählt man ebenso vier Generationen wie
von LUDWIG III. aus: Die Ehe war also
kanonisch erlaubt. Andererseits machte Brandenburg aus dem nepos
der burgundischen Herzogs-Witwe Adelheid in ihrer Urkunde von 929 III 19
für Cluny (Bernard-Bruel, Chartes de Cluny 1, 1876, nr. 379) einen
angeblichen, frühverstorbenen Sohn König
Rudolfs von W-Franken, den es nie gab (ebensowenig wie den KAROLINGER-Namen
Ludwig in diesem Hause), vgl. Ph. Lauer, Robert I. et Raoul de Bourgogne,
Paris 1910,79, der aber auch nicht erkennt, daß an dieser Stelle
LUDWIG
III. DER BLINDE gemeint ist, der in Tat im Jahr zuvor, 928,
gestorben war und darum in der Urkunde als verstorben genannt wird.
LUDWIG III. folgte
seinem Vater unter der Vormundschaft seiner Mutter Ermengard
in der Regierung. Diese sicherte ihm als Regentin das Erbe, indem sie formal
den Kaisern KARL III. und ARNULF
VON KÄRNTEN huldigte. 888 gründeten Sarazenen das
berüchtigte Seeräubernest Fraxinetum bei Frejus, von wo aus sie
90 Jahre lang die Küsten terrorisierten. 889 trennte Graf
Rudolf den nördlichen Teil von Burgund als selbständiges
Königreich Hoch-Burgund los und LUDWIG
geriet wiederholt mit den WELFEN in
Hoch-Burgund wegen gleicher Interessen in Burgund-Arelat in Streit. In
Italien riefen nach Kaiser LAMBERTS
Tode dessen Anhänger
LUDWIG gegen
BERENGAR
I. herbei; nach einem 898 mißglückten Versuch kam
LUDWIG
III. im Herbst 900 über die Alpen, um die Krone davonzutragen,
nach der sein Vater vergeblich getrachtet hatte. In Pavia wurde er auf
einer Versammlung der italienischen Fürsten, auf deren Einladung er
seinen Zug angetreten hatte, am 12. Oktober zum König von Italien
gewählt. Glücklicher als BERENGAR
drang er sogar nach Rom vor und empfing am 6. Februar aus der Hand des
Papstes Benedikt IV. die Kaiserkrone. Bis in den Sommer des Jahres
902 herrschte er im oberen Italien, wo ihm ohnehin durch seine Mutter ein
reiches Erbteil zugefallen war; dann gelang es seinem Gegner mit neugestärkten
Kräften ihn endlich im August zum Abzuge in sein väterliches
Reich zu zwingen. LUDWIG wagte keine
Schlacht, sondern entzog sich der Gefahr, indem er das eidliche Versprechen
leistete, nie wieder nach Italien zurückzukehren. Nach drei Jahren,
in denen BERENGAR die wankelmütigen
Großen sich von neuem entfremdet hatte, konnte
LUDWIG
den Aufforderungen seiner alten Anhänger nicht länger widerstehen,
und zum zweiten Male gehorchte ihm die Lombardei. Da selbst Verona, der
eigentliche Sitz der Macht seines Gegners, sich am 21. Juli ihm ergeben
hatte und dieser sich vollständig zurückziehen mußte, so
überließ sich LUDWIG dort
sorglos einer erträumten Sicherheit und verabschiedete den größten
Teil seiner Truppen. Diesen Augenblick benutzte BERENGAR,
um, unterstützt vom Markgrafen Adalbert von Tuszien, mit Mannschaften,
die er namentlich aus Bayern an sich gezogen hatte, den Kaiser in Verona
zu überrumpeln, wobei ein Einverständnis mit den Bürgern
dieser Stadt und wahrscheinlich auch mit dem Bischof Adalhard zustatten
kam. LUDWIG III. wurde bei Nacht zum
Gefangenen gemacht und unter Berufung auf seinen verletzten Eid des Augenlichtes
beraubt. Als ein hilfloser Mann kehrte der Kaiser in sein ererbtes Reich
zurück, um auch dort nur dem Namen nach König zu spielen. Seinen
Vetter Hugo von Provence ernannte er
zum Regenten und dieser ließ sich nach LUDWIGS
Tode zum König krönen.
Nachdem die Legitimierung seines Sohnes Bernhard
durch
den Papst durch dessen Tod auf der Hinreise gescheitert war, lud Kaiser
KARL III. ungeachtet des vergangenen Streites mit seinem Vater
Boso
von Vienne LUDWIG, einen unanfechtbaren
KAROLINGER
in weiblicher Linie, mit der Mutter Irmingard
zu sich und nahm ihn Ende Mai 887 in Kirchen (bei Lörrach) an Sohnes
Statt, im Beisein
Odos von Paris und
womöglich BERENGARS VON FRIAUL,
der kurz zuvor am Hof nachzuweisen ist. Die Entscheidung für einen
vielleicht Sechsjährigen war indes nichts als ein ungewisser Wechsel
in die ferne Zukunft und brüskierte offen den erwachsenen und handlungsfähigen,
wenngleich illegitimen Neffen ARNULF VON KÄRNTEN,
der unter den ostfränkischen Großen längst viele Anhänger
hatte.
Um der Expansion Rudolfs von
Hoch-Burgund vorzubeugen, förderte der ostfränkische
König ARNULF sogar die Wiederaufrichtung des (nieder-)
burgundisch-provenzalischen Königtums der
BOSONIDEN durch den jungen LUDWIG,
den Adoptivsohn KARLS III.,
der 890 in Valence unter Berufung auf seine von KARL
verliehene
regia
dignitas und auf ARNULFS
Einverständnis
erhoben und gesalbt wurde.
Gegen den schwer zu packenden WELFEN
waren ein erneuter Feldzug Zwentibolds
und eine Zusammenkunft ARNOLFS mit
LUDWIG
VON DE RPROVENCE im Sommer 894 gerichtet.
Gegen König BERENGAR I.,
den Enkel LUDWIGS DES FROMMEN, der
dank
WIDOS,
LAMBERTS
und ARNOLFS Tod alle seine Kontrahenten
überdauert hatte, trat 900 von außen der inzwischen erwachsene
LUDWIG
VON DER RPROVENCE, Enkel Kaiser LUDWIGS
II., in die Schranken, errang 901 auch die Kaiserwürde,
wurde aber 905 von BERENGAR
überwunden
und durch Blendung aus dem Machtkampf ausgeschaltet (+ 928).
Brühl Carlrichard: Seite 167
***************
"Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen"
LUDWIG III. und BERENGAR I., die nach den WIDONEN die Kaiserwürde erwarben - LUDWIG am 15. oder 22. Februar 901, BERENGAR I. am 3. Dezember 915 - waren beide KAROLINGERin weiblicher Linie und sind unter diesem Aspekt weniger interessant als die WIDONEN. Das tragische Ende der Herrschaftsambitionen LUDWIGS durch die von BERENGAR im besten KAROLINGER-Stil befohlene Blendung wohl am 21. Juli 905 in Verona nach einer "kaiserlichen Herrschaft" von nicht einmal zwei Jahren wäre kaum der Erwähnung wert, wenn mit LUDWIGS Namen nicht der Versuch einer Annäherung der beiden Kaiserreiche auf dem Wege der Heirat verbunden wäre, denn LUDWIGS Gemahlin Anna war die Tochter des griechischen Basileus Leon VI. (886-912). Es steht fest, daß aus LUDWIGS Ehe mit Anna ein Sohn hervorging: Karl Konstantin, der spätere Graf von Vienne. BERENGAR I. ehelichte seinerseits kurz vor seiner Krönung 915 eine gewisse Anna, die meines Erachtens nicht die Gemahlin LUDWIGS III. ist, sondern deren Tochter: diese Heirat sollte die Aussöhnung der beiden Rivalen besiegeln [Persönlicher Einwurf: Bei Beachtung der Altersverhältnisse halte ich eine Ehe BERENGARS I. mit einer Tochter LUDWIGS III. für beinahe unmöglich. Leons VI. (1.9.866-11.5.912) Tochter Anna wurde 886/89 geboren. Norwich verlegt das Geburtsjahr sogar in das Jahr 898. Ihre Ehe mit LUDWIG III. wurde um 900 geschlossen, so daß der Sohn Karl Konstantin 901 geboren wurde; ob der ebenfalls vom Erbe ausgeschlossene Sohn Rudolf ebenfalls aus dieser Ehe stammt, ist unklar, aber möglich. Die Mutter hätte bei der Geburt ein Alter von 12 bis 15 Jahren. Für eine Tochter Anna käme als Geburtsjahr 902 in Frage. Eine 915 geschlossene Ehe würde die 13-jährige Anna mit dem ungefähr 65 Jahre alten BERENGAR zusammenführen, eine beinahe groteske Vorstellung. BERENGAR war noch bedeutend älter als Annas Großvater Leon VI.].
Hlawitschka Eduard: Seite 29,33,35-38,84,87-89,93-107
*****************
"Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen
Geschichte"
In der Nachkommenschaft Kaiser
LOTHARS I. existierte, da Lothars II.
und
Waldradas
Sohn Hugo 885 geblendet und regierungsunfähig
gemacht worden war und die beiden damals erst wenige Jahre alten Söhne
von Hugos Schwester Berta
gleichfalls
mit dem Makel Waldradas behaftet und
für das Nachfolgeproblem nicht in Betracht zu ziehen waren, auch nur
noch ein in Frage kommender Knabe: nämlich LUDWIG,
ein Sohn des Usurpators Boso von der Provence
und Irmingards, jener Tochter Kaiser
LUDWIGS II., die
Boso 876
aus Italien entführt und geheiratet hatte. Gegen diesen ließ
sich zwar kein Makel der Geburt geltend machen, aber er war wiederum kein
Mannesstamm-KAROLINGER; von den aus
Ehen karolingischer Prinzessinnen stammenden
Verwandten KARLS III. war er freilich
der KARL blutmäßig am engsten
verbundene.
Sogleich nach der Reichsversammlung in Waiblingen, zu
der also der Papst nicht erschienen war und auch keinen Vertreter gesandt
hatte, zog
KARL nach Kirchen bei Lörrach,
und zwar der Tochter Angilbergas und
Witwe Bosos sowie ihrem Sohne LUDWIG
entgegen -
obviam veniens imperator ad Hrenum villa Chirihheim!
- von deren Kommen er also gewußt und die er somit in gleicher Weise
wie den Papst eingeladen haben muß. Hier in Kirchen nahm er Mitte
bis Ende Mai 887 LUDWIGS
Huldigung
entegegen ihn adoptierte ihn an Sohnes Statt. Ja, er gestand ihm
damit zugleich auch die regia dignitas zu und bestätigte
zum Schluß die Mutter des kleinen LUDWIG,
Irmingard,
ihm selbst und seinen Schwestern die von Kaiser
LUDWIG II. an Irmingard
in Italien, Burgund und Franzien dereinst geschenkten Besitzungen und Hörigen.
Mit der Adoption LUDWIGS war
im Grunde genommen die Lösung des Nachfolgeproblems wohl nicht nur
vorbereitet, sondern - in KARLS Augen
- tatsächlich gefunden. LUDWIGS Anerkennung
an Sohnes Statt und die ihm, einem etwa 5-jährigen Knaben zugestandeneregia
dignitas, welche niemals in Anerkennung eines Erbanspruches auf
den väterlichen Titel gewährt worden sein kann, da KARL
III. ja Boso als Usurator
betrachtete, zeigen genau, wer nach KARLS III.
Plan
einmal nachfolgen sollte. Ein Zweifel ist hier nicht mehr möglich.
Die längst erloschen gewähnte lotharische Linie sollte
- so schein es - noch einmal erblühen und über das fränkische
Gesamtreich herrschen!
ARNULF wurde ein
Forchheim auch mit der Frage konfrontiert, wie er sich gegenüber seinem
jungen Verwandten
LUDWIG, dem Sohne
Bosos
von der Provence verhalten sollte, den
KARL III. 887 adoptiert und zur Nachfolge ausersehen hatte.
Kaiserin
Angilberga schickte eigens ihre Tochter Irmingard,
die Witwe Bosos, zur Bestätigung
ihres italienischen Besitzes zu ARNULF
nach Forchheim. Die provencalischen Angelegenheiten mußten auf diese
Weise ganz selbsterständlich zur Sprache kommen. Irmingards
Bestreben dürfte es somit gewesen sein, die Sicherung der Nachfolge
ihres kleinen Sohnes LUDWIG in jenem
Reiche zu erwirken. Ist doch auch ihre Herrschbegierde genugsam bezeugt.
Jedoch ARNULF verhielt sich abwartend.
Er gewährte Angilberga zwar die
durch Irmingard erbetene Besitzbestätigung
und ließ diese desgleichen auf Irmingard
für den Fall des Todes der Kaiserin-Witwe
Angilberga ausdehnen, aber von sonstigen Unterstützungen
ist nichts bekannt. Erst das folgende Jahr brachte eine Überbrückung
und die volle Aussöhnung und damit auch einen neuen Faktor in die
Südwest-Politik ARNULFS. Irmingard
erschien jedenfalls im Mai 890 mit reichen Geschenken erneut auf einem
Reichstag in Forchheim; sie wurde ehrenvoll empfangen. Dabei hatte sie
nicht nur ihren Sohn LUDWIG mitgebracht,
sondern war auch von einer kleinen Gruppe der angesehensten Edlen des burgundiaschen
Raumes begleitet.
Das Ergebnis der Verhandlungen wurde nur wenige Monate
später - im Spätsommer oder Herbst 890 - offenbar: es war die
Königserhebung
des jungen LUDWIG in Valence. Sie erfolgte
mit ausdrücklicher Zustimmung ARNULFS.
In der Person des jungen LUDWIG
VON DER PROVENCE, der wegen seiner im Jahre 905 erlittenen Blendung
durch
König
BERENGAR VON ITALIEN zumeist
"der Blinde" genannt wird,
mußte ARNULF ein möglicher
Gegenspieler gegen den Hoch-Burgunder heranwachsen.. Daß ARNULF
VON KÄRNTEN nunmehr den jungen LUDWIG
als solchen betrachtete, zeigt nicht nur seine 890 zugesagte Unterstützung
zur Königserhebung und Zusicherung von Hilfeleistungen.
Und in die gleiche Richtung weist endlich, daß
Richard vom westburgundischen Autun, der offenbar mit Irmingard
und
LUDWIG
in Forchheim bei
ARNULF war, in Valence
neben der
Königin-Mutter Irmingardzur
eigentlichen Staatslenkung bestimmt wurde.
Der große Anhang LUDWIGS
zeigt, daß auf diesen jungen Mannn enorme Hoffnungen gesetzt worden
sein müssen. Aber bedeutungsvoll ist in diesem Zusammenhang auch,
daß sich Fäden erkennen lassen, die von der Krönungsversammlung
in Valence zum Erzbistum Reims liefen, das schon im Frühjahr 888 der
Hort des Widerstandes gegen König Odo
war. Schon 891 trennte sich Richard von Autun von dem jungen LUDWIG
und seiner Mutter und ging seine eigenen Wege. In seinem Einflußbereich
begann man sich wieder auf König Odo auszurichten.
Dümmler Ernst: Seite 106,108,111,116,117
*************
"Die Chronik des Abtes Regino von Prüm"
894
Als nach Auflösung der Versammlung derselbe Fürst
nach Lorasham kam, verlieh er LUDOWICH,
dem Sohne
Bosos, durch Verwendung seiner
Mutter Irmingardis einige Städte
mit den umliegenden Gauen, welche
Rudolf
im Besitz hatte; doch trat er ihm dieser auch ganz vergeblich ab, weil
er sie in keiner Weise der Gewalt
Rudolfs
zu entreißen vermochte.
896
In demselben Jahr scheidet LAMBERT,
der Sohn WIDOS, dessen wir kurz zuvor
gedachten, aus dem Leben [Vielmehr im Jahre 898 am 15. Oktober] und LUDOWICH,
der Sohn Bosos, zieht auf Einladung
der Langobarden von der Provence aus und begibt sich nach Italien [Im Jahre
900, wahrscheinlich am 12. Oktober, wurde er in Pavia zum König gewählt.].
898
Während dies in Francien geschah, finden in Italien
sehr viele Treffen zwischen LUDOWICH
und BERENGAR statt, so manche gefahrvolle
Kämpfen folgen wechselweise aufeinander. Zuletzt schlägt LUDOWICH
den BERENGAR in die Flucht und zieht
in Rom ein, wo er von dem obersten Bischof gekrönt und Kaiser genannt
wird [Benedikt IV. krönte ihn im Februar 901.].
904
LUDOWICH, der Sohn
Bosos,
von dem wir oben erwähnten, daß er den kaiserlichen Namen erlangt
habe, verjagte BERENGAR aus Italien
und unterwarf dessen ganzes Reich seiner Botmäßigkeit. Da er
aber bemerkte, daß niemand ihm zu widerstehen vermochte oder wagte,
faßte er ein allzugroßes Zutrauen zu seiner Sicherheit und
begann des Friedens und der Ruhe zu gedenken. Er entließ also sein
Heer und begab sich infolge einer Aufforderung des Bischofs Adalard von
Verona mit sehr geringer Begletung in die besagte Stadt [Am 21. Juli 905].
Die Bürger aber taten dies in größter Eile dem BERENGAR
kund,
der zu jener Zeit in Baiern als Vertriebener lebte. Dieser zog ohne Zaudern
mit Truppen, die er von allen Seiten zusammengerafft, nach Verona, fing
den unvorsichtigen Mann mit List und beraubte ihn in der Gefangenschaft
des Augenlichts. Die Bürger nämlich, die seiner Partei zugetan
waren, öffneten ihm die Tore der Stadt, nahmen ihn zur Nachtzeit in
ihre Mauern auf und so wurde unerhofft und unvorhergesehener Weise LUDOWICH
nicht nur des Reiches, sondern auch der Augen beraubt.
900
1. oo 1. Anna von Byzanz, illegitime Tochter Kaiser
Leos VI.
886/88- 914/36
18.1.914
2. oo Adelheid
-
Kinder:
1. Ehe
Karl Konstantin Graf von Vienne
901- nach 1.962
Rudolf
- nach 19.3.929
Anna ???
-
oo 2. BERENGAR I. Markgraf von Friaul
840/45-7.4.924
Literatur:
-----------
Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer
Stuttgart Berlin Köln, Seite 19,50 - Brühl Carlrichard:
Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag
GmbH & Cie, Köln Seite 167,371,516 - Dümmler Ernst:
Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung
Leipzig Seite 106,108,111,116,117 - Dümmler Ernst: Geschichte
des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin
1865 Band II Seite 244,277,317,332,388,533 - Glocker Winfrid: Die
Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag
Köln Wien 1989 Seite 81 - Gregorovius Ferdinand: Geschichte
der Stadt Rom im Mittelalter. dtv-Bibliothek 1978 Band I Seite 576,577,580
- Hlawitschka, Eduard: Die verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen
dem hochburgundischen und dem niederburgundischen Königshaus. Zugleich
ein Beitrag zur Geschichte Burgunds in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts,
in: Schlögl, Waldemar und Peter Herde: Grundwissenschaften und Geschichte,
Festschrift für Peter Acht; Kallmünz 1976 (Münchener historische
Studien: Abteilung geschichtliche Hilfswissenschaften Band 15) Seite 28-57
- Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder
in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte
Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 -
Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich
an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968,
Seite 29,33,35-38,55,63,66,84,87-89,93-107,125,129,149,153,155,158, 216,236,241-249
- Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser
Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt
am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Liudprands von
Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit.
Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 294,296,324-328
-
Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 185,189, 192,195 - Schneidmüller
Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Berlin Köln 2000 Seite 72,74,80,81,84,88 - Schnith Karl: Frauen
des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997
Seite 34 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern.
Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln
1990, Seite 78,80,120 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von
Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 9,127,215,375-377
- Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis
um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl
der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf
Seite 459 -